1912 -
Danzig
: Kasemann
- Autor: ,
- Hrsg.: Gehrke, Paul, Schwandt, Wilhelm, Preuß, H., Hecker, Robert
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Seminar, Präparandanstalt, Mittelschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
abgeschliffenen Steinen gespickte Ton, der bei zahlreichen Brunneugrabungen
angetroffen wird. Dieser „Geschiebemergel", in den obersten ein bis zwei
Metern gewöhnlich zu lehmigem Sande und bräunlichem Lehm verwittert,
liegt weithin auf der Danziger Höhe und in der Kaschubei, z. B. bei Karthaus,
zutage und gibt einen fruchtbaren, milden Ackerboden. In der von der Ver-
witterung noch nicht erreichten Tiefe von —3 in enthält er eine bis zu
20 % betragende Beimischung feiner und gröberer Kalkteilchen, eine Folge
der Zerreibung größerer Kalksteine und Kreidestücke beim Gletschertransport.
Auch der von den Schmelzgewässern vor, auf und unter dem Eise zusammen-
gespülte Sand und Kies ist in unverwittertem Zustande kalkhaltig — eine
für die Pflanzenernährung sehr wertvolle Eigenschaft. Die Feldspatkörner
des Geschiebemergels und Sandes enthalten Kali und Natron, andere Mine-
ralien, Phosphorsäure usw., während im Gegensatz dazu die tertiären Boden-
arten des tieferen Un-
tergrundes sehr nähr-
stoffarm sind. Der
unwirtliche Gletscher
brachte also gute Ga-
den für die Landwirt-
schaft!
Doch zu Größerem!
Höhen und Tiefen, Seen
und Täler der Kaschu-
bei sind samt und son-
ders Schöpfungen der
Eiszeit (und zwar der
letzten Eiszeit) In den
Betten der Radaune-
seen, des Brodno-, Ost-
ritz-, Patullisees usw., schäumten die Schmelzströme des abtauenden Gletschers
südwärts ins freie Land; der Turmberg und seine Nachbarhöhen, so groß
sie dem Menschen erscheinen, sind nichts als hochgelegene Sandhaufen, die
in etlichen Jahrhunderten (oder nur Jahrzehnten) vor dem Eise zusammen-
gespült wurden, und auch jene sehenswerten Blockanhäufungen bei Mischi-
schewitz, aus denen unsere heidnischen Vorfahren das Material zu ihren Grab-
hügeln zusammenschleppten, sind nur ein wenig oberflächlicher Gletscherschntt,
vom sommerlichen Tauwasser am Rande einer Sandebene aus dem Schmutz
hervorgewaschen.
Allerlei merkwürdige Erscheinungen verlieren ihre Rätselhaftigkeit, wenn
wir mit solcherlei Vorstellungen uns ihrer bemächtigen. Quer über das
Radaunetal streicht von Borkau über Glintsch gegen Krissau ein breiter
Gürtel von Sandbergen und Kuppen, zwischen denen sehr tiefe, runde oder
längliche Einsenkungen, auch kleine Täler und Wiesengründe liegen. Be-
sonders auf der Höhe von Borkau, unmittelbar nördlich der Chaussee von
Zuckau nach Karthaus, nimmt diese Landschaft die sonderbarsten, abenteuer-
lichsten Formen an. Tiefe Pfuhle, oft mit versumpftem Grunde, liegen Wand
an Wand wie vulkanische Krater in die Hügel eingebettet. Einige rücken
sich so nahe, daß die trennenden Rücken halb eingerissen sind; manche liegen
ganz isoliert, andere schließen sich zu Gruppen und Reihen aneinander, und
Ostritzsee mit Turmberg. Echter Rinneusee.
(Aus Sonntag, Geologischer Führer durch die Danziger Gegend.)