Achilles.
11
Als sich Priamus der Stadt näherte, stürzten Männer und Frauen
ihm aus dem Thore entgegen, umdrängten den Wagen und stießen Jammer-
geschrei aus. Am meisten aber klagten die alte Mutter und die zärtliche
Gattin. Sie rausten sich das Haar und wollten von keinem Troste wissen.
Man führte den Leichnam nach der Königsburg, stellte ihn in der Halle ans,
Trauergesänge wurden gesungen und am 10. Tag die Leiche verbrannt. —
Hierauf erneuerten sich die Kämpfe. In einem derselben siel auch Achilles,
getrosten vom Pfeile des Paris *).
7. Die Griechen wurden der bereits zehnjährigen Belagerung endlich
überdrüssig und wünschten sehnlich, nach Hause zurückzuzukehren. Zuvor jedoch
sollte noch ein Eroberungsversuch gemacht werden. Sie bauten auf den Rath
des Odysteus ein hölzernes Pferd von Thurmeshöhe und brachten an dem
weiten Bauch desselben eine verborgene Thüre an. Durch diese krochen Odys-
seus, Menelaus, Neoptolemus, der Sohn des Achilles, und mehrere
andere Helden, dreißig an der Zahl, in den Bauch des Ungeheuers. Die
Griechen schlossen die Thür hinter ihnen zu. Dann verbrannten sie ihr
Lager und begaben sich auf die Schiffe, als wollten sie nach Hause segeln.
Als die Trojaner den Rauch vom Lager in die Luft steigen sahen und auch
die Schiffe verschwunden waren, strömten sie voll Freuden aus der Stadt nach
dem griechischen Lager und erblickten hier das gewaltige hölzerne Roß. Wäh-
rend sie unter einander stritten, ob man das Wunderthier verbrennen oder
in die Stadt schaffen sollte, brachten trojanische Hirten einen gefangenen
Griechen daher. Sinon hieß er; sie hatten ihn im Schilfe des Ufers
ertappt. Neugierig stellten sie sich im Kreise um ihn herum und forderten
ihn auf, zu bekennen, was das Pferd bedeute. Das eben hatte der Arglistige
gewünscht; denn er hatte mit seinen Landsleuten verabredet, sich gefangen
nehmen zu lassen und die Trojaner über die Bestimmung des Rosses zu
täuschen. Er fing laut an zu weinen und stellte sich, als könnte und dürfte
er nicht das Gcheimnißmnit dem Pferde verrathen. „Nein ich bitte euch!"
schrie er, „tödtct mich lieber auf der Stelle." Um so neugieriger wurden
die Trojaner. Endlich gab er ihren Bitten und Drohungen nach. „So
hört denn," rief er, „die Griechen schiffen jetzt nach Hause, für eine glückliche
Heimkehr ist auf Befehl des Priesters dieses Pferd gezimmert als Sühnungs-
geschenk für die beleidigte Schutzgöttin eurer Stadt, deren Bildniß Odysteus
und Dimodes einst srevelmüthig euch entwendet haben. Kommt das Pferd
unverletzt in eure Stadt, so wird sie, nach dem Aussprüche des Priesters,
unüberwindlich sein und ringsum die Völker beherrschen. Das eben wollten
eure Feinde verhindern und baueten es absichtlich groß, damit es nicht durch
die Thore gehe." So sprach der listige Grieche. Die Trojaner glaubten
den gleißenden Worten. Eiligst wurden Räder unter dem Pferde angebracht,
Stricke an demselben befestigt und nun spannet sich Jung und Alt davor.
Wer nicht so glücklich war, einen Strick erfassen zu können, schloß sich an
die langen Reihen der Knaben und Mädchen, die schön geschmückt zu beiden
J) Nach einer spätern Sage hatte Thetis den neugebornen Achilles in die Fluthen
des Styx, eines Flusses in der Unterwelt, getaucht, wodurch er am ganzen Körper
unverwundbar wurde; nur die Ferse, an der die Mutter das Kind festhielt, wurde
von dem schützenden Wasser nicht berührt. Paris habe nun den Achilles getödtet, in-
dem er seinen Pfeil nach der verwundbaren Ferse richtete.
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TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T190: [Odysseus König Held Sohn Troja Vater Schiff Agamemnon Insel Theseus], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
12
Alte Geschichte.
Seiten gingen und feierliche Lieder sangen. Das Pferd konnte nicht dnrch das
Thor kommen. Da ward dieses sammt einem Theile der Stadtmauer nieder-
gerissen. Jubelnd schob man das Pferd durch die weite Oeffnung, der Zug
geht durch die langen Straßen, hin nach der Burg. Hier, vor dem Tempel
der Göttin, wird das Wnnderthier feierlich ausgestellt, damit Jeder es sehen
und über seinen Besitz sich freuen möge.
Fröhlich war der Tag, aber schrecklich die darauf folgende Nackt.
Wahrend Alles im tiefen Schlafe lag, schlich Sinon zu dem Pferde, öffnete
teile die Thüre und die geharnischten Männer stiegen aus dem finsteren Bauche
hervor. Sie gingen nach den Thoren der Stadt; die Wächter schliefen;
man tödtete lie. Draußen aber harrten schon der Griechen beutelustige Schaaren.
Die Thore werden geöffnet und mit freudigem Kriegsgeschrei dringen die
Griechen in die wehrlose Stadt. Schon läuft Sinon mit der Brandfackel
in den Straßen umher und zündet die Häuser an. Zu spat bemerkten die
Trojaner den Verrath. In allen Straßen, in allen Häusern wird blutig
gekämpft. Bald steht die ganze Stadt in heller Lohe. Was nicht unter
dem Schwerte der Griechen fällt, findet seinen Tod in den Flammen, oder
wird unter den Trümmern der einstürzenden Häuser begraben. -—- Nur ein
kleines Häuflein rettete sich, mit ihm der fromme Aeneas. Wie er Alles
verloren sah, wie schon die Flamme aus dem Giebel seines Daches hell-
lodernd gen Himmel schlug; da nahm er seinen Vater Anchises aus die
Schultern, sein Söhnlein Askanius bei der Hand und rettete sich aus
dem Brande. Nach langen Irrfahrten fand er endlich in Italien Ruhe
und wurde hier groß und mächtig.
Nicht so glücklich war der König Priamus. Er hatte sich mit Weib
und Kind in das Innere des Pallastes geflüchtet und sich dort vor dem
Altare der Hausgötter flehend nieder geworfen. An dieser heiligen Stätte
hoffte der unglückliche Greis Gnade zu finden bei den erzürnten Feinden.
Aber er hatte sich geirrt. Mit entblößten Schmeckern drangen sie herein,
erst stachen sie die Söhne nieder vor den Augen ihres Vaters, dann diesen
selbst. Sein Weib und seine Töchter schleppten sie aus die Schiffe und
vertheilten sie als Sklavinnen unter sich. Menelaus bekam seine Helena
wieder; aber die heilige Jlios lag in Trümmern, gefallen war Priamus
und das Volk des lanzenkundigen Königs J).
3. Sparta: Lykurg 888. vor Chr.
1. Sparta erobert durch die Dorier (1100), Königthum. Die Gesetzgebung des Lykurg:
zwei Könige, fünf Ephoren, der Rath der 28 Alten, die Volksversammlung. Acker-
vcrtheilnng, eisernes Geld, gemeinschaftliche Mahlzeiten: die schwarze Suppe. Lykurg
und Alkaüdros. 2. Erziehung; das Kind, die Knaben, die Mädchen. 3. Tapferkeit,
List und Verschlagenheit, Selbstbeherrschung der Spartaner. 4. Lakonische Kurze.
Die Heloten. Der Eid der Spartaner, der Tod des Lykurg.
1. Im Peloponnes, an den Ufern des Eurotas, lag eine alte Stadt
ohne Mauern und Thore. Das war Sparta, (S. 6. Anm.), das Haupt
x) Der griechische Dichter Homer (um 1000 vor Chr.) hat die Kämpfe der
Griechen vor Troja in der sogenannten Iliade besungen. Ein anderes Heldengedicht,
die Odyssee, erzählt die wunderbaren Irrfahrten und Abenteuer des Odysseus aus
seiner Rückkehr von Troja nach Jthaka. Siehe Odysseus: Kursus 2. S. 15—25.
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
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TM Hauptwörter (200): [T190: [Odysseus König Held Sohn Troja Vater Schiff Agamemnon Insel Theseus], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T22: [Athen Athener Sparta Solon Spartaner Staat Jahr Stadt Krieg Mann]]
14
Alte Geschichte.
dem Stock ein Auge ausschlug. Lykurg -lieb stehen und zeigte schweigend
den Bürgern sein blutiges Gesicht. Bei diesem Anblick wurden'sie von
Scham und Neue ergriffen, sie überlieferten den Thäter an den Gesetzgeber
und begleiteten ihn unter Aeußerungen der Theilnahme nach Hause. Lykurg
war mit dieser Sühne zufrieden, entließ die Menge und nahm den Räuber
seines Auges mit sich in sein Haus. Zerknirscht und erbangend stand der
Jüngling vor dem Verletzten. Dieser aber sagte ihm kein hartes Wort, ent-
fernte nur seine gewöhnlichen Diener und ließ den Alkandros deren Dienste
verrichten. Der Jüngling vollzog gehorsam die Befehle seines Herrn und
lernte bald den großen Mann so schätzen, daß er mit aller Liebe an ihm
hing und Allen das Lob des Lykurg verkündete.
2. Lykurg wollte sein Volk zu tapfern Kriegern erziehen, daher wur-
den Alle frühzeitig und fort und fort im Laufen, Schwimmen, Werfen ge-
übt. Diese Uebungen wurden in leichter Unterkleidung angestellt und die
Uebungsplätze hießen Gymnasien *). Der Staat sollte überhaupt nur aus
gesunden und kräftigen Bürgern bestehen. Daher wurden nur kräftige Kin-
der ausgezogen, schwächliche dagegen in eine Kluft geworfen. Die Er-
ziehung war streng und abhärtend: die Kinder wurden nicht eingehüllt,
man gewöhnte sie an geringe Kost und pünktlichen Gehorsam.
Sobald die Knaben das siebente Jahr erreicht hatten, entzog sie der
Staat der elterlichen Erziehung und nahm sie unter seine eigene Aufsicht.
