Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Altertum und Mittelalter - S. 330

1894 - Halle a.S. : H. Peter
— 330 — sorgfältigen Prüfung der Angelegenheit. Dieses Gutachten erregte den Zorn Pfefferkorns und seiner Freunde, und es entbrannte ein Streit, der das lebhafteste Interesse der ganzen christlichen Welt in Anspruch nahm und sich immer mehr zu einem Kampfe zwischen Humanismus und mönchischer Verdnnk-lnngssucht gestaltete. Alle erleuchteten Geister stellten sich auf Reuchlius Seite, und eine Menge spitziger Federn übergoß die Anhänger des alten Systems mit der beißendsten Satire. So erschienen in den Jahren 1515 und 1517, von mehreren Verfassern geschrieben, die berühmten „Briefe der Dunkelmänner", worin im köstlichsten Mönchslatein die platten und zum Teil sehr unflätigen Herzensangelegenheiten der Dominikaner mit steter Beziehung auf ihren Haß gegen Reuchlin anscheinend so harmlos besprochen wurden, daß anfangs viele der Betroffenen den Spott gar nicht merkten pnd allen Ernstes glaubten, die Briese seien wirklich von Angehörigen ihrer Partei ausgegangen. Der dritte der drei obengenannten großen Humanisten, Eras-1467 mus von Rotterdam, besuchte als Anabe die vorzügliche bis Schule zu Deventer und trat dann nach dem Willen seiner Verwandten in ein Kloster, aus dem ihn indes nach fünfjährigem Aufenthalt der Bischof von Bamberg befreite, damit er sich ganz seiner Vorliebe für gelehrte Studien hingeben könne. Zu dem Zwecke bezog er die Universität Paris und lebte hierauf abwechselnd in England, Frankreich, den Niederlanden und Italien, bis er seinen Wohnsitz sür immer in Basel aufschlug, wo er seine noch übrigen Tage in ungestörter Beschäftigung mit den Wissenschaften und in regem brieflichen Verkehr mit den größten Geistern aller Nationen verbrachte. Unter seinen zahlreichen Werken ist das bedeutendste die Ausgabe des griechischen _ neuen Testaments mit einer lateinischen Übersetzung nebst beigefügten Anmerkungen, eine Arbeit, welche den Theologen das Verständnis der heiligen Schrift wesentlich erleichterte und für die Erklärung derselben die wertvollsten Anhaltepunkte lieferte. Das meiste Aufsehen machte indes seine Satire „Lob der Narrheit", worin er in volkstümlicher und doch überaus feiner Weise die Gebrechen der Zeit, die Schwächen und Laster der Menschheit, namentlich die Unwissenheit, Faulheit und Sittenlosigkeit des entarteten Mönchstums geißelte. Die Deutschen waren nach dem Zeugnis des Tacitus schon vor zwei Jahrtausenden eine sangeslustige Nation. Aber keines jener Lieder, die sie damals auf den Schlachtfeldern oder bei festlichen Gelagen erschallen ließen, ist bis in unsere Tage herübergeklungen; die ältesten Denkmale deutscher Dichtkunst stammen vielmehr erst os den Zeiten der Karolinger, wo ja überhaupt die Anfänge jeder Art litterarischen Lebens zu suchen
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer