59
Freizügigkeit, Unterstützungswohnsitz.
Der Arbeiter Bergmann kam von Hof nach Burgstädt und
arbeitete hier in der Maschinenfabrik. Er wurde nach 1% Jahren
invalide und war nicht mehr in der Lage, sich und seine Familie
zu versorgen. Eigene Krankheit und Krankheit in der Familie
verwiesen ihn auf die Hilfe der öffentlichen Armenpflege.
Ein wenig wohlwollendes Mitglied der Armenkommission
machte seinem Mistmute Luft und sagte: „Mit der Familie haben
wir uns eine schöne Last aufgeladen. Die hätten wir gar nicht
aufnehmen sollen."
Ein anderer sagte zu ihm: „Herr 3t., Sie stecken mit Ihren
Anschauungen noch weit zurück in der Zeit, wo der einzelne in
seiner Freiheit beschränkt war. Sie scheinen das Gesetz über die
Freizügigkeit nicht zu kennen. Jeder Reichsangehörige ist be-
rechtigt, sich an jedem Orte unseres Vaterlandes niederzulassen,
überall Grundeigentum zu erwerben oder ein Gewerbe zu be-
treiben."
„Das weist ich wohl," sagte 3t., „aber das sah man dem
doch schon an, dast der nicht imstande sein würde, sich den not-
dürftigen Lebensunterhalt zu verschaffen."
„Das ist Ihre wenig wohlwollende Ansicht," antwortete B.,
„aber bloste Besorgnis vor künftiger Armut ist noch kein Grund
zur Abweisung. Und, Gott sei Dank, dast es so ist, sonst würden
sich alle ^warmherzigen^ Menschenfreunde, wie Sie einer sind, erst
jeden Zuziehenden daraufhin ansehen, und wenn ihm bloster
Verdacht käme, gute Leute zurückweisen. Unsere Gesetzgeber haben
es da doch besser gemeint: Wer über zwei Jahre an einem Orte
ist, hat damit das Recht auf Unterstützung erworben, wenn er in
Rot gerät."
„Von welchem Lebensalter beginnt denn dieses Recht?"
„Vom 18. Lebensjahre."
„Ist also ein zwanzigjähriger Mensch, der ein Jahr an einem
Orte ist, krank, dast er der öffentlichen Unterstützung bedarf, so
kann er der Heimatgemeinde wieder zugewiesen werden. Ist er
so krank, dast er nicht transportfähig ist, so fordert die neue Ge-
meinde die Kur- und Pflegekosten von der Heimatgemeinde ein."
„Also mit zwei Jahren verliert man den alten und erwirbt
den neuen Unterstützungswohnsitz. Die Sache ist für die einzelne
Gemeinde nicht so schlimm; denn es schließen sich oft mehrere
Gemeinden und Gutsbezirke zu einem Ortsarmenverbande zu-
sammen."
„Wie aber, wenn der alte Unterstützungswohnsitz verloren
und der neue noch nicht erworben ist, d. h. wenn der Arme vor
Ablauf von zwei Jahren schon wieder einen neuen Wohnsitz
nimmt?"
„Dann^ hat der Mann überhaupt keinen Unterstützuugs-
wohnsitz. In einem solchen Falle tritt der Landarmenverband
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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TM Hauptwörter (200): [T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
117
auf beiden Ufern breitet, sammelte
der Andrang sich. Die Mauern einer Stadt
vermochten nicht das deutsche Volk zu fassen.
Am rechten Ufer spannten ihr Gezelt
die Sachsen samt der slawschen Nachbarschaft,
die Bayern, die Ostfranken und die Schwaben;
am linken lagerten die Rheinschen Franken,
die Ober- und die Nieder-Lothringer.
So war das Mark von Deutschland hier gedrängt
und mitten in dem Lager jedes Volks
erhub sich stolz das herzogliche Zelt.
Da war ein Grüßen und ein Händeschlag,
ein Austausch, ein lebendiger Verkehr!
Und jeder Stamm verschieden an Gesicht,
an Wuchs und Haltung, Mundart, Sitte, Tracht,
an Pferden, Rüstung, Waffenfertigkeit,
und alle doch ein großes Brüdervolk,
zu gleichem Zwecke festlich hier vereint!