Von unn an ließ man sie beständig zusammen leben, mit einander essen,
spielen und lernen. Lesen und Schreiben lernten sie nur zur Nothdurft:
dagegen vor Allem Gehorsam gegen die Oberen, Bescheidenheit gegen ältere
Leute, Ausdauer unter Mühseligkeiten, Sieg im Kampfe. Darum hielt
man sie mit den Jahren immer strenger; man ließ sie jeder Zeit in leich-
ter Kleidung und baarfuß gehen, nackend spielen, Hunger und Durst, Frost
und Hitze, sonne allerlei Anstrengungen ertragen. Die Streu, auf welcher
sie schliefen, mußten sie sich selbst zusammentragen und das Schilf dazu,
welches am Flusse Enrolas wuchs, mit der bloßen Hand knicken. — Selbst
die Mädchen härtete man durch Wettlauf und Ringen ab, damit sie
spartanischer Männer werth wären. Bei den Spielen priesen die Jung-
frauen die Thaten der würdigsten Jünglinge oder spotteten der Schwachen
und Feigen.
Feigheit war die größte Schande und Flucht in der Schlacht ehr-
los. Deshalb gab eine spartanische Mutter ihrem Sohne, als er in den
Krieg zog, den Schild mit den Worten: „Mit ihm oder auf U;m!* 2j".
— Als eine Spartanerin die Nachricht erhielt, ihr Sohn sei gefallen, fragte
sie rasch: „Und hat er gesiegt?" Als man ihr das bejahte, fuhr sie fort:
„Nun dazu habe ich ihn geboren, daß er für sein Vaterland zu sterben
wisse." — Die spartanischen Schwerter waren kurz, „denn, sagte einst ein
Spartaner, wir lieben es, dem Feinde nahe zu sein." — Eine Schlacht
U Gymnasien von dem griechischen Worte gymnos (nackt, leicht gekleidet).
Zu Athen verband man mit diesen Gymnasien auch Uebungen in der Bildung des
Geistes und davon haben unsere Gelehrtenschnlen den Namen „Gymnasien."
2) Es war griechische Sitte, den siegreich Gefallenen, auf seinem Schilde
vom Schlachtfelds zu tragen.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Solon.
17
fcn hatte, ehe sie der Volksversammlung vorgelegt wurden. Der Volks-
versammlung endlich stand die Entscheidung zu über die Annahme der
Gesetze, über Krieg und Frieden, über die Wahlen der Beamten, über Er-
theilung des Bürgerrechts und dergleichen.
Außerdem war noch eine außerordentliche Behörde, der Areopag. Dieser
Gerichtshof bestand aus den Archonten, welche nach Ablauf ihres Amtsjahres
untadelig befunden worden waren. Er hatte alle Klagen über Mord, Ver-
wundung, Raub, Frevel am Heiligen, Bestechung und Hochverrath zu ent-
scheiden. Auch kam ihm die Aufsicht über die Amtsführung der Archonten,
und die Beschlüsse der Volksversammlung, sowie über die öffentlichen Sitten
zu. Daher nannte man ihn „das Auge des Gesetzes." Seine Sitzungen
hielt er auf dem Areopag oder Marshügel und zwar bei Nacht und im
Finstern, damit die Richter nicht durch das Ansehen der Beklagten bestochen
würden. Das Urtheil fällten die Richter durch Steinchen, die schwarzen
verdammten, die weißen sprachen frei; waren die Stimmen gleich, so ward an-
genommen,. daß die Götter selber zu Gunsten des Beklagten entschieden hätten.
Besonders sorgte Solon für die Erziehung der jungen Bürger in
Künsten und Wissenschaften. Zu diesem Zwecke waren besondere An-
stalten, die Gymnasien, errichtet, in denen der Körper durch zweckmäßige
Uebungen gestärkt, der Geist durch Musik und durch das Lesen der besten
Volksdichter für alles Edele empfänglich gemacht wurde. Auch Philosophie
und Beredtsamkeit waren Gegenstände des Unterrichts und der junge Athener
mußte sich zeitig üben, seine Gedanken schön und fließend aussprechen zu
können, um dereinst in der Volksversammlung durch den Zauber der Rede
seine Mitbürger für seine Ansichten zu begeistern. — Müssiggang war
auf das Strengste verboten. Die ganze Stadt sollte nur aus fleißigen,
thätigen Bürgern bestehen. Jeder war sogar ehrlos, der nicht irgend ein
Gewerbe, eine Kunst betrieb, wovon er sich nährte.
Als Solon sein Werk vollendet sah, verließ er Athen und besuchte
Aegypten, Cypern und die Staaten Kleinasiens.
