Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
47
Thomas hob sie so begierig auf, als Ware sie Gold, und fuhr
damit sogleich dem Munde zu. Nach einiger Zeit ließ der Vater
wieder eine Kirsche fallen; Thomas bückte sich ebenso schnell da-
nach. So ließ der Vater ihn nach und nach alle Kirschen auf-
heben.
4. Als Thomas die letzte verzehrt hatte, wandte der Vater
sich lächelnd um und sprach: „Sieh', wenn du dich um das Huf-
eisen ein einziges Mal hättest bücken mögen, so hättest du dich
um die Kirschen nicht so viele Male bücken müssen. Erkennw
daraus, wie gut und wahr das alte Sprichwort ist:
Wer kleine Ding' nicht achten mag,
hat oft um klein're Müh' und Plag'."
73. Sprichwörter und Denksprüche.
Wenig zu wenig macht viel. — Das Kleine ist die Wiege
des Großen. — Wer im Kleinen nicht Sorge trügt, muß im
Großen Schaden leiden. — Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des
Talers nicht wert. — Wer nicht hören will, muß fühlen.
74. Die Suppe.
Christoph v. Schmid.
1. „Die Mittagssuppe ist doch gar zu mager; ich kann sie
nicht essen," sagte die kleine Gertrud und legte den Löffel weg.
— „Jetzt habe ich nicht Zeit, eine andere zu kochen," sagte die
Mutter; „ich will dir aber eine bessere Abendsuppe vorsetzen." —
Die Mutter ging hierauf mit Gertrud in den Kuchengarten,
grub Kartoffeln heraus, und Gertrud mußte, bis die Sonne
unterging, dieselben auflesen und in Säcke sammeln.
2. Nachdem beide heimgekommen waren, brachte die Mutter
die Abendsuppe. Gertrud kostete sie und sagte: „Das ist frei-
lich eine andere Suppe; die schmeckt besser!" Sie aß das ganze
Schüsselchen voll aus. Die Mutter aber lächelte und sprach:
„Es ist dieselbe Suppe, die du heute beim Mittag stehen ließest.
Jetzt schmeckt sie dir aber besser, weil du den Nachmittag hin-
durch fleißig gearbeitet hast."
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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Extrahierte Personennamen: Thomas Thomas Thomas Christoph_v Schmid Gertrud Gertrud Gertrud Gertrud
Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
70
2. Der Sklave erzählte: „Als ich meinem Herrn entlaufen
war, verbarg ich mich in einer Höhle der Wüste. Da kam dieser
Löwe winselnd zu mir herein und zeigte mir seine Tatze, in der
ein scharfer Dorn steckte. Ich zog ihn: den Dorn heraus, und
von der Zeit an versah mich der Löwe mit Wildbret, und wir
lebten in der Höhle friedlich beisammen. Bei der letzter Jagd
wurden wir tooneinanöer getrennt und beide gefangen, und nun
freut sich das gute Tier, mich wieder zu finden."
3. Alles Volk war über diese Dankbarkeit eines wilden Tieres
entzückt und rief laut: „Es lebe der wohltätige Mensch und
der dankbare Löwe!" Der Sklave wurde freigesprochen und
reichlich beschenkt. Der Löwe aber begleitete ihn vom Richtplatze
wie ein zahmes Hündchen und blieb, ohne jemand ein Leid zu
tun, innner bei ihm.
108. Denksprnche.
Bin ich gleich noch jung und klein,
dankbar kann ich doch schon sein. —
Die Dankbarkeit ist eine Tugend)
sie ziert das Alter und die Jugend. —
Danken kostet nichts und gefällt Gott und Menschen wohl.
109. Rätsel.
Rudolf Hagenbach.
1. Ich weiß ein kleines Hämmerlein in einem dunkeln
Kämmerlein) das pocht und klopfet Tag und Nacht, ob einer
schläft, ob einer wacht.
2. Doch stärker klopft's das eine Mal und schwächer dann
das andre Mal. Nun höre wohl, was ich dir sag', und merk'
auch auf des Hammers Schlag!
3. Sag' ich: Komm' her, 0 liebes Kind! 0 komm', 0 komme
doch geschwind und sieh', was dir in dieser Nacht das Christkind-
Schönes hat gebracht! —
4. da pocht irrt dunkeln Kämmerlein gar leicht und froh das
Hämmerlein) im Takte pocht es, daß dein Fuß dazu vor Freuden
hüpfen muß.
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Extrahierte Personennamen: Rudolf_Hagenbach Rudolf
Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
71
5. Wohl dir, wenn reine Freud' allein dir pochen macht
das Hämmerlein! Doch wehe, wenn du Böses tust und da
den Hammer spüren mußt!
6. Da pocht's und pocht's und klopft so lang und macht
dir angst und macht dir bang', bis dir zu Vater und Mutter
gehst und reuig deine Schuld gestehst.
7. Und ist dir deine Schuld verzieh'n, geht wieder stiller
her und hin, dem Uhrwerk gleich, das Hämmerlein da drinnen
in dem Kämmerlein.
Ii. Von unserm Herrscherhonse.
No. Friedrich Wilhelm, der Grosse Kurfürst,
als Prinz.
Gottlob Schurig.
1. Als Jüngling von 18 Jahren lebte Friedrich Wilhelm
in der Stadt Haag in Holland. Dort sollte er lernen, wie er
einst Brandenburg regieren müsse. Er wurde bald mit vor-
nehmen jungen Leuten bekannt, die ihn zum Bösen ver-
führen wollten; aber er riss sich los und sprach das schöne
Wort: „Ich bin es meinen Eltern, meiner Ehre und meinem
Lande schuldig!“
2. Er floh in das Kriegslager seines Vetters, des Prinzen
von Oranien, der gerade eine Festung belagerte, und erzählte
ihm, weshalb er Haag verlassen habe. Da klopfte dieser ihm
auf die Schulter und sprach: „Vetter, eure Flucht ist ein
grösserer Sieg, als wenn ich die Festung erobere; denn wer
sich selbst bezwingen kann, ist zu grossen Dingen fällig.“
111. Die Kurfürstin Luise Henriette.
Ferdinand Schmidt.
1. Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, wählte zu seiner
Gemahlin Luise Heririette, die Tochter des Prinzen von Oranien.
X
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TM Hauptwörter (200): [T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Gottlob_Schurig Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Luise_Henriette Ferdinand_Schmidt Ferdinand Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Luise_Heririette
Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
ziehen, drängen sich die Fußgänger. Auf dem Asphaltpflaster,
das den Fahrdamm bildet, rollen Fuhrwerke aller Art dahin.
Ji: der Mitte der Straße fahren die Wagen der Straßenbahn,
die mit Menschen dicht besetzt sind. Ost tönt die Warnungs-
glocke; sie mahnt die säumigen Fußgänger, die den Fahrweg
überschreiten, zur Eile. Die Straße hinauf und hinunter sagen
prächtige Kutschwagen und einfache Droschken. Hier und dort
bewegt sich ein schwerfälliger Omnibus; von seinem Verdeck
schauen die Passagiere behaglich auf das Gewirr zu ihren Füßen
nieder. Wo Hauptstraßen sich kreuzen, hält auf stattlichem Rosse
ein Schutzmann und sorgt dafür, daß in dem Verkehr keine
Störung eintritt.
3. Plötzlich ertönt schrilles Läuten in der Ferne; schnell
wenden sich die Fuhrwerke nach rechts und links, und auf dem
freigewordenen Mittelwege sausen die Wagen der Feuerwehr
vorüber, der Brandstätte zu, nach der man sie gerufen hat.
4. Allmählich nähern wir uns dem Südeude der Friedrich-
straße, die hier durch die Säulenhallen des Halleschen Tores
abgeschlossen ist. Vor uns liegt der kreisrunde Belle-Allianee-
Platz; in seiner Mitte erhebt sich die Friedenssäule, die von
einer Viktoria gekrönt ist.
5. Plötzlich geht eine Bewegung durch die Menge. Die
Fußgänger bleiben stehen und ordnen sich in Reihen. Daher-
sprengeude Schutzleute unterbrechen den Wagenverkehr. Aller
Augen blicken erwartungsvoll nach deni Tore, durch welches
rauschende Militärmusik hereindringt. Ein Regiment kehrt zu-
rück, das draußen auf dem Tempelhofer Felde geübt hat. Ge-
führt aber wird es von dein obersten Kriegsherrn, dem Kaiser,
selbst. Dicht hinter dem Musikkorps reitet er und erwidert mit
ernster Freundlichkeit die ehrfurchtsvollen Grüße seines Volkes.
139. Das Standbild des Grossen Kurfürsten.
Lesebuch von Wetzet
Auf der Kurfürstenbrücke stellt das herrliche Standbild
des Grossen Kurfürsten, der von 1640—1688 über Branden-
burg geherrscht hat. Hoch sitzt er auf mutigem Bosse. Sein
Auge blickt stolz und kühn. Das Haar wallt ihm bis zur
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
114
165. Die aufgeblühte Rose.
Andreas Löhr.
1. Die kleine Marie, welche eine große Freude an den
Blumen hatte, ging mit ihrer Mutter am Abend im Garten
spazieren. Sie betrachteten allerlei liebliche Blüten; am meisten
gefiel ihnen eine Rosenkuospe. Es war die erste, welche sich in
diesem Jahre so weit entwickelt hatte; alle übrigen Knospen waren
noch sehr zurück.
2. „Es ist ein lauer Abend," sprach die Mutter; „auch die
Nacht wird warm merbeit, und will es Gott, so blüht morgen
in der Frühe die Rose gar prächtig."
3. Die Nacht war wirklich ungewöhnlich warm; zur Zeit
der Morgendämmerung siel ein starker Tau und erquickte die
Gräser, die Bäume und Sträucher und die Kelche der Blumen.
Daun ging die Sonne aus, und ihre Strahlen erleuchteten
die Erde; lieblich fielen sie auf die Knospen und Blüten und
blitztet! in den Tautropfen, welche wie die schönsten Edelsteine
aussahen.
4. Als Marie ihr Morgengebet gesprochen und mit der
Mutter das Frühstück genosseu hatte, gingen beide in der: Garten.
Sie wandten sich zuerst dem Rosenstocke zu. Siehe! Die Knospe
hatte sich in der Nacht und unter den Strahlen der Frühsonne
entfaltet; eine prächtige Rose duftete ihnen entgegen. „O wie
schön!" rief Marie aus.
„Ja gewiß," sprach die Mutter. „Blicke sie nur recht ge-
nau an, wie ein Blättchen an das andere sich schließt, und wie
die Blätter in der Mitte kleiner intb nach dem Rande zu
immer größer werden, und wie schön gerundet und voll die ganze
Blume ist! Wie unbeschreiblich lieblich ist ihr Duft! Mau
kann kaum etwas Herrlicheres sehen als diese Blume! So hat sie
der Herr erschaffen zu unserer Freude, und zu seiner Ehre blüht
und bnftet sie."
166. Die Erute.
Ernst Lausch.
1. Seht, da ist Lust und Leben auf dem Felde! Der Land-
mann hat zwar schwere Arbeit; aber er ist fröhlich und singt
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
93
Menschen. Wo dunkles Gebüsch ist, da nistet die Nachtigall und
erfreut uns durch ihren süßen Gesang. Uber den Wiesen und
in den Gärten summen Käser. Den Fischen aber ist es gar
wohlig in den kühlen Fluten der Havel und der Spree, und
fröhlichen Sinnes schießen sie durch die bläulichen Gewässer der
Seen, mit denen die Mark bedeckt ist.
6. Es ist freilich keine leichte Arbeit, das dürre Land der
Mark zu bestellen. Die Menschen müssen es im Schweiße ihres
Angesichts tun. Aber denr treuen Fleiße ist es gelungen, selbst
wüste Striche in gutes Ackerland verwandeln. Die Hand des
Menschen hat Gräben durch die Niederungen gezogen und sie
trocken gelegt. An andern Stellen ist manches Stück trockenen
Landes künstlich bewässert und so in fruchtbares Feld verwandelt.
139. Im Spreewalde.
Johann Gottlieb Kutzner.
1. Eine der merkwürdigsten Gegenden der Provinz
Brandenburg ist der Spreewald, in dessen Mitte die Stadt
Lübben liegt. Der Spree fehlt es hier an Gefall. Sie teilt
sieb daher in eine unzählige Menge von Armen, die eine
weite Niederung durchs liessen.
2. Die Bewohner des Spreewaldes müssen alle Ausflüge
und Besuche in Kähnen abmachen, die sie mit grosser Ge-
schicklichkeit pfeilschnell durch das Wasser treiben. In fest-
lichem Schmucke fährt man Sonntags in Kähnen zur Kirche.
In ernstem Schweigen folgen auf Kähnen die Leidtragenden
der Leiche eines Verstorbenen, welche zu Wasser nach dem
Gottesacker gebracht wird. Im Kahne besucht der Förster
sein Revier; in Kähnen werden die Ernten heimgeholt.
3. Der Fremde, welcher zur Sommerzeit in diese Gegend
kommt, hat einen reichen Genuss. Die hohen, uralten Eichen
und Erlen, welche die Ufer umgeben, bieten in der Sommer-
schwüle einen erquickenden Schatten und spiegeln ihr dunkles
Laub lieblich in dem klaren Wasser. Unter einem Laub-
dache gleitet das Fahrzeug sanft dahin. Und wenn nun gar
der Abend hereinbricht und der Mond sein blasses Licht
durch das Laub der Bäume wirft, dann ist der Anblick über-
aus köstlich.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Johann_Gottlieb_Kutzner Johann
Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
126
kreideweiß ist sein Gesicht.
Liebe Sonne, schein' nur nicht;
sonst wird er wie Butter weich
und zerfließt wie Wasser gleich.
183. Die Rettung.
Johannes Stand.
1. Zwei Mädchen gehet: an einem Wintertage in ein be-
nachbartes Dorß wo die Patin wohnt. Sie nehmen ihre Spinn-
rocken mit, weil sie dort spinnen wollen. Am Abettd machen sie
sich beizeiten tvieder auf den Riickweg. Als sie nun ans der
Höhe im Tannenwalde sind, fängt es heftig an zu schneien und
zu stürmen, so daß sie gar keinen Weg mehr sehen und nicht
vorwärts, noch rückwärts können.
2. Da kriechen sie am Ende eines Hohlweges in eine steine
Höhle hinein, welche der Schnee über ein Tannengebüsch hintveg
gewölbt hat. Vorher aber stecket! sie ihre beiden Spinnrocken
ineinander, so daß eine Stange daraus wird. Dann binden
sie oben ein rotes Taschentüchlein daran und stellen dies Not-
zeichen oben auf das Dach ihres Schneehäusleins. Nun komtitt
die Nacht, und das Schneegestöber wird immer ärger. Der Ein-
gang zur Höhle, in tvelcher die Kinder sind, ist zugeschneit, rurd
sie hören durch den Schnee hindurch den Uhu schreien und den
Sturm heulen. O, wie ist den armen Kindern so mtgst uttd
bange! Aber der liebe Gott wacht ja über ihnen, und sie schlafet:
endlich betend ein.
3. Als aber an: andern Morge:: die Kinder nicht heim-
kommen, wird den Eltern angst. Sie schicke:: einen Boten zur
Patin. Als dieser wiederkommt, geht alles, was laufen katin,
mit Schaufeln in den Wald, um die Kinder zu suche;:. Da
sieht man das rote Fähnlein noch ein weitig aus dem Sch::ee
hervorschaue::, und die Leute kennen das Tüchlein und denkei:
gleich, daß da auch die Mädchen sein müssen. I:: der dunkelt:
Schneekattnner drinnen höre:: die Ki::der das Rufen und ant-
worte:: darauf; aber heraus können sie nicht. Die Män::er
schaufelt: jetzt den Sch::ee weg; de::n es ist alles zugeweht und
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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TM Hauptwörter (200): [T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
140 —
Schnabel am Zweige und hüpft höher hinauf am Baume. Sie
wundert sich fast, dass .die übrigen Sänger noch schlafen.
Zweimal, dreimal ruft sie durch den schweigenden Wald.
Dann singt sie ihre Weisen, bald lustig, bald traurig. Wie
eine Flöte klingt ihre Stimme. Basch erwachen nun auch
die übrigen Sänger des Waldes. Fernhin lässt der Kuckuck
seinen Lockruf ertönen.
2. Alle Vögel erheben sich jetzt aus ihren dunkeln
Büschen. Wie mancher kleine Sänger lebt jetzt freudig auf.
Er hat eine angstvolle Nacht hinter sich. Den Kopf ins
Gefieder gedrückt, sass er geängstigt auf seinem Zweige;
denn durch die Dunkelheit huschte die Eule an ihm vor-
über, die auf Baub auszog. Durch das Gebüsch schlich
der lauernde Fuchs, und der Marder hatte sein Versteck
verlassen. In der Luft, auf dem Boden und auf dem Baume
lauerte die Gefahr viele Stunden lang. Unbeweglich sass
das Vöglein da und wagte nicht, sich zu regen. Einige
Baumblätter bedeckten und schützten es. Wie fröhlich hüpft
es jetzt hervor, da es Tag wird!
202. Waldvögelein.
Str. 1 Volkslied. Str. 2 und 3 von Hermann Kletke.
1. Ich geh' durch einen grasgrünen Wald
und höre die Vögelein singen;
sie singen so jung, sie fingen so alt,
die kleinen Vögelein in dem Wald.
Wie hör' ich so gerne sie singen!
2. O sing' nur, singe, Frau Nachtigall!
Wer möchte dich, Sängerin, stören?
Wie wonniglich klingt's im Widerhall!
Es lauschen die Blumen, die Vögel all'
und wollen die Nachtigall hören.
3. Nun muß ich wandern bergauf, bergab;
die Nachtigall singt in der Ferne.
Es wird mir so wohl, so leicht am Stab,
und wie ich schreite hinauf, hinab,
die Nachtigall singt in der Ferne.
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
9
Bilder, machen aus Pappe Häuschen und Puppenstuben oder
verfertigen mit der Laubsäge schöne Sacher: arrs Holz. Die
Mädchen stricken, häkelrr oder sticken fleißig. Alle aber tun das
gar heimlich, und das eine Kind hat oft denr andern etwas ins
Ohr zu flüsteru. Jedes will die lieben Eltern oder die Ge-
schwister zürn heiliger: Feste erfreuen.
2. Endlich kommt der vierundzwanzigste Dezember heran.
Das ist der heilige Abend. Die Kinder zählen ant Nachmittage
alle Viertelstunden ur:d Minuten ur:d können kaum den Augen-
blick erwarten, wo der Bater sie ruft. Endlich läutet er das
Glöckchen und ruft ihnen zu: „Kommt, ihr Kir:der, das Christ-
kir:dcher: ist dagewesen; seht, was es euch beschert hat!" Nun
öffnet er die Tür, und sie trete:: ir: das hellerleuchtete Zimmer.
