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1910 -
Frankfurt a.M.
: Auffarth
- Autor: ,
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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Das vorher leidenschaftlich unruhige Element ist zur anmutigsteu Ruhe
gelangt. So gewähren die Seen der aufgeregten Seele den Dienst der
Beruhigung.
Doch nicht immer sind die Seen so ruhig. Schon von einem leisen
Windhauch wird die Oberfläche des Wassers bewegt. Wenn nun gar
Stürme über sie hereinbrechen, als wäre es der wilde Jäger mit seinem
Gefolge, wenn die Wellen in zügellosen Sprüngen sich hoch auftürmen,
dann steigert sich die Bewegung bis zu einem erschreckenden Grade.
Man hat die Seen oft die Augen der Alpen genannt. Ihr lieb-
licher Eindruck wird erhöht durch die Reinheit, Klarheit und Durchsichtig-
keit sowie durch die herrliche Farbe ihres Wassers, das sich vom hellsten
Grün und zartesten Blau bis zum Tiefblau und dem edelsten Blaugrün
dem Auge darbietet. Höchstwahrscheinlich ist das Farbenspiel durch die
Gesteinsfarbe des Grundes bedingt und wird beeinflußt durch die Tiefe
des Seebeckeus, die Dichtigkeit und Wärme des Wassers, den Widerschein
des blauen Lichtes vom Himmel und die Farben der nächsten Umgebung.
Besonders wertvoll sind die Alpenseen für die anwohnende Bevölke-
rung. Die tiefgelegenen Seeufer sind meist vor rauhen Winden geschützt,
und daher blüht hier vorzugsweise eine herrliche Pflanzenwelt. Bayerns
beste Obstbänme gedeihen zum Teil an den Ufern der Seen. Die bessern
Weine der nördlichen Schweiz wachsen an ihren Seen. Am Bodensee
und Züricher See sind Weingärten in Fülle dicht zum Ufer hingedrängt,
während nicht weit davon wenig oder gar kein Wein gebaut wird.
Au deu Ufern der Alpenseen sproßt und grünt zuerst der Frühling,
und von ihnen aus beginnt er alljährlich weiter hinauf und hinein seinen
Triumphzug. Die erste Mandelblüte finden wir am Gardasee; auch der
Kirschbaum blüht zuerst an jenem See, und man ist dort bereits längst
von blühenden Bäumen, grünenden Kräutern und von der Farbenpracht
ausgeoehnter Blumenteppiche umgeben, wenn landeinwärts auf den Fluren
noch Ode und winterliches Aussehen dem Auge begegnet.
An den Seen nahm auch in uralten Tagen die Bevölkerung jener Ge-
birgsgegenden den Anfang. Überraschend sind die Winke und Aufschlüsse,
die hierüber seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts durch die Unter-
suchungen über die sogenannten Pfahlbauten gegeben worden sind.
Als infolge der Trockenheit des Winters 1853—54 und späterer
Dürre die Flüsse und Seen einen ganz ungewöhnlich niedrigen Wasser-
stand erreicht hatten, fand man bei Nachgrabungen an bloßgelegten
Stellen des Züricher Seebettes eine große Menge eingerammter
Pfähle. Zwischen ihnen lagerten schwarze Latten, vermischt mit aller-
lei Gerät aus Stein, Horn, Knochen und Ton, wie man dergleichen