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1. Teil 7 = (Für Prima) - S. 286

1906 - Leipzig : Freytag
286 daran, daß Starke an den Grenzen sind." Wie viele kleine und schwache Rand- staaten hat Deutschland doch gehabt! Die beste natürliche Grenze ist das Meer, denn vor dieser Schranke muß der Mensch Halt machen. Darum sucht jeder Staat am Meere Fuß zu fassen. Die Meeresgrenze braucht nicht oder nur in geringem Grade geschützt zu werden; welchen Vorteil hat Großbritannien, haben auch die Halbinselstaaten von dieser natürlichen Schranke, und wieviel äußere Arbeit erspart die Meeresgrenze doch zugunsten der inneren Arbeit! Aber seinen rechten Wert erhält das Meer erst, wenn es nicht nur eine Schranke, sondern auch eine Schwelle ist, wenn es nicht nur völkertrennend, sondern auch völkerverbindend wirkt. Ja, wie kann denn das Meer, das aus einem Erd b e wohner einen Erd u m wohner machte, Zugleich eine natürliche Grenze sein? Weil, wie wir gesehen haben, die Grenze nicht die tote Peripherie ist, an der die vom Mittelpunkt wirkende Kraft gleich Null wird, sondern weil gerade an der Grenze die wichtigsten Lebens- erscheinungen auftreten. Angelehnt an die Küste kann ein Staat sich ungestört entwickeln; der Kampf gegen das feindliche Element heischt Einigung zu ge- meinsamer Kulturarbeit; deshalb schreibt die Sage der verschiedensten Völker ihren Kulturheroen die Besiegung von Meerungeheuern zu. Je besser die Meeresgrenze entwickelt ist, um so mehr befördert sie die Zugänglichkeit; wir konnten die Erde europäisieren, weil unser Erdteil die am meisten entwickelte Meeresgrenze hat, in tausend Krümmungen verlaufend wie die Windungen des Gehirns; Afrika dagegen steht hinter andern Erdteilen großenteils deshalb Zurück, weil es keine Meerbusen und Halbinseln hat. Weil die Küste dem Staate Angriffspunkte für feindliche Überfälle und für Kultureinwirkungen bietet, darum haben die Länder dorthin ihre Stirn gewendet und nach dieser Seite Front gemacht. Alle Länder haben ihre Ge- schichtsseite; mit der Verlegung ihrer Lage gehen Wendepunkte der Geschichte Hand in Hand; wir erkennen sie an dem Wachstum und Leben der Grenzplätze. Deutschland hat oft seine Front verändert; zuerst war es nach Norden und Osten gerichtet und wandte sich dann für Jahrhunderte nach Süden, um dann vorwiegend nach Westen zu blicken. Glücklich das Land, das nicht von einem mächtigen Nachbar gezwungen wird, fortwährend Grenzwacht zu halten oder gar nach mehreren Seiten aus der Hut zu sein! Im Vergleich mit dem Meere haben die anderen sogenannten natürlichen Grenzen mehr den einseitigen Wert des Abschlusses. Als gute Grenzen gelten Steppen und Wüsten, die für sich selbst so grenzlos sind, daß man in ihnen Kosakenwälle und chinesische Mauern aufrichten muß. Gleich dem Wüstensande sind die Steppenbewohner immer beweglich; hat man doch noch im neunzehnten Jahrhundert Schutzwälle gegen die asiatischen Nomaden erbaut, und wie oft in früheren Zeiten haben mongolische Reiterhorden Europas heiligste Giiter bedroht! Noch immer trennt die Sahara die zwei Rassen Afrikas, und selbst dem Vordringen des Islam hat sie eine Grenze gezogen. Ebenso abschließend wirken die Wälder, weniger wegen ihrer Bäume als
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