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1. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 400

1880 - Sondershausen : Eupel
400 Schlesier, Pommern, Litthauer! Ihr wißt, was euer trauriges Los sein wird, wenn wir den Kampf nicht ehrenvoll endigen. Große Opfer werden von allen gefordert werden, denn unser Beginnen ist groß und nicht gering die Zahl und die Mittel unserer Feinde. Aber welche Opfer auch gefor- dert werden, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für welche wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu sein. Es ist der letzte, entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand. Keinen andern Ausweg gibt es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang, weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag. Mit Zuversicht dürfen wir vertrauen, Gott und ein fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen und mit ihm die Wiederkehr einer glücklichen Zeit!" Zugleich wurde eine Verordnung wegen Errichtung der Landwehr im ganzen Umfange des Reiches erlassen: „Mit Gott für- König und Vaterland!" sollte ihr schöner Wahlsprnch sein. Mit demselben Wahl- spruch hatte der König wenige Tage zuvor, am Geburtstage der Königin Luise, am 10. März, den Orden des eisernen Kreuzes als Auszeich- nung für die Helden des Befreiungskrieges gestiftet, um der patriotischen Begeisterung durch das Andenken der theuren Verklärten eine höhere Weihe zu ertheilen. Des Königs Aufruf entflammte diese Begeisterung zu dem herrlichsten Feuer. „Der König rief, und alle, alle kamen!" ist das erhebende Gedcnkwort jener herrlichen Zeit geblieben. Das gesammte Volk wollte lieber die höchste Not und Entbehrung, als eine neue Knechtschaft tragen. Ganz Preußen war wie eine große Waffenstätte: alle Kräfte regten sich in neuer Lust und Frische. Jünglinge, die kaum aus dem Knabenalter getreten waren, Männer mit grauem Haar, Väter zahlreicher Familien — alles eilte herbei zu dem harten Dienste des Krieges. Aber nicht die Männer allein, es waren auch Greise und Kinder und vor allen die Frauen, welche von einem schönen Eifer entbrannt waren. Das ganze Volk arbeitete und lebte für den Krieg. Wer nicht mitziehen konnte, der gab sein Gut und die Arbeit seiner Hände. Freudig brachte die Hausfrau ihren Schmuck oder ihr Silbergerät, das sie mit Zinn oder Eisen ersetzte, die Kinder ihren Sparpfennig, die Dienstmagd die Ringe aus ihren Ohren; — und edle Jungfrauen gab es, die, weil sie nichts anderes hatten, ihr langes, schönes Haar abschnitten und den Erlös dem Vaterlande brachten. Darum wird in der Geschichte des Vaterlandes der Frühling und Sommer 1813 unvergeßlich sein. Das aber ist das Herrlichste daran, daß die Menschen wieder lernten, ihre Herzen zu Gott empor zu heben, von dem allein Segen und Hilfe kommt. Deshalb wurden auch alle die- jenigen, welche in den heiligen Krieg zogen, feierlich in den Kirchen ein- geweiht, und an heiliger Stätte ward des Herrn Beistand in dem Kampfe für das Vaterland inbrünstig herabgefleht. Und wenn die ausrückenden Scharen durch Städte und Dörfer zogen, geschah es unter ernstem, feier- lichem Glockengeläute. Das klang wohl wie Grabgcläutc, und es konnten sich auch starke Männer in solchen Augenblicken der Thränen nicht ent- halten. Aber wenn auch die Ahnung eines nahen Todes in die Brust der Streiter kam, sie blickten dennoch voll freudiger Erhebung zum Himmel empor; gingen sie doch dem schönsten Tode entgegen, dem Tode fürs Vaterland! Wetzet.
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