D 0 r iu o r t.
Indern der Herausgeber den vierten und letzten Baild der „Histo-
rischen Darstellungen und Charakteristiken" dein dritten Bande (1864)
erst nach zwei Jahren folgen läßt, kann er nicht verhehlen, daß die
Darstellung der neuesten Zeit, wiewohl sie nur 50 Jahre, und nur
selbst erlebte Begebenheiten umfaßt, ihm ungleich größere Schwierig-
keiten geboten hat, als diejenige einer der früheren drei größeren
Perioden der Weltgeschichte. Einmal war er hier viel weniger
auf eine gewisse Anzahl von allgemein anerkannten Hauptwerken
unserer zahlreichen, verdienstvollen Geschichtschreiber hingewiesen, um
denselben einzelne, besonders gelungene Abschnitte unmittelbar und
mit wenigen Veränderungen zu entnehmen. Denn gerade die gründ-
lichsten Bearbeitungen der neuesten Geschichte, wie die von Gervinus
(bis jetzt 8 Bde.) und „Staatengeschichte der neuesten Zeit" von ver-
schiedenen Bearbeitern (bis jetzt 10 Bde.), umfassen kaum mehr als
den ersten Zeitraum (bis 1830), nur einige den zweiten (bis 1848)
und den Anfang des dritten, und sind dabei nüt solcher Ausführlich-
keit angelegt, daß die aus denselben benutzten Abschnitte in der Regel
gänzlich umgearbeitet werden mußten, um einen einheitlicheil Maß-
stab des Umfanges zu gewinnen (vgl. die Uebersicht des Inhaltes).
Da es für den dritten Zeitraum fast gänzlich an Hauptwerken fehlte,
so sind hier vorzugsweise Monographieeil und Zeitschriften, für den
„Nachtrag" selbst die Tagesblätter als Quellen herangezogen worden.
Eine zweite Schwierigkeit bei der Darstellung der nächsten Ver-
gangenheit „für Schule und Haus" bestand dariil, dieselbe fern zu
halten von einseitiger Partei-Auffassung, die gerade bei den Ereig-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni]]
Vi
nissen der Gegenwart am häufigsten hervortritt, und vielmehr über-
all den festen und sicheren Standpunkt der objectiven Auffassung
zu bewahren, wie er für einen Leserkreis geeignet erscheint,'der erst
die Thatsachen kennen lernen soll, ehe er die sich dem Einflüsse der
wandelbaren Tagesmeinung schwer entziehenden Reflexionen über die-
selben würdigen kann. Die unvermeidliche Folge der großen Maß-
haltung, mit welcher dem zufolge Lob und Tadel, namentlich über
noch lebende Zeitgenossen, hier gespendet wird, muß natürlich die sein,
daß die Beurtheilung von Personen und Ereignissen dem entschiede-
nen Partei-Standpunkte selten genügt und dem Einen zu weit nach
rechts, dem Andern zu weit nach links hin sich zu neigen scheint.
Mit Rücksicht auf diese zweifache Schwierigkeit glaubt daher der
Herausgeber bei diesem Schlußbande,»und namentlich auch für den
mit einigem Bedenken hinzugefügten Nachtrag („der Krieg im Jahre
1866"), die wohlwollende Nachsicht der Leser ganz besonders in An-
spruch nehmen zu müssen. Seine Arbeit hat keinen weiteren Zweck,
als von dieser fünfzigjährigen Periode, welche, neben einem wunder-
baren Aufschwünge der geistigen und materiellen Cultur, zugleich eine
Reihe von Kümpfen, sowohl um die Erhaltung des politischen Gleich-
gewichts, als um die Verbesserung der politischen und socialen Zu-
stände innerhalb der einzelnen Staaten, aufzuweisen hat, eine klare,
leicht faßliche Uebersicht, in einfacher Form, nach den bewährtesten
Quellen und Hülfsmitteln zu geben und damit die Charakteristik
der hervorragendsten Persönlichkeiten, theils in besonderen Abschnitten,
theils in kleineren, die Erzählung der Begebenheiten unterbrechenden
Episoden, zu verbinden.
Köln, 15. August 1866.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
2. Die Lage Europa's im Anfange der neuesten Zeit.
3
2. Die Lage Europas im Anfange der neuesten Zeit
(1815).
(Nach Hermann von Keyserling!), kritisch-geschichtliche Uebersicht der Ereignisse
in Europa seit dem Ausbruche der französischen Staatsumwälzung, und nach Anderen,
zum Theil bearbeitet vom Herausgeber.)
Nach dem ersten Sturze Napoleon's I. kehrte Portugal unter
den Scepter des Hauses Braganza zurück. Allein in Bezug auf die
innere Verwaltung und Verfassung ward nichts verändert. Das
Volk versank daher bald wieder in seine alte Unthätigkeit, Schlaffheit
und Geistesstumpfheit. Portugal ward von Neuem ein Vasallenstaat
Englands, und blieb es.
Auf Spaniens Thron kehrte König Ferdinand Vii. aus der
bonaparte'schen Haft zurück. Die von den Cortes in Cadix gegebene
Verfassung, die allerdings gar nicht für den Bildungszustand utld das
geistige Bedürfniß des spanischen Volkes paßte, und die königliche
Würde und Macht zu einem nichtssagenden Schattenbilde machte,
ward vernichtet, ohne daß ein Ersatz dafür gegeben worden wäre;
vielmehr wurdeil die Urheber und Vertheidiger derselben, gerade die
tapfersten, edelsten und gebildetsten Männer, und alle die nur irgend
in Verdacht standen, Freunde und Anhänger der neuen Ideen, oder
der eingedrungenen Fremdherrschaft zu sein, mit blutiger Strenge
im Namen eben des Königs verfolgt und bestraft, der durch die
heldenmüthige Ausdauer und Standhaftigkeit dieser Männer Thron
und Reich wieder erhalten hatte. Dies veranlaßte natürlich Gäh-
rungen und gewaltsame Ausbrüche, die nur mühsam unterdrückt
wurden, und sich immer von Neuem wiederholten. So mußte Spa-
nien, das durch seinen heldenmüthigen Widerstand zuerst das Zeichen
und Beispiel zum Widerstand wider Napoleon's Macht und Herrschaft
gegeben hatte, in einen Zustand der.schwäche, Zerrüttung und in-
nern Auflösung versinken, die es ganz bedeutungslos im großen Rathe
der europäischen Mächte machte.
Daß Frankreich nach außen ohne Ansehen und Einfluß war,
konnte nur als eine natürliche Folge der erlittenen Umwälzung und
des Umstandes angesehen werden, daß sich der zurückgekehrte Regen-
tenstamm der Bourbonen nicht sogleich wahrhaft mit dem Volke zu
verschmelzen vermochte. Zwar hatte König Ludwig Xviii. eine Ver-
fassung gegeben, die, obgleich sie eine Nachbildung der englischen
war, dennoch im Wesentlichen dem Bedürfnisse und den vernünftigen
Wünschen des französischen Volkes genügen konnte. Allein sie faßte
nicht Wurzel: das Mißtrauen und die rege werdenden Parteien hiu-
derten es. Wenn es die große Mehrheit des Volkes nothwendig
beunruhigen und aufregen mußte, daß König Ludwig Xviii. theils
stillschweigend, theils laut erklärte, wie er Alles, was seit 1789 ge-
1*
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T63: [Kaiser Macht Rom Zeit Volk Jahr Mann Staat Augustus Name]]
Extrahierte Personennamen: Hermann_von_Keyserling Ferdinand Ludwig_Xviii Ludwig Ludwig_Xviii Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Europas Europa Englands Spaniens Cadix Frankreich
. 6 2. Die Lage Europa's im Anfange der neuesten Zeit.
Gemüthern, die bei der ersten günstigen Gelegenheit in einen offenen
Aufstand auszubrechen drohte.
Diejenigen Stücke Italiens, welche Oesterreich nicht sich selbst un-
mittelbar aneignen konnte, besetzte es mit Erzherzögen, die Souve-
raine hießen. Erzherzog Franz Iv., Erbe des als Herzog von Brers-
gau 1803 gestorbenen letzten Este, stellte sich in Modena ein, dem
1829 durch Erbschaft auch datz. Herzogthum Massa-Carara anheim-
fiel; in Parma trat kraft der Verträge mit Napoleon (April 1814)
dessen Gemahlin, und seit 5. Mai 1821 dessen Wittwe, die Erzher-
zogin Marie Luise, in dem blühenden Alter von 25 Jahren, die
Regierung an. Lucca, welches kleine Ländchen Napoleon 1805 als
eigenes Herzogthum an seine Schwester Elisa, Gemahlin von Felix
Bacciocchi, geschenkt hatte, behielt auch jetzt bis zum Absterben der
Exkaiserin Marie Luise in Parma seine eigene Herzogin, die Exköni-
gin von Etrurien, die Infantin Marie Luise. Die Habsburg-
Lothringische Linie kehrte in der Person des Erzherzogs Ferdinand Iii.
