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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 131

1913 - Leipzig : Hahn
131 schritte, ja wir sind schließlich mit so viel verschiedenen Brennern, Docht- arten, Zylrnderformen beglückt worden, daß die arme Hausfrau sich in dem Reichtum gar nicht mehr auskennt. Die Petrolemnglühlichtlampe, der sich zur berechtigten Freude der Landwirtschaft die Spiritusglühlicht- lampe anreihte, sind die jüngsten Erscheinungen der vielverzweigten Industrie. Ganz neue Aufgaben aber erwuchsen dieser, als das elektrische Licht aus dem Stadium der Versuche heraustrat, als neben dem nur für die Beleuchtung der Straßen und großer Räume geeigneten elektrischen Bogenlicht die kleine, zierliche Glasbirne, das elektrische Glühlicht, zur Geltung gelangte. Wie schnell doch dieses sich wieder einbürgerte! Die erste praktisch brauchbare Glühlampe wurde Ende der siebziger Jahre erfunden — heute leuchtet sie nicht nur in Magazinen, Hotels, in zahlreichen Privathäusern der Großstädte, sie hat auch in kleineren Orten und in neuester Zeit selbst auf Gütern, wo immer nur billige Wasserkraft zum Betrieb der elektrischen Kraftmaschine vorhanden ist, weiteste Ver- wendung gefunden; ja gerade kleinere Städte haben vielfach den Sprung von der Petroleumbeleuchtung direkt zur elektrischen Zentrale und zum elektrischen Licht gemacht, ohne den Gasometer und das Gaslicht über- haupt kennen gelernt zu haben. Während das Gas für Zimmerlampen, die vom Orte beweglich, die tragbar sein sollen, gar nicht in Betracht kommt, weil es an feste Röhren- leitungen gebunden ist, kann die elektrische Glühbirne sehr wohl auch für transportable Lampen verwendet werden. Zwar ist das Ideal, eine brauch- bare elektrische Lampe mit einer wenig empfindlichen, billigen Akkumulator- batterie im Fuß, die man mit elektrischem Strom laden würde, wie man auf eine alte Lampe Ol aufgießt, noch nicht erfunden. Da jedoch der elektrische Strom nicht in festen Röhren fortgeführt wird, wie das Leucht- gas, sondern in schmiegsamen, innerhalb der Wohnungen oft fadendünnen Drähten, so kann man eine elektrische Lampe bis zu einem gewissen Grade im Zimmer herumtragen — sie bleibt freilich immer an jenen Draht ge- fesselt, von dessen Länge abhängig. Aber bei der unvergleichlichen Be- quemlichkeit aller sonstigen Bedienung — ein Ruck rechts am Schalter, und sie leuchtet auf, ein zweiter Ruck, und sie erlischt — nimmt man diesen Mißstand gern mit in den Kauf. Ein Weihnachtsbaum mit elektrischen Glühlämpchen! Ich kann mir denken, das klingt vielen übermodern, und, ehrlich gesagt, ich selbst werde wohl Zeit meines Lebens nicht auf die duftige Wachskerze im Tannengrün verzichten. Aber schön und von ganz eigenem, wahr- haft poetischem Reiz ist solch ein dunkler Baum auch, aus dem hundert ganz kleine Glühlämpchen mit magischem Licht herausleuchten — das kann niemand leugnen, der ihn gesehen hat. Und wer weiß, ob er sich nicht bei der fortschreitenden Verbreitung des elektrischen Lichtes allgemeiner einbürgert, als wir heute glauben. Möchten dann nur unsere Enkel ihn mit gleich frommen Gedanken und mit der gleichen Freude im Herzen umstehen, wie wir unseren lieben, alten Lichterbaum! Hanns von Spiolb-rg. 9*
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