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in der Fabrik, Neuordnung des Butzensystems und allerlei Dinge
von kleinerem Belang.
In der schönen Frühlingswitterung bietet der Streik zuerst
ein anmutiges 23üb; bic Feiernden spazieren mit Weib und
Kind in den blühenden Wald, die Ordnung bei den Zügen und
Versammlungen, in denen sie sich stärken, ist vollkommen. Aber
bald ist die Freude an Lenz und Sonnenschein dahin, und die
Arbeitseinstellung hat ein furchtbar ernsthaftes Gesicht. Oberst
Fürst weist jede Verhandlung mit den Abordnungen der Arbeiter
zurück. Die Bäcker wollen den Frauen kein Brot, die Händler
keine anderen Nahrungsmittel mehr borgen. Die Menge der
Schaulustigen, die herbeiströmten, steigerte die Verwirrung, und
die Streiter spüren, datz die Zuschauer ihnen so wenig wie dem
Oberst Fürst freundlich gesinnt sind.
Die Regierung sucht ehrlich zu vermitteln.
Aber Rudolf Fürst lätzt sich aus nichts ein. Die Tage ver-
gehen in peinigender Ungewitzheit. Da verbreitet der „Tambour",
der Oberst Fürst lasse in fremden Industriegegenden Hunderte
von Arbeitern zum Ersätze anwerben.
Der Feiernden bemächtigt sich die Verzweiflung. Die Leiden-
schaften gären aus. In der Stadt stehen eine Kavallerieabteilung
und zwei Bataillone Infanterie nmrschbereit, Leib und Leben des
Obersten Fürst und seine Fabrik zu schützen.
Der Pfarrer Felix Notvest teilte täglich unter die armen
unschuldigen Frauen und Kinder Brot aus.
Ein Streikführer verlangte von ihm, datz er ihnen zu einem
„annehmbaren Frieden" verhelfe.
Der Pfarrer antwortete: „Ich sage Ihnen, datz ich die vater-
landslose Richtung Ihrer jungen Partei vom Grund meiner Seele
aus verwerfe." Er lehnte aus diesem Grunde ein direktes Ein-
greifen ab, und die Streikenden erkannten immer deutlicher, datz
ihre Sache eine verlorene sei.
Da erhielt der Pfarrer von der Regierung eine amtliche
Depesche mit der Bitte um Vermittlung.
Sofort machte er sich auf den Weg, und es gelang ihm auch,
einigermatzen annehmbare Bedingungen für die Familienväter
zu erreichen. Die Arbeiter nahmen die Arbeit wieder auf.
Aber es war ein fauler Friede. Die Arbeiter waren nicht
damit zufrieden. Es war eine im Heimlichen gärende Unruhe
und Verbitterung geblieben, so datz sie auf günstigere Gelegen-
heit warteten. Aus I. X. Heer: Felix Notvest.
Lies Bohre: 3 Monate Fabrikarbeiter.
„ Dtsch. Iglg. Bd. V: Streik im Ruhrkohlengebiet.
„ „ „ „ Vii: Arbeitseinstellungen.
10. Wie sorgt der Geschäftsmann für seine Zukunft?
In einer mittleren Stadt wohnten in derselben Gasse drei
brave Handwerksmeister, welche innige Freundschaft miteinander
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Extrahierte Personennamen: Rudolf_Fürst Rudolf Felix_Notvest Felix Felix_Notvest Felix
24
Hinderung der Staubentwicklung, denn gerade im Staube sind die
meisten Bazillen. Bedenken Sie das feuchte Reinigen der Wohnung?
„Können Tuberkeln nicht auch durch Speisen übertragen
werden?"
„Jawohl, durch rohe Milch, rohes Fleisch, ungeschältes Obst.
Sie haben Milch und Fleisch tüchtig kochen zu lassen: denn in
großer Hitze werden diese schädlichen Lebewesen getötet. Obst sollte
man stets schälen oder vor dem Genusse gehörig abwischen."
„Wenn der Staub so gefährlich ist. dann kann ich mir jetzt
auch erklären, warum wir soviel Schwindsüchtige bei den Berufen
haben, in denen viel Staub aufgewirbelt wird, wie in den Glas-,
Metall-, Steinschleifereien, Webereien, Vuchdruckereien u. v. a."
„So ist es, schwächliche Personen sollten daher bei der Wahl
ihres Berufes ganz von diesen absehen und andere wählen.
In den Fabriken geschieht ja heutzutage schon alles zur Be-
kämpfung dieser bösen Krankheiten, aber es reicht noch nicht aus.
Wenn nur erst die Bolksheilstütten weitere Verbreitung ge-
funden haben, so wird es hoffentlich möglich werden, mehr Opfer
diesem entsetzlichen Volksfeinde zu entreißen. Bis jetzt sterben
jährlich mehr als 100 000 Menschen in Deutschland an dieser schreck-
lichen Krankheit. Und es ist heiligste Pflicht jedes einzelnen, die
Bestrebungen auf Bekämpfung der Tuberkulose zu unterstützen."
Lies 0?. Knopf: Die Tuberkulose als Volkskrankheit.
„ Dr. Schumburg: Die Tuberkulose.
15. Was ist eine Blutvergiftung?
Die Beobachtung, daß sich an Wunden, auch wenn sie ganz
leichter, oberflächlicher Art sind, schwere Erkrankungen, ja sogar
der Tod anschließt, ist uralt. Je nach den herrschenden Anschau-
ungen über das Wesen der Krankheiten suchte man die Ursache
dieser Wundkrankheiten auf die allerverschiedenste Weise sich zu
erklären. Erst das Mikroskop und zwar die starken Vergrößerun-
gen der Jetztzeit konnten Klarheit und des Rätsels Lösung bringen.
In früherer Zeit war der Chirurg") messerscheuer als der
Kranke: denn er wußte, daß es nicht in seiner Macht stand, sagen
zu können, ob der Operierte an den Folgen der Operation sterben
würde oder nicht. Früher mußte jeder, der sich operieren ließ,
sein Testament machen. Die kleinste Operation konnte tödlich
werden: und in den zahlreichen Kriegen hielt der Tod in den
Sälen der Lazarette eine viel reichere Ernte als draußen im
Kugelregen der Schlacht.
Da kam Ende der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts aus
England die Zauberkunde, daß es einem englischen Chirurgen,
namens Lister, gelungen sei, nicht allein die Ursache der tödlichen
Wundkrankheiten aufzufinden, sondern auch ihre Verhütung und
') Wundarzt.
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97
Preise verkaufen muß, verdiene ich weniger daran als der große
Fabrikant. Das ist der Grund, weshalb so viele Handwerker
nicht mehr vorwärts kommen." Mahraun.
Lies in dem Volkswirtschaftlichen Lesebuche: 1. Arbeit, 3. Arbeitskraft und Arbeitslust.
48. Die Arbeitsgenossenschast der Menschen.
Die schönste Mahlzeit des Tages ist doch der Morgenkaffee.
Kommt man aus dem Bette, so bedarf der Magen nach dem langen
Fasten einer Anregung, und der warme Trank ist ihm eine will-
kommene Gabe. Er muß so schnell wie nur möglich genossen werden,
damit man nicht zu spat zur Arbeit kommt. Manchmal sind
die Brötchen nicht so recht nach meinem Geschmack. Der liebe,
gute, alte Bäckermeister meint dann freilich, er sei unschuldig, der
Müller habe ihm schlechtes Mehl geliefert. Wollte man dann
bei diesem nachfragen, so würde es wieder heißen, daß der ver-
gangene nasse Sommer das Getreide zum Auswachsen gebracht
habe, und aus solchen Körnern sei mit dem besten Willen kein
gutes Mehl zu liefern. Schon aus diesen Anführungen
erkenne ich, daß doch eine ganze Reihe von Voraus-
setzungen eintreffen und daß viele Arbeiten geschehen müssen,
bevor ich die so geliebte Morgensemmel genießen kann. Wir
müssen da beim Landmanne anfangen, der das Weizenkorn in die
Erde säet. Aber dieser wird allein nicht fertig. Zur Bestellung
des Feldes braucht er Pflüge, Eggen, Säemaschinen, und es gehört
die Arbeit vom Schmied und Stellmacher dazu, ehe diese Geräte
vorhanden sind. Der Schmied bedarf wieder des Eisens, das der
Bergmann aus der Erde holt und das dann von verschiedenen
anderen Leuten weiter verarbeitet wird. Er kann ohne Kohle
nichts schaffen; denn diese erst bringt das Eisen in den glühenden
Zustand, in dem er es mit Hammer und Zange auf dem Ambosse
bearbeiten kann. Der Stellmacher muß sich vom Holzhändler
Bretter kaufen, und dann muß er sich Werkzeuge anschaffen, wie
Hobel, Beile, Messer aller Art usw. Zum Ziehen seiner Maschinen
hält sich der Landwirt Tiere, zu deren Führung er Knechte und
Mägde haben muß. Ist dann die Frucht unter Zuhilfe-
nahme der von vielen Leuten hergestellten Gegenstände in den
Boden gebracht, dann müssen die im Boden vorhandenen Kräfte
das Samenkorn zum Keimen und zur vollen Entwicklung als
Pflanze bringen. Und es find dann gesegnete Tage, wenn der
Schnitter mit der Sense hinaus zieht und später auf dem hochge-
ladenen Wagen die Ernte in die Scheuer schafft, wo kräftige Leute
mit dem Dreschflegel die Körner aus ihrer Hülle hervorholen.
