1905 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Scharf, Th., ,
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1900
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Unterrichtsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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chlechtern zugute kommen, so darf die Gemeinde Schulden machen.
Auch unsere Stadt hat zu solchen Zwecken schon verschiedene Anleihen
machen müssen." „Ich hätte doch nie gedacht, daß eine Gemeinde
so trefflich eingerichtet wäre und so große Aufgaben erfüllte," sagte der
Lehrling. „Ja," sagte der Meister, „in unserer Zeit gibt es viele
Menschen, die nicht wissen, daß sie dem Gemeinschaftsleben der Stadt
oder des Dorfes so viele Wohltaten verdanken, daß sie gehalten sind,
als Glieder dieser Gemeinschaft alle Pflichten, die ihnen auferlegt werden,
zum Segen des Ganzen und somit zu ihrem eigenen Heile gern zu
erfüllen. Auch ihr habt diese Pflichten auszuüben. Vor allen Dingen
ehrt und achtet die Personen, denen die Verwaltung der Stadt an-
vertraut ist, und befolgt die Ordnungen, die zum Wohle des Ganzen
und der einzelnen erlassen werden." Aus Schanz-s L-s-buch.
73. Dkr Äaat und seine Ordnungen.
Eine Abendunterhaltung in der Fremde von Fr. Polack.
Vor einigen Jahren besuchte ich eine alte Freundin in der fran-
zösischen Schweiz. Sie war vor Jahren meine Schülerin in der deut-
schen Sprache gewesen. Jetzt leitete sie eine Anstalt, in der sich Damen
und Herren in der französischen Sprache ausbildeten.
Eines Abends saßen wir beim Tee. Es waren unserer fünf:
außer meiner Freundin und mir ein Pfarrer, ein Kaufmann und ein
junger Landwirt. Wir sprachen bald deutsch, bald französisch, so daß
es wunderlich durcheinander tönte.
Ich erzählte von meiner Reise. Sie hatte mich nach Kassel,
Frankfurt a. M-, Heidelberg, Straßburg, Basel und Neuchâtel geführt.
Ich schloß meinen Bericht etwa mit folgenden Worten: „Wir leben
in einer großen Zeit. Mag man sie schelten, wie man will, sie schafft
doch viel Großes und Schönes. Welch ein Verkehr auf Eisenbahnen
und Flüffen! Welche Geschäftigkeit überall! Was für herrliche Kirchen,
Schulen, Theater, Denkmäler, Bahnhöfe und Wohnhäuser! Die Nächte
taghell erleuchtet! In Frankfurt ein Hafen voll Schiffe im Binnen-
lande! Blitzschnelle Fahrten von Ort zu Ort! Wie schön wohnen die
Menschen! Wie behaglich leben sie! Wie wissen sie ihre Städte und
ihr Heim zu schmücken! Es ist eine Lust, in solcher Zeit zu leben und
ihre Güter mitzugenießen."
Der Pfarrer, ein Schweizer-Franzose, nickte und sagte: „Gewiß
ist die Zeit eine große und reiche trotz aller Klagen. Töricht wäre es
zu prahlen, wie herrlich weit wir es gebracht haben, aber dankbar an-
erkennen wollen wir die Güter einer tausendjährigen Kulturarbeit.
Um so dankbarer, wenn wir uns zweitausend Jahre zurückversetzen!
Wie sah es da an den Stätten aus, die unser Gast so preist? Wälder,
Sümpfe, ungeregelte Flußläufe überall. In den wilden Wäldern
streifende Jäger mit ihren unvollkommenen Waffen! Am Wasser der
Fischer mit Netz oder Angel oder auf dem Fluffe mit seinem Ein-