aus ihrem Großherzogthum Würzburg nach Toscana zurück, wie
der fromme Dulder Pius Vii. aus der Gefangenschaft nach seinem
durch den Wiener Congreß im Norden (durch die Po-Linie) zu Gunsten
Oesterreichs etwas verkürzten Kirchenstaate.
In Deutschland war der Rheinbund aufgelöst worden, und man
erwartete die Wiederherstellung eines deutschen Reiches, das, mächtig
nach außen und frei im Innern, die ihm gebührende Stellung
im Rathe der europäischen Hauptmächte einnehmen könnte. Dem
stand aber einerseits die selbstsüchtige Staatskunst der auswärtigen
Mächte entgegen und andererseits die Eifersucht der deutschen Mächte
gegeneinander. Rußland, England, Frankreich sahen nur zu gern
aus verschiedenen Gründen in Deutschland einen zerstückelten, ohn-
mächtigen und schwachen Staat, als daß sie nicht Alles hätten auf-
bieten sollen, um es zu einem solchen zu machen. Die deutschen
Mächte aber hatten die ihnen von Napoleon eingeräumte unbeschränkte
Machtvollkommenheit bereits zu lieb gewonnen, als daß sie sich leicht
zur Äufgebung derselben hätten entschließen können, was gleichwohl
schlechthin nothwendig gewesen sein würde, sofern in der deutschen
Kaiserwürde nicht bloß eine leere Würde, sondern auch eine wahre
und wirkliche Macht wiederhergestellt werden sollte. Am schwersten
aber war die Wiederherstellung der deutschen Kaisermacht mit der
Stellung zu vereinbaren, die Preußen in Europa in Folge der Er-
eignisse von 1813—1815 wieder eingenommen hatte. Denn da es
sich wieder zu dem Range einer europäischen Hauptmacht empor-
geschwungen hatte, so konnte es nicht freiwillig auf denselben Ver-
zicht leisten, indem es sich Oesterreich unterordnete. Eben so konnte
sich Oesterreich Preußen nicht unterordnen. So mußte also entweder
eine von diesen beiden Hauptmächten außer dem Vereine, also ihm
fremdartig, wo nicht feindlich, bleiben, oder das Ganze aus zwei
besondern Reichen, nämlich aus einem norddeutschen mit Preußen,
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann]]
Extrahierte Personennamen: Franz_Iv. Franz_Iv. Napoleon Marie_Luise Napoleon Elisa Felix
Bacciocchi Felix Marie_Luise Marie_Luise Ferdinand_Iii Ferdinand Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Italiens Oesterreich Modena Parma Lucca Parma Etrurien Wiener_Congreß Oesterreichs Deutschland Rheinbund England Frankreich Deutschland Europa Oesterreich Oesterreich
2. Die Lage Europa s im Anfange der neuesten Zeit.
11
Verhältnisse und Bedürfnisse hat es sich an England angeschlossen und
so stand es Deutschland wo nicht feindlich, doch wenigstens entfremdet
gegenüber. Dazu kommt noch, daß der innere Zusammenhang und
Bestand des neuen Königreichs nur schwach und lose war, weil es
aus ganz fremdartigen, uiib einander widerstrebenden Bestandtheilen
widernatürlich zusammengesetzt worden war. Denn nicht leicht können
größere und schroffere Gegensätze gedacht werden, als die sind,
welche zwischen den kalt-berechnenden, nüchternen, fleißigen, gewerb-
samen und der reformirten Lehre streng ergebenen Holländern, und
den feurigen, beweglichen, lebhaften, Genuß liebenden, katholischen
Belgiern bestanden. Nicht einmal die Zeit und die verständige Re-
gierung König Wilhelm's I. haben diese Gegensätze mit einander
verschmelzen können: so lange sie bestanden, war dies neue König-
reich nie wahrhaft mächtig und stark, sondern dem Auseinander-
fallen nahe.
