1910 -
Frankfurt a.M.
: Auffarth
- Autor: ,
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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seines klugen Gesichtes auf. „Wer ist das?" fragte er. Und die Ant-
wort lautete: „Das ist ein Herr von Moltke, der aus Dänemark zu
uns herübergekommen ist." Einige Monate später erhielt der Prinz
Ausarbeitungen, die von den Offizieren jenes Regimentes angefertigt
worden waren, zur Durchsicht. Eine Arbeit fiel ihm als besonders
gelungen ans. Als er nach der Unterschrift sah, fand er wieder den
Namen Moltke. Nun empfahl er den jungen Leutnant zum Dienste
im Generalstab.
Moltke erwies sich der Ihm gewordenen Auszeichnung würdig.
Er tat gewissenhaft seinen Dienst, studierte mit großem Ernste die
Kriegswissenschaften und war daneben eifrig bemüht, fremde Sprachen
zu erlernen, deren er zuletzt sechs beherrschte. Er wurde auch ein vor-
züglicher Geograph und Kartenzeichner.
Voll Begierde, fremde Länder zu sehen, erbat er sich im Jahre
1835 einen längern Urlaub, um die Türkei und Griechenland kennen
zu lernen. In Konstantinopel fand der türkische Kriegsminister an
dem jungen, kenntnisreichen Offizier ein solches Wohlgefallen, daß er
die preußische Regierung bat, ihm Moltke auf längere Zeit zu über-
lassen, damit er das verwahrloste türkische Heer nach preußischem
Muster umgestalte. Hochgeehrt vom Sultan, kehrte Moltke nach vier-
jährigem Aufenthalt im Morgenland in die Heimat zurück. Der in
solchen Erfahrungen gereifte Mann rückte nun im preußischen Heere
rasch auf und wurde endlich im Jahre 1858 als Generalmajor das
Haupt des großen Generalstabs.
Seinen ersten Erfolg errang er 1864 im dänischen Kriege;,doch
in noch höherm Grade trat seine Meisterschaft 1866 im Kriege gegen
Österreich hervor. Durch Befolgung des Grundsatzes; „Getrennt mar-
schieren, vereint schlagen!" erzielte er staunenswerte Leistungen. Wie
die Räder einer Maschine griffen die einzelnen Heeresabteilnngen inein-
ander. So genau kannte Moltke die Leistungsfähigkeit der Soldaten,
so sicher berechnete er die Entfernungen, so richtig schätzte er die
Schwierigkeiten des Marsches, daß ihn niemals die Zuversicht auf das
Gelingen seiner Pläne verließ. Als bei Königgrätz die Österreicher um
Mittag noch nicht wichen und nicht wankten und die preußischen
Generale unruhig sorgten, ob wohl der Kronprinz rechtzeitig eintreffen
werde, sagte Moltke in großer Seelenruhe zum König: „Ew. Majestät
werden heute nicht nur die Schlacht, sondern auch den Feldzug ge-
winnen."
Im Winter 1868 arbeitete er den Entwurf für den Aufmarsch
der gesamten deutschen Streitmacht am Rheine aus. Als dann im