— 25 —
bei Frauen allein, auch Männer bekommen ihr Teil, und je mehr sie er-
halten, desto stolzer sind sie. Verkäuferinnen finden sich mit Ketten ver-
schiedeuer Größe vor der Abfahrt eines Schiffes in Mengen ein, während
sie sonst in einer bestimmten Straße der Stadt, auf den Trottoirs kauernd,
von früh bis in die späte Nacht mit ihrer duftigen Ware handeln. Als
wir abfuhren, war ich der einzige Unbekränzte an Bord.
(2. Aufstieg zum Kilauea.) Der Kilauea ist kein freistehender
Berg wie die meisten Vulkane, sondern nur ein Krater an der Seitenwand
des Mauna-Loa; sein oberster Rand liegt ungefähr 1200 m über dem
Meeresspiegel. Genau nach sieben Stunden erreiche ich die Höhe, wobei
ich allerdings in der Mitte des Weges den Pferden eine anderthalbstündige
Erholungspause gegönnt hatte. Zuerst führt der Weg durch Zuckerrohr-
felder, dann über endlose Strecken kurzen Grases, das auf der Lava gedeiht
und kräftig genug ist, um große Viehherden zu unterhalten, die wir sowohl in
eingezäunten Paddocks bis zu einer Stärke von 1000 Stück antrafen, als
auch verwildert in kleineren Trupps im Freien weiden sahen. Später
ändert sich die Szenerie; größere oder kleinere, ebenfalls mit Gras über-
zogene Felsen wechseln mit von Lehuabäumeu und Akalasträuchern be-
wachsenen Strecken ab. Leider sieht der Lehuabaum nur in der Blütezeit
schön aus, wo er über und über mit roten Blumen bedeckt ist; sonst zeigen
seine zwar dicken, aber kleinen Blätter ein trocknes Grün und lassen die
schwarzen knorrigen Stämme und Äste überall durchschimmern. In größerer
Höhe treten zu diesen beiden Arten Noch der Knkuibaum und Farnkräuter
hinzu. Die Felsen verschwinden hier wieder, wodurch der Blick frei wird
auf den Mauna-Loa, der noch eine Strecke hoch mit Gras bewachsen, in
seinem obersten Drittel aber ganz mit kahler Lava Übergossen ist. Am
Rande des Kraters erwartet uus ein kleines Hotel, das sich getrost auf
jedem Schweizer Berg sehen lassen könnte. Es wurde von unternehmenden
Amerikanern in der Hoffnung erbaut, daß das Sternenbanner bald über
den Hawaii-Jnseln schweben würde. Das schönste im Hotel ist ein natür-
liches Dampfbad. Rings um das Haus steigen aus unzähligen Spalten
Schwefeldümpfe auf; hie und da ist der Boden so weich, daß man ihn ohne
einzusinken nicht betreten.kann, oder so heiß, daß man schleunigst darüber
hinwegzukommen sucht. Über einer solchen Spalte ist das Bad errichtet,
das aus einem Sitz mit hölzernem Mantel besteht. Hat man diesen ge-
schlössen, so steckt der Körper bis an den Hals in einer Kiste, aus der nur
der Kopf hervorragt. Nun zieht man an einer Schnur, welche die Klappe
hebt, die sonst die Spalte schließt, und man erhält so den Dampf direkt aus
der Erde; man badet eben in den Ausströmungen eines tätigen Vulkans.
Vom Kraterrand steigt man zuerst 140 m tief hinab, wandert dann
fast 5 km über erkaltete Lava und steht darauf vor einem neuen kleinen,
85 m tiefen Krater, in dessen Mitte der Lavasee sich besindet. Die Ver-
Hältnisse der beiden letzteren wechseln beständig; die Sohle des Kraters ist
in den letzten 5 Jahren 20 in gestiegen, der See verändert von Zeit zu
Zeit Form und Größe. Der Abstieg in den ersten Krater ist nicht schwer;
unweit des Hotels führt ein leidlicher Weg hinunter; es ist dies zugleich
der einzige Ort, wo es überhaupt möglich ist, in den Krater zu gelangen;
im Gegensatz zu den sonst überall senkrecht abfallenden oder überhängenden
kahlen Wänden ist diese Stelle auch ziemlich bewachsen. Gerade hier ist
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus]]
immer 2 Meter im Durchmesser. Zehn Stämme weisen eine Höhe von
75—82 Meter auf, 20 einen Umfang von 18—27 Meter.
In einem dieser Riesenstämme, deren größte alle einen Namen führen,
ist ein Tunnel durchgesägt: 3 Meter hoch, 23/4 Meter (an der Wurzel)
breit, 8 Meter im Durchmesser, durch welchen wir in unserer mit vier
Pferden bespannten Stage hindurchfuhreu. Und diese Sequoia wächst uu-
beschadet dieser klaffenden Wunde gesund weiter!
Auf der Weltausstellung in St. Louis sahen wir einen Kreisausschnitt
eines solchen Riesenstammes, an welchem schon in Chicago seinerzeit Unter-
suchungen von einer Kommission von Fachmännern angestellt worden waren,
um aus den Jahresringen annähernd das Alter des Stammes zu bestimmen.