England hatte nun den Preis des heißen und gewaltigen
Kampfes mit Frankreich, den Alleinbesitz des Welthandels
und der Meeresherrschaft, erhalten. Es Hattein Europa weder
einen Mitbewerber, noch einen Nebenbuhler in dieser Hinsicht zu
besorgen; nur in dem jugendlichen Amerika blühte ihm für die Zu-
kunft ein solcher empor. Daher war es dem britischen Cabinette
weit weniger um Begründung einer zeit- und vernunftgemäßen Ver-
fassung und Einrichtung in Europa, als um Behauptung und Be-
festigung seiner Seeherrschaft zu thun. Demnach sah es die Schwäche
der Continental-Mächte nicht nur gern, sondern förderte sie sogar,
so weit es dies vermochte. Aus diesem Grunde hatte es zur Wie-
dereinführung der Bourbonen in Frankreich mitgewirkt, und wirkte
im Stillen der Vereinigung Deutschlands entgegen, während es zu-
gleich eifrig für die Errichtung von ihm ergebenen und von ihm ab-
hängigen Vasallen-Staaten, wie es die Niederlande, Hannover, Däne-
mark, Schweden und Portugal waren, sorgte, und der innern Zer-
rüttung Spaniens mit geheimer Freude, oder wenigstens mit Gleich-
gültigkeit zusah. Doch im innersten Herzen des stolzen Insel-Staates
nagte der Todeswurm. Dies war das hier herrschende schreiende
Mißverhältniß zwischen bittrer Armuth und übermüthigem Reich-
thume, das immer mehr überhand nahm; die veraltete Form der
Parlaments-Wahl, und die dadurch bedingte Abhängigkeit des Par-
laments vom Systeme der herrschenden Minister, indem es mehr der
Hebel war, dessen sie sich bedienten, um Gesetze zu machen und Auf-
lagen zu erheben, als der Verfechter und Bewahrer der Volksrechte;
das zeitwidrige Verhältniß der Katholiken zu der herrschenden hohen
bischöflichen Kirche; die schlechte und veraltete Rechtspflege; die un-
erschwingliche Abgabenlast und unermeßliche Staatsschuld und end-
lich das immer mehr hervortretende Streben der Minister nach un-
umschränkter Alleinherrschaft.
Dänemark hatte durch den Verlust Norwegens einen empfind-
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert]]
Extrahierte Personennamen: Dänemark
Extrahierte Ortsnamen: Europa England Deutschland England Frankreich Europa Amerika Europa Frankreich Deutschlands Niederlande Hannover Schweden Portugal Spaniens Norwegens
12
2. Die Lage Europa's im Anfange der neuesten Zeit.
lichen Verlust erlitten, der keineswegs durch Schwedisch-Pommern,
und später durch Lauenburg, welches es für das an Preußen abgetre-
tene Schwedisch-Pommern erhielt, ausgewogen oder ersetzt worden ist.
Dänemark ward dadurch zu einem so schwachen Staate, daß es sein
Dasein nicht durch die eigene Kraft, sondern nur durch die Recht-
lichkeit, oder gegenseitige Eifersucht der andern europäischen Mächte
behaupten kann.
Schweden hatte Norwegen erhalten; allein dies war in keiner
Beziehung eine angemessene Entschädigung für Finnlands Verlust, da
die Abneigung der Norweger gegen Schweden und der große Starr-
sinn derselben eine innere Spaltung und Schwäche erzeugte, welche
die Macht Schwedens wesentlich lähmte, und durch die es genöthigt
ward, sich nur mit sich zu beschäftigen. Auch beobachtete die schwe-
dische Regierung wirklich das ihr durch ihre Lage gebotene und da-
durch begünstigte System der Abgeschlossenheit mit großer Klugheit
und strenger Folgerichtigkeit.
Rußland hatte so eben den Angriff des vereinten Europa
unter Leitung des außerordentlichsten und genialsten Feldherrn des
Jahrhunderts zurückgeschlagen, zwar nicht durch die überlegene Tapfer-
keit und Kriegskunst seiner Feldherren und Kriegsheere, aber doch
durch seine eiserstarrte Winternatur. Die natürliche und unmittel-
bar nothwendige Folge von diesem eben so unerwarteten, als außer-
ordentlichen Ereignisse war, daß es sich an die Spitze Europa's ge-
stellt sah, und gewissermaßen als Frankreichs Erbe betrachten durfte.
