3. Die vorgeschichtliche Zeit des Landes.
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sind entweder kein anderes Volk als die Markomannen oder sie sind aus einer Vereinigung snevischer Stämme erwachsen, in der die Markomannen den Kern bildeten, wozu überdies die Quaden, vielleicht auch Narisker und kleinere snevische Stämme stießen. Aus solchem Wege, durch die Verbindung mehrerer verwandten Stämme haben sich sehr wahrscheinlich die drei anderen großen deutschen Stämme des Mittelalters, Franken, Sachsen und Schwaben gebildet. Auch sür die Bayern wird man geneigt sein, der Annahme einer Vereinigung aus Markomannen und einigen nahe verwandten und benachbarten Sueveu-stämmen, insbesondere Quaden, den Vorzug zu geben, wenn man die Analogie der allgemeinen Entwicklung berücksichtigt, die Größe des von den Bayern besetzten Gebietes, die namhafte Schwächung, welche die Markomannen und ihre sitetitschen Nachbarn in den Römer-, wohl auch Hunnenkriegen erfuhren, endlich deu Umstand, daß gleichzeitig mit dem Markomannennamen auch jener der Qnaden verschwindet.
3. Die vorgeschichtliche Zeit des Landes.
Von Franz Weber.*
Die Spuren des Menschen reichen weit über alle geschichtliche Zeit hiuüber in vergangene Erdperioden. Dem geologischen Abschnitt, in welchem wir gegenwärtig leben, dem Alluvium, ging eine lange Erdperiode voraus, das Diluvium, deren Dauer von den Geologen ans 100000 Jahre berechnet wird, und dieser wieder eine andere, die Tertiärzeit. Bis jetzt sind sichere Spuren des Menschen im Tertiär nirgends gefunden worden, die Möglichkeit seines Vorhandenseins auch in dieser frühen Periode ist aber keineswegs ausgeschlossen. Dagegen ist seine Existenz in der Diluvialzeit sicher nachgewiesen. Während dieser Erdperiode änderte sich das milde Klima des
Tertiär und begann eine allmähliche Erkältung, welche zur Vereisung eines großen Teils des Kontinents führte, der sogeuaunteu Eiszeit. Man unterscheidet mehrere Eisperioden mit dazwischenliegenden eisfreien Unterbrechungen, den Zwischeneiszeiten, in denen die Vergletscherung etwas zurückging und Landstriche eisfrei wurden, die beim Wiedervorrücken der Gletscher sich ueuerdiugs mit Eis bedeckten. In diesen Zwischeneiszeiten von sehr langer Dauer war die Möglichkeit menschlichen Lebens auch in diesen Landstrichen gegeben, wie sie in den vom Eise nie erreichten Gebieten von Mitteleuropa schon vor der Eiszeit immer vorhanden war. Hier, in Frankreich, Belgien, Mitteldeutschland, wurden denn auch die sicheren Spuren des Menschen zuerst nachgewiesen, Spuren, die über die Eiszeit, deren Beginn auf 15000—20000 Jahre vordem Alluvium augesetzt wird, hinaufgehen. Aber auch in dem innerhalb des Bereichs der Gletscher gelegenen Gebiete Europas hat man menschliche Spureu gesunden, die auf seine Anwesenheit daselbst in einer Zwischeneiszeit, jedenfalls in der postglazialen Zeit, hinweisen.
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Extrahierte Personennamen: Franz_Weber Franz
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Schwaben Römer- Mitteleuropa Frankreich Belgien Mitteldeutschland Europas
3. Die vorgeschichtliche Zeit des Landes.
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Unzweifelhaft ist in unserem Lande von der jüngeren Steinzeit ein ununterbrochener Fortschritt der Entwicklung bis auf die Höhe der Bronzezeit zu erkennen. Wenn man die Überreste dieser beiden Perioden aufmerksam verfolgt, gewinnt man den Eindruck, daß hier ein und derselbe Volksstamm sich zu einer ihm erreichbaren Kulturhöhe entwickelt hat. Auch die wenigen bisher gefundenen Wohnstätten mit ihrem Inventar deuten darauf hin, daß die Leute der jüngeren Stein- und der Bronzezeit in ununterbrochener Geschlechterreihe aufeinanderfolgten, daß kein Bevölkerungswechsel während dieser Perioden eintrat. Wie sich in den steinzeitlichen Niederlassungen auf dem Auhögl und auf der Insel im Würmsee die ersten Spuren der Metallverwendung zeigen, so treten in der bisher einzigen im südlichen Bayern gefundenen bronzezeitlichen Niederlassung unter der Burgruine in Karlstein bei Reichenhall die letzten Spuren der Verwendung von Steinmaterial neben der schon herrschenden Bronze zutage. Diese kleine, in entlegener Gebirgsgegend befindliche Ansiedlung gibt in ihren Resten nur das Bild von ärmlichen Behausungen, nicht von der Höhe der bronzezeitlichen Kultur. Immerhin aber gewährt sie einen Einblick in das Leben und Treiben ihrer Bewohner. Ant Fuße des steilen Bergkegels und terrassenförmig am Berghang übereinander lagen die Hütten, die am Berg in der Weise in den Hang eingeschnitten waren, daß der natürliche Felsen die Rückwand bildete und der Aushub nach vorn abgelagert wurde um Raum zu gewinnen. Der ebene Boden war festgestampft und Spuren von Pfostenlöchern lassen annehmen, daß Vorder- und Seitenwände aus Holzstämmen zusammengefügt waren. Das Dach ruhte schräg auf dem Felsen der Rückwand und den Stämmen der Vorderwand. Eine oder auch zwei Feuerstellen waren im Hüttenraum aus großen Steinen halbkreisförmig angebracht. Das Hausinventar bestand ans großen Tonkusen für Wasservvrrat, ans Mahlsteinen und Reibern von Granit, mit denen von den Weibern das Getreide gemahlen wurde; viele Nähnadeln von Bronze, Spinnwirtel und Webstuhlgewichte von Ton deuten daraus hin, daß hier von ihnen gesponnen, gewoben und die Kleidung bereitet sowie Netze gestrickt wurden. Denn die Männer oblagen dem Fischfang (Funde von Angeln aus Bronze, vieler Netzsenker) und der Jagd (Pfeilspitzen von Feuerstein und Bronze); sie beschäftigten sich mit Bronzegießen (Gußklumpen, Gußsorm, Schmelztiegelreste, neue Stücke mit Gußnaht). Viele vorkommende kleine Bronzepunzen oder Stichel (wie sie auch in den Schweizer Pfahlbauten zahlreich auftreten) dienten zu irgend einem hier betriebenen Handwerk. Am natürlichen Felsboden der Hütten und ihrer Umgebung fanden sich abgesprungene Schneiden von Bronzebeilen, ein Beweis, daß die Männer hier den Felsboden zur Herstellung der Hütten und das Holz der Stämme bearbeitet hatten. Außerordentlich häufig waren die Scherben der Töpfe, die ebenfalls hier von den Weibern hergestellt wurden. Selbst ganz kleine Geschirrchen, offenbar Kiuderspielzeug, fanden sich vor. Zerbrochene oder verlorene Schmucksachen von Bronze ließen
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3. Die vorgeschichtliche Zeit des Landes.
auch Menschen in verschiedenen Körperstellungen. Ebenso ist die Keramik
eine andere als die der Bronzezeit, außerordentlich reichhaltig in den Formen,
unter denen namentlich die birnförmige Vase oft in sehr großen Verhältnissen erscheint, und mit schönen Mustern teils in vertieften Eindrücken, teils in bunten Farben rot, weiß und schwarz bemalt. Zum erstenmal erscheinen jetzt auch Pferdegeschirre und Wagenreste in den Grabhügeln.
Betrachtet man dieses aus drei Abschnitte der Hallstattperiode sich verteilende Material, das mit dem einfachen, zierlichen Inventar der Bronzezeit in auffallendem Gegensatz steht, so erscheint es innerlich unmöglich, daß beide Kulturarten einem und demselben Volk bei uns angehört haben. Nach Art wie Form der Typen ist man gezwungen an einen Bevölkerungswechsel zu denken. Da zugleich in den Gräbern der reinen Hallstattzeit eine sehr kriegerische Ausstattung mit vielen Schwertern, Dolchen, Lanzen, Beilen, Streitwagen und
Pferdeausrüstung auftritt und die Hügel mit dem früheren Bronzeinventar jetzt auch ganz verschwinden, wird man wohl an eine kriegerische Invasion eines fremden Volkes und an eine Unterwerfung der bisherigen bronzezeitlichen Bevölkerung zu denken haben. Die ganze neue Kulturwelt erscheint im klassischen Sinne als eine barbarische und da ihr Zusammenhang nach Osten weist, hat man an eine von thraki sch-il lyrischen Stämmen ausgehende Wanderung nach Westen gedacht, die zur Überflutung des westlichen Mitteleuropas führte. Wie in den österreichischen Alpenländern hat sich auch bei uns, wenn auch nicht annähernd so reich und prunkvoll wie dort, der Hallstattknltnrkreis nördlich und südlich der Donau durch alle Phasen hindurch, bisher aber nur in Gräbern, nachweisen lassen. Wohnstätten der reinen Hall-ftattzeit sind bei uns noch nicht gefunden. Nur in Karlstein wurden aus der ersten Phase einige wenige Wohnstätten mit einem kleinen Begräbnisplatz aufgefunden, wobei jedoch noch keine Spur des Eisens zutage kam und deren Überreste offenbar noch demselben bronzezeitlichen Stamme 'angehören, der dort seine Spuren aus der älteren Zeit zurückgelassen hat. Man kann daher die häusliche Kultur der Hallstattleute bisher nicht so erkennen wie die der
Stein- und Bronzezeit, eine besondere Industrie, eine Erweiterung des Kultur-
lebens läßt sich nicht aus den Funden entnehmen. Daß auch jetzt der Handelsverkehr nicht stillgestanden, ergibt sich aus dem Vorkommen von Gold- und Bernsteinschmuck und von Glasperlen wie bisher, wogegen auch jetzt noch Silber ganz fehlt. Die Gefäße werden noch nicht auf der Drehscheibe, sondern aus freier Hand geformt. Der Grabritus wie die Form der Gräber scheinen keine Änderung erlitten zu haben. -Von der Religionsanschannng und -Äußerung dieser Zeit wissen wir so wenig wie von denen der früheren Perioden.
Die als kriegerisches Herrenvolk auftretende Hallstattbevölkerung scheint nach nicht sehr langer Zeit degeneriert zu sein. Im jüngsten Abschnitt, etwa
dem 6. Jahrhundert v. Chr., werden die Grabhügel bei uns arm an Waffen
und Schmuck, dagegen häufen sich die keramischen Beigaben, jedoch meist in
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4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte.
Hälfte der Periobe ist bei uns in Hügelgräbern, häufig auch in Nachbestattungen, in solchen der Hallstattzeit, seltener in Flachgräbern vertreten. Denn es ist ein durch bte spätere Vorgeschichte gehenber allgemeiner Zug, daß man die schon vor-hanbenen Begräbuisplätze immer wieber benutzte, so daß sich in Grabhügel-selbern der Bronzezeit Gräber der Hallstatt- und La Tenezeit, unter Flachgräbern der späteren germanischen Zeit solche der La Tenezeit finben. Die in den älteren Gräbern mehr nörblich als süblich der Donan uorfommeitbert Fnnbe unterscheiben sich vollstänbig von den Erzeugnissen der Hallstattzeit und haben mit biesen keine Verwanbtschaft. Sie bestehen in Eisenmessern mit geschweiften einschneibigen Klingen mit Holz- und Beingriff, Tierkopffibeln, Fibeln mit Menschenmasken, Gürtelschließen mit Tierköpfen, Kurzschwertern in Bronzescheiben. Metall-gefäßen griechischen Imports (Massilia), geperlten Armreifen von Bronze mit petschastsörmigen Enben, Halsringen von Bronze und Eisen, Fibeln mit breitem Bügel und zurückgeschlagenem Fuß, winkelförmig gebogenen Arm- und Fußringen aus runbem Bronzestab, Gehängen von Glas- und Bernsteinperlen u. a. Im allgemeinen ist aber, soweit sich bies jetzt schon erkennen läßt, die Verbreitung des La Tenestils in dieser älteren Hülste bei uns in Bayern nicht so bnrchgreisenb, daß man an eine Einwanberung einer zahlreichen Volksmenge benfen könnte, und jebenfalls sinb die Überreste viel weniger reichhaltig und kostbar wie in den Gallien näher liegenben Rheinlanben. Wohnstätten aus dieser Zeit sinb bei nns bis jetzt nicht ausgebest worben.
Diese Verhältnisse änbern sich jeboch vollkommen in der zweiten Hälfte der La Teneperiobe und beren beiben letzten Abschnitten vom 3. Jahrhundert n. Chr. abwärts. Süblich der Donau tritt jetzt von der Ost- bis zur Westgrenze Bayerns eine Anzahl von Begräbnisplätzen mit tiefeingeschnittenen Reihengräbern auf, in benen ein kriegerisches Volk in einer bisher unbekannten Waffenrüfiung und Frauen in vielfach neuen Schmucktypen ruhen. Die nahezu gleiche Ausstattung der Männer mit zweischneibigen Kurz-unb Langschwertern mit bünnen, flachen Klingen in Eisenscheiben, Lanzen mit breitem und langem Blatt und einem Eisen fuß des langen Schafts, großen ovalen Holzschilben mit breit geflügeltem Eisenbuckel in der Mitte, großen Eisenfibeln und eisernen Armreifen, schweren Gürtelketten von Eisen ober Lebergurten mit Eisen schließen; die mehr verschiebene der Frauen mit Bronze- und Eisenfibeln, großen Hohlbuckelarmreifen mit Scharnierverschluß, geschlossenen Armreifen ans Lignit und weißem und blauem Glas mit gelber L-chmelzeinlage, Halsgehängen von kleinen kobaltblauen Glas- und von Bernsteinperlen, Gürtelketten von Bronze und von Eisen mit Tierkopfhaken, Emailperlen u. a. beutet unzweifelhaft das Auftreten eines neuen Volksstammes an. Dazu kommen Tongefäße von ganz anberen Formen, ohne die bisherige Verzierungsweife mit geometrischen Figuren, auf der Drehscheibe geformt und hart und klingenb gebrannt. Das gleiche Grabinventar finbet sich auch in den übrigen Säubern, wo keltische Stämme saßen, so im Westen in Baden und
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der Schweiz, im Osten in Böhmen. Die in Südbayern gefundenen zahlreichen Flachgrüber gleicher Ausstattung gehören unzweifelhaft den Vindelikern und Norikern an, von denen wir aus den Zeugnissen der alten Schriftsteller wissen, daß sie keltischer Abkunft waren und in unserem heutigen Bayern südlich der Donau bis an den Fuß der Alpen ihre Wohnsitze hatten.
Sind wir für die vorletzte Stufe der La Teuezeit in Bayern nur auf Gräberfunde angewiesen, so kommen für die letzte Stufe nunmehr auch Wohn-stätteusuude in Betracht. An zwei Orten Südbayerns sind, soweit bekannt,
bisher solche zutage gekommen, in Manching, Bezirksamt Ingolstadt, und in Karlstein bei Reichenhall. In Manching, woselbst eine ausgedehnte Umwallung sich befindet, wurde innerhalb dieser ein großer Fund von Geräten und Schmucksachen gemacht, der unzweifelhaft auf eiue Wohnstätte deutet. Es befanden sich darunter Bestandteile von Wagenbeschlägen, Rädern, Pferde-
geschirr, Bruchstücke von Luxusgeräten, große Glasringe, Fibeln, Tierfiguren von Bronze u. a. In Karlstein stieß man auf die Wohnstätten selbst, die sich als viereckige Blockhäuser, aus Balken gezimmert, mit Türen und Fenstern, Feuerstellen und Vorplatz erwiesen. Die gefundenen vielen Eisennägel und Klammern rührten von der Befestigung und Verbindung der Balken, die Eisenblechbeschlüge von Türbändern und Schlössern her, zu denen auch die
Schlüssel von Eisen vorhanden waren. Ein reich ornamentierte viereckiges Eisengitter mag zu einer Fenster- oder Türöffnung gehört haben und fetzt
die Verwendung von Glas voraus. In der Kulturschicht der Wohnstätten kamen zutage runde Mühlsteine von Handmühlen, große Wasserknsen von Ton, Eisengeräte aller Art, darunter Sensen und Ketten, Svinnwirtel, Netzsenker von Ton, Nähnadeln von Eisen und Bronze; an Schmuck Bruchstücke von blauen Glasarmreifen mit gelber Schmelzunterlage, vergoldete Bronzeblechbeschläge von Gürteln, Fingerringe von Bronze und Eisen, eine Menge Bronzezieraten, zum Teil mit Blutemail, au Waffen lediglich Pfeilspitzen von Eisen, ferner eine Menge Tongefäßreste, auf der Drehscheibe geformt und hart gebrannt. Als besonders wichtig aber ist der Fund von Silbermünzen keltischen Gepräges und der einer ägyptischen Bronzemünze von einem der drei ersten Ptolemäer zu verzeichnen, welche den regen Handelsverkehr der Zeit bis in das entlegene Gebirgsdorf andeuten. Hier wie in Manching wurden außerdem viele Eisenschlacken gefunden, welche auf Verschmieduug von Eisen an Ort und Stelle hinweisen.
Neben diesen Wohnstättenfunden spielen jetzt auch die zahlreichen Funde von goldenen Münzen, sogenannteu Regenbogenschüsselcheu, eine wichtige Rolle. Solche Funde wurden in Südbayern bis zur Douau zahlreich gemacht, darunter zwei große Schatzsunde, von denen jeder über 1000 Stück enthielt. Eine solche Menge Münzen kann nur da zum Vorschein kommen, wo diese als Zahl- und Verkehrsmittel umlaufen und geprägt werden. Auch diese gehören den beiden letzten Jahrhuuderteu vor unserer Zeitrechnung an.
