1912 -
Essen Berlin
: Bachmann Baedeker
- Hrsg.: ,, Heinecke, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
442
Wie sorgt ter Handwerker für die Zukunft?
lang in Keinem Verein und in Keinem wirtshause. Lange aber Konnte
er 's so nicht ertragen. Um sich zu zerstreuen, suchte er zuerst den Kegel-
verein aus, und nicht lange, so war er wieder Stammgast in alter weise.
Uber sein Besitz war schon arg verschuldet, seine Körper- und Geisteskraft
stark erschöpft. Die Gemeinde mußte sich endlich seiner vier Kinder er-
barmen, die daheim nichts zu beißen und nichts zu brechen fanden. Und
der Vater? Es dauerte nicht lange, so mußte ihn das Irrenhaus auf-
nehmen, und er hat keins von seinen Kindern wiedergesehen.
Nach „Meister Konrads Werkstatt."
*207. Wie sorgt der Handwerker für die Zukunft?
1. In einer mittleren Stadt wohnten in derselben Gasse drei brave
Handwerksmeister, welche innige Freundschaft miteinander verband. Zwei,
von ihnen, der Schmiedemeister Zander und der Bäckermeister Schulten,
hatten es durch Sparsamkeit und glücklichen Fortgang des Gewerbes zu
einem eigenen Häuschen gebracht; Meister Burkhard aber, der Schuhmacher,
wohnte bei dem Bäcker zur Miete.
Einst in einer Sommernacht fuhr Meister Zander erschreckt vom Lager
aus. Feuerlärm hatte ihn geweckt, und ein Blick durchs Fenster belehrte
ihn, daß Nachbar Zchultens Haus in Hellen Flammen stand. „Barmherziger
Himmel!" rief er aus, „und das bei solcher Dürre!" Nllen Bemühungen
der herbeigeeilten Feuerwehr und der aufopfernden hülfe der Nachbarn
zum Trotz griff das Feuer so rasch um sich, daß nur wenig gerettet werden
konnte, und die beiden hart betroffenen Meister konnten nur von Glück
sagen, daß sie und ihre Angehörigen unversehrt davongekommen waren
und Freund Zander ihnen für die nächste Zeit in seinem Hause Gbdach
gewährte.
Meister Burkhard war der Verzweiflung nahe, war er doch, wie
man zu sagen pflegt, rein abgebrannt, und, was das Schlimmste war, sein
Handwerkszeug, sein Ledervorrat, sein Bestand an Schuhleisten, alles war
dahin! wollte er nicht mit den Seinen verhungern, so mußte er sich wohl
oder übel als Arbeiter in der Schuhfabrik einschreiben lassen, die vor einiger
Zeit in einem benachbarten Grte angelegt worden war. Dem Bäckermeister
war freilich, da er im Erdgeschoß gewohnt hatte, ein Teil seines Hausrats
verblieben,' allein davon war nur weniges noch in brauchbarem Zustande.
Sein Haus lag völlig in Trümmern, und an die Fortführung seines Ge-
werbes konnte er vorerst nicht denken. Trotzdem durfte er mit geringerer
Sorge in die Zukunft schauen; denn er hatte sein Haus und seine beweg-
liche habe bei einer Feuerversicherungsgesellschaft versichert, und schon we-
nige Tage nach dem Brandunglück erschienen zwei Beamte dieser Gesell-
schaft, um den Schaden festzustellen, den Meister Schulten erlitten hatte.
Sie sahen bald ein, daß das Haus neu aufgeführt werden mußte,- deshalb
schätzten sie den wert des in den Trümmern vorhandenen Baumaterials ab
und rechneten diesen Betrag auf die Entschädigungssumme an, die bald
nachher dem Bäckermeister ausgezahlt wurde.
Nlsbald ging dieser an den Wiederaufbau seines Hauses. Sein Bau-
meister redete ihm jedoch zu, einen größeren Bau aufzuführen als der
frühere gewesen war,- denn bei dem Nusblühen der Stadt seien gute woh-