Es machte nun Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für
die gebrachten Opfer und für seine zerstörte Hauptstadt, die nur in
dem Herzogthume Warschau gefunden werden konnte. Dadurch drang
Rußland in Herz und Mark des preußischen Staates gleichsam wie
mit einem spitzen Keile ein. Es schien daher, als ob Preußen das
nächste und wichtigste Interesse dabei haben müsse, sich dieser Ver-
größerung und drohenden Annäherung Rußlands durch Polens Besitz
zu widersetzen. Allein Preußen hatte sich der Großmuth Rußlands
durch den Vertrag zu Kalisch unbedingt anvertraut. Die Erinnerung
an die alte Freundschaft und Dankbarkeit für eine, durch die in
Rußland erfolgte Vernichtung des großen französischen Heeres mittel-
bar bewirkte Befreiung vom französischen Joche kamen hinzu, um
alle politische Bedenklichkeiten zu unterdrücken.
Die ottomannische Pforte befand sich noch fortwährend in
ihrer alten, wüsten und wilden Anarchie, und ging immer mehr
ihrer gänzlichen Auflösung entgegen. Nur durch die gegenseitige
Eifersucht der europäischen Hauptmächte ward und wird sie aufrecht
erhalten. Der Zusammensturz eines Reiches, das seit mehr als 300
Jahren mit dem europäischen Staatensysteme so eng verflochten war,
würde nicht erfolgen können, ohne zugleich einen allgemeinen Krieg
zu entzünden, dessen Ausgang und Ende kein sterbliches Auge zu
übersehen vermag.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
3. Die ersten 15 Jahre des deutschen Bundes.
15
und Frivolität des deutschen Charakters aber, wie er sich in Wien
kund gab und von da aus verbreitete, konnte das Erwachen des
bessern Bewußtseins bei den andern, Oesterreich unterworfenen Natio-
nen um so weniger verhindern, als sich Oesterreich gegen das übrige
Deutschland so schroff verschlossen, die Stärkung des deutsch-österrei-
chischen Elements von Preußen, Sachsen und dem deutschen Westen
her erschwert und verpönt hatte. Zuerst fingen die Böhmen, später
die Ungarn an, ihre Sprache und Alterthümer mit einem Eifer zu
ftudiren, der erst nur eine gelehrte und unschuldige Spielerei schien,
bald aber einen politischen Charakter annahm.
Je mehr Oesterreich sich allen patriotischen Hoffnungen in Deutsch-
land versperrte, und den letzten großen Nationalkrieg nur als einen
gewöhnlichen Cabinetskrieg, der die Nation nichts angehe, betrachtet
wissen wollte, um so mehr war Preußen aufgefordert, im eigenen
Interesse alle Herzen zu gewinnen, die sich von Oesterreich abwandten.
Ein neues freies Deutschland war der geheime Gedanke, wenigstens
das dunkle Gefühl seit dem Wiederauftreten Stein's. Jede Aussicht
auf eine bessere Gestaltung und Erweiterung des deutschen Reiches
war verschwunden, desto mehr Werth legte man auf die Entwicklung im
Innern mittelst einer neuen Verfassung Preußens. Am 22. Mai 1815
hatte König Friedrich Wilhelm Iii. vom Wiener Congreß aus ein
Decret erlassen, worin „eine Repräsentation des Volks" zugesagt
wurde. Allein die dafür thätige Partei am preußischen Hofe wurde
mehr und mehr durch russischen und österreichischen Einfluß zurück-
gedrängt. Schon während des Krieges war der „Rheinische Merkur",
in welchem Görres zu Coblenz am feurigsten für Vaterland und
Freiheit, und zwar in preußischem Interesse unter den Auspicien des
provisorischen Gouverneurs für die Rheinprovinz, Justus Grüner,
geredet, im „Boten aus Tirol" von Gentz, Metternich's berühmter Feder,
heftig angegriffen und als revolutionär verdächtigt worden. Auch
aus den ehemaligen Rheinbundstaaten erhoben sich bittere Klagen
über den „Merkur". Denn an einer Erhebung Preußens durch die
Begeisterung der deutschen Nation war den ehemaligen Rheinbund-
staaten eben so wenig gelegen als Oesterreich. Diesem gemeinschaft-
lichen Angriffe erlag nun Görres; die preußische Regierung ließ ihn
fallen, stellte den „Merkur" im Juli 1815 unter Censur, und unter-
drückte ihn kurz darauf gänzlich. Görres wurde sogar vor Gericht
gezogen und mußte sich vor den Assisen von Trier vertheidigen. Er
selbst bemerkte damals, es sei doch seltsam, daß ein deutscher und
preußischer Patriot, der unversöhnlichste Feind Frankreichs, zu franzö-
sischen Gerichten seine Zuflucht nehmen müsse, um sich vor denen zu
schützen, für die er Alles gethan und geopfert. Unmittelbar darauf,
im Spätjahr 1815, schrieb ein preußischer Beamter in Berlin, Schmalz,
eine Schmäh- und Anklageschrift gegen den Tugendbund, behauptend,
dieser Verein bestehe noch fort und sei durchaus revolutionär. Zwar
erließen viele der hochgestelltesten Ehrenmänner der Monarchie, wie
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Justus_Grüner Gentz
Extrahierte Ortsnamen: Wien Oesterreich Oesterreich Deutschland Sachsen Ungarn Oesterreich Oesterreich Deutschland Coblenz Rheinbundstaaten Rheinbund- Oesterreich Frankreichs Berlin