3. In der Mitw schimmert die schöne, grüne Weihnachts-
tanne mit ihren bunten Kerzen, an derer: Spitzen die goldenen
Lichter funkeln. Zwischen der: Zweiger: glänzen die vergoldeten
Nüsse, und ailßerderr: trägt der Barrrr: rwch herrliche Zuckersacher:
und andere Näschereien. Wer hätte solche Früchte an: Tannen-
bauin in: Walde gesucht! Die Kinder stellen sich mit Vater
und Mutter ::r:d der guter: Großrnarrm um den Christbaum,
von dessen Wipfel herab der schöne Spruch weht:
Ehre sei Gott ir: der Höhe
und Friede auf Erden
und den Menschen ein Wohlgefallen.
4. Der Vater erzählt den Kindern die Geschichte der hei-
ligen Nacht, und alle freuen sich, daß der liebe Gott von: Himrnel
herab seinen lieber: Sohr: auf die Erde gesandt hat, der die
Menschen fromm und selig rnachen will. Nun singen sie an-
dächtig eir: frommes Weihnachtslied. Dann r:in:n:t jeder froh
seine Geschenke entgegen. Wie jubeln die Kinder bei den schör:en
Gaben! Später als sonst dürfen sie zur Ruhe gehen. Wenn
sie wieder erwachen, ist heiliger Christtag. Die Glocken läuten
feierlich von allen Kirchentürmen, um die Menschen zum
frohen Feste der Geburt des Heilandes in das Gotteshaus zu
rufen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier]]
Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
19
„Ich stehe auf, Vater, ganz gewiss!“ riefen beide und
gingen zu Bett.
2. Als der Vater am andern Morgen in die Kammer
trat, lagen sie noch bis über die Ohren in den Federn und
schliefen ganz fest. „Heda! ihr kleinen Faulpelze,“ rief der
Vater, „steht auf, steht auf, es ist die höchste Zeit!“
Karl sprang schnell aus dem Bette, zog sich die Kleider
und die Stiefel an und war in wenigen Minuten fertig.
Gustav aber dehnte sich, gähnte und legte sich auf die
andere Seite. „Komm’, Gustav,“ sagte Karl, „mach’ schnell;
sonst gehen wir fort.“ — Gustav aber rührte sich nicht
und brummte verdriesslich: „Lass mich schlafen! Ich bin
noch so müde.“ Der Vater und Karl gingen fort. Der träge
Junge blieb Hegen.
3. Als sie draussen einen kleinen Berg bestiegen hatten,
blieben sie stehen und schauten sich um. Auf den Gräsern
und Halmen lagen Tautropfen, und Nebel zogen über die
Felder. Der Himmel sah prächtig rot aus; denn bald musste
die Sonne aufgehen.
Jetzt kam sie hervor und färbte die Wolken glänzend,
so dass sie wie lauter Gold und Silber schimmerten.
„Ach, wie wunderschön ist das!“ rief Karl aus; „wie
leid tut es mir, dass Gustav das nicht auch sehen kann!“
„Warum ist er so träge“, sagte der Vater; „ein fauler
Knabe bestraft sich selbst.“
4. Sie gingen weiter und kamen in einen dichten Wahl
Die Sonne schien durch die dichten Zweige und leuchtete
auf die Tautropfen im Grase, dass sie Strahlen warfen wie
Diamanten. Die Vögel sangen und hüpften von Zweig zu
Zweig. Eine Nachtigall schlug im Gebüsch.
Wieder blieb der Vater stehen und horchte ein Weilchen.
„Ach, Vater,“ rief Karl, „wie freue ich mich, dass du mich
mitgenommen hast! Wie herrlich singen die Vögel hier!
Schade, dass Gustav nicht hier ist!“ — „Ein Fauler muss
entbehren, was der Fleissige geniesst,“ antwortete der Vater
und ging weiter.
2'
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Gustav Gustav Gustav,“ Gustav Karl Karl Gustav Gustav Karl Karl Karl Karl Gustav Gustav Karl Karl Gustav Gustav