1900 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Schulze, Hermann, Kahnmeyer, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 24
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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11. Leuchtgas. Um uns ein solches Gas zu erzeugen, stecken wir ein
Stückchen Steinkohle in den Kopf einer thönernen Pfeife und verschließen den
Kopf oben mit Lehm. Alsdann legen wir den Kopf in die Ofenglut und zwar
so, daß die Röhre aus der Ofenthür hervorragt. Halten wir nun nach wenigen
Minuten ein brennendes Schwefelholz an die Öffnung der Röhre, so entzündet
sich das aus der Röhre herausströmende Gas und brennt mit schöner, heller
Flamme. (Über Herstellung des Leuchtgases im großen vgl. S. 256!) Das Leucht-
gas ist eine Verbindung von Kohlenstoff und Wasserstoff und wird daher auch
Kohleuwasserstoffgas genannt. Den Kohlenstoff erkennen wir, wenn wir Kreide
in die Flamme halten, den Wasserstoff, wenn wir eine trockene Glasscheibe darüber
halten. (Inwiefern? S. 334.) Auch das Sumpfgas besteht aus Kohlenstoff und
Wasserstoff. Es findet sich besonders im Schlamm- und Sumpfboden und bildet
sich hier aus verwesenden Pflanzenstoffen. Bohrt man in den Schlamm mit
einem Stabe ein Loch, so steigt es in Blasen in die Höhe. Dieses Sumpfgas
ist dasselbe Gas, das vom Bergmanne in den Kohlengruben als „schlagende
Wetter" so sehr gefürchtet wird. (S. 255.)
12. Kohlenoxydgas. Wenn das Ofenrohr geschlossen wird, bevor Holz
und Kohlen vollständig verbrannt sind, so können die Bewohner des Zimmers
dadurch leicht den Tod finden. Fehlt es nämlich bei der Verbrennung an der
nötigen Zufuhr von Sauerstoff, so verglimmen die Brennstoffe sehr langsam, und
es bildet sich das sehr giftige Kohlenoxydgas, im gewöhnlichen Leben „Kohlen-
dunst" genannt. Namentlich wird dieses Gas häufig dadurch erzeugt, daß man
die „Ofenklappe" (an der Röhre, die den Ofen mit dem Schornsteine verbindet)
zu früh verschließt, um den Zug abzusperren und so die Wärme aus dieser Röhre
nicht entweichen zu lassen. Das sich dann bildende Kohlenoxydgas dringt durch
die Ofenthür ins Zimmer, und da es geruch-, geschmack- und farblos ist, so macht
es sich durch nichts kenntlich, bringt aber bald Bewußtlosigkeit und Tod hervor.
Daher verschließe man die Ofenklappe nie, bevor man sich überzeugt hat, daß
aller Brennstoff auch wirklich verbrannt ist. — Durch luftdicht schließende Ofen-
thüren erreicht man in neurer Zeit viel besser und ohne Gefahr denselben Zweck,
den man durch das frühzeitige Schließen der „Ofenklappe" erstrebt, nämlich das
längere Warmbleiben des Ofens.
13. Säuren, a. Thu in ein Glas Wasser etwa 10 Tropfen Salzsäure!
Alsdann tauche einen Streifen blaues Lackmuspapier (sog. „Probierpapier", in
der Apotheke zu haben!) in die Mischung! Es färbt sich rot. Das geschieht
auch, wenn wir das Papier in Essig, Wein, saure Milch, Citronensaft, Apfelsaft
u. s. w. tauchen. (Essig besteht aus Essigsäure und Wasser, Wein enthält viel
Weinsäure, saure Milch Milchsäure, Citronensaft Citronensäure.) Säuren haben
die Eigenschaft, blaues Lackmuspapier rot zu färben.
b. Wenn man Kupfer mit Essig besprengt, so verbindet sich die Essigsäure
mit dem Kupfer, und es bilden sich grüne Flecke, gewöhnlich „Grünspan" ge-
nannt, aus dem Kupfer. (Vergl. auch S. 333!) Auch mit andern Säuren
(Wein-, Apfel-, Butter- und Fettsäure) verbindet sich das Kupfer, so daß auf
diese Weise sehr verschiedenartige Kupfersalze entstehen können. Unkundige pflegen
alle diese Kupfersalze kurzweg als „Grünspan" zu bezeichnen. Sie sind sämtlich
äußerst giftig. Besonders bilden sich Kupfersalze beim Kochen der Speisen in
kupfernen Gesäßen. Es ist daher bei Anwendung des kupfernen Geschirrs große
Vorsicht nötig. Namentlich muß man sich hüten, die gekochten Speisen in den
kupfernen Gefäßen erkalten zu lassen. (Warum?) — Da in unsern silbernen (und
besonders neusilbernen) Löffeln auch Kupfer enthalten ist, so ist es immer ge-
fährlich, sie in sauern Speisen liegen zu lassen.