3. Die ersten 15 Jahre des deutschen Bundes.
17
Burschenschaft, eine allgemeine Verbrüderung „christlich-deutscher"
Jünglinge. Als nun im Jahre 1817 das dreihundertjährige Jubelfest
der Reformation bevorstand, lud die Burschenschaft von Jena alle
andern zu einer Feier auf die Wartburg bei Eisenach ein, auf welcher
Luther lange verborgen gelebt und die Bibel übersetzt hatte. Man
erkennt aus dieser Wahl, wie die Begeisterung von 1813 bereits von
der großdeutschen Ausdehnung auf die kleindeutsche eingeschränkt
wurde, und einen einseitig norddeutsch-protestantischen Charakter
annahm. Das Wartburgfest fand bei schönem Wetter am 18. Oc-
tober 1817 mit Gottesdienst in aller Ordnung Statt. Alles hatte
einen feierlichen und ganz gesetzlichen Charakter. Erst am Schluß,
als ein großes „Octoberfeuer" zu Ehren des Schlachttages von
Leipzig auf der Berghöhe angezündet wurde, überraschte Maßmann,
ein Student aus Berlin, den versammelten Kreis durch Herbeiholung
von Büchern, die er hier verbrannte, wie Luther einst'die päpstliche
Bulle verbrannt hatte. Es waren zum Theil gehässige Bücher, wie
Kotzebue's deutsche Geschichte, die Schrift von Schmalz, andere, die
übel gewählt waren, wie Haller's Restauration der Staatswissenschaft,
Kamptz' Codex der Gensd'armerie, endlich ganz bedeutungslose. Am
meisten Spaß machte, daß Maßmann zuletzt noch einen österreichischen
Corporalstock, einen Zopf und einen preußischen Garde-Schnürleib
verbrannte, als Sinnbilder einer verhaßten Vergangenheit.
Ein neuer Vorfall führte zu Maßregeln gegen die Presse. Der
weltbekannte Theaterdichter und russische Staatsrath August v. Kotze-
bue hatte sich in Weimar niedergelassen, redigirte ein Wochenblatt
im russischen Sinne und schickte dem Kaiser Alexander regelmäßig
Bulletins über die deutschen Zustände zu, worin er jede patriotische
und freisinnige Regung verdächtigte und die würdigsten Männer ver-
höhnte. Man entwandte aus der Druckerei ein solches Bulletin und
Professor Luden ließ es in seiner „Nemesis" abdrucken. Die öffent-
liche Meinung faßte die Berichterstattung Kotzebue's nicht als Phan-
tasiestück, sondern als Amtshandlung auf, bezeichnete ihn als einen
russischen Schergen (nicht bloß als Spion), und gab ihn der ganzen
Rache des beleidigten Nationalstolzes Preis. Denn man wußte, er
sei in der That nicht ohne Einfluß, und was er dem Kaiser Alexander
glauben mache, das wisse dieser auch am preußischen Hofe wieder
geltend zu machen. Noch in demselben Jahre übergab der walachische
Bojar und russische Staatsrath Stourdza dem Aachener Congreß
eine Denkschrift, in welcher er den Geist der deutschen Universitäten
als revolutionär bezeichnete und strenge Unterdrückung desselben em-
pfahl. Die Burschenschaft von Jena schickte ihm eine Herausforderung
zu. Ein dort Theologie studirender Jüngling aber, Sand aus Wun-
siedel, wurde von patriotischer Entrüstung über die Macht, welche der
frivole Kotzebue in Deutschland noch immer üben durfte, so überwältigt,
daß er ihm, der nach Mannheim übergesiedelt war, von Jena aus
nachreiste, ihn in seiner Wohnung aufsuchte, und mit einem einzigen
Pütz, Histor. Darstell, u. Charakteristiken. Iv. 2
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
Extrahierte Personennamen: Jena Luther August Alexander Alexander Alexander Alexander Staatsrath_Stourdza Jena Jena
Extrahierte Ortsnamen: Wartburg Eisenach Leipzig Berlin Weimar Aachener_Congreß Deutschland Mannheim