Natürlich war für die Herstellung der Sensen. Sicheln und Wetz-
steine, der Wagen, Dreschflegel. Wurfschaufeln und Siebe eine
lange Reihe von Arbeiten nötig.
^ Das gedroschene^ Getreide kommt nun erst in die Hände des
Müllers. Auch dieser bedarf der Hilfe vieler Leute, bevor er sein
Bodesohn-Wüster, Lesebuch. 2. Aufl.
7
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101
inehr Menschen nach, ob sie Brot bekommen könnten; die Nach-
frage war größer geworden. Dinge, die vielfach vorhanden sind,
haben einen billigeren Preis als Gegenstände, die man seltener
hat. Daraus folgt, daß Dinge, die minder zahlreich werden, im
Preise steigen, namentlich wenn die Zahl der Leute, welche voll
dem Gute haben will, eine größere geworden ist. So kommt
es, daß das Brot für jedes Pfund y2 Pfennig teuerer geworden
ist. Als gelehrte Leute sagen wir; weil das Angebot kleiner
und die Nachfrage größer wurde, stieg der Preis.
Bekommen wir in diesem Jahr eine reichliche Ernte,
dann wird sofort mehr Getreide und Brot uns angeboten
werden. Die Zahl der Menschen steigt aber nur wenig, und wenn
wir deshalb einmal sagen, daß die Nachfrage unverändert ge-
blieben. das Angebot aber gestiegen ist, so wird uns erklärlich, daß
der Preis des Brotes ein niedrigerer werden muß. Wenn du nun
hörst, daß sich der Preis des Brotes und aller Dinge nach dem
Verhältnisse zwischen Angebot und Nachfrage richte, so weißt du
nunmehr, was diese Äußerung zu bedeuten hat.
Georg nahm ein anderes Gut mit, welches er dem Bäcker
für das Brot geben wollte. Er mußte zunächst wissen, wie hoch
der Bäcker den Tauschwert seines Brotes festgestellt hatte, und des-
halb fragte er nach dem Preise. In früheren Jahrhunderten
hätte der Bäcker vielleicht gesagt: gib mir zwei Meter Leinwand,
oder acht Schreibbücher, oder ein Pfund Kaffee dafür. Denn
früher tauschte man tatsächlich ein Gut um ein anderes um; für
ein Pferd gab man vielleicht drei Kühe, für einen Hut ein Stück
Zeug hin usw. Das war aber unbequem; denn wenn derjenig«'
Mann, der Korn gegen ein Pferd vertauschen wollte, einen Mann
fand, der zwar Korn haben mußte, aber kein Pferd besaß, so
konnte keiner von beiden dasjenige Gut erlangen, dessen er be-
durfte. Die Atenschen sannen darum nach, bis sie einen Ausweg
fanden. Sie bemerkten nämlich, daß sich Gold und Silber auf
der Erde in verhältnismäßig geringen Mengen finden, wo-
durch dieselben einen höheren Tauschwert erlangen; dazu kam,
daß sich diese edlen Metalle ziemlich leicht in kleinere Stücke
teilen lassen, welche sich wenig abnützen. Man nahm jetzt Stücke
von Gold oder Silber und bot diese zum Tausch an. Da alle
Leute Gold und Silber zum Austausch annahmen, formte
man später aus diesen edlen Metallen einzelne Stücke, denen
man eine ganz bestimmte Größe und ein genau festgestelltes Ge-
wicht gab und so ist das Geld entstanden, das alle gebildeten
Völker haben. Kein Mensch kann aber mit Geld seinen Hunger
oder Durst stillen; man kann dasselbe auch nicht zur Kleidung be-
nützen, weder als Rock, noch als Stiefel, und niemand vermag
sich aus Geld ein Pferd herzustellen, wohl aber wird dir jeder für
das Geld die betreffenden Güter geben. Wenn also auch das Geld
«licht imstande ist, eines unserer Bedürfnisse zu befriedigen, so ist
es doch trefflich geeignet, als Tauschmittel zu dienel,, und dllrch
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Haut fahren, wäre nur eine Öffnung grotz genug mich durchzu-
lassen. da ich ganz geschwollen bin vor Wut."
Nach Werner Sombart. Die deutsche Volkswirtschaft im 19. Jahrhundert.
Lies v. Kügelgen: Erinnerungen aus dem Leben eines alten Mannes.
72. Verkehrsmittel und Preise.
..In diesem Jahre habe ich einen guten Roggenpreis erzielt,"
sagte der Gutsbesitzer Magnus zu seinem Freunde Bart, „ich habe
volle 18 Mark für den Doppelzentner bekommen, und der Getreide-
händler hat mir die Frucht selbst vom Hofe geholt."
„Ich habe auch 18 Mark bekommen." sagte Bart, „aber mein
Gut liegt 20 km von der Bahn entfernt. Die Fracht zwischen
Gut und Bahn kostet mich mindestens 20 Pfennig für den Zentner;
denn ich lade 25 Zentner auf den Wagen und mutz für jede Fuhre
5 Mark zahlen. Die Eisenbahnfracht nach Posen kostet sodann
noch 10 Pfennig für den Zentner; ich habe also in Wahrheit
30 Pfennig weniger erzielt als du und mutz mit 17 Mark 70 Pfennig
zufrieden sein. Das macht für 1000 Doppelzentner 300 Mark
weniger an Gewinn."
„Nun," erwiderte Magnus, „im nächsten Jahre wird ja die
neue Kleinbahn in Betrieb kommen; die geht dicht an deinem
Hofe vorüber; dann kannst du wenigstens an der Fracht für den
Landweg etwas sparen."
„Ich glaube, datz ich wenigstens die Hälfte davon sparen werde.
Denn das Auf- und Abladen vereinfacht sich bedeutend und mehr
als 10 Pfennig wird die weitere Eisenbahnfracht auch nicht machen.
Dann kostet mich die ganze Fracht bis Posen nur noch 20 Pfennig
für den Doppelzentner, und ich habe 17 Mark 80 Pfennig, wenn
du 18 Mark bekommst."
„Das beste Geschäft mache ich immer noch mit der Milch,"
sagte Magnus nach einer kleinen Pailse, „die kaufen sie in der
Stadt für 20 Pfennig das Liter; davon bekommt der Milchmann,
der den Verkauf besorgt, 5 Pfennig, und mir liefert er jeden Abend
15 Pfennig ab."
„In diesem Punkte kann ich mich gar nicht mit dir vergleichen,"
antwortete Bart, „die Milch kann die lange Fahrt auf dem Land-
wege nicht vertragen; an heitzen Tagen wird sie regelmätzig sauer;
ich mutz sie deshalb an unsere Molkerei verkaufen und bin froh,
wenn ich dort 8 Pfennig für das Liter erziele. Im nächsten Jahre
wird das auch anders werden; die Eisenbahnfahrt wird ihr nichts
schaden; ich schicke sie dann nach Posen und hoffe, abzüglich der
Fracht, auf 13 Pfennig zu kommen. Dann will ich auch meinen
Viehstand vermehren." g. Mahrau».
Lies Mahraun: Ernte und Preis, außergewöhnliche Ereignisse und Preis.
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Extrahierte Personennamen: Werner_Sombart Magnus Magnus Magnus Magnus Magnus Magnus
161
säge selber zerkleinern lassen usw. Dazu arbeitet die ganze Ein-
richtung gleichmäßig und sauber."
2. Hier löst der Elektromotor den Pferdebetrieb, in andern Ge-
werben den Handbetrieb ab. Wir begeben uns zur Brot- und
Kuchenbäckerei von H. Demohn.
Der Meister erklärt: „Mein Elektromotor von 3 P. S. dort
hinten an der Wand treibt die Maschinen, welche Mehl sieben.
