1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Deutsche befinden, mit Vorarbeiten beschäftigt sind. Als ich ans Tageslicht
zurückkehrte, war ich l1/^ km entfernt von dem Punkte, an dem ich in
die Tiefe gefahren war.
Über Pretoria, die Hauptstadt Transvaals, das man von Johannes-
burg in 2 Stunden erreicht, fuhr ich nach Kimberley iu Griqualand. Wir
sahen bei der Durchkreuzung des ehemaligen Oranje-Freistaats nichts als
Wüste, keinen Baum, keinen Strauch, nur ganz vereinzelt eine Farm.
Nach mehrmaligem Wagenwechsel und nach fast zweitägiger Fahrt langte
ich in Kimberley an. Die Diamantenstadt ist zum wenigsten zehnfach an-
ziehender als Johannesburg.
Nachdem ich mich von dem Staub der Landstraße einigermaßen
befreit hatte, verfügte ich mich in die Verwaltung der großen De Beers-
Minen. Der Leiter der Minen übertraf durch seine Zuvorkommenheit
alle Erwartungen.
Ein Beamter wurde beauftragt, mich zu begleiten, um mir vorerst
in den oberen Stockwerken des Gebäudes das Aussuchen der Diamanten
zu erklären. Es war ein unvergeßlicher Anblick. Zehn Herren saßen so
in einer Reihe, daß das Tageslicht auf ihre Hände fiel. Jeder hatte
einen ansehnlichen Haufen Edelsteine vor sich und war damit beschäftigt,
das Arbeitsergebnis der letzten Woche, das einen Wert von ungefähr
65000 Pfund vorstellte, zu sichten und auszulesen. Die Diamanten sahen
aus wie arabischer Gummi. Es ist schwer faßlich, wie diese unansehnlichen
Steine durch das Schleifen zu herrlichen Brillanten werden können. In
einem andern Raum bekam ich geschliffene Steine zu sehen. In geschmack-
vollen Behältern lagen wasserhelle, rosa, hellgelbe bis dunkelbraune, blaue
und grüne Diamanten.
Am nächsten Tage begab ich mich mit meinem Erlaubnisschein an
den Eingang der Diamantfelder. Unabsehbar nach beiden Seiten erstrecken
sich meterhohe Einfriedigungen. Am Eingangsschacht einer Mine wurde
ich in einen Bergmannskittel gesteckt, und mit großer Geschwindigkeit fuhren
wir 400 m abwärts in die Unterwelt. Hier fand ich alle Gänge durch
Bogenlampen erleuchtet und die Schächte untereinander, sowie mit den
Geschäftsräumen an der Erdoberfläche mit elektrischen Glocken verbunden.
Mein Führer und ich schritten die Stollen entlang. Uns entgegen kamen
die Kippwagen in einer langen Reihe, durch Maschinenbetrieb gezogen,
alle gefüllt mit der kostbaren, blaugrauen, vulkanischen Erde, die an der
Luft verwittert und zerfällt. Eine halbe Stunde durchwanderten wir das
unterirdische Heim der Diamanten, beobachteten die schwere Arbeft der
Neger und fuhren dann wieder an die Oberfläche. Wir besuchten nun
noch ein weites, ebenes Gelände, wo die aus den Minen geförderte
Erde durch die Witterungseinflüsse zersetzt wird, um später mit Karren in
die ausgedehnten Wäschereien gefahren zu werden. Umfangreiche Maschinen
spülen die schweren Bestandteile der Erde auf einen Hügel zusammen;
von hier aus wird sie in ein langes Zimmer gebracht, wo man die Steine
ausliest. Ich zählte bei einem mit dieser Arbeit beschäftigten Manne in
rund 2 Minuten 27 Diamanten von der Größe einer halben Erbse bis