Was jeder im besondern erst beriet
im hüllenden Gezelt und im Gebüsch
der Inselbuchten, mählich war's gereift
zum allgemeinen offenen Beschluß.
Aus vielen wurden wenige gewählt,
und aus den wenigen erkor man zween,
all' beide Franken, fürstlichen Geschlechts,
erzeugt von Brüdern, Namensbrüder selbst,
Uunrade, längst mit gleichem Ruhm genannt.
Da standen nun auf eines Hügels Saum,
im Ureis der Fürsten, sichtbar allem Volk,
die beiden Männer, die aus freier Wahl
das deutsche Volk des Thrones wert erkannt
vor allen, die der deutsche Boden nährt,
von allen Würdigen die Würdigsten,
und so einander selbst an Würde gleich,
daß fürder nicht die Wahl zu schreiten schien,
und daß die Wage ruht im Gleichgewicht.
Da standen sie, das hohe Haupt geneigt,
den Blick gesenkt, die Wange schamerglüht,
von stolzer Demut überwältiget.
Ein königlicher Anblick war's, ob dem
die Träne rollt' in manches Mannes Bart.
Und wie nun harrend all die Menge stand
und sich des Volkes Brausen so gelegt,
daß man des Rheines stillen Zug vernahm,
denn niemand wagt' es, diesen oder den
zu küren mit dem hellen Ruf der Wahl,
um nicht am andern Unrecht zu begehn,
noch aufzuregen Eifersucht und Zwist,
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus]]
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Schwaben Rheinschen Deutschland
204
Auf landwirtschaftlichem Gebiete war es der Bürgermeister
Raiffeisen aus Neuwied, der die Anregung zur Begründung
der landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften, der „Raiffeisen-
Kassen", gab.
Die Genossenschaften lehren uns: „Verbunden werden auch
die Schwachen mächtig."
Zusammenschlug zur Genossenschaft ist daher die Losung unserer
Zeit. Leider bringen unsere Handwerker diesem Gedanken nicht
das rechte Vertrauen entgegen, und das Genossenschaftswesen hat
noch lange nicht die Ausbreitung, die es zum Besten des Hand-
werks haben müßte.
Der Staat hat hier wieder helfend eingegriffen mit Geld-
mitteln und Gesetzgebung. Die Selbsthilfe der Handwerker wird
vom Staate unterstützt durch die Z e n t r a l - E e n o s s e ti-
sch a f t s k a s s e in Berlin, die im Jahre 1895 mit einem Kapital
von 5 Millionen eröffnet wurde, schon % Jahre später wurde das-
selbe auf 20 Millionen erhöht. 1898 aus 50 Millionen, seit April
1905 stellt sich das Betriebskapital auf 52,4 Millionen.
Diese Anstalt ist gedacht als eine Zentralstelle des genossen-
schaftlichen Personalkredits, die den Zu- und Abfluß der Geldmittel
von und zu den Genossenschaften in vorteilhafter Weise regeln soll.
Sie soll die Mitglieder der Genossenschaften von den Großbanken
unabhängig machen. — Die Bedingungen des Geldverkehrs sind
nach festen Grundsätzen geregelt.
Das geschieht durch das Gesetz über die Erwerbs- und Wirt-
schaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889.
Zur Gründung einer Genossenschaft gehören mindestens sieben
Personen, nach oben hin ist die Mitgliederzahl unbegrenzt, se
mehr, je besser. Sie muß geleitet werden von einem Vorstande
und wird beaufsichtigt durch einen Aufsichtsrat und die General-
versammlung. welcher mindestens alle Jahre wenigstens einmal
Rechnung zu legen ist. Sie werden eingetragen bei dem Gerichte in
das Eenossenschaftsregifter und unterliegen in ihrer ganzen Wirt-
schaftsführung: Zu- und Abgang von Mitgliedern, Ein- und Aus-
zahlung von Geschäftsanteilen, Bilanz usw. der gerichtlichen Aufsicht.