3. Die ersten 15 Jahre des deutschen Bundes.
19
Bonn, Fries in Jena. Oken sollte seine Zeitschrift „Isis" unterdrücken,
wollte aber nicht und wanderte mit ihr nach der Schweiz aus. Görres
war schon 1817 dem Fürsten Hardenberg mit einer Adresse der Stadt
Coblenz, worin die Einführung der versprochenen preußischen Ver-
fassung gefordert wurde, beschwerlich gefallen und hatte im Sommer
von 1819 eine flammende Flugschrift: „Deutschland und die Revolu-
tion" herausgegeben, worin er die deutschen Machthaber warnte, nicht
so zu verfahren, daß am Ende die wirkliche Revolution hereinbräche.
Diese Prophetenstimme, deren Worte erst dreißig Jahre später in
Erfüllung gingen, wurde eben, weil die Gefahr noch nicht nahe war,
verlacht. Gentz soll damals gesagt haben: „Uns hält's aus", und
Metternich: „Après nous le déluge.“ Dem gegen ihn erlassenen
Verhaftbefehle aber kam Görres zuvor, indem er nach Straßburg,
später nach der Schweiz flüchtete. Noch mehrere jüngere Männer,
Ludwig Follen, Redacteur einer elberfelder Zeitung, damals berühmt
als Dichter kühner Freiheitslieder, und viele Studenten wurden ver-
haftet oder flohen nach der Schweiz oder Amerika.
Der Fürst von Metternich hielt die in Karlsbad gefaßten Beschlüße
noch nicht für hinreichend zur Erreichung seiner Absichten, und lud
seine Collegen zu einer Fortsetzung der Berathungen für den Spätherbst
nach Wien ein. Am 25. Rov. 1819 ward ein Minister-Congreß
in Wien eröffnet. Das Bestreben des österreichischen Staatskanzlers
war besonders darauf gerichtet, aus den süddeutschen Verfassungen
alles zu entfernen, was seiner Meinung nach an eine wirkliche
Volksvertretung erinnerte und dem Begriffe von Landständen zu
widersprechen schien. Es wurde von ihm hervorgehoben, daß, da der
deutsche Bund, mit Ausnahme der vier freien Städte, aus monar-
chischen Staaten bestehe, die allgemeine volle Regierungsgewalt in
der Person des Souverains vereinigt sein müsse, und derselbe nur
bei Ausübung bestimmter einzelner Rechte an die Mitwirkung der
Stände gebunden sein könne. Auch wären die Verpflichtungen gegen
den Bund, mit oder ohne Zustimmung der Kammern und Stände,
unter allen Umständen zu erfüllen. Es wurde in diesem Sinne eine
Reihe von Bestimmungen entworfen, deren Gesammtheit unter dem
Namen der Wiener Schlußacte bekannt ist, und am 16. Mai
1820 von den Bevollmächtigten der einzelnen Staaten unterzeichnet.
Am 8. Juni desselben Jahres ward die Wiener Schlußacte von der
Bundesversammlung bestätigt, für ein Grundgesetz des deutschen
Bundes erklärt, und ihr gleiche Kraft mit der Bundesacte beigelegt.
b. Das Verfassungswesen in Deutschland.