Man hatte sich dabei auf eiu beiläufiges Alter von 7000 Jahren geeint!
Leider sind viele dieser Prachtexemplare am unteren Stamme durch
Feuer, teils wohl elementaren Ursprunges, vielfach aber durch Indianer in
früheren Zeiten beschädigt; glücklicherweise aber vermochte auch dies meist
nicht die Lebenskraft dieser Urgebilde zu zerstören.
(3. Der Aellowstone-Park.) Nach Übersetzung eines Passes, von
dem ein recht hübscher, aber kein großartiger Blick auf die umgebenden
Gebirgsketten, die noch mit Schnee bedeckt waren, sich erschloß, erreichten
wir nach fünfstündiger Fahrt mittags 1 Uhr das Fountain-Hoiel im Lower
Geyser Basin und fanden hier die ersten Geiser, die ganz besonders mit zu
dem Rufe des Iellowstone-Parkes beigetragen haben. Diese höchst bemerkens-
werten, in solcher Menge an einem Orte wohl nirgends wieder vorkommen-
den Naturerscheinungen sind zu ungezählten Malen von Naturforschern und
Reisenden geschildert worden, daß dem nichts Neues beizufügen ist.
Jedenfalls geben schon die gewaltigen, intermittierenden heißen Schwefel-
wassersontänen, die abwechselnd, aber fast alle in ziemlich regelmäßigen
Intervallen ihre sprudelnden Wassersäulen hoch in die Luft senden, allein
einen Hauptanziehungspunkt für den Iellowstone-Park ab. Dazu gesellt
sich, daß infolge der ausgeworfenen und wieder im Erdreich versinkenden
schwefelhaltigen Wasser das Erdreich und die Gesteine eine eigenartige
Färbung annehmen, die vom fahlsten Gelb bis zum intensivsten Rot wechselt,
wodurch die Landschaft in der nächsten Umgebung der Geiser ein ganz
originelles farbenreiches Kolorit aufweist. In einem solchen „Geiserbassin"
finden sich mitunter mehr denn ein Dutzend kleiner Geiserbecken, die oft
nur eiu unansehnliches kleines Loch bilden, aus dem oder denen dann ur-
plötzlich ein mächtiger Strahl emporschießt, der einen mehr oder minder
starken und hohen siedenden Wasserstrahl, zumeist großartig schöue Fontäuen,
auswirft. Ebenso plötzlich, wie er erschienen, sällt der Strahl wieder in sich
zusammen, und bald, vielleicht nach einer Viertelstunde, gähnt nur noch das
gelbe oder gelblichrote Schluudloch dort, wo unmittelbar vorher elementare
Kraft die im Tiefinnern der Erde gebrauten verdichteten Dämpfe mit un-
ermeßlicher Gewalt auf die Erdoberfläche schleuderte.
In einem entsprechenden Umkreise dieser Geiserbecken ist natürlich jede
Vegetation durch Schwefelwasser und -dampf vernichtet. Der umsäumende
Wald zeigt sich erst wieder in der Entfernung von bestenfalls vielleicht
ein paar hundert Schritt von der nächsten Geiserfontäne. Da nun im
ganzen Iellowstone-Parkgebiet verstreut solche Geiserbassins, die immer eine
Anzahl einzelner Fontänen und schwefelhaltiger Wasserbecken zeigen, sich
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß]]
TM Hauptwörter (200): [T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Louis
Extrahierte Ortsnamen: Chicago Aellowstone-Park Lower
Geyser_Basin Iellowstone-Park
— 118 —
hierzubleiben. Auf der 70 m breiten Landenge zwischen zwei kleinen Seen
wurde unser nasses Zelt aufgeschlagen. Wir sehen der bevorstehenden Nacht
mit einem gewissen Unbehagen entgegen und fragen uns, was sie wohl
bringen werde.
(4. Regenzeit.) Schon um acht Uhr wurden die Tiere in gewöhn-
licher Weise gebunden. Die Luft war ruhig, aber alle Himmelsrichtungen
konnten als gleich unsicher gelten. Diese Nacht war noch ärger als die
vorige; es war, als ob Tausende von Dachrinnen ihren Inhalt über unser
Lager ausschütteten. Aber die hierzulande vorgeschriebene Regenzeit war
da, und wir hatten kein Recht, uns zu beklagen. Wenn man, wie ich dies-
mal, vier Stunden Wache hält und bis auf die Haut naß wird, so weiß
man ganz genau, wie ein richtiger, ehrlicher Regen beschaffen sein muß . . .
31. Juli. Als ich nach mehrstündigem Schlafe geweckt wnrde, um beim
Einpacken und Beladen zu helfen, stürzte der Regen noch ebenso lustig
nieder wie bisher; aber hier gab es keine Gnade: hinauf in den Sattel,
sobald der Tag anbrach, und fort nach Südosten über beschwerliches, stark
kupiertes Terrain. Jetzt hatte unsere kleine Gesellschaft keinen trockenen
Faden mehr an sich, so daß uns der Regen eigentlich wenig genierte; aber
wir sehnten uns danach, daß die Sonne sich einmal über uns erbarmte
und uns trocknete.
