1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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So forderte, wie die meisten Errungenschaften der Kultur, auch
das Zündhölzchen alljährlich seine Opfer, obwohl wir zur Ehre der
deutschen Industrie hervorheben müssen, daß sie alles daran gesetzt hat,
um die Arbeiter vor den mit der Fabrikation verbundenen Gefahren zu
schützen. Die Phosphorvergiftungen sind in unseren Fabriken gott-
lob selten geworden. Um sie ganz unmöglich zu machen, ist neuer-
dings in verschiedenen Staaten die Verwendung des giftigen, weißen
Phosphors gänzlich verboten worden.
Etwas später, gegen das Jahr f850, trat der deutsche Lhemiker
B ö t t g e r mit einer sehr wichtigen Neuerung aus, welche den Be-
ginn eines neuen Zeitalters in der Zündholzfabrikation bedeutete. Er
setzte die Köpschenmasse aus chlorsaurem Kali und Schweselantimon
zusammen, indem er Gummi als Bindemittel benutzte, und stellte eine
besondere Reibfläche her, die aus einem Anstrich bestand, der Phos-
phor enthielt. Strich man nun das Köpfchen über diese Blasse, so
entzündete sich infolge der Reibung hier und dort ein winziges Teilchen
des Phosphors, dieses Fünkchen setzte wieder ein Teilchen des Zünd-
holzköpfchens in Brand und löste die Explosion der ganzen Blifchung
von chlorsaurem Kali und Schweselantinwn aus.
Das waren also „schwedische" Sicherheitszündhölzchen, die in
Deutschland schon in den fünfziger Jahren in mehreren Fabriken
nach der Böttgerschen Anweisung hergestellt wurden, aber damals
gegen die Phosphorhölzer nicht aufkommen konnten. Blan hatte
sich an die letzteren gewöhnt, sie ließen sich so bequem anzünden ;
wenn die Reibfläche verloren ging, so genügte ein Strich an der
)Vand oder der Hose, um Feuer zu erlangen. Bei den neuen
Hölzchen mußte man stets die Reibfläche mit Phosphor mit sich
führen; war diese abgenutzt, so waren die Zündhölzchen unbrauchbar;
denn sie versagten, wenn man sie an einer beliebigen rauhen
Fläche rieb.
Allein im Ansang der sechziger Jahre wurde der hohe Wert
der deutschen Erfindung anderswo erkannt. Der schwedische Ingenieur
Lundström gründete die berühmte Fabrik in Iönköping. Die
Blasse der Zündköpfchen und der Streichfläche blieb die alte, aber
die Schweden ersannen eine praktische Verpackung, lieferten die Hölz-
chen in den kleinen bequemen Schiebeschachteln, und so siel das
Haupthindernis einer weiteren Verbreitung weg. Die „schwedischen
Zündhölzchen", wie sie jetzt allgemein genannt werden, entzünden sich
nicht so leicht von selbst wie die alten Phosphorhölzer, sie sind darum
feuersicherer, und die Kinder können mit ihnen nicht so leicht Brände
stiften; ferner sind sie giftfrei. Vor allem aber sind diese Sicherheits-
hölzchen als eine wahre Wohltat für die Arbeiter in Zündwaren-
fabriken zu betrachten; denn der rote Phosphor ruft keine Phosphsr-
nekrose hervor.
Kein Wunder also, daß die „Schweden" einen förmlichen Siegeszug
durch die Welt antraten, sogar in den „dunklen" afrikanischen Welt-