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1. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 21

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 21 — Japan, Seide usw. In hoher Blüte stand auch der Sklavenhandel. An der Westküste Afrikas erstanden sie die „schwarze Ware", die auf blutigen Sklavenjagden erbeuteten Negerscharen, sie beförderten die Neger dann nach Amerika (Brasilien, Virginien), wo sie reißenden Absatz fanden. 5. Hollands Rückgang. Während sich Deutschland in dem unseligen Glaubenskriege zerfleischte und dadurch an den Rand des Abgrundes brachte und zur politischen Ohnmacht verurteilte, schwang sich das kleine Holland, das eben erst die Fesseln drückender Fremdherrschaft abgeschüttelt hatte, zur größten Welt-, See- und Handelsmacht seiner Zeit empor und erklomm um 1650 den Gipfel seiner Macht, seines Ruhmes, seiner Kultur, seiner Wissenschaft, seiner Kunst. Freilich war es ihm nicht vergönnt, sich lange in dem Glanze seiner Weltmachtherrlichkeit zu sonnen. Sein gewaltiger Reichtum erweckte den Neid der anderen Völker, insbesondere der Engländer. Es entspannen sich langwierige Kämpfe zwischen Holland und England. In diesen unterlag Holland als der schwächere Teil. Seine Größe und sein staunenswerter Aufschwung hatte vor allem den Grund in der Schwäche und Zerrüttung der Nachbarländer und der Nebenbuhler. Als diese erstarkten, mußte Hollands Stern erbleichen. Zählte es doch nur etwa 2,2 Mill. Einwohner. Ein solch Völklein kann auf die Dauer nicht die Lasten einer Weltmachtspolitik tragen. Die Aufrechterhaltung der Seeherrschaft und Weltmacht erfordert nicht bloß Geld, ist nicht bloß Sache des größten Geldbeutels, sondern sie fordert neben den Opfern an Gut auch ununterbrochen Opfer an Blut. Zu einem Kolonialreiche gehören genügende Menschen; zwar fehlte es den einzelnen Holländern nicht an dem nötigen Wagemut, aber die bloße Zahl seiner Bewohner war den unaufhörlich anwachsenden Anforderungen an die Menschen nicht gewachsen. Zwar hat Holland stets fremde Werbe- und Soldtruppen in Dienst genommen, aber auch das konnte nicht genügen. Holland mußte zurückgehen, es konnte die rasch erklommene Machthöhe nicht behaupten, weil feine Volkszahl im Verhältnis zu den Aufgaben feiner Welt- und Kolonialpolitik zu gering, zu bescheiden war. Ans diesem Grunde hatte schon früher Venedig, das zur Zeit feiner Blüte 1,3 Mill. Einwohner zählte, nicht vermocht, feine Seeherrschaft zu behaupten; aus gleichem Grunde unterlag Karthago der Übermacht des römischen Volkes, und die Hansa teilte dasselbe Schicksal, weil sie nicht eine überlegene, einheitlich regierte und von einem Willen durchglühte Volkszahl hinter ihren Unternehmungen stehen hatte. Aus der holländischen Kolonialgefchichte entnehmen wir daher die Erkenntnis: Nur volkreiche und mächtige Staaten können sich ihre Kolonialbesitznngen erhalten und erfolgreich verteidigen gegen fremde Eroberer. Schwache Völker, deren Verteidigungsmittel beschränkt sind, vermögen auf die Dauer

2. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 86

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 86 — Stamme Ruß (-Ruderer) waren, so ging auch ihr Name auf die ihnen untertänigen Bewohner Mer. Ihr Führer Runs nahm Besitz von den Landschaften am Jlmensee und gründete das Großfürstentum Nowgorod. Es ward erweitert und erstreckte sich bis an den Ladogasee und Weißen See. Andere Waräger errichteten um Kiew einen zweiten Staat. Beide kamen dann unter einen Herrscher, welcher also über das Stromgebiet des Dniepr und über Nowgorod gebot, über ein Reich, das vom Finnischen Meerbusen bis ans Schwarzmeer reichte. Schon damals versuchte ein Warägerfürst, mit 3000 Segeln Byzanz zu erobern, aber vergebens. Da Kiew die Hauptstadt des russischen Reiches war, verlegte sich dessen Schwerpunkt mehr und mehr nach Süden und die Normannen verslawten ganz infolge fehlender Nachschübe. Noch waren die „Russen", die Großrussen, die Ostslawen, Heiden, obgleich sie schon seit langem mit dem christlichen Ostrom in engem Verkehr standen. Der Großfürst Wladimir I. der Große (980—1015) heiratete eine byzantinische Prinzessin und trat an seinem Hochzeitstage feierlich zum Christentum über (988). Darauf führte er den neuen, griechisch-katholischen Glauben mit Gewalt ein. Alle Ostslawen wurden so Anhänger des byzantinischen Glaubensbekenntnisses. Der gemeinsame griechische Glaube einigte sie dadurch und schuf eine Nationalkirche, die das festeste Band der Ostslawen und des rnssichen Reiches ward. Byzanz ward für Rußland, was Rom für Westeuropa geworden war und noch ward. Byzanz ward die christlichkirchliche, kulturliche, rechtliche, wissenschaftliche und künstlerische Heimat Rußlands. Kiew ward zum Abbilde Konstantinopels und erhielt 400 Kirchen, zahlreiche Klöster und andere stolze Bauwerke. Byzanz lieferte den Russen auch den Begriff des Alleinherrschertnms, der unbeschränkten Fürstengewalt über die Untertanen. Darum sammelte sich auch in Kiew das russische Staats- und Kulturleben. Es ward zum Haupthandelsplatze des Reiches und zum Hauptstapel des Warenzuges, der von Byzanz über den Dniepr nach Nowgorod ging. Ein volles Dutzend von Marktplätzen standen den Handelsherren aus Ungarn, Schweden, Deutschland, Holland usw. offen. Russisches Pelzwerk, Felle, Häute, Leder, Wachs wurden hier gegen ausländische Erzeugnisse eingetauscht. Als Wladimirs Sohn Jaroslaw 1054 starb, war Rußland der Ausdehnung nach das größte Reich Europas und stand in Handel und Bildung Westeuropa nicht wesentlich nach: ein Beweis für die staatenbildende und kulturerzeugende Kraft der Germanen auf slawischem Boden. Aber Teilungen mit ihren unaufhörlichen Thronstreitigkelten zerrütteten und schwächten das Reich. Es zerfiel in mehrere Teilfürstentümer, die unter den Ausständen der unterjochten Völker finnischen, türkischen, lettischen und slawischen Stammes zu leiden hatten. Dazu bekriegten sich Kiew und Susdal, das Fürstentum an der Wolga. Kiew unterlag und der Schwerpunkt Rußlands rückte weiter nach Osten,

3. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 89

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 89 — gaben. Weiter führten sie die Erbfolge des ältesten Sohnes ein und wußten die Oberherrschaft über andere rnfsifche Teilfürsten zu erringen. So bildete sich in und um Moskau ein Kraftkern, der berufen und befähigt schien, das mongolische Joch abzuschütteln. Da die Mongolenkhane die russischen Fürsten nach Belieben einund absetzten, so gerieten die moskowitischen Großfürsten um 1380 mit ihren Oberherren in Kriegszustand. Da die Russen einmütig zusammenstanden und unvergleichlich tapfer fochten, schlugen sie das mongolische Heer am Ufer des Dons. Aber trotz dieses Sieges überfielen die Tataren Moskau und zerstörten es, und Rußland mußte sich abermals unter das asiatische Joch beugen. Da entstanden vor 1400 unter den Mongolen Bürgerkriege. Der Khan der goldenen Horde von Kiptschak wollte sich der Oberherrschaft des Großkhans Tamerlan nicht fügen und ward deshalb von diesem bekriegt und besiegt. Dies schwächte die Macht der Mongolen nicht wenig und gestattete den Moskowitern, ihre Herrschaft unter den russischen Fürsten weiter auszudehnen. Nach dem Falle Konstantinopels (1453) ward Moskau der Sitz der Rechtgläubigkeit und Mittelpunkt des griechischen Glaubens und das kam dem Großfürsten von Moskau gleichfalls zugute. Zum Glück erhielt jetzt Moskau in Iw an Iii. (1462—1505) einen ebenso listigen wie hartherzigen, klug berechnenden und tatkräftigen Herrscher. Ihm gelang die Unterwerfung des Freistaates Nowgorod, um dessen Besitz die Moskowiter so lange mit Litauen gestritten hatte. Da die Litauer Römlinge waren, konnte er gegen sie den „heiligen" Krieg ausrufen. Die Hanse vertrieb er aus Nowgorod, um alle Abfallgelüste zu ersticken. In gleicher Weise machte er sich zum Oberherrn über die andern Fürstentümer und erniedrigte die Fürsten zu „Bojaren" an seinem Hofe. Da die goldene Horde mit dem Tatarenkhan der Krim in Fehde lag, verband er sich mit diesem und verweigerte trotzig Tribut und Gehorsam. Die goldene Horde, Rußlands Tyrann, zerfiel unter dem Ansturm der Krimtataren (1502). b) Ausbau und Befestigung des russischen Reiches. So war die lange Fremdherrschaft gebrochen, weniger durch eigne Macht als vielmehr durch fremde Hilfe und günstige Umstände. Iwan hatte sich wohlweislich gehütet, sein Heer einem Kampfe mit den tapfern Mongolen auszusetzen. Ihm lag viel daran alle russischen Gebiete unter seinem Zepter zu vereinigen. Hierin war er auch von Erfolg gekrönt. Moskau beherrschte jetzt die Länder bis zum Weißen Meere und zum Eismeer und hatte zugleich seine Grenzen bis zum Uralgebirge und bis nach Finnland und Weißrußland vorgeschoben. Er vermählte sich mit der Nichte des letzten oströmischen Kaisers und nannte sich seitdem Selbstherrscher aller russischen Lande und nahm in sein Wappen den doppelköpfigen byzantinischen Adler auf, zum Zeichen, daß er den

4. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 91

1908 - Leipzig : Wunderlich
- 91 — verkehre und lernte dadurch westeuropäische Kultur und westeuropäische Kulturbedürfnisse kennen. Damit entstand ganz von selbst das verlangen, aus der Mb astatischen Unkultur und Barbarei herauszukommen. Freilich trat das Verlangen zuerst nur bei geweckten Fürsten und Adligen hervor, nicht beim Volk. 3. Rußlands Erhebung zu einer europäischen Großmacht. a) Allerhand Verbesserungen. Die folgenreichste Wendung in der russischen Geschichte hat Zai Peter der Große (1682(89)—1725) herbeigeführt. Bei dem Tode seines Vaters war er noch nicht zehn Jahre alt. Sein älterer Bruder war blödsinnig. Während seiner Minderjährigkeit führte die Halbschwester Sophie die Regentschaft und stützte sich dabei auf Die Strelitzeu. Diese bestanden aus vornehmen Russen und bildeten me kaiserliche Leibgarde und besaßen großen Einfluß. Mit ihrer Hilfe wollte die Regentin Sophie den ihr unbequemen, geistig hochbegabten und frühreifen Peter aus dem Wege räumen. Dieser aber fluchtete an den Altar eines Klosters und rettete dadnrch sein Leben. Hierauf lebte er aus einem Dorfe unweit Moskaus. Daselbst errichtete er aus jungen Stallknechten und Küchenjungen eine „Spieltruppe", welche von deutschen und holländischen Offizieren nach europäischer Art und Weise em-qeübt ward. Sie bildete deu Kern und Keim des späteren stehenden Heeres und verhalf ihm zur Alleinherrschaft. Die Regentin hatte erfahren, daß Peter mit seinen „Spielkameraden" doch ernstere Absichten^ verfolgte. Daher reizte sie die Strelitzeu zum Aufstande gegen Peter. Aber seine Spieltruppe schützte ihn und selbst ein Teil der otrehtzen trat auf feine Seite. So ward Sophie gefangen genommen und in ein Kloster gesteckt. Seitdem (1689) war Peter tatsächlich Alleinherrscher. Zwar war er erst 17 Jahre alt, doch überragte er alle Russen an Willenskraft, an Wissensdrang und Eifer. Zwei Ziele verfolgte er hartnäckig und planmäßig: Er wollte Rußland aus der asiatischen Barbarei und Unkultur erlösen und es zu einem gesitteten, gebildeten, europäischen Lande und Staate machen; zugleich suchte er es durch Macht- und Gebietserweiterung zu einer europäischen Großmacht zu erheben. Es war klar, daß ihm beides nicht vollkommen gelingen konnte. Doch hat er beide Ziele ein großes Stück ihrer endlichen Verwirklichung entgegengeführt. Er war der unumschränkte Herrscher; sein Wille entschied. Was er verbot oder gebot, das war verboten oder-geboten. So befahl er, daß sich alle Russen mit Ausnahme der Popen (Geistlichen) die langen Bärte abscheren. Wer sich widersetzte, mußte hohe Steuern bezahlen. Desgleichen ächtete er die einheimische Tracht und befahl den Russen, sich nach europäischer (deutscher) Mode zu kleiden. Wer nicht gehorchte, dem schnitten Beamte die langen Mäntel kürzer. Dann befahl er, daß auch die Russinnen an den Gesellschaften

5. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 92

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 92 — Annehmen hätten. So suchte er seinen Russen einen europäischen Schliss und Firms zu geben; doch blieb der tatarische Barbar darunter unberührt. Es gelang ihm nicht, die Gesinnungsweise, die Herzens-uno Geistesbildung seiner Untertanen zu ändern. Das läßt sich eben mcht lm Fluge erzwingen. Gerade Peter zog die Bestechlichkeit und Unredlichkeit seiner Beamten groß und unter diesem Übel hat Rußland noch heute und jedenfalls noch lange zu leiden. Mehr Erfolge hatte er in der Hebung von Handel und Gewerbe. Da seine Russen hierfür noch keinen Sinn und kein Geschick besaßen, so zog er aus Deutschland, Holland, England usw. unzählige Handwerker, Arbeiter, Bergleute, Techniker, Werkmeister, Ingenieure, Schiffsbauer, Künstler, Gelehrte, Offiziere, Beamte in sein Land. So drangen auch zahllose deutsche und schwedische Bezeichnungen in die russische Sprache. Unser „Jahrmarkt" ward in Rußland zur „Messe" und unser „Meister" zum „Meester". Die Fremden und Ausländer begünstigte er in jeder Weise; sie waren eben nach seiner Ansicht „Kultnr-düuger", ohne den Rußland nicht zur europäischen Großmacht emporgehoben werden konnte. Diese Fremden waren um so nötiger, als Peter der Große diese Umwandlung seines Staates binnen kurzer Zeit erzwingen wollte. Doch stieß er damit auf heftigen Widerstand bei seinen Streützen und Russen. Mehrere Ausstände brachen aus, und Peter stand mehrmals in größter Lebensgefahr. Er schlug sie mit roher Gewalt nieder und ließ Hunderte rädern und köpfen und Tausende nach Sibirien verbannen. Die „Strelitzen", die ehemalige Leibgarde, loste er auf und auch die Macht der Kosaken brach er. Das neue Heer gehorchte ihm blindlings. Der Adel ward zum Dienst der Krone verpflichtet und jeder hohe Beamte trat ohne weiteres in den Adelsstand über. Peter machte sich zum Selbstherrscher aller Reußen, zum unumschränkten Gebieter über alle seine Untertanen, über Leben und Tod, über Freiheit und Knechtschaft, über ihre Lebensweise und ihren Glauben. Was der Sonnenkönig Ludwig Xiv. zu Versailles erstrebte, das führte Peter streng und unvermindert durch. Sein Wille war das höchste Gesetz in Rußland in allen Angelegenheiten, nicht bloß in den staatlichen, nicht nur in den kirchlichen, auch in den häuslichen und privaten. Um die europäische Kultur aus eigener Anschauung kennen zu lernen, unternahm er zwei Reisen ins Ausland. Zuerst reiste er unter fremdem Namen über Riga und Königsberg nach Berlin, Amsterdam und London. Namentlich zog ihn der Schiffsbau und die Schiffahrt an, ja aus den Werften bei Amsterdam arbeitete er selbst mit. Als er in London die prächtigsten Schiffe der damaligen Zeit erblickte, rief er begeistert aus: „Wäre ich nicht Zar von Rußland, so möchte ich englischer Admiral sein." Viele Fremde brachte er mit in sein Land zurück. Vor allem lag ihm daran, den Außenhandel seines Reiches zu heben.

6. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 147

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 147 — ganz in sich aufsaugen gleichwie die andern Völkerschaften im Bereiche der Stefanskrone. Sie setzten den pflichtgemäßen Unterricht in Madjar ifch zuerst in den Volksschulen durch und dehnten ihn dann auch auf die Mittelschulen aus. In jüngster Zeit suchte die tnadjarische Regierung durch ein neues Schulgesetz die ntadjarische Sprache zur alleinherrschenden Schulsprache zu machen und namentlich^ die deutsche zu verdrängen. Dadurch geriet das Deutschtum in Siebenbürgen, Banat usw. in arge Bedrängnis, aber es ward dadurch auch in seinem nationalen Gefühl aufgerüttelt und überall regt sich jetzt der Deutsche, um den Angriff auf seine Sprache, sein Volkstum, seine Kultur abzuwehren. In Galizien suchen die Polen die Deutschen und Rutheueu zu entvolklichen, im Süden die Italiener das Deutschtum. Alle nichtdeutschen Völkerstämme in „Zis und Trans" möchten am liebsten die Deutschen entdentschen. Sie wollen eben nicht bloß ihre Sonderart erhalten, sondern sich auch auf Kosten des staaterhaltenden und kultursörderudeu Deutschtums ausbreiten. Die Verslawung Österreichs aber triebe einen deutsch- und reichsfeindlichen Keil tief ins Deutsche Reich hinein und bildete so eine starke, stete Gefahr für uns. Käme hierzu noch die Entdentschnng der ungarländischen Deutschen, so erlitte nicht bloß das Deutschtum, das deutsche Volk und die deutsche Kultur und Sprache ungeheure Verluste, sondern auch die Weltwirtschaft und die Weltstelluug des Deutschen Reiches würde geradezu erschüttert. Deshalb wäre diese Verslawung und Vermadjarnng der Deutschen in Ost- und Westleithanien nicht eine innerösterreichische und innerungarische, sondern eine reichsdeutsche Angelegenheit von höchster Wichtigkeit und das Deutsche Reich könnte hier nicht tatenlos zuschauen, wie man die Wurzeln seiner Größe untergräbt. Dies gibt uns ein Recht, die nationalen und sprachlichen Vorgänge und Kämpfe im Habsburgischen Reiche mit gespanntester Aufmerksamkeit zu verfolgen. Bis jetzt ist noch nirgends ein wirklicher Ausgleich erzielt, noch kaum in Sicht. Dies alles mindert die politische Bedeutung der Habsburgischen Macht. Selbst auf das Bündnis mit Deutschland wirken diese Kämpfe höchst ungünstig ein. Die Tschechen und Polen befehden heftig das Bündnis mit Deutschland und liebäugeln nebst den Madjaren mit Frankreich und allen andern Feinden oder Gegnern Deutschlands. So findet das Bündnis nur bei den Deutschen Österreichs und Ungarns ungeteilte, völlige Zustimmung, ja sie fordern schon einen engeren Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich. Der Bündniswert Österreichs und Ungarns ist infolgedessen nicht ungeschmälert geblieben. In einem Kriege zugunsten Deutschlands ist auf das öfter« reichisch-ungarische Heer kein voller Verlaß. In manchen flawifch-mad-jarischen Regimentern müßte man sich auf Fahnenflucht und voreilige Waffenstrecknng in großem Maßstabe gefaßt machen. So liegt es auch in unserm Vorteil, wenn endlich die Völker- und Sprachkämpfe beige- 10*

7. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 148

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 148 — legt und die notwendige öffentlich-rechtliche und kulturliche Vorzugsstellung der deutschen Sprache verfassungsmäßig festgelegt würde. Dazu gehört auch die unbedingt deutsche Heeressprache und der pflichtgemäße Unterricht m Deutsch für alle Schulen und Klassen, damit alle Untertanen in die deutsche Staatssprache, die zugleich die Kultur-, Verkehrsund Handelssprache des Reiches bildet, eingeführt werden. Unter solchen Voraussetzungen und Bedingungen wäre es dann wünschenswert, daß das Bündnis zwischen Wien und Berlin zu einem dauernden Schutz- und Trutzbündnis auf verfassnngsmäßiger Grundlage erweitert würde. Denn Deutschland und Österreich-Ungarn haben die Aufgabe, dem allslawischen Vordringen des Zarenreiches Einhalt zu gebieten. Aus diesem Grunde war es ein Vorteil, daß Österreich 1879 Bosnien nebst der Herzegowina besetzen konnte. Durch sein Bündnis mit Deutschland gedeckt, vermochte es dem Zaren auf dem Balkan wirksam entgegenzutreten und die Unabhängigkeit der Balkanstaaten zu verbürgen. Da Rußland seit einem Jahrzehnt durch die asiatischen Fragen völlig in Anspruch genommen ward, so willigte es in Mürzsteg (1897) ein, den gegenwärtigen Zustand auf dem Balkan aufrecht zu erhalten. Doch kann das für die Habsburger nur ein vorläufiges Ziel sein, nicht das endliche und höchste. Deutschland und Österreich-Ungarn haben triftige Gründe, sich mit dem Sultan aufs engste zu verbinden. Dabei könnte der Sultan zugunsten Österreichs auf Albanien und Mazedonien verzichten, natürlich unter reichlicher Geldentschädigung. Dies wäre für das türkische Reich ein großer Vorteil; denn die wirtschaftliche und kulturliche Hebung Kleinasiens, Mesopotamiens und Syriens mit Palästina ist eine Hauptaufgabe und Hauptbedingung für die Zukunft des Osmanentnms. Art dieser Hebung und Erschließung würden sich Deutschland und Österreich in erheblichem Maße beteiligen. Italien, das ja als romanische Nation sich zu Frankreich hingezogen fühlt und wegen feiner Ansprüche auf Südtirol und Jstrieu sowie auf Albanien ein Feind Österreichs ist, bildet überhaupt keine Verstärkung des Bündnisses mehr und sollte sobald als möglich seinen Austritt vollziehen. Es ist doch nur ein Hemmnis der Einigkeit und Festigkeit des Bündnisses und mag mit andern seine Belange zu fördern suchen. Ist Italien aber ausgeschlossen aus dem „Dreibund", dann hat es volle Rücksicht auf das mächtigere Österreich-Ungarn zu nehmen und muß auch dem gefährlichen Treiben der „Jrredentisten", der allitalienischen Wühler, die österreichische Gebiete erstreben, Einhalt gebieten. Der neue Dreibund: „Deutschlaud-Habsburg-Türkei" bildete in weltpolitischer Hinsicht einen starken Schutzwall gegen die Übermacht Rußlands wie Albions im Bereiche Vorderasiens und des östlichen Mittelmeeres. Er wäre die Errichtung einer fast uuübersteiglichen Wehrmauer, die sich durch Mitteleuropa und Vorderasien bis an den

8. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 39

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 39 — Das heutige Großbritannien ist aus der Vereinigung von England, Schottland und Irland hervorgegangen. Sie ist vielmal erzwungen, aber auch oft wieder gelöst worden; erst seit die Stuarts den englischen Thron bestiegen (1603), blieb die Vereinigung Englands und Schottlands dauernd und die ursprüngliche Personalunion wurde später zu einer vollen Vereinigung der Länder. In England ist eine angelsächsisch-katholische Mischbevölkerung entstanden; in Schottland und namentlich in Irland hat sich das alte Keltentnm ziemlich rein erhalten, obwohl die Schotten und Iren heute fast alle sich der englischen Sprache bedienen. So lange diese Vereinigung und Verschmelzung noch nicht vollzogen und gesichert war, so lange konnte sich England nach außen nicht machtvoll betätigen. Darum gingen die Eroberungen in Frankreich wieder verloren und blieb England mehr oder minder vom Auslande abhängig. 2. England als landwirtschaftlicher Staat. Die Abhängigkeit Englands vom Auslande zeigte sich besonders in seiner-gesamten Volkswirtschaft. Während der römischen Herrschaft (Provinz Britaunia) lieferte England Gold, Silber, Zinn, Eisen, Korn, Vieh, Felle, Wolle und Sklaven. Aber nach der angelsächsischen und normannischen Eroberung giug dieser Handel stark zurück. Lange Zeit war Deutschland dem Jnsellande weit voraus in der Entwicklung und Ausbildung des Städtewesens und des Bürgertums, wie auch besonders in Handel und Gewerbe. Das von den Normannen eingeführte Lehnswesen hielt die gewerbliche Entwicklung Englands erst recht zurück. König, Adel und Kirche (Klöster) besaßen fast allen Grund und Boden und ließen ihn von Pächtern (Farmern) bewirtschaften. Die fronenden Bauern gingen nun allmählich vom Getreidebau zur Schafzucht über. Die Wolle ward heiß begehrt und hoch bezahlt. Sie wanderte meist nach Belgien (Gent, Brügge, Antwerpen), Deutschland, Frankreich und sogar nach Italien. So groß war damals Englands Wollausfuhr, daß man mit Recht behaupten konnte: Alle Völker der Welt werden durch englische Wolle warm gehalten. England erzeugte wohl die Wolle, aber es verwebte sie nicht selbst. Darum mußte es die Tuche und Web- und Wirkwaren aus Flandern, Deutschland usw. einführen. Namentlich die Deutschen hatten den Tuchhandel in Händen. Dazu versorgten sie England mit Wein, Pelzwerk, Honig, Wachs, selbst mit Getreide, Leder, Heringen und Stockfischen. Die englischen Könige begünstigten und förderten diesen Handel der Ausländer nach Kräften. Die Hafenzölle von London, Sandwich, Southampton, Boston usw. mußten ihnen die stets leere Kriegskasse füllen. Außerdem konnten die Ausländer sür die inländischen Rohstoffe: Wolle, Felle, Häute, Zinn höhere Preise zahlen. Um die Einnahmen zu erhöhen, durften zeitweise nur Ausländer die englischen

9. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 74

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 74 — nicht mit den französischen messen; weder mit den feinen Seiden- und Leinenstoffen, noch „mit feinen Tücher-, Glas-, Papier- und Schmuckwaren. Um das Übergewicht der französischen Industrie zu brechen, verbot England 1678 die Einfuhr französischer Waren überhaupt. Später verbot man sogar den Gebrauch indischer Seiden- und Baum-wollwaren. Um aber die heimische Industrie zu heben, erleichterte man die Einfuhr ausländischer Rohstoffe und verbot die Ausfuhr solcher Rohstoffe, die in heimischen Fabriken verarbeitet werden konnten. Aus die Ausfuhr gewisser gewerblicher Erzeugnisse (von Seide, Zucker usw.) setzte man Vergütungen (Prämien). Hierzu nahm England bereitwillig vertriebene Hugenotten auf, weil sie die besten Verarbeitungsweisen in Frankreichs Seiden-, Woll-, Leinen-, Papier-, Glas- und Hutfabriken kannten. So hob sich Englands Gewerbtätigkeit und Industrie mehr und mehr. Namentlich in der Metall-, Baumwoll- und Seidenindustrie, sowie im Kohlenbergbau leisteten die Briten seit 1700 schon ganz Bedeutendes und manche Zweige errangen sich damals schon ihren Weltruf. Die Wollindustrie hat um diese Zeit bereits 1 Million Menschen beschäftigt. Aber bald sollte Englands Industrie durch neue Erfindungen auf gewerblichem Gebiete einen ungeahnten Aufschwung nehmen und einen folgenreichen Vorsprnng vor der aller anderen Völker gewinnen. Das Ende des 18. Jahrhunderts brachte im Staats- und Gesellschaftsleben ungeheure Umwälzungen, denen nun auch solche auf dem Gebiete der menschlichen Arbeit und Technik zur Seite traten. Die Maschine ward zur treuen Gehilfin und Dienerin des Menschen gemacht und hierin gingen die Engländer allen voran. Sie erfanden die Spinnmaschine und verbesserten sie so, daß seitdem die Banmwollindnstrie in England, namentlich in Manchester und Liverpool, einen ungeheuern Aufschwung nahm. Schon Aristoteles hatte gesagt: „So lange die Weberschiffchen nicht von Männern von Eisen bewegt werden können, ist die Sklaverei eine Notwendigkeit." Dieser Augenblick zur Aufhebung der Arbeitssklaverei war 1769 gekommen, als die Baumwollspinnmaschine und daun (1786) der mechanische Webstnhl und später (1810) die Webmaschine (von Jakquard) für gemusterte und broschierte Seidenstoffe erfunden war. Bei der alten Herstellungsweise konnte England weder mit den Indern in Baumwolle in Wettbewerb treten, noch vermochte es die leichten linnenen und wollenen Zeuge zu verdrängen. Infolge der Verwendung der Spinnmaschinen verbilligten sich die baumwollenen Gewebe derart, daß sie von den Ärmsten gekauft werden konnten. Alle Städte, die mit der Verarbeitung oder Einfuhr von Baumwolle beschäftigt waren, vergrößerten sich rasch, desgleichen diejenigen, in denen man Wolle und Flachs verarbeitete; denn auch hierfür fanden die Maschinen bald immer größere Verwendung. Um diese Industriezweige noch mehr zu fördern, verbot
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