Als ich mich auf meinen weichen, gepolsterten Sattel setzte, tropfte
das Wasser aus ihm; nachher erhielt ich vom Regen eine so gründliche
Dusche, daß das Wasser von meinen Kleidern in die Stiefel rann, in denen
es bei der geringsten Bewegung plätscherte. Erhob ich meinen Arm, so klang
es ungefähr, als ob ein Spüllappen ausgerungen werde. Der Weg, dem
wir noch immer folgten, — schon jetzt war deutlich zu erkennen, daß er nach
Lhasa führte, — ging über fünf Pässe, von denen jedoch die beiden letzten
nur in kleineren Abzweigungen zwischen Tälern lagen, deren Bäche einem
Haupttale zuströmten. Im Osten sah man den sich schlängelnden Fluß.
(5. Überschreiten eines Flusses.) Jetzt führte der Weg gerade
nach dem rechteu Ufer eines so breiten gewaltigen Flusses, daß wir ihn von
ferne für einen See hielten, dessen gegenüberliegendes Ufer vom Regen
verschleiert wurde. Doch das laute Aufschlagen der Regentropfen auf der
Wasserfläche wurde bald durch ein dumpferes Getöse wie vom Heranwälzen
großer Wassermassen übertönt. Auch die gelbe trübe Farbe verriet einen
Fluß, und als wir am Ufer standen und die Wellen nach Westsüdwesten rollen
sahen, war unser Schicksal deutlich besiegelt; denn hinüber mußten wir um
jeden Preis.
Der Fluß, der kein anderer war als der Satschn-sangpo^), den schon
Bonvalot, Prinz Heinrich von Orleans und Rockhill vor mir in derselben
Gegend überschritten hatten, war infolge des ewigen Regens zu ungeheuren
Dimensionen angeschwollen und teilte sich in seinem breiten Betteln zwanzig
Arme, von denen jeder an und für sich schon einen ziemlich großen Fluß bildete.
Vier Arme waren kolossal, und es erschien mir fast unmöglich, sie zu durch-
waten. Doch ohne einen Augenblick zu zögern, und ohne die Furt erst
genauer zu untersuchen, giug der Lama2), der stets vorauritt, gerade in das
x) Der Fluß mündet nordwestlich von Lhasa in den Selling-tso (See), der iviederum
etwas nördlich zwischen Tengri-nor und Dangrajum-tso (Seen) liegt.
2) = ein buddhistischer Priester, der von Sven von Hedin für den Zug gewonnen war.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See]]
TM Hauptwörter (200): [T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Orleans Heinrich Sven_von_Hedin
— 127 —
dämmen stehend, teilen die weiten, wasserbedeckten Flächen in kleinere
Felder. Das Gitterwerk, das so entsteht, gibt der Reislandschaft ihren
eigentümlichen Charakter. Die braunen Dämme — die Stäbe des Gitters
— heben sich scharf ab von den spiegelnden Wasserflächen oder von dem
lichtgrünen Grasteppich, der daraus hervorwüchst. Die Farbe dieses Sammet-
teppichs, in weiter Ferne mehr smaragdgrün, in der Nähe freudig gelbgrün,
steht in reizendem Kontrast zu dem mannigfach gestalteten dunkelgrünen
Pflanzenschmuck des Vordergrundes, zu dem violettblauen Gebirgshinter-
gründe und zu den dunkelgrauen Monsunwolken, welche in mächtigen Haufen
über den lichtstrahlenden Himmel ziehen. Besonders hübsch erscheinen die
Reisfelder des niederen Gebirges, die bis zu tausend Meter aufsteigen und
oft in halbrunden Talmulden die Bildung eines riesigen griechischen Amphi-
theaters nachahmen; die braunen Dämme, in gleichen Abständen sich über
einander erhebend, entsprechen den Sitzreihen, wie man sie z. B. im Amphi-
theater von Syrakus so schön erhalten sieht.
(4. Vulkane.) Das Wunderland Java ist nicht nur für den Biologen,
sondern auch für den Geologen von höchstem Interesse, insbesondere für
das Studium der Vulkau-Entwicklung. Von den 51 größeren Feuerbergen,
welche in langgestreckter Kette die Insel durchziehen, sind 28 noch heute in
Tätigkeit. Trotzdem ich schon in Neapel, in Sizilien, auf den liparischen
und kanarischen Inseln die wunderbare Bildung der aktiven Vulkane in
mannigfaltigen Formen kennen gelernt hatte, trat sie mir doch hier (ebenso
wie gestern auf dem Kawa Mauuk) abermals in einer neuen Form eut-
gegen. Schon in weiter Ferne, in Garnt, fällt morgens, wenn das Ge-
birge klar und wolkenfrei ist, die absonderliche Form des Papandajan auf:
ein breiter, mächtiger Doppelkegel mit zwei Spitzen, welche durch einen sehr
breiten und tiefen Sattel getrennt sind. Der vordere (nördliche) Rand des
Sattels ist tief ausgeschnitten, und man blickt durch diesen Ausschnitt in
ein gewaltiges Amphitheater, aus dessen östlichem Teile beständig eine starke
Rauchsäule emporsteigt. Der Ausschnitt des gewaltigen Kraterrandes, der
12 Kilometer lang und 4 Kilometer breit ist, stellt die offene Bresche dar,
durch welche man bequem in den tiefen Grund des trichterförmigen Kraters
eintritt. Diese Öffnung ist die Folge der furchtbaren Explosion vom
12. August 1772, durch welche 40 Dörfer zerstört und 3000 Menschen
getötet wurden. Der ganze Gipfel des gewaltigen Vulkans wurde dabei
in die Luft gesprengt, und als Rest blieb der heutige abgestutzte Kegel des
Kraters übrig, aus welchem ein Drittel oder ein Viertel der nördlichen
Mauer ausgebrochen ist. Durch diese Bresche fließt der dampfende Bach
ab, längs dessen Ufern wir heraufgestiegen sind.