Betreffs der Haftpflicht unterscheidet man Genossenschaften mit
unbeschränkter Haftpflicht, d. h. die Genossenschafter haften für die
Verpflichtungen der Genossenschaft mit ihrem ganzen Vermögen
(e. G. m. u. H.), oder es gibt welche mit unbeschränkter Nachschuß-
pflicht (e. G. m. u. N.). Bei dieser Form haften zwar auch die
Mitglieder persönlich für die Schulden, aber nicht unmittelbar,
sondern die Genossenschaft kann von ihnen die erforderlichen Nach-
schüsse verlangen. Bei den Genossenschaften mit beschränkter Haft-
pflicht (e. G. m. b. H.) haftet das einzelne Mitglied mit der irrt
Statut bezeichneten Haftsumme, niemals darüber hinaus. Diese
Form empfiehlt sich als Regel für die Handwerksgenossenschaften.
Der Art und dem Zwecke nach haben wir
1. Kreditgenossenschaften (Vorschußvereine).
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187
Aber diese Ersparnisse bieten wenig Sicherheit für dauernde
Erhaltung. Das Häufchen Geld auf dem Tellerbrette oder der
Ofenbank ist so leicht zu erreichen: der Gelegenheiten, es zu ver-
brauchen, sind so viele, und ehe wir uns versehen, ist am Samstag
verschwunden, was wir am Montag zurückgelegt hatten. Und
selbst wenn wir stark genug sind, jeder Versuchung zur Vergeudung
zu widerstehen, so kann die eigene Aufbewahrung der Ersparnis
diese nicht aus sich selbst vermehren: sie entbehrt des Wachstums
durch die Verzinsung. Anders die Sparkasse: sie hebt unser Geld
sicher auf. schreibt uns neue Einlagen auf unser Sparkassenbuch
zu, verwaltet dieselben zum allgemeinen Besten, vergütet am
Jahresende Zinsen auf unser Guthaben und zahlt uns dasselbe
nach Wunsch zurück.
Die ersten Sparkassen wurden zu Ende des vorigen Jahr-
hunderts errichtet, zunächst um arme Kinder zur Genügsamkeit an-
zuregen: ihre Erfolge waren so durchschlagend, daß gemeinnützig
denkende Personen zusammentraten, um auch erwachsenen Tage-
löhnern, Dienstboten und Handarbeitern die gleichen Dienste zu
leisten. Allenthalben wurde bei der Gründung der Kassen hervor-
gehoben, daß diese ganz besonders den weniger bemittelten Volks-
schichten Gelegenheit zur nutzbaren und sicheren Unterbringung
ihrer Ersparnisse geben sollen, um ihnen die Möglichkeit zu er-
leichtern, sich für den Fall der Verheiratung, für Zeiten der Krank-
heit und des Alters, sowie für andere Fälle der Not das be-
ruhigende Bewußtsein selbsterworbener Hilfe zu verschaffen. Diese
Grundsätze hob auch schon König Friedrich Wilhelm Iii. von
Preußen in seinem Erlaß vom 12. Dezember 1838 hervor, welcher
ausdrücklich betonte, daß die Einrichtung der Sparkassen haupt-
sächlich auf das Bedürfnis der ärmeren Klasse, welcher Gelegen-
heit zur Anlegung kleiner Ersparnisse gegeben werden solle, be-
rechnet werde.
In Deutschland bestanden Ende 1001 — 63 Jahre nach diesem
Erlasse — 2715 öffentliche Sparkassen mit 8073 Annahmestellen:
die Zahl der Einleaer betrug 15 432 211 Personen, die Summe der
Einlagen 9552 Millionen Mark, d. h. auf den Kopf der Bevölke-
rung rund 150 Mk. Welch gewaltige Summe, angesammelt aus
den Ersparnissen unseres Volkes! Und auch heute noch sind es
hauptsächlich unsere in bescheidenen Verhältnissen lebenden Mit-
bürger, die Fabrikarbeiter, Tagelöhner. Handarbeiter. Dienst-
boten. gewerblichen Gehilfen u. a. m.. welche die Sparkasse speisen.
Von den Einlegern im Königreich Preußen besitzen 29 % Spar-
kassenbücher in Beträgen bis zu 60 Mk.. 17 % Bücher in Veträaen
von 61 bis 150 Mk.. 30 yo Bücher in Beträgen von 151 bis 600 Mk.
