1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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65, Das erste Gaslicht.
Das Leuchtgas ist am Ende des 18. Jahrhunderts erfunden worden.
Der Engländer Murdoch beleuchtete 1792 sein Haus und seine Werk-
stätte mit Steinkohlengas. Murdochs Schüler, Samuel Clegg, der
für die Entwicklung der Gasindustrie außerordentlich viel beigetragen
hat und die Straßenbeleuchtung von London (1814) einführte, er-
zählte über die Erfindung des Leuchtgases folgendes:
„Murdoch hatte mich als jungen Burschen bei seinen Versuchen
über die Verwendung des Kohlengases für die Erleuchtung zur
Hilfeleistung herangezogen. Wie einfach waren unsere Apparate! Ein
altes Flintenrohr hatten wir als Retorte, Ochsenblasen als Rezipienten
und Gasometer. Wie oft sind wir beim Licht eines Flämmchens
nach Hause gegangen, das der Alte mittels einer solchen Blase, die er
unter dem Arm drückte, und eines alten Pfeifenrohres als Brenner
unterhielt. Wir kamen weit mit dem Kohlengas, und bei dem Feste
für den Frieden zu Amiens (1802) hatten wir an der Front der
Fabrik in Soho eine Sonne von Gasflammen angebracht, die freilich tüchtig
qualmten, — der Jubel und das Staunen der Volksmassen wollte nicht
enden. — Wir beleuchteten die Werkstätten damit, noch einige Spinn-
mühlen, und es war besser als Lampenlicht; aber schlecht genug war
das Gas, und die Leute wurden krank von all dem Rauch und Ruß.
Als ich vor nunmehr 40 Jahren meine Reinigungsapparate
erdacht und fertig hatte, beleuchtete ich zuerst damit einen Verkaufs-
laden, ich glaube, der Besitzer war ein Farbenmacher am Strand in
London und hieß Ackermann. Die Flammen standen wie weiße
Sterne über den Brennern, und die Öllampen weit und breit wurden
rot und blind. Die Leute liefen zusammen, und die Wagen der Vor-
nehmen hielten vor dem Laden, dessen Besitzer bedeutende Geschäfte machte.
Eines Abends kam eine schöne, große Lady hereingestürmt und rief
uns an, sie müsse das Licht in ihrer Kutsche mit nach Hause nehmen,
es koste, was es wolle! Bei alledem wurde ich ausgelacht, als ich
mit dem Plane hervortrat, London mit Gas zu beleuchten. Und
unter den Lachern waren keine schlechteren Leute als Davy, unser
größter Physiker, und einer, dem es lieber verziehen sein soll, unser
größter Dichter von damals, Sir Walter Scott, der spottend ausrief:
„Die Welt steht auf dem Kopfe, London soll jetzt in Winternächten
mit dem Kohlenrauche beleuchtet werden, der unsere Wintertage zu
Nächten macht." Aber endlich, jetzt (1844) gerade vor 36 Jahren,
hatten wir eine mutige Gesellschaft zusammen, ein Gasometer war er-
baut, und es sollte mit dem „Lichtverkauf" begonnen werden. Da
hatten Gelehrte dem Magistrat gesagt, mein kleiner Gasbehälter sei
gefährlicher, als wenn er voll Schießpulver wäre, und durch das
kleinste Loch in seinem Blech könne das Gas Feuer fangen, explodieren
und halb Middlesex in die Luft sprengen.
Ich bekam keine Erlaubnis, auch nur eine einzige Flamme anzu-