Kronseder, Lesebuch zur Geschichte Bayerns. 9
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4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte.
Gräberfunde aus diesem letzten Abschnitt der La Tenezeit sind bisher wenige bekannt. Diese schließen sich mit ihrem Inventar vollkommen an die Wohnstättenfunde an. Auch hier kommen massive Gürtelbeschläge mit Blutemail, auf der Drehscheibe geformte Gefäße, Fibeln von Eisen und Bronze, blaue Glasperlen, Armreife und Fingerringe von Bronzedraht vor.
Alle diese Funde werfen zusammen ein Helles Licht auf die Kulturstufe der Vindeliker und Noriker in unserem Lande, die sicher seit dem 3. vorchristlichen Jahrhundert, vielleicht schon früher hier faßen. Die Überreste dieser Bewohner-beweisen, daß ihre Kultur schon eine hohe Rangordnung einnahm und sich von der späteren provinzialrömischen, auf die sich vieles vou ihr fortpflanzte, nicht bedeutend unterschied, daß es also durchaus nicht die Römer waren, die hier erst die Kultur ius Land brachten.
Diese Überreste ergänzen und erläutern auch, was die antiken Schriftsteller über die gallisch-keltischen Stämme berichten. Schon Cäsar erwähnt die soziale Gliederung des Volkes in drei Klassen, in Priester, Ritter und das Arbeitsvolk. In den Gräbern von Manching n. a. O. haben wir ohne Zweifel den Ritterstand, den Adel des Stammes vor uns, darauf deuten die Rsiter-wasfen und die kriegerische Ausrüstung. Die iu La Teue-Wohustütten gefundenen Eisenschlacken deuten auf die ebenfalls aus deu Schriftstellern bekannte Geschicklichkeit des Bolkes in der Bearbeitung des Eisens. Auch die in Südbayern in Wäldern und ans Heiden erhalten gebliebenen Hochäcker sind aller Wahrscheinlichkeit nach auf dieses Volk zurückzuführen. Sie setzen einen Großgrundbesitz und ein höriges Arbeitervolk voraus, wie es Cäsar bei deu Galliern schildert.
Über den Götterknlt sind wir durch die römischen Schriftsteller und die erhalteu gebliebenen Altarsteine aus römischer Zeit einigermaßen unterrichtet, da die Römer diese Gottheiten unter die ihrigen aufnahmen. Es kommen Lokalgottheiten wie Bedaius, Grannus, die Alounae n. a. auf Inschriften vor; es wurden also schon personifizierte Gottheiten verehrt. Handel und Verkehr sind durch die Funde der Münzen wie durch solche von Roheisenbarren, Bernstein, Glasperlen und Bronzegesäße nachgewiesen. Sicher waren auch Straßenzüge vorhanden, die die Grundlage der späteren Römerstraßen bildeten. Es ist kein Zufall, daß die späteren großen Heerstraßen von Süd und Ost ursprünglich auf Kempten — Camboduimm — gerichtet waren und erst später ihren Lauf nach Augsburg — Augusta Yindelicorum — erhielten; ersteres war eben eine vindelikische Stadt, auf welche die alten Straßenzüge zu liefen, während letzteres eine römische Neugründung war. Aus den Schriftstellern erfahren wir, daß die Kelten in Städten und Dörfern wohnten. Tatsächlich haben sich in Vindelikien und Norikum solche Ortsnamen in der römischen Periode erhalten, wie Cambodunum, Abodiäcum (Epfach), Iuvavum u. a., Orte, in denen überall borrömijche Funde zutage kamen, ferner viele Namen von keltischen Orten, die ihrer Lage nach noch nicht sicher bekannt sind, wie Damasia, Urusa, Artobriga u. a. Auch viele Fluß-
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4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte.
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und Bergnamen weisen aus die einstigen keltischen Bewohner des Landes zurück, wie die der Isar, des Lechs, Inns u. a. Die Erhaltung aller dieser Namen beweist auch, daß die keltische Bevölkerung keineswegs von den Römern ausgerottet wurde, wie man früher vielfach annahm, sondern daß sie unter römischer Herrschaft im Lande wie bisher fortlebte.