Für viele indessen, welche sparen wollen, ist die Sparkasse von ihrem
Wohnorte und von ihrer Arbeitsstelle zu weit entfernt: nament-
lich die Landbewohner müssen nicht selten erst einen weiten Weg
zur Stadt machen, bevor sie die nächste Sparkasse finden. Auch
sind die Sparkassen hier und da nicht den ganzen Tag offen, son-
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm
191
hinan. Der schöne Rappe bekommt einen Herzschlag und stürzt
tot hin. Wer ersetzt nun dem armen Manne den großen Verlust?
Die Viehversicherung.
Der Reisende hat Gefahren auf seiner Reise zu bestehen, er
kann ums Leben kommen, verunglücken, daß er zum Krüppel wird.
Wer sorgt dann für seine Familie? Wer entschädigt die verloren
gegangene Arbeitskraft? Das tut die Unfallversicherung.
Sie gibt den Ausfall, der durch einen Unfall entsteht. Endigt der
Unfall mit dem Tode, so erhalten die Hinterbliebenen entweder
eine feste, jährliche Rente oder das festgesetzte Abfindungskapital.
Beim Tode tritt außerdem noch eine andere Versicherung
ein, der jeder fürsorgliche Mann und Vater beitreten sollte.
Das ist die Lebensversicherung. Sie ist eigentlich eine
Zwangssparkasse. Die jährlich gezahlte Prämie gibt ein Anrecht
auf ein bestimmtes Kapital, welches den Hinterbliebenen gezahlt
wird, so daß sie vor Not und Sorge sichergestellt sind.
Bei der großen Unsicherheit der letzten Zeit, speziell durch die
immer raffinierter ausgeführten Diebstähle und Beraubungen, hat
sich ein neuer Zweig der Versicherung aufgetan, die Versiche-
rung gegen Einbruchdieb st ah l.
Kaufleute, die stets Waren erhalten oder versenden, erleiden
großen Schaden, wenn so ein Transport verunglückt, d. h. wenn
das Schiff untergeht oder wenn die Sachen durch Kollision auf der
Eisenbahn verbrennen usw. Sie sichern sich gegen diese Gefahren
durch Transportversicherungen.
Nun kann es vorkommen, daß jemandem ein Schaden geschieht,
den ich durch Fahrlässigkeit verschuldet: z. V. ich beleuchte den Flur
meines Hauses nicht, trotzdem ich dazu verpflichtet bin. Ein Be-
sucher fällt im Dunkeln die Treppe hinunter und bricht sich das
Bein, ich bin haftbar, ich muß Arzt, Heilkosten, Schadenersatz,
Schmerzensgeld u. a. m. zahlen. Nicht für mich allein bin ich ver-
pflichtet zu haften, sondern auch für die Handlungen meiner An-
gehörigen, meiner Angestellten, meiner Tiere. Das hat schon oft
böse Folgen gehabt. Es ist mancher, der vom Gericht ver-
urteilt wurde, eine lebenslängliche Rente zu zahlen, wirtschaftlich
ruiniert worden. Dagegen schützt die Hastpslichtversiche-
r u n g.
So breitet sich das auch unter der Aufsicht des Staates stehende
Versicherungswesen immer weiter aus und umfaßt heute schon fast
alle Verhältnisse und Gebiete des Lebens zum Segen der eifrig
schaffenden Menschheit.
„In dem Reichsgesetz über die privaten Ver-
sich e r u n g s u n t e r n e h m e n vom 12. Mai 1901, durch das
die Rechtsverhältnisse der deutschen Versicherungsgesellschaften ein-
heitlich geregelt worden sind, ist genau bestimmt, von welchen Be-
dingungen die Gründung einer Versicherungsgesellschaft abhängig
gemacht wird, in welchen Werten sie ihr Kapital und ihre
Prämienreserven anlegen muß und welche Angaben durch Publika-
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Da ich ihn nicht verstand, so gab ich keine Antwort.
„Was kann uns geschehen?" fuhr der Pate fort, „wenn's die
andern tun, warum nicht wir auch? Ich laß mir's kosten."
Er schwätzt iin Traum, dachte ich bei mir selber und horchte
mit Fleiß.
„Da werden sie einmal schauen," fuhr er fort, „wenn wir
heimkommen und sagen, daß wir auf dem Dampfwagen ge-
fahren sind!"
Ich war gleich dabei . . .