3. Am berühmtesten ist in dem letztgenannten Lande sein Besuch bei
dem Könige Krösus in Lydien. Dieser war einer der mächtigsten Fürsten
jener Zeit. Sein Reich umfaßte die blühendsten Länder Kleinasiens und
hatte nach Osten den Fluß Halys H zur Grenze. Keine seiner Unternehmungen
war ihm bis dahin fehlgeschlagen und sein Reichthum ist bis aus den heutigen
Tag sprüchwörtlich geblieben. Zu ihm, der in Sardes 4) residióte, kam
auch Solon. Der König empfing ihn mit Freuden und bewirthete ihn in
seiner Hofburg auf das Gastlichste. Am dritten oder vierten Tage führten
ihn die Diener auf Krösus Befehl in den Schatzkammern umher und zeig-
ten ihm alle Pracht und Herrlichkeit. Als nun Solon alles betrachtet hatte
und wieder vor den König geführt wurde, richtete dieser an ihn folgende
Worte: „Mein Freund von Athen, man hat uns schon viel von deiner
Weisheit und deinen Wanderungen erzählt; nun möchte ich dich fragen,
wen du von allen Menschen, die du kennst, für den glücklichsten hältst."
Dies sagte er in der Meinung, daß er der glücklichste sei. Solon aber
Z Der Halys führt jetzt den Namen Kisil Jrmack. — Sardes, Hauptstadt
von Lydien (S. 4. Anm.), an einem Nebenflüsse des Hermus.
2
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T22: [Athen Athener Sparta Solon Spartaner Staat Jahr Stadt Krieg Mann], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T189: [König Reich Land Volk Israel Zeit Jahr Stadt Babylon Sohn]]
Vi
Vorrede.
Abtheilung nach Inhalt und Form eine ganz andere sein muß, als für eine
höhere, bei dem Schüler eine ungleichmäßige und so zu sagen, ungerechte
Anschauungsform der verschiedenen Geschichtsperioden entsteht. Ein dritter
unvermeidlicher Uebelstand endlich ist der, daß alle die Schüler, die ihrer
Verhältnisse halber, auf nicht lange Zeit eine höhere Anstalt besuchen —
und ihre Anzahl ist nicht gering — mit einer mitten abgebrochenen Gc-
schichtskenntniß abgehen. Ihr Wissen geht bis zum Untergänge Westroms,
bis zur Reformation, oder es fängt bei den genannten Punkten erst an,
das Uebrige ist ihnen unbekannt geblieben. Und doch ist es wünscheus-
werth und selbst Pflicht der Schule, daß auch früher abgehende Schüler
einen einigermaßen vollständigen Ueberblick der Geschichte mit in's Leben
hinübernchmen.
Es bedarf daher, um den erwähnten Nachtheilen auszuweichen, vor
Allem einer andern, pädagogischen Vertheilung des Unterrichts-
stoffes. Wir ineinen aber, es könne eine solche Auswahl des historischen
Materials stattfinden, daß dem Schüler im Laufe jedes Schuljahres aus
dem ganzen Umfange der Geschichte Bilder vorgeführt und diese so geord-
net werden, daß sie für denselben ein Ganzes, wenn auch nur ein rela-
tives Ganze, bilden. Schon die unterste Klasse würde also, wenn auch
in einem nach Form und Inhalt möglichst elementaren Kursus, Bio-
graphien aus allen Zeiträumen kennen lernen. In der folgenden würden
dieselben, jedoch unter Einreihung von eben so viel neuen, gedrängt wie-
derholt: dies Alles mit tieferer Auffassung, sowie zugleich mit umfassenderer
Einführung in den jedesmaligen Zeitraum. Auf der dritten Stufe endlich
erfolgte wiederum ein successives Durchwandern der ganzen Geschichte aus
Grund der beiden frühern Kurse, in Verbindung mit steter intensiver und
ertcnsiver Erweiterung. Z
Durch eine solche Vertheilung würde, glauben wir, den oben gerüg-
ten Ucbclständen vorgebeugt. Der Schüler würde durch eine so durch-
greifende W i e d e r h o l u it g möglichst vor dem Vergessen bewahrt wer-
den; ferner würde durch die, in bcn beiden nachfolgenden Kursen dem reife-
ren Alter des Schülers entsprechendeir Erweiterungen eine gleichmäßigere
und tiefere Auffassung vermittelt; endlich würde selbst dein Schüler, der nur
eine oder zwei untere Klassen besuchte, der Umfang der ganzen Geschichte
und zwar gemäß seiner geistigen Reife vorgeführt, so daß er nicht blos
Bruchstücke, nicht blos einen Anfang ohne Ende mit fortnehmen würde.
Zu einer fruchtbaren Betreibung der Geschichte auf der Schule halten
wir aber namentlich noch die größtmöglichste Selbstthätigkeit des
Schülers für nothwendig. Derselbe muß sich der jeweiligen Geschichts-
stoffc so bemächtigen, daß er sie ausführlich und in möglichst guter Sprache
wieder erzählen kann. Dazu genügt nicht, daß der Lehrer die Biographien *)
*) Wir haben diese also aufsteigenden Kurse ans dem Titel als „koucentrisch sich
erweiternde" bezeichnet, und in ähnlicher Weise auch Lehrbücher für die deutsche
Sprache und die Geographie bearbeitet. Vergl.: „Deutsche Schulgrammatik für hö-
here Schulen" von Lehrern der Realschule zu Annaberg. In drei Kursen. Annaberg
bei L. Nonne. Zweite Ausl. 1857. — Elemente der Geographie in Karten und Text,
methodisch dargestellt in vier Kursen von Dr. Stößner. Annaberg, Rudolph H Dieterici.
Zweite Aust. 1862.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Solon.
