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1. Teil 7 = (Für Prima) - S. 16

1906 - Leipzig : Freytag
16 der Besatzung. Aber über den Rhein wagten die Deutschen sich nicht. Tiberius, der in dem folgenden Jahre wieder das Kommando über die Rheinarmee übernahm, stellte Ordnung und Sicherheit wieder her, ja überschritt sogar int Zweiten Jahr nach der Katastrophe wiederum den Rhein. Die Katastrophe ist, militärisch betrachtet, nicht schwerer als unzählige andere in den römischen Annalen verzeichnete. Dennoch ist sie von den weitgreifendsten Folgen ge- worden, ja man kann sagen ein Wendepunkt der Weltgeschichte, derjenige Mo- ment, der in der äußeren Politik Roms nach der Fluthöhe den Beginn der Ebbe markiert. Der durch die mühsam überwundene pannonische Insurrektion erschöpfte Staat konnte diesen zweiten Stoß nicht verwinden. Nachdem eben das Äußerste, was man an Mannschaften besaß, aufgeboten worden war, ver- mochte man nicht mehr die frische Lücke zu füllen; als Augustus starb, zählte das Heer eine Legion weniger, als vor der Varusschlacht. Aber vor allem hatte man den Mut und den Glauben an sich selber verloren. Die unzulängliche und fehlerhafte Reorganisation des Militärwesens war in der großen pannonisch- germanischen Katastrophe zu Tage gekommen; die alte Wehrfähigkeit der Repu- blik war nicht übergegangen auf die Monarchie. Die Militärceorganisation half wohl etwas, aber tat weitaus nicht genug; die Regierung kam zu der Ansicht zurück, daß der Staat einen großen Krieg nicht führen könne und ihn vermeiden müsse. Germanien ward aufgegeben; nur die Rheinarmee führte noch ferner den Namen des germanischen Heeres, und die Teile des linken Rheinufers, in denen sie stand und die überdies meist deutsche Bevölkerung hatten, die Namen des oberen und niederen Germaniens. Von der Elbgrenze war nicht ferner die Rede, noch weniger von Wiederaufnahme des Angriffs gegen Marobod. Tiberius sah das Werk seines Lebens, die Frucht vieljähriger Kriegsarbeit zu Grunde gehen; der Bau, zu dem er als Siebenundzwanzig- jähriger am Rhein und ant Bodensee den Grund gelegt, den er dann als Fünf- ziger der Krönung nahe gebracht hatte, brach mit einem Schlage unwiderbringlich zusammen. Ob er persönlich sich resigniert hat oder die Resignation ihm von dem hochbejahrten, mehr und mehr dem Vorwärtsgehen und jedem Wagnis ab- geneigten Kaiser aufgezwungen worden ist, vermögen wir nicht zu sagen; gewiß ist nur, daß auch später, als er selbst die erste Stelle einnahm, der Greis auf die Hoffnungen des Jünglings und Mannes nicht wieder zurückgekommen ist. Wohl ward noch einmal die Eroberung Germaniens versucht; der Sohn des Drusus, der Neffe und Adoptivsohn des Tiberius, der junge feurige und durch besondere politische Verhältnisse zu einer mehr als billig selbständigen Feld- herrnstellung gelangte Germanicus versuchte in den ersten Jahren des Ti- berius das väterliche Werk wieder aufzunehmen, die zerstörten Festungen wieder herzustellen, zu Wasser und zu Lande die einmal gewiesenen Wege wieder einzuschlagen. Aber es geschah ohne, ja gegen den Willen des alten Kaisers, und sowie die Abberufung des Prinzen gelungen war, wurden die Truppen wieder zurückgezogen über den Rhein. Es war der neuen Monarchie nicht bestimmt, die Wege der Eroberung zu finden und den matten Glanz der
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