Als wir am andern Tage heimwärts lenkten, da meinte der
Pate nur. er wolle sich dieweilen gar nichts vornehmen, er wolle
nur den Semmeringbahnhof sehen, und wir lenkten unseren Weg
dahin. Beim Semmeringbahnhof sahen wir das Loch auf der
anderen Seite. War auch kohlfinster. — Ein Zug von Wien war
angezeigt. Mein Pate unterhandelte mit dem Bahnbeamten, er
wolle zwei Sechser geben, und gleich hinter dem Berg, wo das
Loch aufhört, wollten wir wieder absteigen. „Gleich hinter dem
Berg, wo das Loch aufhört, hält der Zug nicht." sagte der Bahn-
beamte lachend. „Aber wenn wir absteigen wollen!" meinte der
Iochem. „Ihr müht bis Spital fahren. Ist für zwei Personen
zweiunddreihig Kreuzer Münz." Mein Pate meinte, er lasse sich
was kosten, aber soviel wie die hohen Herren könne er armer
Schlucker nicht geben; zudem sei an uns beiden ja kein Gewicht da.
— Es half nichts; der Beamte lieh nicht handeln. Der Pate
zahlte; ich muhte zwei „gute" Kreuzer beisteuern. Mittlerweile
kroch aus dem nächsten, unteren Tunnel der Zug hervor, schnaufte
heran, und ich glaubte schon, das gewaltige Ding wolle nicht an-
halten. Es zischte und spie und ächzte — da stand es still.
Wie ein Huhn, dem man das Hirn aus dem Kopfe geschnitten,
so stand der Pate da, und so stand ich da. Wir wären nicht zum
Einsteigen gekommen; da schupfte der Schaffner den Paten in einen
Waggon und mich nach. In demselben Augenblicke wurde der
Zug abgeläutet, und ich hörte noch, wie der ins Eoupä stolpernde
Iochem murmelte: „Das ist meine Totenglocke." Jetzt sahen wir's
aber: im Waggon waren Bänke, schier wie in einer Kirche; und
als wir zum Fenster hinausschauten — „Iessas!" schrie mein Pate,
„da draußen fliegt ja eine Mauer vorbei!" — Jetzt wurde es
finster, und wir sahen, dah an der Wand unseres knarrenden Stüb-
chens eine Öllampe brannte. Draußen in der Nacht rauschte und
toste es, als wären wir von gewaltigen Wasserfällen umgeben,
und ein ums andere Mal hallten schauerliche Pfiffe. Wir reisten
unter der Erde. Der Pate hielt die Hände auf dem Schoß gefaltet
und hauchte: „Jetzt geb' ich mich in alles drein. Warum bin ich
der dreidoppelte Narr gewesen."
Zehn Vaterunser lang mochten wir so begraben gewesen sein,
da lichtete es sich wieder, draußen flog die Mauer, flogen die
Telegraphenstangen und die Bäume, und wir fuhren im grünen
Tale. Mein Pate stieß mich an der Seite: „Du, Bub'! Das ist
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Schon am Tage vorher wurde die Lokomotive, welche den
Namen „Borsig" trug, nach dem Anhalter Bahnhof gebracht, dort
noch einmal montiert und dann früh am Morgen des bestimmten
Tages geheizt. Die ganze Nacht harrte Borfig bei seinen Ar-
beitern treulich aus, anordnend und arbeitend, tüchtig mit ein-
greifend. Mit banger Erwartung sah er der Stunde der Entschei-
dung entgegen. Dieselbe kam.
Eine stattliche Anzahl sich für die Sache interessierender Per-
sonen hatte sich auster dem Sachverständigenkollegium eingefunden,
auch englische Ingenieure. Im gegebenen Augenblicke schritt
Borsig dem Maschinenschuppen zu und bestieg dort den seiner schon
mit feurigem Schnauben harrenden Eisenrenner. Mutig und mit
stolzer Sicherheit bewegte sich das erste deutsche Dampfrost vor-
wärts. Von seinem Erbauer selbst gelenkt, brauste es an denr
Bahnsteig vorüber, eine Strecke die Bahn entlang, dann im
schnellsten Laufe zurück, und auf einen Wink stand es unter der
Halle still. Stürmischer Beifall empfing Borsig und seinen
„Borsig". Die Engländer machten lange Gesichter, als der Führer
ihnen zurief: „Sehen Sie, meine Herren, sie geht! Sie ist also in
Wahrheit eine Lokomotive!"