Die Zivilisation des Volkes war eine augenscheinlich sehr entwickelte, die Wohnstättenfuude lassen auf eine gewisse Behaglichkeit der Wohnungen und auf deren Ausstattung mit vielem Luxnsgeräte, wie Spiegeln, Bronzefiguren, Glasgefäßen, Zierat aller Art schließen; die Körperpflege wird durch die in Grabfunden vorkommenden Bartmesser, Haarscheren, Züngelchen u. a. als eine schon verfeinerte erwiesen. Gewebespuren an den Eisen- und Holzresten der Gräbersunde sowie die vielen Fibeln deuten auf das Tragen von Leibröcken und Mänteln, von langen Frauenkleidern und Kopfschleiern 2c. hin. Der reiche Frauenschmuck steht dem der provinzial-römischen Zeit nicht nach.
Auch die von Cäsar geschilderten gallischen Verteidigungsanlagen und Zufluchtsstätten (oppida) finden wir in unserem Lande. Der große Ringwall von Manching ist solch eine Volksberge in Kriegsnöten, wie ähnliche in Baden (Zarten) und Böhmen (Stradonitz) bekannt sind. Auch die eigentlichen Befestigungen an Flüssen, wie z. B. an der Isar, der Mangs all, dem Lech, welche unter dem Namen Bürgen, Burgen im Volke bekannt sind, rühren aller Wahrscheinlichkeit nach von den Vindelikern her und stammen vielleicht aus deren letzten blutigen Kümpfen mit den Römern um ihre Unabhängigkeit.
Wir finden also unmittelbar vor der römischen Eroberung des Landes das Volk ans einer hochentwickelten, national eigentümlichen Kulturstufe, mehr oder-minder zivilisiert, in festem staatlichen Gefüge, mit gegliederten sozialen Ständen, einem entwickelten Industrie- und Handwerksbetrieb, einem eigentümlichen, ausgebildeten Ackerban, in Städten und Dörfern wohnend, mit Verteidigungsanlagen und Volksburgen.
Zum erstenmal ist der Schleier, der über den Völkern der Vorgeschichte lagert, etwas gelüftet. Wir kennen die Stammeszugehörigkeit und den Namen des Volkes und vieler seiner Städte. Weit abgerückt ist seine Kultur von den uns mythologisch anmutenden dunklen Lebensverhaltnissen der vorgeschichtlichen namenlosen Völker, die aus unserem Boden vorher wohnten.
Diesen keltischen Stämmen der Vindeliker und Noriker, die ihre Wohnsitze noch behauptet hatten, als ihre nördlich angesessenen Stammverwandten, die Helveter und Bojer, schon dem Ansturm der Germanen weichen mußten, war es beschieden, daß sie mit den erprobten, festgefügten Legionen und der überlegenen Staatskunst Roms den Kamps aufnehmen mußten. Der Ausgang war schon mit Rücksicht auf die beiderseitigen Machtverhältnisse nicht zweifelhaft, auch wenn die keltischen Stämme nicht, wie wir dies von den Galliern durch Cäsar bezeugt wissen, an steter Uneinigkeit gelitten hätten und politisch in fester Hand zusammengehalten gewesen wären. Die Vindeliker erlagen im Jahre 15 v. Chr.
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4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte.
in vereinzeltem Kampf dem römischen Schwert, die Noriker, wie es scheint, der römischen Politik ohne Kampf. Das Ende beider Volksstämme war ihr Untergehen im römischen Reichs- und Staatsbürgertnm mit seinem kosmopolitischen internationalen Gepräge, in dem die Besonderheiten jedes selbständigen Volkstums verschwinden mußten. Sprache, Kult, Staatseinrichtungen, Lebensführung, Tracht und Sitte waren schließlich die des Reiches. Nur soweit sich Kunst und Handwerk des La Tene in dem provinzial-römischen Stil erhalten haben, geben sie auch in dieser Zeit noch Kunde von dem einstigen selbständigen, künstlerischen Empfinden und technischen Geschick des Volkes.