Die inneren Wände des ungeheuren Amphitheaters, die sich bis
270 Meter über seinen Boden erheben, sind größtenteils ganz nackt, aus
grauen, gelben, roten oder braunen Lavamassen gebildet. Der hügelige
Boden desselben ist mit weißen Sublimaten und gelben Schwefelkristallen
bedeckt und von zahlreichen größeren und kleineren Löchern durchbrochen, aus
denen kochendes Wasser und Schwefeldämpfe aufsteigen. Ein zweckmäßig
angelegter Pfad führt in vielen Windungen zwischen den brodelnden Kesseln
hin und auf Holzstegen oder Baumstämmen über die dampfenden Bäche
hinweg, die aus dem durchlöcherten Boden emporquellen. Auch hier müssen
wir aufmerksam den Weisungen des uns begleitenden Führers folgen, um
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
— 352 —
Sturm aus Westen geweht, der ungeheure Wassermassen durch den Kanal
gepeitscht hatte, brach sie über die armen Marschen herein und richtete wieder
unbeschreibliches Unglück an. Nicht eine Gegend blieb verschont; namentlich
litten die Oldenburger Marschen, und fast in allen Kirchen hängen dort
heute noch Gedächtnistafeln, die aus ihren Kirchspielen manch' grausige
Geschichte erzählen. Genau weiß man, daß diese Flut hier 2471 Menschen
und über 4000 Stück Vieh fortspülte, in Ostfriesland die fast gleiche Zahl
und auf der ganzen Nordseeküste über 15 000 Menschen. Auch uach dieser
Flut lag Osterstade wieder zwei Jahre offen; weit und breit waren die
Deiche zerstört, und die Lasten auf deu Ländereien wurden so unerträglich,
daß mancher Grundeigentümer, welcher die Kosten des Deichens nicht er-
schwingen konnte, nach altem Brauch iu seine schönsten Ländereien den
Spaten steckle. Wer ihn herauszog, übernahm die Deichlasten und ward
Besitzer des Landes. Mutige Arbeiter haben manchen Spaten gezogen und
dadurch für bessere Zeiten einen Reichtnm gegründet, dessen sich jetzt viele
Familien in den Marschen zu erfreuen haben.
Das war die letzte große Flut des vorigeu Jahrhunderts, welche über
das Friesengebiet hinbrauste. Einzelne Marschen dagegen litten noch öfter.
In das arme Nordfriesland brach in jedem der drei folgenden Jahre das
Meer ein und endlich noch zweimal in den fünfziger Jahren. Dann erst
trat Ruhe ein, die nun fortdauerte bis in unser Jahrhundert.
(3. Wassernot und Verkehrsschwierigkeit iu der Marsch.)
Ein großer Übelstand in den meisten Marschen ist der Mangel an gutem
Trinkwasser. Die Brunnen müssen oft 60—70 Fuß tief durch alle Erd-
schichten geführt werden, bis man auf das Saudlager stößt. Hier erst
findet sich einigermaßen gutes Wasser, das demuugeachtet sehr selten klar
und reinschmeckend ist.
Und dennoch können die Bewohner der Gegenden, wo Brunnen möglich
sind, sich glücklich preisen. In den nördlichen Marschen, wie im Jeverland,
Ostsriesland, Butjadingen und im Lande Wursten, findet man in einigen
Strichen oft weit und breit keinen einzigen. In diesen Gegenden ist der
Boden so reich an Salzteilen, anderen Orts wieder an Schwefelwasserstoff-
gas, das sich vorzüglich in der Dargschicht^) findet, daß alle Versuche,
Trinkwasser aus ihm zu erhalten, gänzlich scheiterten. Es war stets trübe,
übelriechend, ungesund und vom abscheulichsten Geschmacke, Wo die Geest
nahe ist, führt diese uoch einiges Wasser herbei, sonst ist man einzig und allein
auf Regenwaffer angewiesen, das man in Gräben und Cisternen auffängt.
Und selbst dieses kaun man nicht immer vor den Einwirkungen des Bodens
bewahren. Kommt nicht oft frischer Zufluß, so stagniert es bald, überzieht
sich mit einer dicken, farbenschillernden Haut und kann nun vor üblem
Geruch und Geschmack kaum hinuntergewürgt werden. Viele Häuser besitzen
daher einen Filtrier-Apparat, in welchem das Wasser sich reinigt, indem es
dnrch mehrere Schichten von Kiessand, zerstoßenen Muschelschalen und Holz-
kohlen sickert. Dieser leistet durchgängig treffliche Dienste. Im Winter,
wenn ein strenger Frost das Wasser in den Gräben und Cisternen gefrieren
i) Der Darg bildet die unterste Schicht des Marschlandes' er kommt nur stellen-
weise vor und besteht aus einer dunkelbraunen Schicht von Blättern, Halmen und Wur-
zeln des gemeinen Rohrs, welche verwoben, vertorst und zusammengepreßt sind.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen]]
— 353 —
macht, vor allem aber bei lang anhaltender Dürre eines heißen Sommers, steigert
sich die Not in diesen Gegenden oft zu einer wahrhast betrübenden Höhe.