Nun wurde ein offener Wagen angehängt, die Herren stiegen
ein. und auf einer Fahrt bis Grostbeeren führte Borsig seinen
Eisenhengst in allen Gangarten noch einmal vor, wobei sich der-
selbe vollkommen bewährte. In Grostbeeren, wo schon einmal
deutsche Kraft über die Fremdherrschaft gesiegt hatte, wurde
deutschem Streben, deutschem Fleiste und deutscher Arbeit wieder-
um der Siegespreis zuerkannt. Das Richterkollegium sprach sich
einstimmig dahin aus, dast die Borsigsche Lokomotive als durchaus
gelungen anzuerkennen sei. — Borsig. der diesen Tag zu den
schönsten seines Lebens zählte, schlost darauf mit der Direktion
einen Vertrag ab, wonach sich dieselbe verpflichtete, ferner alle aus
seiner Maschinenbauanstalt hervorgehenden Lokomotiven auf der
Anhalter Bahn zu verwenden. So wurde Borsig durch diese Tat.
welche unsere heimische Eisenindustrie von der Herrschaft Englands
befreite, der deutsche Stephenson, der nun unter entsprechender Er-
weiterung seiner Fabrik seine Haupttätigkeit fortan auf den Bau
von Lokomotiven verlegte. Schon im Jahre 1846 verliest das
hundertste und zwei Jahre später das zweihundertste Dampfrost
das Borsigsche Gestüt.
Immer gröster wurde die Zahl derselben, und immer weiter
dehnten sich die Räume der Anstalt. Borsig blieb nicht dabei
stehen, den deutschen Eisenbahnen zuerst deutsche Lokomotiven zu
liefern. Hatte er bisher Kohlen und Schmiedeeisen aus England
beziehen müssen, so suchte er sich jetzt auch davon frei zu machen,
indem er in Moabit ein grostartiges Eisenwerk anlegte, wo deut-
sches Roheisen zu künstlichen Fabrikaten, wie er sie für seine An-
stalt gebrauchte, bereitet werden sollte. In Königshütte und Ruda
in Schlesien erwarb er Steinkohlenbergwerke, die ihm inländisches
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land]]
Extrahierte Personennamen: Ruda
Extrahierte Ortsnamen: Englands England Moabit Königshütte Schlesien
311
sichern, in denen es auch im 20. Jahrhundert seinen Bedarf an
Erzeugnissen der gemäßigten und der Tropenzone unter den
denkbar günstigsten Bedingungen beschaffen kann. Bietet es keinen
Raum mehr für die Vermehrung der deutschredenden Bevölkerung,
und hat es für diese keine Abzugskanäle in Gefilde, auf denen
deutsche Saat weiter gedeihen kann, so werden die Nachbarn die
Ströme ablenken und alsbald ihm die Herrschaft auch im eigenen
deutschen Lande bestreiten. Kann es sich nicht freien Zutritt
überall in der Welt nötigenfalls mit den Waffen offenhalten, so
wird sich ihm diese auch wirtschaftlich verschließen. Die Verträge
der Zukunft werden nur zwischen Gleichmächtigen geschlossen und
gehalten, den Schwachen aber aufgezwungen werden. Wenn
Deutschland sich den Zutritt zur See nicht wahren kann, so muß
sich an ihm das Wort eines berühmten Mannes erfüllen:
„Die See ist die Hochstraße des Erdballs, die See ist der
Paradeplatz der Nationen, die See ist der Tunrmelplatz der Kraft
und des Unternehmungsgeistes für alle Völker der Erde und die
Wiege ihrer Freiheit. Wer an der See keinen Teil hat, der ist
ausgeschlossen von den guten Dingen und Ehren der Welt, der
ist unsres lieben Herrgotts Stiefkind.
Eine Nation ohne Schiffahrt ist ein Vogel ohne Flügel,
ein Fisch ohne Flossen, ein zahnloser Löwe, ein Ritter
mit hölzernem Schwert, ein Knecht der Menschheit."
Nach Dr. Ernst von Halle (Volks- und Seewirtschaft).