Meisterhaft verstand sich Rom auf. die Durchführung der politischen Ziele wie auf nivellierende Knlturbeeinslnsfung. Es kam in den eroberten Provinzen zu keiner nationalen Erhebung mehr während der römischen Weltherrschaft. Die politische Geschichte der Provinzen Norikum und Rätien (dem Vindelikien angegliedert war) bietet, soweit wir sie aus den Schriftstellern kennen, nichts von Belang. Die Kulturgeschichte aber weist viele interessante Einzelheiten des provinzial-römischen Lebeus während seiner säst 500 jährigen Dauer auf. Man richtete sich alsbald nach der Unterwerfung des Gebietes auf die Dauer darin ein. Die Grenze bildete erst die Donau, später der sogenannte Limes, eine markierte Zoll- und Reichsgrenze gegen die Germanen, die an strategisch wichtigen Punkten durch dahinter liegende Kastelle ihrem ganzen Laus entlang gesichert war. Im Binnenlande waren Befestigungen nicht nötig, wie hier auch ständige Garnisonen außer kleinen Wach- und Etappenposten nicht vorhanden waren. Das Militär lag in den Grenzkastellen. Ein Hauptaugenmerk war dem Straßennetz gewidmet, dessen Grundlagen die vorrömischen Verkehrswege bildeten, soweit nicht militärische und politische Gründe eine Änderung verlangten. Das gleiche war mit den bisherigen Städten der Fall, die fortbewohnt wurden; Neugründungen von Städten, die sich durch ihre römischen Namen sofort kennzeichnen, wie z. B. Augusta Vindelicorum, Castra Regina ii. s. w., waren aus politischen und strategischen Gründen veranlaßt. Man lebte unter den Jnliern und Flaviern bis in die Zeit Mart Aurels in tiefem Frieden; man fühlte sich vor den Germanen jenseits der Grenze so sicher; daß §■ B. hart am Limes ein reich ausgestattetes, mit Kunstwerken geschmücktes Wohnhaus sich befand (Westerhofen b. Ingolstadt). Überreste von Staatsgebäuden, Tempeln, Foren wurden in größeren Orten gefunden, wie in Augsburg, Regensburg, Kempten, Salzburg, Epfach re. Im ganzen römischen Teile unseres Landes wurden große Meierhöfe mit vielen Funden von landwirtschaftlichen Geräten und Gebrauchsgegenständen aufgedeckt. Von allen römischen Bauwerken aber hat sich über dem Boden außer der eingebauten Porta praetoria in Regeusburg und der (vielleicht römischen) Heidenmauer iu Lindau nichts im Lande erhalten. Was noch an römischem Mauerwerk vorhanden ist, steckt unter dem Boden und muß erst ausgegraben werden, wie z. B. die Grundmauern der Limeskastelle und ihrer Gebäulichkeiten.
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4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte.
aus Gold und Silber Zeugnis ab von dem einstigen Luxus im Römerreich. Gewöhnlicher Schmuck aus Bronze kam überall massenhaft zum Borschein. Ganz spärlich dagegen sind die Waffensunde aus dem Innern des Landes, abgesehen von den Grenzkastellen, von denen namentlich Ein in g (Abusina, am Beginn des Limes an der Donau) einen Reichtum an Waffen aller Art geliefert hat. In den Hausfunden gehören sie zu den größten Seltenheiten, mit Ausnahme der kleineren Jagdwaffen; in den Gräbern verschwinden sie ganz. Ersteres beweist den geordneten und langen Friedenszustand des Reiches, in dem nur der Berufssoldat Waffen trug; letzteres die geänderte Anschauung gegenüber der vorrömischen Zeit.
Weit verbreitet sind im ganzen südlichen Bayern die Münzfunde. Man darf die wieder ans Tageslicht gezogenen römischen Münzen sicher auf Hunderttausende schätzen. Natürlich hat sich davon nur der kleinere Teil in den öffentlichen Sammlungen erhalten, der größere ist in Privatsammlungen und im Antiquitätenhandel wieder verschollen, ohne daß selbst nur die Fundorte bekannt wurden. Die erhaltenen Münzen reichen von Augustus bis an den Schluß der Kaiserzeit. Münzen der Republik und des oströmischen Reiches sind selten. Auch nach dem Ende der römischen Herrschaft zirkulierten diese Münzen uoch als Geld in Bayern bis in die Tage der Karolinger. Größere, einst vergrabene Schatzfunde beweisen die später zunehmende Unsicherheit infolge der Einfälle der Germanen. Nach den Geprägen dieser Funde läßt sich vielfach die Zeit dieser Einfälle annähernd feststellen. Ans diese Weise tragen auch sie zur Aufhellung der Lokalgeschichte bei.
Der Grabritus der römischen Zeit ist ein ganz anderer als der der vorrömischen. Er wird nicht mehr von dem Gedanken eines Fortlebens in bisheriger Lebensweise bestimmt, so daß der Tote mit allem ausgestattet werden muß, wesseu er im Leben bedurfte, sondern der Totenkult ist nur eine höherer geistiger Kultur entsprechende Erinnerungsfeier. Der Tote bekommt noch Liebesgaben mit, aber nur als Angedenken seiner Angehörigen. Die Leiche wird in der rorkonstantinischen Zeit verbrannt und die Asche in einem Gefäß beigesetzt, später womöglich in einem Steinsarkophag, einer Steinkiste oder wenigstens in einem Plattenbehältnis bestattet. Die antike Sitte, Denkmäler über dem Grab zu errichten, hat uns eine stattliche Zahl von Jnschriftsteinen, oft mit figürlichen Darstellungen, erhalten, wenn diese auch uicht annähernd die Fülle und Schönheit der rheinischen erreichen.