Weit umher ist dann oft kein Glas genießbaren Wassers zu finden, das
Vieh rennt, vom furchtbarsten Durste geplagt, blökend im Felde umher,
alle Gräben sind ausgetrocknet oder zu stinkenden Pfützen geworden, alles
Wasser in den Zisternen ist faul und trübe und kaum zum Essen und
Kochen tauglich. Mehrere Stunden weit wird zwar täglich frisches Wasser
auf Wagen angefahren, aber wie wenig ist das bei solchem Mangel!
Endlich kommen noch zu der allgemeinen Not die verheerenden Sumpf-
und Gallenfieber, die, herbeigeführt durch Genuß und Ausdünstung des
stagnierenden Wassers, wahrhaft pestartig wüten.
Der Bewohner dieser Marschen kommt zuzeiten wohl in ähnliche
Lagen wie der Seemauu. In dem Augenblicke, wo er mit den wilden
Fluten kämpft, die ihn zu begraben drohen, dürstet er vielleicht nach einem
Schluck frischen Wassers, seine Zunge zu beseuchteu.
Ungleich glücklicher sind in dieser Hinsicht jene Marschen, bei denen
noch die Flüsse süßes Wasser sühren, welches man, wenn auch das Wasser
der Gräbeu und Brunnen verderben sollte, durch Schleusen ins.land zu
führen vermag. Solchen unberechenbaren Vorzug besitzen zum Beispiel
das Stedinger- und Stadland, Osterstade, Land Wührden und das Alte Land.
Eine zweite Schattenseite der Marschländer ist die schnelle Erweichung
ihres Bodens. Im Gegensatze zu Sand- und Lehmboden nennt man den
der Marschen Klei, welches Wort mit dem englischen clay (Ton) die näm-
liche Abstammung und Bedeutung besitzt. Im Sommer und überhaupt bei
trocknem Wetter wird der Kleiboden sehr fest, hart, zieht sich zusammen
und erhält dadurch nach allen Richtungen hin starke Risse, die oft mehr
als einen Fuß in die Tiefe hinab sich erstrecken. Wenige Regentage dagegen
sind hinreichend, den Kleiboden in völligen Schlamm aufzulösen.
Im Sommer sind daher die Wege in den Marschen außerordentlich
hart, eben und in jeder Hinsicht ausgezeichnet, so daß sie den besten Kunst-
straßen nicht nur nicht nachstehen, sondern dieselben sogar übertreffen. Im
nassen Herbst und Winter hingegen befinden sich jene in einem Zustande,
von dem es schwer ist, sich einen Begriff zu machen, so daß der Fremde,
welcher die Wege nnr im Sommer gesehen, es kaum glauben wird, daß es
noch dieselben sind. Regnet es stark, so erweichen alle Straßen zu einem
grauen flüssigen Brei, der beim Reiten und Fahren unaufhörlich in die
Höhe spritzt, und in welchem der Fußgänger bis über die Knöchel einsinkt.
Regnet es weniger, so ist es noch schlimmer; alsdann wird der Boden ein
äußerst zäher, steifer und biudiger Teig, welcher sich dem Wanderer schwer
an die Füße hängt und den Fuhrwerkeu die Räder füllt, so daß man sich
nur ganz langsam und mit größter Anstrengung hindurcharbeiten kann.
Die schlechten Wege erschweren mithin die Verbindung der Marsch-
dörser und Höfe ungemein, nicht minder die Kommunikation mit der Geest,
und so geschieht es, daß die Marschen oft den ganzen Winter hindurch von
keinem Fremden betreten werden, ja einzelne Höfe oft so isoliert und weuig
besucht sind, als lägen sie auf unzugänglichen Inseln im Meere. Diese
Verkehrserschwerung mag wesentlich beigetragen haben, Sitten und Charakter
der Marschbewohner so rein und frei von äußeren Einflüssen zu bewahren.
Äußerst spät begannen die Marschen ihren Verkehr durch Anlegung
Marquardt, Quellenlesebuch. 23
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
— 378 —
bald tritt er hart an den Rand des Ufers heran. Dichter wird hier infolge
der größeren Fülle des Lichts die Masse des Laubes, reicheres Unterholz
erfüllt den Wald, die Äste der Baumkronen drängen sich wetteifernd der
Freiheit und Helligkeit entgegen, und plötzlich stehen wir an der Kante der
jäh herniederstürzenden Wand, über deren Stirn die Fetzen der diluvialen
Decke zuweilen noch überhängen, von Baumwurzeln durchkrallt. Nach unten
fällt der Blick auf die phantastischen Formen der Kreidewände, die hinter
dem schmalen, all ihren Biegungen folgenden Strande emporsteigen, oft unten
auch noch in Grün gehüllt, das in den Schluchten und Rnnfen emporsteigt.
