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1. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 3

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
- 3 — tiie Herzogsgemalt in den neu erworbenen Landen und dazu die Erzkämmererwürde des Deutschen Reiches, wodurch Albrecht in die Reihe der großen Reichsfürsten eintrat. Im Wendenlande suchte Albrecht nun das Christentum zu verbreiten. Die Götterbilder der Heiden wurden vernichtet und ihre Tempel zu christlichen Gotteshäusern umgewandelt. In das durch lange Kriege arg verwüstete und entvölkerte Land bemühte sich Albrecht, neues, frisches Leben, sowie deutsche Art und Sitte zu verpflanzen; deshalb wies er vielen seiner Kampfgenossen Gebiete und verlassene Burgen dieses Landes an. Auch rief er ans Holland, Westfalen und vom Rhein Bauern und Bürger herbei und mies ihnen gegen Zins Grundstücke zum freien Eigentum an. Diese Einwanderer trockneten Sümpfe ans, bauten Dämme und verwandelten so wüste Landstriche in fruchtbare Ackerfelder. Um die Burgen der Ritter entstanden größere Ansiedelungen, aus denen zahlreiche neue Städte emporblühten. Diese wurden Mittelpunkte des Handels und Verkehrs. Die Wenden folgten dem guten Beispiel der Eingewanderten und verschmolzen mit ihnen allmählich zu einem Volke. An die Stelle der slavischen Namen vieler Ortschaften traten deutsche; die heidnischen Erinnerungen schwanden nach und nach, und auch die wendische Sprache wurde allmählich von der deutschen verdrängt. Nur auf dem platten Lande erhielt sich dieselbe noch jahrhundertelang, ja in einem Teile der Lausitz, dem sagenumwobenen Spreewald, erklingt dieselbe noch heute. In den Dörfern und Städten erhoben sich bald christliche Kirchen, euch Klöster wurden in der Mark gegründet und mit reichem Grundbesitz ausgestattet. Auf einer zum Danke gegen Gott unternommenen Wallfahrt nach dem heiligen Lande hatte Albrecht die segensreiche Wirksamkeit der geistlichen Ritterorden kennen gelernt. Er bewog deshalb die Johanniter und Templer, in seinem Lande Ordensniederlassungen zu gründen, um auch hier ihre segensreiche Wirksamkeit für Krankenpflege zu entfalten. Den Johannitern wies er Werben und den Templern Müncheberg mit reichem Grundbesitz in der Umgegend an. Im Jahre 1168 übergab Albrecht die Regierung feinem Sohne Otto und zog sich aus sein Schloß Ballenftädt zurück, wo er 1170 starb. Albrechts großes Verdienst für die Mark Brandenburg besteht darin, daß er ihr Gründer war, daß er das Land kolonisierte (bevölkerte und dadurch anbaufähig machte), germanisierte (deutsche Art und Sitte heimisch machte) und christianisierte (das Christentum dahin verpflanzte). Unter Albrechts Nachfolgern aus dem Hause Askanien (Otto I. 1170—1184, Otto Ii. von 1184—1205, Albrecht ü. von 1205—1220, Johann I. und Otto Iii. von 1220—1266 bezw. 1267, Otto Iv. l*

2. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 33

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 33 — Wer z. B. einen Mord begangen hatte, zahlte 8 Dukaten, der Meineidige konnte für 9 Dukaten Vergebung seiner Sünde erlangen. Selbst Sünden, welche man noch begehen wollte, konnten vergeben werden. Diesen Umstand machte sich ein Edelmann zu nutze. Nachdem er gegen Erlegung von 30 Thalern für eine noch zu begehende Sünde sich einen Ablaßbrief verschafft hatte, lauerte er mit einigen Knechten im Walde auf Tetzel, nahm ihm, nachdem er ihn tüchtig durchgeprügelt hatte, den Geldkasten weg und rief ihm, indem er im Gebüsch verschwand, hohnlachend zu: „Das war die Sünde, die ich begehen wollte. Du hast mir durch Deinen Ablaßschein die Vergebung zugesprochen." Als Tetzel auch in der Nähe von Wittenberg sein Unwesen trieb, da fand endlich ein Mann den Mut, gegen solches verwerfliche Gebaren, das die armen Leute um Geld und Seligkeit betrog, laut seine Stimme zu erheben. Es war Dr. Martin Luther, Lehrer an der Hochschule zu Wittenberg und Prediger an der Schloßkirche daselbst. Luthers Leben. Bis zum Ausbruche der Reformation. Martin Luther war der Sohn unbemittelter Bergleute aus dem im schönen Thüringerlande gelegenen Dorfe Möhra und wurde am 10. November 1483 in Eisleben, wohin feine Eltern zum Besuche des Jahrmarkts eine Reise gemacht hatten, geboren. Ungefähr ein halbes Jahr später siedelte fein Vater nach Mansfeld über, wo er es zu einiger Wohlhabenheit brachte und sogar Ratsmitglied wurde. Der kleine Martin besuchte zunächst die Schule in Mansfeld. Hier und auch zu Hause wurde er sehr streng erzogen, so daß sein Wesen eine gewisse Schüchternheit zeigte, die ihn erst im reiferen Alter verließ. Luther erzählte selbst: „Meine Eltern haben mich gar hart gehalten, daß ich darüber schüchtern wurde. Die Mutter stäupte mich einmal um einer geringen Nuß willen, daß das Blut floß, aber sie hat es auch herzlich gut mit mir gemeint." Da Martin Luther schon als Knabe die herrlichsten Anlagen des Geistes zeigte und sich auch durch regen Eifer und großen Fleiß auszeichnete, so sollte er nach dem Wunsche seines Vaters Rechtsgelehrter werden. Mit dem 14. Lebensjahre besuchte er daher die lateinische Schule zu Magdeburg, wurde aber von seinem Vater, dem der Unterhalt des Sohnes zu große Sorgen machte, von hier nach Eisenach gebracht, wo er bei Verwandten seiner Mutter ein Unterkommen fand. Aber auch hier ging es ihm, da ihn feine Verwandten nicht genügend unterstützten, recht kümmerlich; er mußte als Kurrende* fchüler vor den Häusern wohlhabender Leute durch Singen sein Brot Epstein. 3

3. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 34

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 34 — verdienen, bis ihn eine wohlhabende, edeldenkende Frau, Ursula Cotta, die ihn wegen seiner schönen Stimme und seines bescheidenen Weseus in ihr Herz geschlossen hatte, in ihr Hans ausnahm und fortan in mütterlicher Weise für ihn sorgte. Von ihr unterstützt, bezog Luther in seinem 18. Jahre die Universität zu Erfurt, um sich nach dem Willen seiner Eltern dem Studium der Rechtswissenschaft zu widmen. Indessen entsprach letzteres nicht des Jünglings Neigungen; derselbe beschäftigte sich viel lieber mit der Theologie oder Religionswissenschaft. Sehr oft verweilte er in dem großen Bibliothekssaal der Universität. Hier fand er einst, an eine Kette geschmiedet, die erste lateinische Bibel, in der er, so oft es ihm vergönnt war, eifrig las. Durch dieses Studium der heiligen Schrift kam er allmählich zu der Erkenntnis, daß er doch eigentlich noch recht wenig für seiner Seele Heil gethan habe. Kurze Zeit darauf ging er, wie die Sage erzählt, mit feinem Freuude Alexius vor den Thoren Erfurts spazieren. Da zog ein schweres Gewitter herauf, ein Blitzstrahl zuckte herab, und Alexius lag erschlagen am Boden. Von schrecklicher Angst ergriffen, sank Luther auf die Kniee und that das Gelübde, ein Mönch zu werden und der Welt zu entsagen. Noch in derselben Nacht führte er feinen Entschluß aus und trat in das Augustinerkloster zu Erfurt ein. Hier hatte er anfangs einen schweren Stand. Er mußte als Novize die niedrigsten Dienste verrichten, die Thür hüten, die Kirche kehren und mit dem Sacke anf dem Rücken umhergehen und für das Kloster betteln. Sein gottes-fürchtiger Sinn ließ ihn auch das überstehen. Schon zwei Jahre nach seinem Eintritt (1507) empfing er die Priesterweihe, nachdem er sich schon vorher die Würde eines Doktors der Philosophie erworben hatte. Das einförmige Klosterleben, rastloses Studieren, Fasten, Beten und Kasteien, aber machte Luther bald trübsinnig und schwermütig, so daß er, da seine Seele auch durch vielfache Zweifel geängstigt wurde, das Mitleid seiner Ordensbrüder erregte. Aus dieser traurigen Lage wurde er endlich durch den Vorsteher des Augustinerklosters, Dr. Johann v. Staupitz, befreit. Derselbe empfahl den jungen, strebsamen Augustinermönch dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen von Sachsen, der zu Wittenberg eine Universität gegründet hatte, für welche er tüchtige Lehrer suchte. Auf die Empfehlung des Dr. Staupitz wurde Luther 1508 als Lehrer der Philosophie an die Hochschule zu Wittenberg berufen, welchem Rufe er freudig Folge leistete. Später wurde er auch Lehrer der Theologie und daneben Prediger an der Schloßkirche. In dieser neuen Stellung war sein Leben ein wahrhaft zufriedenes und glückliches. Bald sollte dasselbe indessen eine andere Wendung nehmen. Im Jahre 1510 machte Luther in Angelegenheiten

4. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 35

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 35 — seines Ordens eine Reise nach Rom. Als er die Stadt von ferne erblickte, kniete er nieder und rief begeistert aus: „Heiliges Rom, ich grüße Dich!" Hatte er nun gemeint, in der Stadt des heiligen Vaters den rechten Glauben und den reinsten Wandel zu finden, so sollte er bald erkennen, wie sehr er sich getäuscht hatte. Wie erstaunte er über die unglaubliche Unwissenheit der Priester und Mönche! Selten fand er einen, der die heilige Schrift auch nur dem Namen nach kannte. Und was für ein sittenloses Leben führten sie! Da war keine Spur von einer Anbetung Gottes im Geiste und in der Wahrheit. Die öffentlichen Gebete verstand kaum der Priester; man begnügte sich daher damit, den Rosenkranz zu beten, und Überließ das übrige den Heiligen und dem Ablaß. Viele kamen in die Kirche, um sich zu unterhalten; ja, es schien oft so recht darauf abgesehen zu fein, den Anwesenden eine Belustigung zu bereiten. Mit Entsetzen erkannte Luther, daß Rom der Herb der kirchlichen Versunkenheit sei, und in mehr als einer Hinsicht war die Reise borthin für ihn belehrenb und bebeutungsvoll, so daß er später äußerte: „Nicht tausenb Golbgnlben wollte ich nehmen, daß ich Rom nicht sollte gesehen haben! Ich müßte sonst immer besorgen, ich thäte dem Papste Gewalt und Unrecht!" Von seiner Reise zurückgekehrt, wibmete sich Luther mit Eifer dem Studium der griechischen und hebräischen Sprache, um die heilige Schrift in der Ursprache erforschen zu können, und schon im Jahre 1512 würde er zum Doktor der Theologie ernannt. Von jetzt an trat er unerschrocken wider die Mißbräuche der Kirche ans, gegen die er nicht nur vom akademischen Sehrstuhl, sondern auch von der Kanzel ans mit aller Kraft eiferte. Seine Predigten riefen im ganzen Volke eine große Aufregung hervor, da er in denselben Gegenstände zur Sprache brachte, die jeber Vernünftige in Gebanken schon längst mißbilligt hatte. Anfang der Reformation. — Die 95 Sätze. — Als der oben erwähnte Tetzel auch in der Nähe der Stadt Wittenberg seinen schnöden Ablaßhandel trieb und einige Beichtkinder die ihnen von Luther auferlegte Buße nicht leisten wollten, sondern den von Tetzel erkauften Ablaßzettel vorzeigten, ba konnte sich Luther nicht langer halten. Er schrieb einen Brief an den Erzbischof von Mainz, in welchem er benfelben ermahnte, dem schänvlichen Ablaßhanbel Einhalt zu thun. Gleichzeitig schlug er am 31. Oktober 1517 an die Schloßkirche zu Wittenberg 95 in lateinischer Sprache abgefaßte Sätze, in welchen er nachwies, daß der Ablaßhanbel ganz gegen die heilige Schrift, ja sogar eine Gotteslästerung sei; nur Gott allein habe die Macht und das Recht, Sünben zu vergeben, und die Vergebung der Sünbe könne nur durch wahre Reue und Buße 3*

5. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 36

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 36 — erlangt werden. Das war der Anfang der Reformation, der Grundstein, auf welchem Luther die evangelische Kirche aufgebaut hat, die alle Satzungen des Papstes verwarf und allein auf die heilige Schrift sich gründete. Diese Sätze Luthers erregten großes Aufsehen und sollten die weitgehendsten Folgen nach sich ziehen. In wenigen Tagen waren sie dank der Vervielfältigung durch die Buchdruckerkunst in ganz Deutschland, in vier Wochen in ganz Europa bekannt. „Es war", so schreibt ein Zeitgenosse, „als wären die Engel selbst Botenläufer und trügen's für aller Menschen Augen." Überall wunderte man sich über den Mann, der es gewagt hatte, die Macht des Papstes, der sogar mächtige Kaiser unterlegen waren, anzugreifen. Viele Christen freuten sich der Kühnheit Dr. Martin Luthers; freilich fehlte es auch nicht an solchen, die ihn aufs heftigste angriffen und schmähten. Namentlich fand er viel Widersacher unter den Dominikanern. Als daher seine Freuude um ihn besorgt waren, sprach er voll Glaubensmut: „Ist das Werk nicht in Gottes Namen angefangen, so wird es bald zerfallen; ist es aber in seinem Namen gethan, so lasset denselben walten". Luther hatte übrigens durchaus nicht die Absicht, eine Spaltung der Kirche herbeizuführen; er eiferte nur gegen den Mißbrauch des Ablasses, ohne über das Wesen desselben zu streiten, wie er denn überhaupt auch seine Thesen nicht als unwiderlegliche Wahrheiten, sondern lediglich als Zweifel vorbrachte. Versöhnungsversuche. — In Rom hatte man von der ganzen Angelegenheit, die überall eine allgemeine Bewegung hervorgerufen hatte, anfangs eine geringe Meinung. Der Papst war der Ansicht, der Streit sei ein bloßes Mönchsgezänke, das sich wohl bald wieder legen würde. Als er jedoch erfuhr, wie groß die Aufregung in Deutschland sei, forderte er Luther nach Rom, damit er sich vor ihm rechtfertigen solle. In Wittenberg war man indessen der Meinung, ein solche Reise könne für Luther sehr gefährlich werden, und so setzte es Kurfürst Friedrich der Weise durch, daß die Sache in Deutschland beigelegt werden sollte. Da in Augsburg gerade ein Reichstag abgehalten wurde, so forderte der Papst seinen dortigen Bevollmächtigten, den Kardinal Cajetan, auf, den ketzerischen Mönch zu verhören. So zog denn Luther, obwohl seine Freunde ihm abrieten, nach Augsburg, wo er im Oktober 1518 ankam. Cajetan versuchte es erst durch väterliche Milde, Luther zum Widerruf zu bestimmen; dieser aber bestand darauf, daß man ihn mit Worten der heiligen Schrift widerlegen solle. Da der Kardinal dazu aber nicht imstande war, so entließ er Luther in heftigem Zorn mit der Weisung, er solle nicht anders als zum Widerruf vor ihm erscheinen. So hatten

6. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 37

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 37 — weder väterliche Milde noch finstere Strenge es vermocht, Luther zum Widerruf zu bestimmen; da wollte man ihn durch Gewalt dazu veranlassen. Es verbreitete sich das Gerücht, man trachte ihm nach dem Leben. Deshalb entfloh er mit Hilfe einiger Freunde unter dem Schutze der Nacht aus Augsburg und kani unversehrt nach Wittenberg, wo über seine Ankunft große Freude herrschte. Kardinal Cajetan verlangte nun vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen Luthers Auslieferung, die derselbe jedoch standhaft verweigerte; er schrieb dem Kardinal, „die Gerechtigkeit verbiete ihm, vor erwiesener Schuld zu strafen; auch dürfe er seine neue Universität nicht ihrer glänzendsten Zierde berauben". Der Papst entsandte jetzt seinen Kammerherrn Karl v. Miltitz nach Sachsen, um den Religionsstreit beizulegen. In einer Unterredung zu Altenburg versprach Luther zu schweigen, wenn auch seine Gegner schweigen würden. Als indessen Dr. Johann Eck, Lehrer an der Universität Ingolstadt in Bayern, ein sehr gelehrter und in den Schriften der Kirchenväter vorzüglich bewanderter Mann, auftrat, um den Ablaß zu verteidigen und zu beweisen, daß der Papst der Stellvertreter Christi sei, da hielt auch Luther sich nicht mehr für verpflichtet, fein Versprechen zu halten. Dr. Eck forderte einen der eifrigsten Anhänger Luthers, Karlstadt, zu einem gelehrten Wettstreite in Leipzig ans. Durch diese Disputation, an der sich auch Luther beteiligte, wurden die Gegensätze nur noch mehr verschärft. Dr. Eck reiste im hellen Zorn nach Rom. Luther im Bann. — Der Papst sprach nun über Luther den Bannfluch aus (1520). Da zog der unerschrockene Kämpfer am 10. Dezember 1520 mit den Professoren und den Studenten der Universität Wittenberg vor das Elsterthor, ließ ein Feuer anzünden und übergab die päpstliche Bannbulle, wodurch er seines Amtes entsetzt und für einen Verdammten erklärt worden war, den Flammen. Durch diesen Schritt sagte sich Luther für immer von der Herrschaft des Papstes und der katholischen Kirche los. Luther auf dem Reichstage zu Worms. Im Frühlinge des Jahres 1521 kam Karl V., der 1519 zum deutschen Kaiser gewählt worden war, zum erstenmale nach Deutschland, um zu Worms einen großen Reichstag abzuhalten, auf welchem neben vielen Reichsangelegenheiten auch die kirchlichen Streitigkeiten geschlichtet werden sollten. Vor diesen Reichstag, der einer der größten und glänzendsten war, die je gehalten worden sind, wurde auch Luther geladen, um sich wegen seines Verhaltens zu rechtfertigen. Sein fürstlicher Freund und Beschützer, Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, hatte es durchgesetzt, daß ihm freies kaiserliches

7. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 40

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 40 — für tot, so daß seine Feinde jubelten und seine Freunde von tiefer Trauer erfüllt waren. In der stillen Zurückgezogenheit auf der Wartburg aber arbeitete Luther rüstig weiter an dem großen Werke, das er begonnen. Er fing an, die Bibel in die deutsche Sprache zu übersetzen, damit jeder imstande sei, aus der nie versiegenden Quelle göttlicher Offenbarung und Weisheit erquickenden Trost und reichen Segen zu schöpfen. Gar bald aber wurde er seiner segensreichen Thätigkeit entrissen. Als er von dem wüsten Treiben der Bilderstürmer (S. u.) erfuhr, verließ er gegen den Willen seines um ihn besorgten Landesherrn seine stille Klause auf der Wartburg und erschien unerwartet iu Wittenberg, wo es ihm, nachdem er acht Tage lang gegen die Unruhestifter gepredigt hatte, gelang, Ruhe und Ordnung wieder herzustellen. Luthers fernerer Lebensgang und Ende. Auch nach seiner Rückkehr nach Wittenberg, wo er nun seinen dauernden Aufenthalt nahm, widmete sich Luther mit allem Eifer dem großen Reformationswerke. Vor allem arbeitete er im Verein mit seinen Freunden an der Übersetzung der Bibel. Es war eine schwere und mühevolle Arbeit, von der Luther selbst sagt: „Es ist uns wohl oft begegnet, daß wir 14 Tage, drei, vier Wochen haben ein einziges Wort gesucht und gefragt, haben's dennoch zuweilen nicht gesunden. Im Buch Hiob arbeiteten wir also, daß wir in vier Tagen zuweilen kaum drei Zeilen konnten fertigen. Lieber, nun es verdeutscht und bereit ist, kann’s ein jeder lesen und meistern, läuft einer jetzt mit den Augen durch drei oder vier Blätter und stößt nicht einmal an, wird aber nicht gewahr, welche Wacken (Feldsteine) und Klötze da gelegen sind, da er jetzt über hingehet, wie über ein gehobelt Brett, da haben wir müssen schwitzen und uns ängsten, ehe denn wir solche Wacken und Klötze aus dem Wege räumten, auf daß man könnte so fein dahergehen." Trotz aller Schwierigkeiten aber wurde das begonnene Werk glücklich vollendet, und nachdem bereits 1522 das Nene Testament fertig gestellt worden war, erschien im Jahre 1534 die ganze Bibel in deutscher Sprache, ein Ereignis, das für deutsches Reben und Denken den Beginn einer neuen Zeit bezeichnete. Neben der Bibelübersetzung war Luther auch noch in anberer Weise thätig für die Ausbreitung der neuen Lehre. Er stellte die evangelische Glaubenslehre, den Gottesbienst und die Verfassung in Kirche und Schule fest und hielt im Aufträge seines Lanbesfürsten in Gemeinschaft mit Melanchthon 1528 — 1530 in Sachsen eine Kirchenvisitation ab. Um der großen Unwissenheit, die er bei dieser Gelegenheit bei dem Volke und auch bei den Geistlichen fanb, zu steuern, verfaßte er den großen und kleinen Katechismus. Über

8. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 42

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 42 — als ihn sein Freund Justus Jonas fragte: „Ehrwürdiger Vater, wollet Ihr auf Christum und die Lehre, die Ihr gepredigt habt, getreulich sterben?" anwortete er laut und vernehmlich: „Ja!" Mit diesen Worten entschlief er in der Nacht vom 18. Februar 1546. Seine Leiche wurde, von Grafen und Herren geleitet, unter festlichem Gepränge nach Wittenberg gebracht und in der Schloßkirche beigesetzt, wo 14 Jahre später auch Melanchthon seine letzte Ruhestätte fand. Mitarbeiter, Beschützer und Gegner der Reformation. Luthers eifrigster Mitarbeiter an dem großen Reformationswerke war sein Freund und Amtsgenosse Philipp Melanchthon. Er hieß eigentlich Schwarzerd und war im Jahre 1497 zu Breiten in Baden als der Sohn eines Waffenschmiedes geboren. Ausgezeichnet durch herrliche Geistesgaben und einen eisernen Fleiß, erwarb er sich schon in frühester Jugend ein reiches Wissen. Mit 21 Jahren wurde er Professor der griechischen Sprache an der Universität Wittenberg und erlangte durch seine große Gelehrsamkeit bald einen solchen Ruf, daß man ihn den Lehrer Deutschlands nannte, und aus allen Ländern junge Leute herbeieilten, um von ihm zu lernen. Eine innige Freundschaft verband den großen Gelehrten mit Luther, dem er in allen Dingen treu zur Seite stand. Durch seine große Gelehrsamkeit, sowie durch seine Milde und Besonnenheit war er vorzüglich dazu geeignet, Luther bei seinem schwierigen Werke zu unterstützen. „Meister Philipp", sagt Luther von ihm, „fährt säuberlich und stille daher, bauet und pflanzet, säet und begießet mit Lust, nachdem ihm Gott seine Gaben so gar reichlich gegeben. Ich aber muß Klötze uni) Stämme ausreuten, Dornen und Hecken umhauen, Bahn brechen und zurichten". Neben Melanchthon waren auch Bugenhagen, Justus Jonas und Cruciger hervorragende Mitarbeiter Luthers, die ihm namentlich bei dem schwierigen Werke der Bibelübersetzung treue Dienste leisteten. Als die wirksamsten Beschützer der neuen Lehre erwiesen sich die Kurfürsten von Sachsen, die auch als die „Sängammen" der Reformation bezeichnet werden. Friedrich der Weise, ein frommer und gottes-fürchtiger Mann, begünstigte Luthers Lehre auf jede Weise, ließ aber auch die Bischöfe in ihrer Thätigkeit gewähren, da er der Meinung war, die Wahrheit werde durch eigene Kraft den Sieg erringen. Kurz vor seinem Tode aber nahm er das Abendmahl in beiderlei Gestalt und wies das Sakrament der letzten Ölung zurück. Sein Bruder und Nachfolger, Johann der Beständige, trat öffentlich zur neuen Lehre über, und als

9. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 43

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 43 — auf dem Reichstage zu Augsburg die Gottesgelehrten das Bekenntnis allein unterschrieben, um ihre Herren nicht in Gefahr zu bringen, sprach er das schöne Wort: „Das wolle Gott nicht, daß Ihr mich ausschließt; ich will meinen Christus auch mit bekennen!" Johann des Beständigen Sohn, Johann Friedrich der Großmütige, war der Hauptverteidiger des Reformationswerkes im schmalkaldischen Kriege, wodurch er sogar sein Kurfürstentum verlor. Ebenso standhaft war der Landgraf Philipp von Hessen, der voll Glaubensmut bekannte: „Ich will lieber Land und Leute verlieren als vom göttlichen Worte lassen". — Außer den vorgenannten Fürsten sind noch zu erwähnen die Ritter Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen, welche die neue Lehre mit Freuden begrüßten und ihre Ausbreitung wirksam unterstützten. Der eifrigste Gegner der Reformation war der Kaiser; außerdem nahmen auch Herzog Georg der Bärtige von Sachsen, sowie der Kurfürst Joachim I. von Brandenburg (S. n.) der neuen Lehre gegenüber eine ablehnende Stellung ein. Vor allem aber wurde die Ausbreitung der Reformation gehindert durch den Jesuitenorden, der 1534 von Ignatius von Loyola gestiftet wurde und den Zweck verfolgte, den Protestantismus auszurotten und die unbeschränkte Macht des Papstes auch gegen die Ansprüche der weltlichen Fürsten und der Bischöfe sicher zu stellen. Um dieses Ziel zu erreichen, bemächtigte er sich der Jugend durch Anlegung vou Schulen und der Erwachsenen durch Umgang, Beichtstuhl und Predigtamt. Dieser Orden, der 1773 vom Papst aufgehoben, 1814 aber wieder eingesetzt worden war, wurde wegen seiner agitatorischen Thätigkeit im Jahre 1872 aus dem Deutschen Reiche ausgewiesen. Die wichtigsten Reichstage während der Reformation. Als trotz des Wormser Ediktes, das die Verbreitung der neuen Lehre ausdrücklich verbot, der evangelische Glaube schon in vielen Ländern eine feste Gestalt angenommen hatte, traten eine Anzahl katholischer Fürsten zu einem Bunde zusammen, in welchem sie sich gegenseitig zu schützen und ihre Länder der religiösen Neuerung zu verschließen versprachen. Infolgedessen vereinigten sich die Häupter der Lutherischen zu einem Gegenbündnis, und auf dem Reichstage zu Speier (1526) wußten sie es durchzusetzen, daß der für sie günstige Beschluß gefaßt wurde: „Hinsichtlich der Religion solle es jeder Stand so halten, wie er es vor Gott und Kaiserlicher Majestät zu verantworten sich getraue". Als jedoch der damalige Kaiser, Karl V., seinen Gegenkaiser Franz I. besiegt und vom Papste Clemens Vii. zu Bologna die Kaiserkrone empfangen hatte, wurde

10. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 45

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 45 — rufenen Kirchenversammlung nicht erschienen, rüstete der Kaiser zu einem Kriege gegen dieselben. Schwärmerische Bewegungen zur Zeit der Reformation. Die Bilderstürmer. Während Luther noch auf der Wartburg weilte, brachen in Wittenberg Unruhen aus. Viele der Anhänger Luthers gingen nämlich in ihrem Eifer für die gute Sache zu weit und ließen sich zu allerhand unbedachtfamen Schritten hinreißen. Ein langsames Abstellen alter kirchlicher Formen genügte ihnen nicht, mit Gewalt sollte aus den Kirchen alles, was an den katholischen Gottesdienst erinnerte, entfernt werden. An der Spitze der Bewegung stand der oben erwähnte Dr. Karlstadt. Mit einem rohen Haufen gleichgesinnter Mönche, Studenten, Bauern, Handwerker u. f. w. drang er in die Kirchen, warf die Heiligenbilder hinaus, zertrümmerte Altäre und geweihte Gefäße, verjagte die Geistlichen, welche Messe hielten, und verübte viele Gewaltthätigkeiten gegen die, welche seiner Raserei Widerstand leisteten. Indessen stellte Luther, der schnell von der Wartburg herbeieilte, gar bald Ruhe und Ordnung wieder her. Der Banernkreig. Wie auf kirchlichem, so herrschten auch auf staatlichem Gebiete mancherlei Mißbräuche. Der Stand der Bauern befand sich in der unruhigen Zeit des 14. und 15. Jahrhunderts in einem gar kläglichen Zustande. Schon längst hatten die vielen Frondienste, welche die Bauern geistlichen und weltlichen Herren leisten mußten, und die zahlreichen Abgaben unter den Landleuten eine große Unzufriedenheit und Erbitterung hervorgerufen. Als nun Luthers Schrift „von der christlichen Freiheit" erschien, ergriff sie mächtig das Verlangen, auch ihren äußeren Zustand zu bessern. Die Bauern stellten ihre Forderungen in zwölf Artikeln zusammen, welche sie an Luther sandten, um feine Meinung zu hören. Dieser konnte ihnen in manchen Stücken nicht unrecht geben, ermahnte sie aber dringend zur Ruhe und forderte ihre Herren auf, die Bauern besser zu behandeln. Indessen wurden feine Ermahnungen weder von letzteren noch von ihren Herren beachtet. In vielen Ländern brach die helle Flamme der Empörung aus; so in Franken, Schwaben, Elsaß und Thüringen. Überall rotteten sich die Bauern zusammen, um ihre Forderungen mit Gewalt zur Ausführung zu bringen. Schreckliche Verwüstungen bezeichneten ihren Weg. Vergebens waren die Bitten und Drohungen der Fürsten, vergebens Luthers Ermahnungen in der gegen die Aufrührer gerichteten Schrift: „Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern!" Nichts
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