118. Unser tägliches Leben und der
Überseeverkehr.
Wir erheben uns morgens, um an unser Tagewerk zu gehen;
wir entschlüpfen, wie man scherzhaft zu sagen pflegt, den Federn.
Soeben noch träumten wir von fernen Ländern mit fremdartigen
Dingen und fremdartigen Menschen, — sollten vielleicht gar die
Federn daran schuld sein? Nicht unmöglich, erzählte uns doch
neulich der Großhändler drüben, daß ein großer Teil des deutschen
Bettfedernbedarfs aus dem Reiche der Mitte, aus China, dem
Lande der bezopften Leute, stammt. Und wirklich verhält es sich
so. Schon seit lange vermag Deutschland seinen Bedarf an Bett-
federn nicht mehr zu decken, und so bezahlte es ini Zähre 1900
für die Mehreinfuhr an solchen bereits 16v2 Millionen Mark.
Unser Nachbarland Österreich-Ungarn mußte an erster Stelle aus-
helfen, nächst diesem aber das im fernen Ostasien gelegene China
mit 55000 Zentnern. Da schwammen dann die luftigen Gesellen
üiele Wochen lang auf wogender See einher, bis sie nun, zu
Tausenden von Kissen und Betten verarbeitet, umhüllt von
schimmernder Leinwand, deutschen Schläfern als Ruhepolster
dienen. Auch die Leinwand könnte mancherlei erzählen von
fremder Erde und Seefahrtabenteuern; denn auch ihre Wiege
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Extrahierte Personennamen: Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland China Deutschland Ostasien China
438
164. Auf dem Torpedoboot.
„Also das sind die berühmten Torpedos?" sagte mein Freund
und zeigte auf die schwarzen Fahrzeuge, die am Bollwerk lagen.
„Nee!" erwiderte ich. „Das sind nicht die berühmten Torpedos,
sondern diese Dinger nennt man Torpedoboote, nämlich aus dem
höchst einfachen Grunde, weil sie noch keine Schiffe sind wegen
ihrer Kleinheit, und weil sie die Torpedos gegen den bösen Feind
vorschießen sollen. Die laufen dann unter Wasser, während die
Boote hübsch oben bleiben! Nu merk dir mal den Unterschied!"
„Werd' mich bemühen!" versetzt mein Freund, und dann stiegen
wir an Bord. Wir wollten eine Fahrt mitmachen, wozu uns der
Kommandant eingeladen hatte.
„Morgen, meine Herren! Es geht gleich los!" begrüßte er
uns und stieg mit uns eine Treppe hinauf. „Wohin?" fragte
Freund H. „Auf die Kommandobrücke!" antwortete ich. „Siehst
du. von hier hat man einen feinen Überblick über das Boot selbst
und alles rund um. Paß auf, wir legen ab!" Einer der Offiziere
ließ einen lauten Pfiff auf einer Trillerpfeife erschallen! Eine
Anzahl Matrosen rannten über Deck und stellten sich an verschie-
denen Stellen auf! Dann kam irgendein Kommando; zugleich
läutete oder klingelte es irgendwo! Einige Matrosen nahmen ein
paar lange Stangen und fingen an, das Fahrzeug damit abzu-
schieben. während es im Wasser rauschte und bullerte, und das
Boot leise erzitterte. „Was ist da los?" erkundigte sich H. „Siehst
du, unten im Raum geht jetzt die Maschine, die hinten die Schraube
dreht," erklärte ich. „Dagegen bewegt sich das Wasser, und die
Leute schieben das Boot frei, damit wir wegkommen. Das ganze
Manöver heißt .Ablegen'."
Während unser Fahrzeug aus dem Hafen hinausdampfte,
machten wir einen Rundgang über Deck. „Sehn Sie, hier, das
sind die Ausstoßrohre!" äußerte der erste Offizier, auf ein paar
mit geteertem Segeltuch verhüllte Gestelle zeigend, die auf Rädern
standen und auf einer kreisrunden Schiene rundum gedreht wer-
den konnten. „Und wie wird damit geschossen?" fragte H. „Die
Torpedos, die für gewöhnlich vorne unten im Lagerraum liegen,
werden an Deck gebracht, herangefahren und eingeschoben. Darauf
schwenkt man die Kanone nach der Seite, wohin man schießen will,
zielt und drückt auf einen Knopf. Dann tritt aus einem Behälter-
komprimierte (verdichtete) Luft hinter den Torpedo und schleudert
ihn aus dem Rohr! Er taucht unter und läuft dann mittels seiner
Luftmaschine allein weiter.