Semmel reiben, Schlagsahne bereiten, Mandeln schneiden und
Teig kneten."
Wir steigen auf den Mehlboden und beschallen die Mehlsiebe-
maschine.
„Zum Mehlsieben," lautet die Erklärung, „waren früher zwei
Mann erforderlich, der eine schaufelte Niehl ins Sieb, der andere
bewegte dieses. Jetzt macht die Maschine selbsttätig die Reinigung
und der Geselle braucht bloß Mehl einzuschaufeln, ich spare also
hierbei einen Mann."
Wir steigen die Treppe hinab und betrachten die Mandel-
schneidemaschine, die wie ein Gllrkenhobel wirkt und die Mandeln
im Nu zu jeder gewünschten Größe zerkleinert.
„Sehen Sie diese Anschlagmaschine! Früher war die Her-
stellung der Schlagsahne eine besondere Geschicklichkeit des Kon-
ditors und erforderte bedeutende Armkräfte. Heute vollbringt
die Maschine das schwierige Werk mit unfehlbarer Sicherheit in
kürzester Zeit."
„Und die hier?"
„Ist eine Semmelreibemaschine." Eine trockene Semmel fliegt
hinein. Srrr, und sofort ist sie in Pulver verwandelt.
Nun in die Backstube. Die elektrische Teigknetmaschine am
Fenster dreht lautlos ihre Schale von der Größe eines Waschkessels,
wie ein Karussell im Kreise herum. Darin liegen drei Zentner
Teig. Lin Knetarm mit zwei Zinken wie bei einer Heugabel
reicht schräg über den Rand der Schale herein und durchwühlt die
Teigmasse.
_ „Früher," so erklärt der Meister, „war das Kneten Sache des
Gesellen, der mit den drei Zentnern etwa eine Stunde, und wenn
er^ sich Zeit ließ, etwas länger zu tun hatte. Heute besorgt die
Maschine das Kneten der gleichschweren Teigmasse und das Mischen
mit Mehl in acht bis zehn Minuten, verteilt das Wasser im
Teig gleichmäßig, so daß beim Backen keine Klütern entstehen,
wohl aber der Zentner etwa zehn Pfund Mehl mehr liefert als
früher. Außerdem hebt der schrägstehende Knetarm den Teig
fortwährend hoch, wobei dieser gehörig durchlüftet wird, und den
nötigen Sauerstoff aus der Luft aufnimmt."
„Die Arbeit ist also für die Gesellen bedeutend leichter ge-
worden und wird eher fertig."
„Ja, und werfen sie mir dennoch einmal die Arbeit hin, so
braucht meine Kundschaft deshalb nicht 'Rot leiden: dann besorge
ich mit meinem Sohne die ganze Sache selbst."
Bodesohn-Wüster, Lesebuch. 2. Aufl.
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162
3. sjiocs) tiefer eingreifend in den Betrieb hat der Elektro-
motor bei der Fleischerei gewirkt. Wir besuchen die Fleischerei
von G. Rauhut.
Zunächst begeben wir uns zum Kühlraum in den Keller. Das
Thermometer zeigt -f 1° C. An den Wänden hängen die Fleisch-
vorräte, die Windungen des Rohrnetzes unter der Decke sind mit
Eis überzogen. In den Röhren geht die Schwefligsäure aus dem
flüssigen in den luftförmigen Zustand über und verbraucht dabei
Wärme, die sie aus ihrer Umgebung nimmt, zunächst aus dem
Rohr, dann aus der Luft.
Wir begeben uns in die Werkstatt. Hier steht in der Ecke
die Kühlmaschine, ein mannshoher Eisenzylinder, in dem ein
Schlangenrohr von Wasser umgeben, den Weg einer Uhrfeder be-
schreibt. Nachdem die Schwefligsäure vom Wasser vorgekühlt ist.
wird sie von der Verdichtungspumpe aufgesogen, durch starken
Druck verflüssigt und wieder in den Kühlraum gepreßt.
Zweimal am Tage eine Stunde lang gepumpt, gibt im Kühl-
raum eine stets gleichmäßige niedrige Temperatur.
Unterstützt wird die Kühlanlage durch zwei Ventilatoren, von
denen der eine frische Luft in den Kühlraum preßt, der andere die
Fliegen verscheucht.