19
4. Und das Unglück des Krösus blieb nicht aus. In Persien trat
um 555 vor Chr. ein Held auf mit Namen Cyrus (560—529 vor Chr.),
der seine Herrschaft immer weiter, längst des Euphrat und Tigris bis west-
lieh an das mittelländische Meer, ausdehnte. Krösus war darauf bedacht,
ob er nicht die wachsende Macht der Perser aufhalten und umstürzen könne.
Er schickte daher Abgeordnete mit Geschenken an das Orakel zu Delphi
und fragte: ob er wider die Perser in den Streit ziehen solle? Darauf wurde
ihm die Antwort zu Theil: „Geht Krösus über den Halys, so wird er ein
großes Reich zerstören." Krösus freute sich über diesen Ausspruch; denn
er glaubte die Zusicherung darin zu finden, daß er des Cyrus Reich über-
wältigen werde. Er rüstete also ein Heer, überschritt den Halys, den Gränz-
fluß seines Landes und fiel in das Nachbarland ein. Die erste Schlacht
zwischen den Lydiern und Persern blieb obue Entscheidung, die Nacht trennte
die mit Erbitterung kämpfenden Heere. Da aber Krösus die Kriegsmacht
des Gegners überlegen fand, zog er wieder heim gen Sardes in der Absicht,
seine Streitkräfte durch Bundesgenossen zu verstärken und nach Verlauf des
Winters den Krieg wieder aufzunehmen. Doch war ihm Cyrus auf dem
Fuße nachgefolgt und stand, ehe es jener geahnet hatte, vor der Hauptstadt.
Die zweite Schlacht, die Krösus zur Rettung des eigenen Landes wagen
mußte, ging verloren. Nach 'vierzehntägiger Belagerung wurde Sardes er-
stürmt im Jahre 548 vor Chr. Krösus wurde gefangen und dem Könige
Cyrus überliefert. Es war geschehen, was das Orakel geweissagt: Den
Halys überschreitend, hatte er ein großes Reich, sein eigenes Reich, zerstört.
Der Sieger ließ ihn in Ketten legen, einen Scheiterhaufen errichten und
den Ueberwuudenen sammt zweimal sieben lydischcn Knaben daraufsetzen.
Als nun Krösus vor sich diesen schrecklichen Tod sah, da gedachte er
der Worte des Solon: „Kein Mensch sei glücklich zu nennen, dieweil er
noch lebe," und rief laut aus: „O Solon, Solon, Solon!" Als Cyrus
dieses hörte, sandte er die Dolmetscher hin und ließ fragen, wen er da
anrufe? Krösus schwieg und antwortete nicht; als man aber heftig in ihn
drang, sprach er: „Einen Mann, darum ich viel gäbe, wenn er zu allen
Herrschern redete." Da fragten sie weiter, was er damit meine, und nöthigten
ihn, seine Unterredung mit dem athenischen Weisen zu erzählen. Da befahl
Cyrus, das Feuer, das schon an allen Enden emporloderte, eilends aus-
zulöschen und den Krösus sammt seinen Leidensgefährten herabzuuehmen.
Solchergestalt wurde dem Solon?) der Ruhm zu Theil, daß er durch
Einen Spruch der Könige Einen vom Tode errettet und einen andern Weis-
heit und Mäßigung gelehrt habe.
5. Miltiades: Schlacht bei Marathon 490 vor Chr.
1. Empörung der kleinasiatischen Griechen (500) gegen Darins Hystaspis (521—485);
erster Zug der Perser gegen die Griechen unter Mardonius: 492; die Gesandten der
r) Er ist derselbe, der in dem biblischen Buche Esra unter dem Namen Kores
vorkommt und den Juden im Jahre 536 aus der babylonischen Gefangenschaft die
Rückkehr nach Juda gestattete. Vergl. Esra 1, 1. ff. — Die Jugendgeschichte und die
übrigen Lebensschicksale des Cyrus: Kursus 2. S. 32—35.
2) Pisistra ins und seine Söhne, Kursus 2. S. 29—31.
2*
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Extrahierte Personennamen: Cyrus Krösus Cyrus Cyrus Krösus Cyrus Cyrus Cyrus Krösus Cyrus Cyrus Darins_Hystaspis Mardonius Cyrus
20
Alte Geschichte.
Perser m Athen und Sparta. 2. Zweiter Zug der Perser, 490: Die Schlacht bei
Marathon. (Landung in Attika, die Hilfe Plataa's, Rede des Miltiades, Flucht der
Perser, die Siegesbotschaft in Athen.) 3. Ankunft der Spartaner. —
Miltiades stirbt im Gefängniß.
1. Nachdem der Perserkönig Cyrus beu Krösus überwunden und das
Land der Lydier sich zinsbar gemacht hatte, unterwarf er auch die Nieder-
lassungen der Griechen an der Westküste Kleinasiens. Die kleinasiatischen
Griechen jedoch empörten sich ein halbes Jahrhundert später, 500 vor Chr.,
gegen den Perserkönig Darius Hystaspisc. Dieser aber erschien schnell
mit einem Heere und unterwarf sic wieder. Bei der Gelegenheit merkte er,
daß auch die Athener an dem Kriege Theil genommen hatten. Sie hatten
nämlich ihren kleinasiatischen Landsleuten auf deren dringende Bitte einige
Schiffe geschickt. Darius ergrimmte über die Einmischung dieses Volkes,
und schwur, dasselbe nachdrücklich zu züchtigen. Damit er es aber nicht
vergäße, mußte ihm alle Tage bei der Mahlzeit ein Diener zurufen: „Herr,
gedenke der Athener!"