Im Weiterschlendern besahen wir uns das kleine Boot, das
umgekippt an Deck lag, und die Rettungsgürtel, die am Schorn-
stein und am Geländer hingen. Jeder trug eine Nummer oder
Bezeichnung, wie „Kommandant", „I. Offizier" usw. „Für den
Fall einer Kollision!" erläuterte der Offizier. „Jeder Mann an
Bord weiß ganz genau, wo sein Gürtel hängt und muß ihn selbst
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stecken und dem Burgwächter zurufen: sie hätten einen Königs-
brief in den Kerben gesteckt und eine Urkunde mit sich genommen,
und er solle dem, der in der Burg ist, sagen, daß er seines Rechts-
tages warte an dem freien Stuhl bei den höchsten Rechten und
des Kaisers Bann.
Erschien der Beklagte nicht, nachdem er wiederholt geladen
war, so mußte der Kläger kniend mit zwei Fingern der rechten
Hand auf dem blanken Schwerte schwören, daß der Angeklagte
schuldig sei, und wenn sechs Freischöffen eidlich bekräftigten, der
Kläger schwöre rein, nicht mein, so wurde die Anklage als er-
wiesen genommen. Nun wurde das Schuldig über den An-
geklagten ausgesprochen. Der Freigraf verfemte ihn, indem er
sprach:
Den beklagten Mann, mit Namen N. N., den nehme ich aus
dem Frieden, mi5 dem Rechte und aus den Freiheiten, die Kaiser
Karl gesetzt und Papst Leo bestätigt hat urtb ferner alle Fürsten,
Herren, Ritter und Knechte, Freie und Freischöffen gelobt und
beschworen haben im Lande zu Sachsen, und werfe ihn nieder
vom höchsten Grad zum niedrigsten Grad, und setze ihn aus allen
Freiheiten, Frieden und Rechten in Königsbann und Wette und
in den höchsten Unfrieden und Ungnade, und mache ihn unwürdig,
achtlos, rechtlos, siegellos, ehrlos, friedlos und unteilhaftig alles
Rechts, und verführe ihn und verfeme ihn und setze ihn hin nach
Satzung der heimlichen Acht, und weihe seinen Hals dem Stricke,
seinen Leichnam den Tieren und den Vögeln in der Luft, ihn
zu verzehren, und befehle seine Seele Gott im Himmel in seine
Gewalt, wenn er sie zu sich nehmen will, und setze sein
Lehen und Gut ledig, sein Weib soll Witwe, seine Kinder sollen
Waisen sein.
Hierauf, so heißt es in den alten Femrechtsbüchern weiter,
soll der Graf nehmen den Strick von Weiden geflochten und ihn
werfen aus dem Gerichte. Und der Freigraf soll sofort gebieten
allen Freigrafen und Freischöffen und sie ermahnen bei ihren
Eiden und Treuen, die sie der heimlichen Acht getan, sobald sie
den verfemten Mann bekommen, daß sie ihn hängen sollen an
den nächsten Baum, den sie haben mögen, nach aller Macht und
Kraft.
Die Urkunde, welche die im Jahre 1429 ausgesprochene Ver-
femung des Herzogs Heinrichs des Reichen von Bayern enthält,
lautet:
So habe ich Albert, Freigraf, mit den obengenannten Frei-
grafen, die zu der Zeit den Stuhl mit mir besetzt halten, den
obengenannten Heinrich, der sich schreibt Pfalzgraf bei Rhein,
Herzog in Bayern, von Königsgewalt genommen und fort ver-
femt und verführt von der rechten Zahl in die unrechte Zahl,
aus der echten Zahl in die unechte Zahl, aus der oberen Zahl
in die niedere Zahl, von allen Rechten ausgeschieden, und habe
ihn gewiesen von den vier Elementen, die Gott den Menschen
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Leo Leo Heinrichs Albert Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Burg Sachsen Bayern Rhein Bayern