Geradeaus aber fliegt er in die unendliche Weite der See, deren Blau
infolge des Farbeukontrasts zu den weißen Wänden noch tiefer als sonst
erscheint. Besonders anziehend ist das Bild, wenn die Abendsonne von
Westen her ihr Licht auf die rotbraunen Segel der Fischerboote auf der
See wirft, so daß sie wie leuchtende rote Flecke in dem tiefen Blau der
Flut stehen.
Der Höhepunkt des Spaziergangs, dessen Großartigkeit sich von Süden
nach Norden geradezu künstlerisch steigert, liegt an der Groß-Stubbenkammer
(der Name ist aus dem slavischeu „Felsstufe" abgeleitet) genannten Stelle.
Hier springt ein mit Geländern versehener Felsen, „Wilhelms I.-Sicht" ge-
nannt, nach außen vor. Betritt man ihn, so liegt vor einem die bedeutendste
der rügenschen Kreideklippen, der majestätische Königsstuhl, der mit massiver
Wucht aus Buchengrün emporsteigt, um auf seiner breiten, 122 m über dem
Meere aufragenden Plattform wiederum den Buchenwald zu tragen. Auf
dieser weit vom Ufer vorspringenden, ebenfalls mit Geländern umfriedigten
Plateauzunge erblickt man noch freier als sonst das prachtvolle Bild der
See und zugleich auch der hinter uns zurückliegenden Ufer. Schön ist auch
der Anblick der ganzen Küste von der See aus, wie man ihn auf der
Dampferfahrt von Saßnitz nach Arkona genießt.
Wendet man sich vom Königsstuhl wieder landeinwärts, so gelangt
man zu dem stimmungsvoll im Walde gelegenen Gasthaus „Zur Stubben-
kammer". Wenige Minuten von hier liegt eine Stätte im Waldesdämmern,
die von Sagenromantik und mythologischen Schauern mehr als eine andere
Rügens umwittert ist, wenngleich diese auf Grund der Lage und landschaft-
lichen Stimmung des Ortes erst nachträglich und mit zweifelhaftem Recht
von den fremden Besuchern übertragen sind. Wir meinen den Herthasee
und die Herthaburg. Der Herthasee, ein kleiner träumerischer Waldsee, wird
gern für den geheimnisvollen See gehalten, wo nach dem Berichte des Tacitus
das Bild der Göttin Nerthus nach ihrem Wintersonnenwend-Umzng gebadet
wurde. Der See verschlang danach jedesmal die Sklaven, die hierzu Hand-
reichuug geleistet hatten. Die Herthaburg ist der uoch wohlerhaltene Rest
eines alten Burgwalles, jetzt von Bäumen in feierlichem Schweigen über-
laubt. Auch ein paar Opfersteine liegen in der Nähe mit Vertiefungen,
die als Blutrinne und Blutbecken ausgedeutet werden. Die Echtheit ist aber
zweifelhaft.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
— 415 —
erkennen sind, werden im Naß-Sortiergebäude zunächst mit Wasser ab-
gespült.
In dem Pochwerke, in welches wir nun eintreten, verursachen 176
Pochstempel einen so entsetzlichen Lärm, daß man sich mit seinem Nachbar
kaum anders verständlich machen kann, als wenn man ihm die Worte mit
aller Kraft in die Ohren schreit. Die Stempel sind von Schmiedeeisen und
wiegen mit dem stählernen Pochschuh (dem Klotz am unteren Ende) je
180 kg. Die Pochsohle des Troges, in welchem die Stempel das Erz zer-
schmettern, ist von Hartguß.
Mit Aufzählung der hydraulischen Separations- und Anreicheruugs-
Maschinen würde dem Leser wenig gedient sein. Ich will deshalb nur die
Prinzipien nennen, auf denen sie beruhen. Sind zwei Körner von ver-
schiedener Größe, bezw. von verschiedenem spezifischen Gewichte in Bewegung,
so schießt nach dem Gesetze der Beharrung das schwerere über das leichtere
hinweg, wenn die Unterlage, mit der sie sich bewegten, plötzlich zur Ruhe
kommt; — darauf beruht u. a. die Einrichtung des Stoßherdes. Da-
gegen bleibt das schwerere in einem Wasserstoße oder Strome nach demselben
Gesetz hinter dem leichteren zurück; — darauf beruhen n. a. die Setzmaschine
und der Kehrherd. (Die Setzmaschine ist 1851 vom Oberpochsteiger Schell
und von Theod. Wimmer zu Klausthal, der rotierende Herd 1852 von
ersterem erfunden.)
Unter Verzicht auf weitere Besichtigung werfen wir nun noch einen
Blick in die Schlammwäsche, wo die Aufbereitung ihren Abschluß hat.