Kaum sind auf dem elektrisch angetriebenen Schleifstein die
Messer geschärft, mit ihnen die Fleischvorräte in Streifen zerlegt,
so wird der Motor angelassen, und nun haben zwei Mann reich-
lich zu tun, um dem großen Wolf den Rachen zu stopfen. Ja
einer Stunde sind fünf bis sechs Zentner Rindfleisch zur Fiillung
von Rohwurst zerkleinert. Der kleine Wolf stellt in ganz kurzer
Zeit kleinere Menge Schabefleisch und Gehacktes her.
Roch größer ist die Leistung der Abreibemaschine, die ihre
Schale in wagerechter Richtung dreht und das Fleisch immer von
neuem unter drei starke Messer führt, bis es. zart wie Sahne, für
Knobkänder geeignet ist. Wozu sonst zwei bis zweieinhalb Stun-
den gebraucht wurden, das ist jetzt in zehn Minuten fertig.
„Nächstens," sagte der Meister, „soll noch eine Knochensäge
und ein Wiegeapparat der Transmission angeschlossen werden."
„Durch den Elektromotor spare ich zwei Gesellen im Betriebe."
4. Der Elektromotor hilft uns auch unser Schuhwerk herstellen
und ausbessern. Wir besuchen die Schuhmacherwerkstatt von Karl
Linke.
Der Meister erklärt: „Will man elektrischen Betrieb ein-
richten, so muß man für die aufzustellenden Maschinen auch hin-
reichend Beschäftigung haben. Es muß also soviel Arbeit vor-
liegen. daß ein Mann den ganzen Tag nur näht, oder das aus-
gebesserte Schuhzeug ausputzt. Bei dieser einseitigen Tätigkeit
erlangt er eine erstaunliche Fertigkeit, und nur so machen sich die
Maschinen bezahlt."
Wir stehen vor der Ausputzmaschine. Sie gleicht einer
Drechslerbank. Die Messer sitzen fest, und das Fabrikat dreht sich.
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8
Grönland auf Schneeschuhen durchquert hat, hat für die große
Reise, die er vor einigen Jahren ausführte, keinen Tropfen Alko-
hol zu Trinkzwecken mitgenommen. Ich habe einen Brief von
ihm gehabt, in dem er die Ansicht, geistige Getränke seien in
einem kalten Klima notwendig, als völlig falsch bezeichnet. „Sie
sind nicht nur nicht notwendig, sondern sie sind absolut schädlich.
Wie allgemein bekannt, wird die Temperatur des Körpers durch
Alkohol erniedrigt, und das kann man natürlich in einem sehr
kalten Klima am wenigsten aushalten. Wenn nun dazu sehr starke
körperliche Anstrengungen kommen, dann kann man durch geistige
Getränke ganz ruiniert werden." So allgemein bekannt, wie
Nansen meint, ist das leider nicht, aber wissen könnte es jeder,
daß die Schnapstrinker zuerst erfrieren, daß der Alkohol nur vor-
übergehend erhitzt, daß gute Ernährung und warme Kleidung den
Arbeiter besser warm halten als das Getränk, das er doch auch
nicht umsonst hat.
Vom Bier betont man mit Vorliebe, daß es sehr nahrhaft sei.
Das Vier ist flüssiges Brot, sagt der Brauer, und mancher sagt's
ihm nach. Flüssiges Brot wäre doch nur für solche Leute ein Be-
dürfnis. die keine Zähne mehr haben, um Festes zu beißen. Daß
Vier Nährstoff enthält ist richtig. Das ist aber nicht immer eine
Tugend: denn meistenteils wird das Bier genossen, wenn der
Magen keiner Nahrung bedarf, wenn er vielmehr zum wichtigen
Geschäft des Verdauens seine Ruhe haben möchte. Und dann muß
man den Nährwert des Vieres etwas teuer bezahlen. „Ein Glas
des gehaltvollsten Exportbieres zu 25 Pfennig hat keinen Hähern
Nährwert als ein Eßlöffel voll deutschen Käses zu 1 Pfennig."
(Dr. E. Meinert.) Man vergesse doch nicht, daß auch das stärkste
Vier zu neun Zehntel aus Wasser besteht.
