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1. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 400

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
400 179. Kalkutta. ^ines Wortes gewürdigt werden. Welch ein Unterschied gegen Japan und China! Diese Eingeborenen sind nicht frei mehr, son- dern einem fremden Willen ganz und gar unterworfen, und die Weißen hier sind nicht Gäste mehr, noch widerwillig geduldete Pächter eines Hafengebietes, sondern die unumschränkten Herrett im Lande. Das ist der stärkste Eindruck, den der Fremde beim Betreten Kalkuttas, der Hauptstadt von Indien empfängt. Was er dann im Innern der Stadt sieht, bekräftigt nur diesen -ersten Eindruck. In den Häfen Japans und Chinas stößt er selbst mittett in den Vierteln der Europäer auf Spuren der einheimischen Kultur, und sei es auch nur ein Rikschamann, der mit seinem asiatischen Wägelchen nach Kundschaft suchend, durch die Straßen eilt. Den Häusern der Weißen aber sieht er an, daß sie nicht bodenständig sind; nie beherrschen sie das ganze Stadtbild; bald erinnert eine Pagode, bald ein geschweiftes Tempeldach daran, daß es noch eine ältere, wurzelechtere Kultur in diesen Ländern gibt als die des weißen Mannes. Anders in Kalkutta. Hier erwarten keine Rikschakulis mehr den Ankömmling, denn der Inder ist zu schwach und träge um die Anstrengungen dieses Berufs auf sich zu nehmen. Hier steigt man in einen Wagen nach europäischer Art; zwei Inder klettern auf den Bock, einer hängt sich hinten an den Wagen und so führt man umständlich und kostspielig daher, als wenn maü ein europäischer Krösus wäre. Und mau fährt durch eine Stadt, die die Macht und Herrschaft der Weißen in Stein und Eisen zum Ausdruck bringt. Überall glänzen öffentliche Gebäude, überall ragen Kirchen und Kapellen; die großen Parks sind besät von Denkmälern der Engländer, die die Bezwingung Indiens voll- bracht haben; in den Musikpavillons spielen schottische Hochländer auf Dudelsackpfeifen, als wenn um sie der Hydepark von London wäre. Die Geschüftsstadt gar ist Alt-London, wie es leibt und lebt, so englisch-winkelig sind ihre Gassen samt den Häusern, die an ihnen stehen, so voll von Höfen und Durchgängen, von Stockwerken mit Holzgalerien und Außentreppen, so angefüllt mit altem Plunder und malerischem Gerümpel. Und nicht anders wie in Alt-London drängen sich hier fleißige, englische Kaufleute; und blickt man einmal in eines der winkeligen Häuser hinein, so sieht man in ärmlichen Kontorstuben auf Holzschemeln und an tintenbefleckten Tischen die Männer sitzen, die die Schätze Indiens in Pfunde Sterling ver- wandeln und dabei auch den eignen Beutel aufs beste zu füllen verstehen. Freilich ist es ein Alt-London unter der Tropensonne: die Winkel und Gäßchen sind weiß und leuchtend statt grau und nüchtern, über die Höfe neigen sich hohe Palmen und schattige Sykomoren statt verkrüppelter Linden oder magerer Ulmen, und

2. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 107

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
61. Eine Waldidvlle im Winter 1870/71. 107 Das Tagewerk des stillen Försterhauses im Winter ist eintönig und karg; nur ausnahmsweise, wenn die Massen von Schnee hart- gefroren sind, daß sie die stärksten Lasten tragen, dann findet der Jäger über sie den Pfad und dringt bis an die Futterstätten des Wildes vor, die an den gedecktesten Plätzen des Waldes liegen. Dorthin kommt das Rotwild gezogen und schon von ferne sieht der Jäger die scheuen Rudel, die sich herandrängen, wenn er den Hafer oder andere Nahrung aufschüttet; allein nur die stärksten Hirsche kommen in ihren Besitz, das Rehwild und die jüngeren Tiere werden mit unbarmherziger Kraft verdrängt. Auch die Holzarbeit wird im Winter betrieben, nicht die Fällung der Bäume, sondern nur die Herbeischaffung der ungeheuren gefällten Stämme, denen der Schnee die steilen Wege ebnet, während er sie allen rings- umher verschließt. Mit lawinenartiger Gewalt stürzen Tausende von Klaftern zu Tal; die Holzknechte, die das lebensgefährliche Amt versehen, wohnen in den sogenannten Winterstuben und wochen- lang sehen sie kein menschliches Angesicht, als wenn der Förster kommt um nachzuschauen. Auch die Jagd ist in solcher Zeit be- schränkt; denn der Frost ist der wilde Jäger, dessen unsichtbarer Pfeil die scheuen Tiere ins Herz trifft. Deshalb stellt man fast nur dem Raubwild nach; dem Marder, der tiefgeduckt auf Beute geht, und den Füchsen, die um den Schmaus des verendeten Rehes streiten, werden mörderische Fallen gelegt; auch die Geierfeder steht gut zum grünen Hute. Dazwischen flattert wohl einmal das scheue Schneehuhn über den Weg und, den Schuh mit eisernen Haken bewaffnet, trägt der Jäger die leichte Beute über der Schulter heim. So finden wir heute den Herrn des Hauses, in dessen Stube wir in Gedanken eingetreten sind. Er hat den Mantel abgelegt und sich niedergelassen am eichenen Tisch; über dem Ofen sind auf Sperrhölzern die kostbaren Felle zum Trocknen ausgespannt. Noch ist es kaum vier Uhr nachmittags und doch beginnt schon die tiefe Dämmerung, nur mühsam sehen die Kinder, tief über den Tisch gebeugt, noch die Gestalten in ihrem Buch. Es sind Husaren und Dragoner; das Spielzeug, mit dem sie tändeln, sind Blei- soldaten; fremde Kinder haben sie im Sommer zurückgelassen. Der Alte aber streckt behaglich die Glieder und plaudert mit einem von seinen Jägerburschen; aber nicht von dem Adler, den er heute über dem Kar emporsteigen sah, — er spricht vom Kriege, von den deutschen Kaisern sprechen sie in der Kaiserklause. Wie es wohl draußen gehen mag? Er weiß, daß sie Paris belagern; aber keine Kunde kommt an die stille Stätte, keine Kunde, ob Sieg oder Tod den deutschen Heeren folgt. Sie ahnen es nicht, daß unterdessen das Reich erstanden ist, daß ein Kaiser darüber

3. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 183

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
92. Die Rainmüller Buben. 183 Herzen, die Müllerin rastlos den langen Tag und fast zu sehr beküm- mert um des Hauses äußere Wohlfahrt, die drei Söhne überquellend von Jugendmut, aber auch wild und widersetzlich gegen Herkommen und Ordnung, zügellos in allen Genüssen und Leidenschaften. Solange des Vaters Aug' und Rechte regierten, mußten sie ge- horsamen; denn wenn der seinen Kittel aufstülpte und rief: „Herr, stärke meinen Arm!" da brach aller Trotz und Ungestüm. An einem Festtagabend wankte der Müller wie ein Kranker nach Hause. „Mutter," stöhnte er, indem er sich schwer auf die Bank fallen ließ, „alles war umsonst, was wir getan haben für Leib und Seele unserer Kinder. Ich hab' sie heut wieder stundenlang beob- achtet im Wirtshause; meine Buben sind Säufer! Die Rainmühle, unser liebes Heim, wird daran verderben und sie werden elend sterben. Ich sehe es, ich weiß es!" Den Kopf legte er auf die Arme und hob ihn nicht wieder; ein Schlag hatte seinem Leben ein jähes Ziel gesetzt. Nun das zürnende Auge des Mahners nicht mehr leuchtete, ging's bald aus eiuer andern Tonart in der Rainmühle. Die bekam vor allem die Müllerin zu verspüren. Sie mußte büßen, was sie in unvernünftiger, blinder Liebe an ihren Söhnen gesündigt hatte. Wie oft hatte sie im geheimen die Anordnungen des Vaters zu um- gehen oder zu vereiteln gewußt! Wie viele Auswüchse hatte sie beschönigt, verschwiegen! Wie sehr hatte sie dem übermütigen und zügellosen Treiben ihrer Buben Vorschub geleistet! Und jetzt statt Liebe offener Hohn, statt Dank Kränkungen ohne Zahl! Frei waren jetzt die Rainmüller Söhne; das empfand auch bald die Gemeinde, die ganze Gegend. Kein Sonntag verging, ohne daß sie nicht sinnlos betrunken in blutige Händel und Schlägereien ver- wickelt wurden. Das Geld wurde für Bier und Wein und Spiel auch an Wochentagen geradezu zum Fenster hinausgeworfen. An edlen Seelen, die es aufzuheben verstanden, fehlte es nicht. Je toller die Burschen mit den ehrlichen Spargroschen ihrer Eltern um- sprangen, desto stiller und leerer ging die Mühle; die Arbeit blieb aus, dafür schauten Einschränkung und Entbehrung zum Fenster herein. Wohl hörten jetzt die „noblen Passionen" von selber auf, die un- sinnigen Gastereien, das Hazardieren, das wahnwitzige Wetten, das Rennenreiten; sogar das Jagen und Fischen mußten die lockeren Vögel lassen, da Acker um Acker, Wiesgrund und Waldteil verpfändet und verkauft waren. Nun wurde die Ahnung des Vaters mit er- schreckender Schnelle volle Wirklichkeit. Die Rainmüller Buben begannen, jedes sittlichen Haltes bar, „ihr Elend zu vertrinken". Der Alkohol, dieser grause Würgengel, der vor allem der Schnaps- flasche entsteigt, machte rasche Arbeit mit den entnervten Jünglingen.

4. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 326

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
326 152. Einfluß der Kreuzzüge auf den Handel. • Handels zwischen Morgen- und Abendland. Gleiches gilt aber auch von den ägyptischen Plätzen Damiette und vor allem Alexandrien. Letzteres wird geradezu als der „öffentliche Markt für beide Welten" bezeichnet; es war der Treffpunkt der über Aden und Mekka durch das Rote Meer nilabwärts herangeführten arabischen und indischen Waren und der von den italienischen Kaufleuten zugebrachten Naturprodukte der Westländer, besonders Holz und Eisen. Bis tief ins 16. Jahr- hundert hinein blieb der Handel mit Alexandrien in voller Blüte. Aber der Unternehmungsgeist der italienischen Kaufleute machte auch an den Toren des Abendlandes nicht Halt; kühn drangen sie mitten in die Landschaften ein, die das unbestrittene Gebiet ihrer Glaubensfeinde waren, ohne der Kirche zu achten, die jeden Verkehr mit diesen grundsätzlich untersagte. So treffen wir be- sonders Venedig schon früh in Handelsverbindung mit dem in Bagdad residierenden Kalifen, dessen Hauptstadt sich immer noch als ein großer Sammelplatz für alle asiatischen Waren behauptete. Diese gingen von hier aus auf der großen Straße nach Haleb, das später ein Haupthandelsquartier Venedigs für Vorderasien wurde, um dann entweder über Damaskus, wo sie mit dem Warenzug aus Indien zusammentrafen, oder über Antiochien nach dem Westen zu gehen. Im Innern Kleinasiens aber wurden von dem Sultanat von Jkonium und gleichzeitig von dem christlichen Reich von Ar- menien den Venezianern Handelsvorteile bewilligt. Etwas später treffen wir die Abendländer auch mit den Ta- taren im Norden des Schwarzen Meeres in Berührung. In Tana, dem heutigen Asow, bestanden zahlreiche europäische Niederlassungen ^ und Kontore. Doch bereitete im Jahre 1397 die Einnahme der Stadt durch den Mongolen Timurlenk diesem Treiben ein jähes Ende und die meisten fremden Kaufleute verloren ihr Leben oder wurden als Sklaven verkauft. Als Ersatz dafür blühte dann — bis zur Eroberung durch Sultan Muhammed Ii. (1475) — Kaffa auf, das den Namen „Konstantinopel der Krim" erhielt; es vertrieb neben russischem Pelzwerk auch Waren aus China und Indien. Die Handelsstraße von hier nach China, über Sarai und Ur- gendsch, war stark besucht, auch von Europäern, deren Handel die Mongolen ihr ungeheures Reich bereitwillig öffneten, so daß Euro- päer bis nach Indien und China kamen; als Zugangspunkt diente auch das persische, rasch aufblühende Täbris, wo Europäer ansässig * wurden. Sie zogen von hier nach Ormus, wo sie die Schiffe nach Indien bestiegen; auch führte von Ormus ein Landweg über Samar- kand nach dem fernen Osten. Gegen das östliche Becken des Mittelmeeres mit seinen uner- meßlichen Hinterländern kam das westliche, Nordafrika, Verhältnis-

5. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 336

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
155. Eine deutsche Stadt im Mittelalter. X 336 meiner Kenntnis brachten, haben wieder einmal gezeigt, welch feste Stütze wirtschaftlicher Unternehmungsgeist an einer startet: und einsichtsvollen Staatsgewalt gewinnen kann. So sind unsere Aussichten im Wettbewerbe der Völker nicht schlecht; wir dürfen hoffen uns zu behaupten und unser zu nennen, was Fremden ::icht gehören darf. Wer aber diese glückliche Lage richtig würdigen, ihre Voraussetzungen und Bedingungen verstehen will, der wird wohl tun, die „deutsche Hanse" nicht außer acht zu lassen. Ihr Name darf mit Stolz von jedem Deutschen genannt werden. Dietrich Schäfer. X 155. Eine deutsche Stadt im Mittelalter. Um 1300 liegt die Stadt noch zwischen Wald und Wasser, von Holz, Teich, Bruch und Heide umgeben. Aus der Heide führt die Straße durch die Landwehr, eitlen Wall nüt Graben, der das Stadt- gebiet in weitem Kreise umzieht. Der Wall ist mit Dornengebüsch und Knicken besetzt um die Feinde abzuhalten. Hinter der Land- wehr zeigt sich die Stadt, die Morgensonne glänzt von den Kuppeln der Stadtkirchen. Eine Binnenniauer scheidet die alte Stadt von einem neueren Teile; die Tore werden bei Nacht geschlossen. Sehr- groß ist die Zahl der quadratisch oder rund gebauten Mauertürme. München hat damals gegen 100, Frankfurt zwischen 60 und 70. Erker springen aus der Matter vor nach dem Stadtgraben; sie sind zum Teil heizbar, zierlich gedeckt und mit metallenen Kugeln ge- schmückt. Vor der Stadt steht auf einer Anhöhe der Rabenstein und schwarze Vögel fliegen dort um formlose Bündel an dem hohen Stadtgalgen. Beim Hochgericht vorbei führt der Weg durch Äcker, Weiden und Gemüsegärten. Auf luftigen Stellen drehen nahe der Mauer Windmühlen ihre Flügel. Wo ein Bach durch Wiesen läuft, klappern die Rüder von Wassermühlen. Über den Fluß führt eine Brücke. Sie bildet obe:r einen gedeckten Gang, mit Türmen an beiden Usern. In der Mitte ihrer Spannung steht das Bild des Schutz- heiligen mit Kruzifix und einem Opferstocke. Wer am Morgen die Stadt betritt, der begegnet sicher zuerst dem Stadtvieh. Denn auch in den große:: Reichsstädten treibt der Bürger Landbau, auch vornehme Häuser haben in engem Hofraum Viehställe und Schuppen. In den Straßen der Stadt traben die Kühe, ein Schäfer führt mit seinem Hunde die Schafherde ans die nahen Höhen. Die Schweine fahren durch die Haustüren in die Häuser und suchen auf dem Wege ihre unsaubere Nahrung. Der Rat verbietet zuweilen Schweineställe an der Straße zu bauen. Auch der Mist fehlt nicht; auf abgelegenen Plätzen lagern große Haufen,

6. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 338

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
338 155. Eine deutsche Stadt im Mittelalter. lateinischen Lehrer, einem angesehenen Manne, der vom Rat besoldet wird. Er hat großen Zulauf von armen Schülern aus der Fremde, welche bei den Bürgern betteln und durch Almosen erhalten werden. Die Stadt baut gerade ein schönes Rathaus, zierlich und schmuck- voll, darin einen Saal für die großen Feste der Stadt und ansehn- licher Bürger. Aber zwischen Dom und Rathaus ist eine kunstlose Wasserpfütze mit schwimmenden Enten und daneben steht der deutsche Dorfbaum, die alte Linde; sie ist dem Bürger Erinnerung an eine Zeit, wo seine Stadt noch nicht war und wo die Waldvögel in den Zweigen sangen, auf denen jetzt nur Sperlinge sitzen und im Winter die Krähen. Der Morgen wird den Bürgern durch Geläut verkündet und die Glocken der zahlreichen Gotteshäuser tönen fast den ganzen Tag hindurch. Ihr Ton ist dem Bürger herzlich lieb; er umklingt ihm das ganze Leben, wie er seinen Vorfahren getan. Wenn der Heim- kehrende den Glockenklang seiner geliebten Stadt auf dem Felde hört, dann hält er still und betet. Darum ehrt er seine Glocken wie lebende Wesen; er gab ihnen Frauennamen, den großen am liebsten Anna, Susanna, und er war geneigt ihnen ein geheimnisvolles Leben anzudichten. Allmählich werden Turmuhren eingeführt. Bis zu ihnen hat nur das Geläute die neun Tageszeiten der Kirche gemeldet und daneben das Horn oder die Trompete der Türmer. Die Sonnenuhr und vielleicht eine große Sanduhr am Rathause haben am Tage den Verlauf der Stunden gewiesen. Die Stadt hat ihren Markttag; am Rathause ist die rote Fahne ausgesteckt. Solange sie hängt, haben die fremden Verkäufer das Marktrecht. Zu allen Toren ziehen die Landleute der Umgegend herein, auch die Landbäcker und Metzger, welche an besonderen Plätzen feilhalten dürfen. Auf Ständen, Tischen in Krambuden sind die Waren ausgelegt. Aber das Wertvollste war damals in dunkeln Stuben und Gewölben der großen Kaufherren, in eisernen Truhen und hinter festem Verschluß aufbewahrt. Nur der Goldschmied stellte kleine Becherlein und Ketten hinter die grünen Fensterrauten der Werkstatt, vorsichtig und unter Aufsicht, damit nicht ein fremder Strolch hineinschlage und mit der Beute entlaufe. An dem Stadttor wird jeder Wagen, der passieren will, von den Torhütern sorglich beschaut. Den Karren der Landleute folgen große Frachtwagen. Ihr Inhalt ist unter einer Leinwanddecke verborgen; es ist wertvolles Kaufmannsgut, eine schwere Ladung; denn viele Pferde waren nötig den Wagen fortzuschaffen; bewaffnete Reiter des nächsten Landesherrn haben ihn geleitet. So knarren die Wagen und handeln die Menschen, bis die Marktfahne vom Rathause abgenommen wird oder ein Glöcklein

7. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 347

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
159. Die alten Zollschranken. 347 159. Die allen Zollschranken. Es ist eine allbekannte Sache, daß unser deutsches Vaterland früher in ungleich mehr Länder und Ländchen zerrissen war als jetzt und daß zwischen jedem Lande Zollschranken errichtet waren, die jedes Land vom andern wirtschaftlich trennten. Da mochte man zu jener Zeit von Norden nach Süden oder von Westen nach Osten reisen, man stieß zuweilen alle paar Stunden auf einen Schlagbaum. Bei jedem Schlagbaum befand sich ein Zoll- haus und vor jedem Zollhaus standen Zollwüchter. Diese Tag und Nacht strenge Wacht haltenden Beamten fragten jeden Reisenden, ob er etwas „Zollbares" bei sich habe; nach Befinden durchsuchten sie das Gepäck oder gar die Taschen desselben nach zollbaren Waren oder Sachen. Schöpften die Zollbeamten Verdacht, so schleppten sie ihre Opfer mit ins Zollhaus, wo sie gründlich untersucht wurden. Fand man etwas Zollpflichtiges, was der Reisende verschwiegen hatte, so wurde die eingeschmuggelte Ware „kontreband" gemacht, d. h. sie wurde dem Besitzer als eingeschmuggelt weggenommen. Außerdem mußte der letztere noch tüchtige Strafgelder bezahlen. Besonders gründlich wurden die Wagen untersucht, selbst Kutsch- wagen waren nicht ausgeschlossen. Um die Zollplackereien, die damals in Deutschland herrschten, recht deutlich zu machen, will ich eine Geschichte erzählen: Ein Professor aus Thüringen reiste zur Ferienzeit des Jahres 1821 mit seiner Gattin nach Bremen, wo sie Verwandte besuchen wollten. Sie hatten sich ein Lohngeschirr gemietet und fuhren damit in der schönen Sommerzeit nach Norddeutschland. In Bremen hörte die Professorin, wie außerordentlich billig die Kolonialwaren zu erstehen waren, und konnte der Versuchung nicht widerstehen ein Säckchen Kaffee dort zu kaufen. Dieser Handel war geschlossen worden, als der Herr Professor gerade nicht zugegen war. Als dieser aber von dem Säckchen Kaffee hörte, welches, im Wagen versteckt, heimlich mit über die Grenze genommen werden sollte, so war er darüber sehr ungehalten und verlangte, daß der Handel rückgängig gemacht werde. Die Frau Professorin versprach dies endlich um ihren Gatten zu beruhigen. Ohne Sorgen bestieg daher der Professor seinen Kutschwagen um die Heimreise wieder anzutreten; auch die Frau Professorin nahm in fröhlichster Stimmung im Wagen Platz und die Reise ging fort. Da der Herr Professor in Göttingen einen Kollegen hatte, mit dem er befreundet war, so wurde diese berühmte Universitätsstadt zum Reiseziel gemacht.

8. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 349

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
159. Die alten Zollschranken. 349 Der Schmerz der Reisenden war noch nicht überwunden, so hielt ihr Wagen vor einem preußischen Zollhause. Die Fragen nach dem Zollbaren wurden gewissenhaft mit Ja beantwortet, der Kaffeesack hervorgeholt und die erhaltene Quittung vorgelegt. Der Beamte sah die Belege wiederholt durch und sagte dann: „Ich bitte um die Quittung über den gezahlten Zoll." „Quittung, Zoll?" entgegenete befremdet der Herr Professor. „Ja, ja," erwiderte der Beamte, „die Quittung, die Sie in Detmold erhalten haben über den Zoll, die mir vorgelegte Quittung lautet bloß über die Strafgelder." Dem Herrn Professor wurde nun klar, daß sie in Detmold abgefahren waren ohne erst die Quittung über den Zoll sich ausstellen zu lassen. Um nun die Strafe nicht noch einmal be- zahlen zu müssen wurde ein Bote nach Detmold geschickt, der die Quittung über den Zoll holen mußte. Dem Herrn Professor war die Sache sehr fatal und er wünschte den Kaffee dorthin, wo der Pfeffer wächst. Nach Verlauf mehrerer Stunden war die Quittung da, der Herr Professor bezahlte den Zoll für Preußen und fuhr glücklich und unangehalten über die kurhessische und hannoverische Grenze, bezahlte aber auch jedesmal den ihm abverlangten Zoll. In Göttingen hielten sich unsre Reisenden einige Tage auf und verlebten dieselben in Gesellschaft des lieben Freundes sehr angenehm. Am dritten Tage brach man wieder auf. Als man wieder an die preußische Grenze kam, fragte der Zollbeamte nach dem „Zoll- baren". „Wir haben nichts Zollbares bei uns," erwiderte bestimmt der Herr Professor. Die Frau Professorin sah den Herrn Professor an, schwieg aber. Der Zollbeamte untersuchte flüchtig den Wagen und wünschte glückliche Reise. Geradeso ging es an den Zollhäusern mehrerer Thüringer Staaten, ohne daß man Zoll bezahlte, bis man wieder im Regierungs- bezirk Erfurt an ein preußisches Zollhaus kam. Dort ging es in der Hauptsache auch glatt ab; als aber der Blick des Zollbeamten die Wagenlaternen streifte, wurde er stutzig. Von Neugierde geplagt, machte er die Wagenlaternen auf und fand, daß beide mit Tabak gefüllt waren. Neuer Schreck. Diesmal lud sich aber das Unwetter auf deu armen Kutscher ab, der, durch das Beispiel der Frau Professorin verleitet, sich für einige Groschen Tabak in Bremen gekauft und diesen glücklich bis Thüringen in den Wagenlaternen verborgen hatte. Was half aber alles Schelten und alles Jammern, kurz, der Herr- Professor mußte zahlen. Nachdem auch dieser Kelch geleert war, fuhren unsere Reisenden der Heimat wieder zu.

9. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 1

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
1. Der Eintritt in das Geschäft. Anton war gerade achtzehn Jahre alt geworden, als sein Vater starb. Nach einigen Tagen lauten Schmerzes stand er allein in der stillen Wohnung, eine Waise, im Anfang eines neuen Lebens. Vier Wochen darauf, an einem frühen Sommermorgen, trat er über die Schwelle des väterlichen Hauses, legte den Schlüssel des- selben in die Hände des Vormundes, übergab sein Gepäck einem Fuhrmann und fuhr durch das Tor des Städtchens der Haupt- stadt zu, einen Brief des Vaters an den Kaufmann Schröter, bei welchem ihm ein Platz im Kontor ausgemacht war, in der Tasche. Schon stand die Sonne niedrig am Himmel, als er bei den ersten Häusern der Hauptstadt ankam. Erst einzelne kleine Ge- bäude, dann zierliche Sommerwohnungen mitten in blühenden Gärten; dann rückten die Häuser dichter zusammen, die Straße schloß sich auf beiden Seiten und mit dem Staube und Wagen- gerassel legte sich bange Sorge um die Brust unseres Helden. End- lich bog er in eine Hauptstraße ein und hielt vor einem hohen Hause an. Hier wohnte Herr Schröter. Anton trat mit klopfendem Herzen in die Hausflur und lockerte den Brief seines Vaters in der Brusttasche. Er war sehr kleinmütig geworden und sein Kopf war so schwer, daß er sich am liebsten einen Augenblick hingesetzt hätte um auszuruhen. Aber wie Ruhe sah es in dem Hause nicht aus. Vor der Türe stand ein großer Fracht- wagen, in dem Hause standen mächtige Fässer und Ballen und riesengroße, breitschultrige Männer mit Lederschürzen und kurzen Baier-Knörk, Lesebuch für kaufmännische Schulen. 1

10. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 102

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
102 58. Die Auswanderer. Und ihr, im Schmuck der langen Zöpfe, Ihr Schwarzwaldmüdchen, braun und schlank, Wie sorgsam stellt ihr Krüg' und Töpfe Auf der Schaluppe grüne Bank! Das sind dieselben Töpst und Krüge, Oft an der Heimat Born gefüllt; Wenn am Missouri alles schwiege, Sie malteu euch der Heimat Bild: Des Dorfes steingefaßte Quelle, Zu der ihr schöpfend euch gebückt, Des Herdes traute Feuerstelle, Das Wandgesims, das sie geschmückt. Bald zieren sie im fernen Westeil Des leichteii Bretterhauses Wand: Bald reicht sie müden, braunen Gästeii Voll frischen Trunkes eure Hand. Es trinkt daraus der Tscherokese, Ermattet, von der Jagd bestaubt; Nicht mehr von deutscher Rebenlese Tragt ihr sie heim, mit Grün belaubt. O sprecht! warum zogt ihr von daimeir? Das Neckartal hat Weil: und Korn; Der Schwarzwald steht voll finstrer Scannen; Im Spessart liegt des Älplers Horn. Wie wird es in beu fremden Wäldern Euch nach der Heimat Berge Grün, Nach Deutschlands gelben Weizenfeldern, Nach seinen Rebenhügeln zieh'n! Wie wird das Bild der alten Tage Durch eure Träume glänzend weh'n! Gleich einer stillen, frommen Sage Wird es euch vor der Seele stehn. Der Bootsmann winkt! — Zieht hin in Frieden! Gott schütz' euch, Mann und Weib und Greis! Sei Freude eurer Brust beschieden Und euern Feldern Reis lind Mais! F. Freiligrath.
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