Hier finden wir die Herde, schiefe Ebenen von geringer Neigung bei beträcht-
lichem Durchmesser (ö1/^ m), in verschiedener Konstruktion in Tätigkeit; die
einen sind mit Plannen belegt, in denen der metallhaltige Schlamm
(„Schlieg") der von der höchsten Stelle der schiefen Ebene herunterfließenden
„Trübe" hängen bleibt, von den unbelegten Kehrherden wird er mit Besen
abgekehrt, auf andern besorgen dieses kleine auf- und niedersteigende Bürsten
oder kräftige Wasserstrahlen. Die sandigen Abgänge dieser Herde werden
noch einmal in Hilfswäschen verarbeitet, nachdem sie sich in zahlreichen
Schlammsümpfen niedergeschlagen haben. Der nun verbleibende „After"
findet im Tale unterhalb der Aufbereitungsanstalt keinen Platz mehr und
wird deshalb zurückgehoben und oberhalb derselben in das Zellbachthal
gestürzt.
Zum Betriebe des Hauptwerkes sind 4 Dampfmaschinen und 11 Dampf-
keffel mit 310 Pferdekräfteu, sowie 4 Turbinen und 3 Wasserräder mit 100
Pferdekräften erforderlich. Da nnr die Steinbrecher und die Röschwalzwerke
ohne Waffer arbeiten, so sind, wie sür die Gruben, so auch für die Auf-
bereituug die Teiche und Gräben Lebensbedingung.
Die neue Aufbereitungsanstalt bei Klausthal, welche von keiner andern
an Großartigkeit und zweckmäßiger Einrichtung übertroffen wird, verarbeitet
im Jahre etwa 70 000 000 kg Roherz und gewinnt daraus etwa 7 300 000 kg
Bleischlieg, 80000 kg Kupferfchlieg und 50000 kg Blendeschlieg. Von
den übrigen Harzer Anstalten sind die bedeutendsten die zu Lautenthal, Gruud
und Schulenberg.
(4. Die Silberhütte.) Je näher wir der Silberhütte kommen, um
so kümmerlicher und dürftiger wird die Vegetation an den das Tal ein-
engenden Bergen. Nun hören auch die letzten verräucherten Baumkrüppel
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
— 423 —
Mannschaften zur Bewachung heranholen. Die Leute zählen die losgehenden
Schüsse und haben die Vorschrift, nach dem letzten Schuß noch eine gewisse
Zeit zu warten, ehe sie den Arbeitsort wieder betreten.
In der achtstündigen Schicht. wird in der Regel zweimal geschossen.
Die jedesmal fallenden Salzmengen sind ganz bedeutend.
Nachdem wir dem Bohrbetriebe eine geraume Zeit zugeschaut hatten,
begaben wir uns nach der Strecke zurück und zum Fahrschachte hin, um
noch weiter in die Tiefe zu steigen. Diesmal ging's wieder 22 m tief hinab,
so daß wir auf der 360m-Sohle anlangten. Es ist das die tiefste Sohle
des 2. Schachtes. Auch hier befand sich eine elektrische Bahn.
Kaum hatten wir die Strecke betreten, als sich ein dumpfgrollender
Donner hören ließ, der sich wieder und wieder erneuerte. Die Häuer waren
beim Schießen, das sie kurz vor dem Schichtwechsel, zum zweiten Male
während der Schicht, vornehmen. Der Schichtwechsel mahnte uns, die Fahrt
zu beeuden und wieder zu Tage zu fahren. So wanderten wir denn nach
der Schachtausfahrt hin, uns den langen Weg durch Unterhaltung kürzend.
Nicht weit von der Ausfahrt entfernt hat man in schräger Richtung von
der 360 w-Sohle aus eine Strecke in das Salzlager zum Zwecke der
Untersuchung desselben getrieben, die eine senkrechte Teufe von 390 m hat.
Ein wenig zweifelnd sah ich meinen Begleiter an, als er mir erzählte, daß
die neben dem der Förderung dienenden Teile der Strecke angelegte Treppe,
aus der seinerzeit die Mannschaften ein- und ausfuhren, die ungeheure
Zahl von 2 200 Stufen besitzt. Die Strecke ist, seitdem auch einer der
Schächte auf die Tiefe von 750 m niedergebracht und mit ihr verbunden
worden ist, nicht mehr im Betriebe.
Bald kamen wir zum Schachte und standen wieder in dem Förderkorbe.
Ein Bergmann gab das übliche Signal, ein mehrfaches „Glückauf!" ertönte,
ein Ruck, und wir fuhren empor. Franz Welzel-Staßfurt.
V. Friedrich Alfred Krupp und sein Merk.
(„Friedrich Alfred Krupp und sein Werk." Erweiterter Sonderabdruck aus
„Westermanns Illustrierten Deutschen Monatsheften", Februar und März 1904 [in Buch-
form, reich illustriert]. 66 Seiten, geh. 8,50 Mark, geb. 4 Mark. S. 1—2, 17—18,
23—24, 31—34, 37—38, 47—48, 50—51, nach dem Stande vom 1. Januar 1911 ergänzt.)
(1. Die Dynastie der „Stahlkönige".) Wie aus der Blütezeit des
deutschen Handels gegen Ausgang des Mittelalters die Geschlechter der
Handelsfürsten, der Fugger, der Welser hervorleuchten, so wird der Name
der Krupp, der Fürsten der Arbeit, auf alle Zeiten in der Geschichte mit
dem Aufblühen deutschen Gewerbefleißes, insbesondere der das Kultur-
leben der heutigen Zeit beherrschenden Eisenindustrie innigst verknüpft bleiben.
