1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: ,, Sach, August, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Meyn, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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202.
1. Wenn alles eben käme,
wie du gewollt es hast,
und Gott dir gar nichts nähme,
und gab’ dir keine Last: -
wie wär’s da um dein Sterben,
du Menschenkind, bestellt?
Du müsztest fast verderben,
so lieb wär’ dir die Welt.
Trost.
2. Nun fällt, eins nach dem andern,
manch siiszes Band dir ab,
und heiter kannst du wandern
gen Himmel durch das Grab.
Dein Zagen ist gebrochen
und deine Seele holst; —
dies ward schon oft gesprochen,
doch spricht man’s nie zu oft.
203. Der Hauptmann von Wismar.
Gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts, als die nord-
deutsche Hansa in ihrer Rliite stand, kam nach Wismar mitten im
Winter die Nachricht, dasz Stockholm in Schweden hart von
den Dänen belagert würde und die Bürger groszen Hunger litten,
und wenn sie nicht nächstens entsetzt würden, so müszten sie aus
Noth die Stadt übergeben. Um das zu verhindern, wurden in dem
Tief von Wismar acht grosze Schiffe ausgerüstet; diese wurden mit
Korn, Mehl und anderen Lebensmitteln beladen und mit kühnen
Männern besetzt, den Holm zu befreien. Es war aber mitten im
Winter, da diese Schilfe ausliefen; sie hatten einen Hauptmann,
Namens Meister Hugo. Die Dänen hatten aber'auch einen
Haufen Schifte in See, um auf ihre Feinde Acht zu geben.
Da begab sich, dasz plötzlich ein so starker Frost eintrat, dasz
die Schilfe in der See einfroren und konnten nirgend hinkommen.
Als nun der Hauptmann von Wismar sah, dasz der Frost so heftig
überhand nahm, da sprach er zu den Schilfern und anderen Kriegs-
leuten also : „Liebe Gesellen, ihr sehet, dasz wir hier eingefroren
liegen, und dürfen uns nicht vermuthen, dasz so bald ein anderes
Wetter eintreten wird, und ihr wiszt, dasz der Dänen Schilfe auch
in See sind. Darum weisz ich gewisz, wenn dieser Frost bleibt,
so werden sie uns anfallen, und sie haben den groszen Vortheil,
dasz sie aus ihrem Lande sich verstärken können, soviel sie wollen:
deshalb ist besser , wir sehen vor ihrer Ankunft zu. Wollt ihr nun
meinen Rath hören, so wollen wir unsere Schilfe so verwahren, dasz
wir sie vor den Dänen wohl behalten, wiewohl es Arbeit kosten
wird; dennoch, weil es s.o kalt ist, ist es besser, dasz wir etwas zu
thun haben, als dasz wir zu Tode frieren. Sehet da", sprach er,
„an der dänischen Küste steht viel Holz, da wollen wir Leute hin-
senden, die sollen lange und grosze Bäume hauen und auf dem Eise
mit geringer Arbeit an die Schifte schaffen ; die wollen wir auf
beiden Seiten der Schiffe hinlegen und mit Waszer begieszen, wel-
ches bald zufrieren wird, und unseren Schilfen einen Wall und ein