Und Darius vergaß der Athener nicht. Unter dem Oberbefehl des
Mardonius ließ er im Jahre 492 ein gewaltiges Heer und eine starke
Flotte ausgehn. Jenes setzte über den Hellespont^s und unterwarf sich
mehrere Gebiete in Thrazien* 2). Diese fuhr an der europäischen Küste ent-
lang um das Vorgebirge Athos?) herum. Hier gingen bei einem heftigen
Mordwinde 300 Schiffe mit mehr als 20,000 Mann zu Grunde. Das
Landheer war nicht glücklicher. Durch einen nächtlichen Ueberfall der Thrazier
wurde es fast völlig aufgerieben und Mardonius selber verwundet. So kehrte
er mit Schimpf und Schande nach Asien zurück, ehe er noch die, gegen
welche er gesendet war, zu Gesicht bekommen. Dieser mißlungene Versuch
reizte nur noch heftiger den Zorn des persischen Großkönigs. Er rüstete jetzt
eine noch furchtbarere Macht.
Bevor er sie aber abschickte, wollte er noch einmal die Griechen ein-
laden sich freiwillig zu unterwerfen. Er sandte Herolde aus, den einen
hierhin, den andern dorthin, durch ganz Griechenland, Wasser und Erde,
als Zeichen ihrer Unterwerfung, zu fordern. Die Ueberreichung einer Schale
mit Wasser deutete nämlich auf die Unterwerfung aller Flüsse und Seen,
und einer anderen mit Erde auf die Unterwerfung des ganzen festen Landes
hin. Viele Städte und die meisten Inseln unterwarfen sich den Persern.
In Athen und Sparta aber geriethen die Bürger über dieses Ansinnen
so in Wuth, daß sie die Gesandten im Gräben und Brunnen warfen, mit
den höhnenden Worten: „Dort nehmt euch nach Belieben!"
2. Als dies dem Darius berichtet wurde, rief er seine Feldherren D atis
und Artaphernes zu sich und sprach: „Wohlan, ziehet hin nach Griechen-
land und machet zu Knechten die Männer von Athen und bringet die Knechte
*) Unter Darius Hystaspis (521—485), dem 2. Nachfolger des Cyrus, ließ
Serubabel an der Stelle des durch Nebukadnezar 588 vor Chr. zerstörten Tempels
zu Jerusalem einen neuen, den Serubabelfchen Tempel, erbauen, 520—515 vor Chr.
Vergl. Esra 4, 24 und Cap. 5. 6.
2) Hellespont ist die Meerenge, die Europa von Asien trennt, jetzt die Straße
der Dardanellen genannt. — Thrazien, S. 3. Anm. — Athos, ein hoher Berg auf
der östlichsten der drei Erdznngen, in die Mazedonien nach Süden zu ausläuft.
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
TM Hauptwörter (100): [T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
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Extrahierte Personennamen: Cyrus Cyrus Darius Darius Darius Darius Darius Darius Darius Darius_Hystaspis Darius Nachfolger_des_Cyrus Cyrus Nebukadnezar
Extrahierte Ortsnamen: Athen Sparta Attika Athen Westküste_Kleinasiens Thrazien Asien Griechenland Athen Sparta Athen Europa Asien Thrazien Mazedonien
22
Alte Geschichte.
hatte Miltiades vorausbedacht und eilte mit einem Theile dcs Heeres in
vollem Laufe nach der Stadt zurück. Als nun die Barbaren vor dem
Hafen Athen s erschienen, fanden sie ihn durch ein schlagfertiges Heer wohl-
beschützt und segelten verdrossenen Sinnes heim nach Asien.
Das ganze Lager der Perser mit all' seinen Kostbarkeiten, sammt den
für die Griechen bestimmten Fesseln und dem Marmorblocke kam in die Hände
der Sieger. Von den Barbaren waren in dieser Schlacht gefallen 6400 Mann.
Die Athener dagegen zählten nur 192 Gefallene. Außer diesen starb noch
ein Anderer eines rühmlichen Todes. Als nämlich der Sieg der Athener
entschieden war, machte sich ein Bürger, um daheim der erste Siegesbote
zu sein, sofort auf den Weg und gelaugte in fliegender Eile nach Athen;
nachdem er mit stockendem Odem hineingerufen: „Freut euch ihr Bürger!
wir haben gesiegt!" fiel er entseelt zur Erde. — Das war die siegreiche
Schlacht bei Marathon im Herbste des Jahres 490 vor Chr.