„Aber Alkohol stärkt und erfrischt doch, er gibt neue Kraft
und beseitigt die Ermüdung." Auch diese Ansicht ist falsch. Die
Wissenschaft sagt: Der Alkohol stärkt nicht, sondern er hilft nur
über das Gefühl der Ermüdung hinweg, er erzeugt das Gefühl
von Kraft. Das kann für den Augenblick nützlich sein, gerade wie
ein Peitschenhieb beim Pferde nützlich sein kann, obwohl es doch
auf der Hand liegt, daß die Peitsche dem Pferde keine Kraft ver-
leihen kann. Man denke an die Wirkung, die ein fröhlicher Marsch
der Regimentsmusik auf die nach langem Felddienst ermatte:
heimkehrenden Soldaten ausübt, oder an die Kraftleistung, die
die Tanzmusik und die Erregung des Tanzes bei den Tanzenden
ermöglicht: gerade so wirkt der Alkohol auch . . . Ebenso ist durch
die Erfahrung tausendfach bewiesen, daß Alkohol auf die Dauer
nicht stärkt, sondern schwächt, daß der Trinker auf die Dauer nicht
das gleiche leisten kann wie der Nichttrinker. (Dr. Wilhelm
Bode.) „Mäßigkeit ist die beste Arznei."
Aus Hans Hermann, Praktische Stoffe für die ländl. Fortbildungsschule.
Lies Or. Dicke und Kohlmetz: Die Schädlichkeit der geistigen Getränke.
„ Grotjahn: Alkohol und Arbeitsstätte.
„ Bunge: Der Kampf gegen die Trinksitten.
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Extrahierte Personennamen: Nansen Meinert Wilhelm
Bode Wilhelm Hans_Hermann Grotjahn
94
Geistliche, der unsere Seelen mit der Fülle göttlicher Wahrheit
ausrüstet usw.
Der Verdienst aller dieser Leute ist nicht ein gleicher. Es ist
leicht, ein Handarbeiter zu werden. Der Mann mutz auch seine
Kräfte ehrlich anstrengen, aber er war kaum aus der Schule, so
tonnte er schon zugreifen, hatte nicht nötig, viel zu erlernen und
verdiente deshalb sofort ein gut Stück Geld. Der Handwerker
nutzte erst drei bis vier Jahre, der Kaufmann ebenso lange in
seinem Berufe lernen: es kostet also mehr Mühe, den Gesellen
heranzubilden, als den Handarbeiter, und deshalb wird der Hand-
werker auch einen höheren Lohn erhalten, als der Tagelöhner.
Ein Arzt nutzte bis zum 19. Jahre das Gymnasium besuchen, und
dann hatte er noch fünf Jahre lang an der Universität fleitzig zu
studieren: der Mann nutzte also noch mehr Arbeit an seine Aus-
bildung wenden, nnb deshalb wird er wieder besser bezahlt, als
der Handwerker. Unter den Arbeitern gleichen Grades wird aber
stets derjenige am meisten verdienen, der der geschicktere Mann ist,
der am fleißigsten schafft, am treuesten, gewissenhaftesten seine
Pflicht erfüllt und dadurch sich die Zufriedenheit und das Ver-
trauen seiner Mitmenschen im höchsten Grade erwirbt.
Lies R. Manzer: Ein Mann der Arbeit. O. Pache.
„ Karl Weise: 4 Erzählungen.
46. Vom Kapital.
Mein Nachbar, der Tischlermeister, ist ein braver Mann.
Vor zwanzig Jahren hat er angefangen zu tischlern. Damals
hatte er nur eine einzige Hobelbank und gar kleine Holzvorräre.
Aber er arbeitete von früh bis abends und zwar sehr gut. Die
Leute waren mit seiner Arbeit recht zufrieden: dazu war er auch
pünktlich. Wenn er seinen Kunden sagte, der Tisch ist Freitag
fertig, so konnte man sich unbedingt auf dieses Wort verlassen.
Das hatte zur Folge, datz sich die Kundschaft mehrte und datz mein
Nachbar gar fleitzig schaffen nutzte, um alle bestellte Ware fertig
zu bringen. Da kam auch reichlich Geld ins Haus: es fiel aber
dem Meister nie ein, was er einnahin, auch wieder zu verjubeln.
Er trank gelegentlich sein Glas Bier, ging Sonntags spazieren
mit seiner Frau. Er und seine Frau kleideten sich ganz nett,
aber sehr einfach. So brachte es der Meister fertig,
datz jedes Jahr ein Sümmchen übrig blieb. Dafür
kaufte er sich immer etwas für sein Geschäft. Zunächst vermehrte
er seine Holzvorräte, dann kamen neue Werkzeuge ins Haus.