Während die kleine, aber begeisterte Partei der Patrioten, die
von dem großen Siege der deutschen Nation auch einen dauernden
Gewinn für dieselbe gehofft hatte, zum Schweigen gebracht, und
zugleich die Erwartung, Preußen werde sich eine Verfassung geben
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Extrahierte Personennamen: Görres Hardenberg Gentz Metternich Ludwig_Follen Ludwig Metternich
Extrahierte Ortsnamen: Bonn Jena Coblenz Straßburg Amerika Karlsbad Wien Wien Deutschland
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3. Die ersten 15 Jahre des deutschen Bundes.
Universitätsgebäude, einer neuen Bibliothek, der die Gemälde umfas-
senden Pinakothek, der die Antiken aufbewahrenden Glyptothek, einer
gothischen Kirche in der Au, der byzantinischen Ludwigskirche rc.
Auch baute er bei Regensburg eine sog. Walhalla, bestimmt, die
Büsten aller großen Deutschen aufzunehmen. München wurde seit-
dem eine Heimat der besten und zahlreichsten Künstler Deutschlands,
eine Metropole des Kunstschönen, wie Berlin die der Wissenschaft war.
Das allgemeinste Verdienst um Deutschland erwarb sich König
Ludwig dadurch, daß er bald nach seinem Regierungsantritt mit
Württemberg einen Zollverein abschloß, der in der Folge erweitert
werden sollte. Preußen ahmte das Beispiel nach, indem es sich zu-
nächst nur mit Hessen-Darmstadt zu einem ähnlichen Zollverbande
einigte; sodann Hannover, Kurhessen und Sachsen, die einen mittel-
deutschen Verein bildeten. Im Jahre 1828 kam auf Betrieb des
großen Naturforschers Oken die erste Versammlung deutscher Natur-
forscher in Berlin zu Stande und hier bemühte sich der geniale Frei-
herr v. Cotta, Deutschlands erster Buchhändler, eifrig um eine Ver-
schmelzung des nord- und süddeutschen Zollvereins zu einem Ganzen,
die auch glücklich erreicht, zu Berlin am 27. Mai 1829 unterzeichnet
und allgemein in Deutschland mit Jubel begrüßt wurde. Die tief-
gesunkenen Hoffnungen auf nationale Einheit lebten wieder auf.
Richteten sich nun auch die Mittel- und Kleinstaaten mit ihren
Constitutionen auf einen gemeinschaftlichen Fuß ein, so schloffen sie
doch keine engere Einigung unter sich, sondern jeder suchte seine be-
sondere Stütze bei dem oder jenem Großstaat, und jeder sperrte sich
vom andern durch Mauthen ab. Die freie Rheinschifffahrt stand in
der Bundesacte, wurde aber erst 1831 verwirklicht, weil die undank-
baren Holländer, welche allein durch deutsche Kraft vom Joche Frank-
reichs frei geworden waren, jetzt die Worte der Bundesacte, wonach
der Rhein jusqu’à la mer frei sein sollte, nur bis „ans", nicht
bis „ins" Meer übersetzten.
Die Thätigkeit, welche die Volksvertretungen in den mit Reprä-
sentativ-Verfassungen versehenen deutschen Ländern entwickelten, war
bei der Neuheit des Gegenstandes, dem Mangel an Vorbereitung für
denselben, dem Vorhandensein entgegengesetzter Meinungen und An-
sprüche, nicht von Fehlgriffen frei geblieben und schien dem öffent-
lichen Wohle nicht die von dieser Staatsform erwarteten Dienste zu
leisten. Es ward daher den Gegnern freisinniger Einrichtungen nicht
schwer, den König von Preußen, Friedrich Wilhelm Iii., mit der
Ueberzeugung zu erfüllen, daß eine einsichtsvolle und thätige Ver-
waltung das Glück des Volkes mehr, als die Zuziehung einer Ver-
tretung desselben bei der Gesetzgebung, zu befördern geeignet sei.
Hierzu kam der Eindruck der im Namen der constitutionellen Ideen
unternommenen Revolutionen in Spanien, Neapel und Sardinien
(s. Nr. 7). Es gelang, diesen König, wie die meisten gleichzeitigen
Souveraine zu überreden, daß die Einführung des constitutionellen
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Extrahierte Personennamen: Walhalla Ludwig Ludwig Cotta Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Regensburg Deutschlands Berlin Deutschland Hessen-Darmstadt Kurhessen Sachsen Berlin Deutschlands Berlin Deutschland Rhein Spanien Neapel Sardinien