Wir sehen also das bürgerliche Leben namentlich in der Blüte der Kaiserzeit bis zu Mark Aurel in hoher Kultur, auf der es sich noch bis in die fonstantinische Zeit trotz der schon beginnenden Zuckungen der sogenannten Völkerwanderungsperiode int allgemeinen erhält. Aber allmählich kommt die Gefahr näher; die harmonische, geordnete Lebensführung hört auf, man muß sich auf plötzliches Verlassen einrichten; Neues wird jetzt kaum mehr entstanden sein. Erst muß die Grenze verlegt, das nördlich der Donau liegende Land
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42 10. Kolonisierende und germanisierende Tätigkeit des bayerischen Stammes.
Von Norden her waren die Slaven bis in die Gegend von Eichstätt einerseits, von Premberg (B-A. Burglengenfeld) anderseits vorgedrungen. Von Osten her hatten sie zum mindesten den mittleren Regen erreicht; noch in der Karolingerzeit begegnen Slaven in der Gegend von Pösing bei Cham.
Hier nun setzt die bayerische Kolonisation ein und dringt Schritt für Schritt nach dem Norden vor, indem man teils die flavifchen Siedelungen besetzt teils auf neugerodetem Boden deutsche Kolonistendörfer anlegt. Noch in dem Kapitulare von 805 erscheint das uralte Premberg als Grenzpunkt deutschen Lebens. Gerade ein Jahrhundert später, 905, ist man über Nabburg hinaus bis an die Luhe vorgerückt; ein Vasall des Markgrafen Luitpold erhält hier eine Hufe, die vordem ein, Slave besessen. Um die Wende des 10. und 11. Jahrhunderts erreicht man die Waldnaab, einen der Quellflüsse der Nab; hier, in der Gegend von Falkenberg, Altneuhaus und Schwarzenschwal, scheint die deutsche Vorwärtsbewegung einige Zeit halt gemacht zu haben. Aber noch in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts gewinnt man dem Urwalde und der slavischen Rasse eines der schönsten deutschen Länder ab, das zwischen dem Böhmerwalde, Fichtelgebirge und Erzgebirge sich hinziehende Egerland; bereits in einer Königsurkunde von 1061 erhalten wir Kunde nicht bloß von der Existenz der Stadt Eger sondern auch von der Reichsstraße, die Eger mit Nürnberg verbindet. Am Schlüsse des 11., am Anfange des 12. Jahrhunderts ist man bis zur Grenze des Schönbacher Ländchens (im heutigen Vogtland), bis zum Fleisseubache vorgerückt. Ja bereits greift die Kolonisation nach dem sogenannten Regnitz lande bei Hos über.
Es war ein gewaltiges Resultat bajuwarischer Kulturarbeit; von Premberg bis zur Waldsteinkette und bis in das Vogtland bei Aadorf hinein erinnern heutzutage nur mehr slavische Orts- und Flußnamen daran, daß hier ehemals Slaven gesessen. Diese nationale Verschiebung vollzog sich teils durch deutsche Einwanderung teils durch Entnationalisierung der Slaven, nicht aber durch Vernichtung derselben. Daß in dem heutigen Sprachgebiet auch nach der bajnwarischen Einwanderung eine nicht unbedeutende slavische Bevölkerung zn-riickblieb, das beweist das Auftreten slavischer Personennamen in den Urkunden noch des 13. und 14. Jahrhunderts und die Menge der slavischen Ortsnamen vorbainwarischer Entstehung. Aber die Geschlossenheit der Ansiedelungen hält die bajuwarifche Kraft zufammen; nicht der Bayer wird zuletzt von dem Slaven assimiliert, sondern der Slave von dem Bayern.
Auch hier geht wie in Inner- und in Niederösterreich die Kolonisation vom Großgrundbesitz aus. Bis an die Wende des 11. und 12. Jahrhunderts sind die Führer vorwiegend Laiengewalten: die Krone, die Markgrafen, namentlich die babenbergischen, ferner die gräflichen und freiherrlichen Geschlechter, wie die Sulzbacher, Leuchtenberger, die Herren von Velbnrg, Altendorf und Laber, endlich ganz besonders die zahlreichen Ministerialengeschlechter.
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