1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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ahnungslos ein Mann mit großem Licht zu kommen brauchen, und sie
wären allesamt verloren gewesen und mit ihnen vielleicht alles, was in
der Grube war! Aber sie kamen glücklich heraus. Meldung am Grubeu-
tclephon — in einer halben Stunde war der ganze Berg von Menschen
geräumt. War aber auch die höchste Zeit; denn wie nun die inzwischen auch
schon herbeigerufene Grubenwehr einfuhr mit Atmungsapparaten und elek-
trischen Sicherheitslampen — ich war selber mit dabei —, da standen hier in
den Strecken schon 1000 Kubikmeter voll Wetter. Wir mußten schleunigst
den ganzen Pfeiler zumauern. Nur die Strecke hier ließen wir frei. Und
nun pumpen wir sie schon volle anderthalb Jahre lang aus, schicken jeden
Tag Hunderttausende von Kubikmetern frische Luft runter, aber kriegen das
Loch noch immer nicht wetterfrei. Ich bin nur neugierig, was wir heute
finden werden." Während mein Begleiter so sprach, hatte er die Bretter
mit den starken Nägeln vollends herausgerissen. Eine Lücke entstand,
groß genug, daß ein Mann durchkriechen konnte. Er nahm seine Lampe
und kletterte hinüber in die Wetterstrecke, ich ihm nach. Wortlos gingen
wir jetzt weiter, immer näher der Gefahr entgegen, bis der Obersteiger
stehen blieb.
„So, nun können wir immerhin schon mal nachsehen — wollen die
Wetter mal kommen lasten." Langsam hob er die Lampe zur Decke empor,
wo sich die Gase auch in geringeren Mengen schon zu zeigen pflegen.
Gespannt sah ich hin, nicht lange, und schon war ein kleiner, blauer Licht-
saum an der Flamme da; aber er blieb nicht so klein. Schnell wuchs
n empor ohne erkennbare Ursache, lautlos, geisterhaft, zu einem langen
bläulichen Lichtkegel, eine Art Stichflamme, die nun bis an den oberen
Rand der Lampe leckte — der den menschlichen Sinnen sonst verborgene
Feind war gestchtet.
Wenn die furchtbaren Gewalten der Zerstörung, die hier heimtückisch
lauerten, entfesselt würden! „Ja", mein Führer nickte, „was kann der
Mensch gegen solche Zufälle tun? Was helfen da alle Gesetze und Vor-
schriften? Schlägt man solchen Bläser an, da kann eben das Unglück
im Handumdrehen da sein, trotz allen Berieselns und der besten Wetter-
führung, und hinterher ist nicht einmal mehr ein Zeuge da, um es zu be-
stätigen." Der altersahrene, ruhige Mann mir zur Seite mochte wohl
recht haben. Langsam schritten wir den gleichen Weg, den wir gekommen,
auch wieder zurück — den Weg, den auch jene sechs damals so gegangen
waren, ruhig zurückweichend, die Gefahr hinter sich. Paul Grabein.
55. Was sich alles aus Steinkohlenteer herstellen taht.
Die (Lhemie, die jüngste unter den Naturwissenschaften, hat
die Gewerbtätigkeit wissenschaftlich befruchtet, die Arbeitsvorgänge
vervollkommnet, die Grundstoffe tausendfältig umgestaltet und mit
dem allen für die Zwecke der menschlichen N)ohlfahrt Großartiges
geleistet. Um dies an einem Beispiel zu erkennen, versetze man sich
im Geiste in eine Gewerbeausstellung.