1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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11. Das war des Helden letzter Schrei,
es borsten Horn und Hals entzwei,
die Heide ward sein Grab.
Doch hört' er übers Felsenjoch
mit sechzigtausend Hörnern noch,
wie Karl ihm Antwort gab.
12. Nun lebe wohl, mein Kaiser traut,
und Alda, meine süße Braut,
leb' wohl, du Sonnenlicht!
Herr Jesu Christe, meine Seel'
in deine Hände ich befehl,
steh' bei mir im Gericht!
13. Die Arme streckt er beiderseits
und schlug mit seinem Leib das Kreuz:
so litt der Held den Tod. —
Herr Gott, thu' jedem Rittcrsmann
mit solchem sel'gen Sterben an
in seiner letzten Not! Volksblatt f. St. u. L.
Als Heinrich I. im Jahre 919 zum deutschen König gewählt wurde,
war Deutschland ein sehr unglückliches Land. Von Südosten her jagten
auf ihren schnellen Pferden die Ungarn heran, trieben den Bauern das
Vieh weg und sengten und plünderten, wohin sie kamen. Sammelte sich
langsam ein Haufe deutscher Krieger wider sie, und fing er an sich in
Marsch zu setzen, so waren sie samt ihrer Beute bereits wieder fort. Von
Nordosten kamen die Wenden und machten es ebenso. Das war eine
traurige Zeit. Was that nun der weise und bedächtige Heinrich? Zuerst
schloß er einen neunjährigen Waffenstillstand mit den gefährlichen Ungarn.
Nun begann im ganzen deutschen Reiche eine bessere Zeit. Überall fing
man an, Häuser zu bauen, und hier und da eine größere Anzahl derselben
mit Mauern und Gräben zu umgeben. Solch' eine ummauerte Stätte
nannte man Stadt oder Burg. Ihre Bewohner hießen Bürger. Aber
es war leichter, Städte zu bauen, als Bewohner für dieselben zu finden;
denn die Deutschen wohnten lieber auf dem Lande. Sie sagten: „Sollen
wir uns lebendig begraben lassen? Die Städte sind nichts anderes als
Gräber." Da befahl Heinrich, die Leute sollten losen, und je einer aus
neun, den das Los treffe, sollte vom Lande in die Stadt ziehen. Damit
sie das aber um so lieber thun möchten, gab er den Städten viele Vor-
rechte, so daß die Bürger hinter ihren Mauern nach und nach viel freier
wurden, als die Bauern, welche ihren Edelleuten oder Klöstern als Leib-
eigene dienen mußten. — Nun machte sich auch nach und nach das Gewerbe.
Der eine fing an für die übrigen Kleider zu machen; ein anderer ver-
fertigte Schuhe für alle; ein dritter bauete Häuser u. s. f. Mit einem
Worte, es entstanden die verschiedenen Handwerker. Bis dahin hatte jeder
sein eigener Schneider, Schuster, Maurer u. s. w. sein müssen.
Den neunjährigen Waffenstillstand benutzte Heinrich weiter dazu, die
Deutschen im Kriege zu üben. An Leibesstärke und kriegerischem Mute
hatte es ihnen nie gefehlt; aber ihre Waffen waren zu schwer, und wenn
es zur Schlacht kam, lief der eine vor, der andere blieb zurück, wie einen
jeden der Mut trieb. Das mußte anders werden, wenn sie nicht von den
Nachbarn besiegt werden sollten. Darum gab er ihnen leichtere Waffen,
gewöhnte sie in Reih und Glied zu fechten, und da die Ungarn als ge-
wandte Reiter besonders gefährlich waren, so mußten sich auch die Deutschen
im Reiterdicnste üben. Heinrich bildete aus dem Lehnsadel eine regel-
mäßige Reiterei und bestimmte, daß jeder, um ordentlicher Reiter oder
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14. Heinrich I. der Städtegründcr