Später kaufte er sich noch einige Hobelbänke und stellte einen Lehr-
ling. bald auch einen Gesellen ein. Da er weiter sparsam lebte,
wurden die Summen, die er übrig behielt, immer grötzer, so datz
er sich zuletzt eine neue Werkstätte bauen und so viel Werkzeuge an-
schaffen konnte, datz er jetzt 10 Gesellen und 2 Lehrlinge beschäftigt.
Das war ein vernünftiger Mann: denn neben Gottes Segen ver-
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Extrahierte Personennamen: Manzer Pache Karl_Weise Karl
Werk nur beginnen kann. Maurer, Zimmerleute und Handwerker
aller Art müssen ihm das Haus herstellen, in welchem der Mühlen-
bauer das eigentliche Mahlwerk anlegt. Soll die Mühle aber
klappern, so müssen in den dazu geeigneten Steinbrüchen fleißige
Leute die Mühlsteine brechen und bearbeiten. Der Weber muh
vielemale das Schiffchen hin und her werfen, bevor die Leinwand
für den Beutel und die Säcke fertig ist, und dann darf auch der
Siebmacher mit den Sieben nicht ausbleiben. Das fertige Mehl
kommt endlich zum Bäcker. Dieser hat sich rechtzeitig vom Tischler
hölzerne Tröge anfertigen lassen. Der Ziegelstreicher und der
Steinbrecher haben ihm die Steine geliefert, aus denen der
Maurer den Backofen gebaut hat. Der Bergmann fördert oft
unter Lebensgefahr die Kohle an das Tageslicht, und der Holz-
hauer schlägt das Holz im Walde, damit der Ofen geheizt werden
kann, und wir dürfen auch den Salzsieder nicht vergessen, der die
unvermeidliche Würze liefert.
Wer sich das alles so recht überlegt, der bekommt Respekt.
Die Arbeit von Hunderten geschickter Menschen war nötig, ehe ich
mir das Brötchen schmecken lassen konnte. Und alle diese Leute
muhten fleihig ihre Pflicht erfüllen; denn wollte der Müller seine
Mühle stehen lassen, so könnte der Bäcker mit dem besten Willen
kein Brot liefern. Die Leute müssen ihre Tätigkeit auch gut ver-
richten. Ein schlecht gearbeiteter Pflug, ein mangelhaft herge-
stellter Mühlstein, ein nicht richtig gebauter Backofen hindern das
Gelingen des Werkes und lassen das Brot nicht gedeihen. Wie es
beim Brote ist, verhält es sich bei jedem anderen mensch-
lichen Werke. Dieses Bewuhtsein erhebt uns. Denn wir
fühlen uns da inmitten einer gewaltig grohen Gemeinschaft,
in der jeder seine Hände rührt und seinen Geist anstrengt,
um etwas Brauchbares fertig zu stellen, nicht für sich, sondern für
andere, die der von ihm hergestellten Güter bedürfen. Es ist ein
großer Zug. der durch diese gewaltige Arbeitsgemeinde geht. Denn
wer da fleihig schafft, der denkt nicht an sich selbst, sondern er ist
bestrebt, Dinge herzustellen, die seiner Mitmenschen Bedürf-
nisse in bestmöglicher Weise befriedigen können. Und jeber ist
bestrebt, dem Nächsten für sein Leben oder seine Arbeit die besten
Produkte zu liefern. Eine ungeheuere Summe von geistiger An-
strengung und körperlicher Kraft kommt da jede Stunde auf dein
Erdenrunde zur Anwendung, und wir selbst sind Glieder dieser
gewaltig grohen Gemeinschaft.
Dieses Bewußtsein muh uns freilich auch mit Bescheidenheit
erfüllen. Denn das Stückchen Arbeit, welches wir zum Gelingen
des grohen Werkes beitragen können, ist verschwindend klein im
Verhältnisse zu dem Arbeitsergebnisse der Gesamtheit. Und die
Geringfügigkeit der eigenen Arbeitsleistung führt uns recht
lebendig vor die Augen, wie wir in jedem Dinge von der Arbeit
unserer Mitmenschen abhängig sind. Es gibt nichts, gar nichts,
was wir allein herzustellen vermöchten, und selbst in den kleinsten
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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