3. Nach dem Vollmonde traf auch das Heer der Lazedämonier in
Athen ein, nachdem cs durch Eilmarsch in drei Tagen von Sparta nach
Attika geeilt war, um noch zu rechter Zeit zu kommen. Da sie nun aber
die Schlacht schon vollbracht fanden, wollten sic wenigstens die Leichen der
Perser sehen. Sie gingen daher nach Marathon und besahen sich das Schlacht-
feld und nachdem sie die Athener und ihre That gelobt, gingen sie wieder
tiach Hause. So wurde den Athenern der Ruhm zu Theil, die Ersten
von den Hellenen zu sein, welche ein zehnfach überlegenes Heer der gefürch-
teten Perser schmachbedeckt aus dem Lande hinaus geschlageit hatten.
Dem Miltiades erwies man Anfangs große Ehren, doch bald ward
sein Name ein Gegenstand des Neides. Feinde suchten ihn verdächtig zu
machen, als strebe er nach der Alleinherrschaft, und eine unglückliche Unter-
itehmung (489) gegen die Insel Paroöi) erleichterte ihnen den Sieg. Er
wurde zu einer Geldbuße von 50 Talenten *) verurtheilt und da der Arme
diese nicht bezahlen konnte, in das Gefängniß geworfen, wo er bald an
seinen bei Paros erhaltenen Wunden starb.
6. Leorüdas und Themistokles: Thermopylae und Salamis
480 vor Chr.
1. Rüstung des Darms Hystaspis (ch 485) und des Xerxes (485—465) zum dritten
Zuge gegen die Griechen. Aufbruch ans Asien: 480. Brücke über den Hellespont.
Kanal durch das Vorgebirge Athos. 2. Heerschau in Thrazien. Zug bis an die
Thermopylen. Themistokles in Athen. 3. Kampf bei Thermopylä. Ephialtes.
Heldentod des Leonidas und der dreihundert Spartaner. 4. Die Athener retten sich
auf die Schiffe („hölzerne Mauern"). Sieg deö Themistokles bei Salamis. Flucht
deö Terpes. 5. Fernere Schicksale und Tod des Themistokles.
I. Als die Nachricht von der Niederlage bei Marathon an den König
D arius kam, da entbrannte sein Zorn noch heftiger gegen die Athener und
er rüstete sich zu einem neuen Feldzuge gegen Hellas vier ganzer Jahre lang.
Aber er starb, ehe er ausführen könnte, was er im Sinne hatte, im Jahre
*) Paros, Insel im ägeischen Meere, gehört zu der Inselgruppe der Cykladen.
— Ein attisches Talent war eine Geldsumme von 1375 Thalern.
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Extrahierte Personennamen: Xerxes Leonidas
Extrahierte Ortsnamen: Athen Asien Athen Athen Sparta Attika Salamis Darms_Hystaspis Asien Thrazien Athen Salamis Paros
24
Alte Geschichte.
Auf seinen Rath hatten daher die Athener von den Einkünften ihrer Silber-
Bergwerke zu Laurium *), die bisher unter die Bürger vertheilt worden waren,
eine Flotte von 300 Ruderschiffen erbaut und sich durch ein neues Bünd-
niß mit Sparta gegen den Feind gerüstet.
3. Die Perser waren ohne Widerstand zu finden bis zum Engvasse
von Thermophlä gezogen. Hier, wo ein morastiger Küstenstrich von der
einen, und das steile Oeta-Gebirge von der andern Seite nur einen schma-
len Steg gelassen hat, hielt der spartanische König Leoni das mit 300 Spar-
tanern und 0000 verbündeten Truppen. Xerxes lachte, als er hörte, daß
dieses Häuflein seine Millionen aufzuhalten gedächte und sich zu dem Kampfe
wie zu einem Feste schmückte. Er schickte Boten hin, ihm sofort die Waffen
auszuliefern. „Komm und hole sie!" war die Antwort. Und als den Grie-
chen gesagt wurde, der Feinde seien so viele, daß die Sonne verdunkelt
würde, wenn sie ihre Pfeile abschössen, erwiederte ein Spartaner kalt: „Um
so besser, dann werden wir im Schatten fechten."
Noch zögerte Serres mit dem Angriffe. Er konnte es sich nicht als
möglich denken, daß diese Hand voll Menschen wirklich Widerstand leisten
würde und ließ ihnen vier Tage Zeit, zur Besinnung zurückzukehren und
abzuziehen. Dann aber ließ er seine Asiaten gegen den Hohlweg losstürmen.
Hier standen die Griechen, dicht geschloffen, Mann an Mann, in der Linken
die Schilde, die sich wie eine eherne Mauer vor der Reihe herzogen, an der
die Pfeile der Barbaren klirrend abprallten; mit der Rechten streckten sie
einen Wald langer Lanzen vor sich hin. Schaar auf Schaar stiirmte heran
und suchte den Wald zu durchbrechen, aber immer wurden sie über die Lei-
chen der Ihrigen zurückgeworfen. Terres ließ jetzt die Tapfersten seines
Heeres, die „unsterbliche Schaar" genannt, vorrücken. -Auch sie fielen. Kein
Perser mochte mehr den Angriff wagen. Wiederbolt sprang der König von
seinem Throne, von wo aus er dem Kampfe zusah, wüthete und tobte und
ließ seine Schaaren mit Geißeln in den Hohlweg peitschen, wo ihr sicheres
Grab bereitet war.
Hier wäre vielleicht schon die ganze Macht der Perser gescheitert, hätte
sich nicht unter den anwohnenden Griechen selbst ein Verräther gefunden.