Drei Generationen zwar nur, in männlicher Folge, hat die Dynastie
der Essener „Stahlkönige" bestanden; aber in weniger als einem Jahrhundert
haben diese ein industrielles Unternehmen aufgebaut, das durch seinen
Umfang, seine Geschlossenheit und Organisation unvergleichlich dasteht, das
durch die wissenschaftlichen und technischen Fortschritte, die in ihm wirken,
durch seine sozialpolitischen Einrichtungen als die Verkörperung moderner
Anschauung auf industriellem Gebiet augesehen werden kann, das als ein
„Staat im Staate" bezeichnet worden ist.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
Extrahierte Personennamen: Franz_Welzel-Staßfurt Franz Friedrich_Alfred_Krupp Friedrich Alfred_Krupp
Schutzgebiet gibt es, wenigstens im mittleren und südlichen Teil, wenig von
der Art der Bewachsuug, die man in Europa „Wald" nennt; denn meist
stehen die Bäume in größeren Zwischenräumen, so daß sie eine mehr oder
weniger dichte „Baum-Savanne" bildeu. Aber an einigen Punkten — so
öfter bei Rehoboth, und besonders dort, wo der Weg von Anb mündet —
treten sie so dicht zusammen, daß man ohne Übertreibung von einem
„Walde" sprechen kann. — Reichliches Wasser hat der Ort durch seine
warmen Quellen, deren ergiebigste sich in einem in den Kalkfels eingesprengten
Bette dahinfließend zu einem recht ansehnlichen Teich vereinigen, eine aus-
gezeichnete Viehtränke. Die Quellen sind übrigens nicht so heiß wie die
in Windhoek. Dr. Dove ermittelte die Temperatur der heißesten zu
52,5° £.*). Hier au den Quellen ist der tiesstgelegene Punkt des Dorfes,
das von Norden her sanft ansteigt und dort, wo das Missionsgehöft und
der oben erwähnte Stores liegen, seine größte Höhe erreicht. Der Boden
scheint durchgehend Kalkfels zu fein, und aus diesem Material siud auch
die meisten der massiven Häuser aufgeführt. Das Dorf macht einen sehr
freundlichen Eindruck. Die weißen Häuschen, die unregelmäßig durchein-
ander stehen, die vielen schönen Bäume dazwischen und das ganze Leben
und Treiben berühren äußerst angenehm. In der Mehrzahl der Häuser
herrscht peinliche Sauberkeit, und morgens sieht man überall Frauen und
Mädchen die Stuben und Kammern ausfegen und reinigen. So mancher
deutscher Bauer, deffen Haushalt ich im Manöver kennen lernte, könnte sich
ein Beispiel an der Reinlichkeit dieser Bastards nehmen, die übrigens ganz
ähnliche Lebensgewohnheiten wie unsere Bauern haben, natürlich nur die
wohlhabenden Familien; bei den ärmeren sieht es oft trauig aus.
(7. Die ersten Europäer in der Kolonie.) Einzelne Jäger,
Händler und Missionare waren die ersten Europäer, die in das Land zogen.
Das waren für die Eingeborenen noch glückliche Zeiten, als der Wildreich-
tum des Landes Jäger aus aller Herren Länder herbeilockte, als Elfenbein,
Straußenfedern, Felle, Gehörne n. a. m. in Masse exportiert wurden. Die
älteren Bewohner der Walsischbai, dieses zuerst entdeckten und ehemals
bedeutendsten Hafens Südwestafrikas, wissen sich noch gut der Jahre zu er-
innern, in welchen die Elefantenzähne, in langen Reihen am Meeresstrande
aufgestapelt, der Verladung harrten.
Damals, es war in den Jahren um 1860, residierten einige der Jäger
wie Fürsten im Lande und hatten nicht geringen Einfluß auf die politischen
Ereignisse. So die beiden „großen" Jäger, wie sie noch heute im Volks-
munde genannt werden, der Schwede Andersson und der Engländer Green,
die im Jahre 1863 die seit 1842 von dem Nama-Häuptliug Jonker
Afrikaner unterjochte Herero-Nation in der Befreiuugsfchlacht gegen ihre
Unterdrücker führten. In jenen Zeiten wurde von den Eingeborenen, von
denen oft Hunderte im Dienst eines Jägers standen, Geld leicht verdient,
und umherziehende Händler sorgten dafür, daß dasselbe schnell für Waffen
und Munition, Pferde, Branntwein und prächtige Kleider wieder ausgegeben
wurde. Aber bald änderte sich die Sachlage! Durch die fortwährenden
*) Vgl. Dr. Karl Dove, Deutsch-Südwestasrika. Ergebnisse einer Wissenschaft!. Neise
im südl. ^Damaralande. Gotha, Justus Perthes, 1896, S. 11.
*) Jedenfalls das Haus des Kaufmanns Schluckwerder, in welchem die Besatzung lag.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun]]
Extrahierte Personennamen: Schwede_Andersson Jonker
Afrikaner Karl_Dove Karl Justus_Perthes
Extrahierte Ortsnamen: Europa Rehoboth Windhoek Wildreich- Gotha