Ephialtes hieß dieser Elende, der den perffschen Feldherren einen Fußpfad
über das Gebirge entdeckte. Die Perser folgten, überstiegen die Wald-
höhen und fielen den verrathenen Griechen in den Rücken. Da war alle
Rettung dahin.
Leoni das sandte Alle, die nicht Spartaner waren, zurück, auf daß
sich Jeder seiner Stadt und anderen Gefahren des Vaterlandes erhalte. Er
selbst opferte, um zuvor seine und seiner Gefährten Todtenfeier zu begehen,
in seinem Königskleide den Göttern von Sparta und hielt mit seinen
300 Spartanern eine letzte Mahlzeit. Dann stürzten sie in die Feinde,
die, wie Gras mrter der Sense, unter ihren Strichen fielen. Indeß mehr
und mehr schmolz auch das Häuflein der Griechen unter den wiederholten
Angriffen der Feinde. Bedeckt von Lanzen und Pfeilen sanken endlich alle
die tapfern Streiter hin, Leonidas an ihrer Spitze, von Tausenden der ge-
l) Laurium, erzhaltiges Gebirge in Attika, unweit Suniuin.
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Leonidas und Themistokles.
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fallenen Perser umgeben. i) — Solchergestalt war der Kampf der Griechen
bei Thermopylä im Sommer 480 vor Chr.
4. Von nun an wälzten sich die persischen Schaaren unaufhaltsam
vorwärts. Hinter ihnen schlugen Städte und Dörfer in Flammen auf, vor
ihnen her flohen die unglücklichen Bewohner dem Peloponnes zu, der
nur durch eine schmale Erdzunge mit dem festen Lande zusammenhängt.
Diesen Isthmus befestigten die Spartaner, zogen querüber eine starke Mauer
und überließen Athen seinem Schicksal. In dieser hoffnungslosen Lage schick-
ten die Athener Boten nach Delphi, den Gott um Rath zu fragen. Der
aber gab den Bedrängten die dunkele und wenig ermuthigcnte Antwort:
„Athen müffe Schutz hinter hölzernen Mauern suchen."
Inmitten der allgemeinen Rathlosigkeit und Aufregung ward Themi-
stokles der Retter. „Die hölzernen Mauern," versicherte er, „seien die
Schiffe, diese seien von dem Gotte selbst zur Rettung bestimmt; darum möchte
man die Stadt verlassen und jene besteigen." Die Athener verließen denn
getrosten Muthes die theure Heimat, das Grab ihrer Väter, die Wiege ihrer
Kinder. Weiber und Kinder wanderten nach den benachbarten Küsten und
Inseln aus; die ganze waffenfähige Mannschaft aber begab sich mit Themi-
stokles ¿ms die Schiffe und die ganze griechische Flotte sammelte sich bei der
Insel Salamis, unweit Athen. Kaum hatten die Athener ihre Stadt ver-
lassen, so folgte Zberres, bedeckte das ganze Land mit seinen Schaaren, plün-
derte die Stadt und zündete sie an. Von Salamis aus sahen die Athener
die Rauchsäulen und Feuerflammen.
Zu gleicher Zeit erschien die persische Flotte in der Nähe von Sa-
lamis. Das ganze Meer, so weit das Auge reichte, war mit persischen
Segeln bedeckt. Da sank, wie einst am Tage bei Marathon, Aller Muth.
Keiner der Verbündeten wollte bei den Athenern ausharren. Die Pelopou-
nescr waren der Meinung, man solle nur den Peloponnes vertheidigen,
weil Attika nach der Zerstörung Athen's doch nicht zu retten sei. Da wagte
Themistokles ein verzweifeltes Mittel. Er schickte heimlich einen treuen Skla-
ven zum Xerrcs und ließ ihm sagen: „Großer König, ich bin dein Freund
und wünsche in deine Dienste zu treten. In der folgenden Nacht wollen
die Griechen aus dieser Meeresbucht entfliehen. Schließe sie ein, dann ist
die ganze Flotte in deinen Händen." Lerres folgte diesem Rathe, umschloß
noch an demselben Abend die Bucht von Salamis und die Griechen, welche
entfliehen wollten, sahen sich nun gezwungen, zu kämpfen. Schon hatte aber
Themistokles die ganze athenische Flotte zum Empfang der Feinde gerüstet;
diese griff tapfer an und das machte» den Uebrigen Muth.
So kam es zur Schlacht bei Salamis im Herbste des Jahres 480
vor Cbr. Die persischen Schiffe liefen in der Dunkelheit der Nacht und in
Gewäfferit, die sic nicht kannten, gegen Klippen; von der großen Anzahl
konnten die Perser keinen Gebrauch machen, denn in der engen Bucht kamen
nur wenige zum Gefecht. Die persischen Schiffe wareit auch viel schwer- *)
*) Später wurde den gefallenen Helden ein Denkmal Lei Thermopylä errichtet
Mit der Aufschrift: „Wandrer sag's zu Sparta, daß, seinen Gesetzen gehorsam, wir
erschlagen hier liegen." Ein Löwe von Stein zeigte zugleich dem Wanderer die Stätte,
wo der Löwenmnthige selbst gefallen war.
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