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1. Lehrbuch der Weltgeschichte für Schulen - S. 101

1872 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
— 101 — grauen zollten. Das Leben in Städten widerstrebte ihrem freiheitsliebenden Sinn; sie wohnten in vereinzelten Gehöften, inmitten ihrer Felder. Ihre Kleidung war äußerst einfach: die Männer trugen ein leinenes Unterkleid, darüber ein wollenes Gewand; die Frauen ein leinenes Gewand mit rother Umsäumung. Ihre Nahrung bestand aus Milch, Fleisch von zahmen oder erjagten Thieren und wildem Obst; ihr Hauptgetränk war eine Art Gerstenbier- Der Ackerbau war den Sclaven oder Leibeigenen überlassen, die mit den Frauen auch das nöthige Hans-geräthe, sowie Leinwand und Kleidungsstücke verfertigten. Der freie Mann kannte keine andere Beschäftigung als die Besorgung seiner Waffen, die hauptsächlich aus Schild und Speer bestanden, und die Uebung der Jagd und des Krieges. Die Lieblingsunterhaltung der Männer waren Gastmähler, Trinkgelage und Würfelspiel ; ihre Leidenschaft für das letztere riß sie nicht selten hin, sich selbst und ihre Familie als Preis des erlittenen Verlustes einzusetzen. Das Volk bestaub ans eblen und gemeinen Freien und Leibeignen. Die Letzteren genossen zwar keine Rechte; boch war ihr Loos erträglicher, als das der römischen und griechischen Sclaven. Ueber alle allgemeinen Angelegenheiten entschieb die Gesammtheit der freien Männer in der Volksversammlung, die gewöhnlich zur Zeit des Neu- und Vollmondes zusammentrat. An der Spitze der einzelnen Stämme stand in der Regel ein ans dem Adel gewählter König, dessen Macht jedoch beschränkt war. Die einzelnen Höfe waren zu Gemeinden, diese zu Gauen vereinigt, und beiden standen selbstgewählte Richter vor, welche Grafen (von grau — also Aelteste) genannt würden. War ein Verbrechen gegen ein ©lieb der Gemeinde begangen worben, so übten die Verwanbten die Blutrache; boch stanb bent Gerichte die Entscheibung barüber zu, ob das Vergehen durch Blut ober durch Gut gesühnt werden solle. Wer sich einem richterlichen Spruche nicht unterwarf, wurde für rechtlos erklärt und konnte ungestraft erschlagen werden. Die Kriege der alten Deutschen waren -entweder gemeinschaftliche Unternehmungen, b. h. sie würden von einem ganzen Stamme unter der Führung eines dazu erwählten Herzogs begonnen, ober ein einzelner Ebler zog an der Spitze von Freiwilligen, die als sein Gefolge in seinen Dienst getreten waren, zu einem des on deren Unternehmen ans. Oft begleiteten auch die Frauen das Heer, um die Pflege der Verwundeten zu besorgen und die Streitenden durch ihren Zuruf anzufeuern. War das Heer geschlagen, so wählten sie nicht selten einen freiwilligen Tod, um der Schmach der Knechtschaft zu entgehen. Die Religion der Germanen war ein einfacher Naturdienst: sie verehrten die Elemente, die Erde, den Himmel; aber ihre

2. Bilder aus der Weltgeschichte - S. 16

1895 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
— 16 — Hanbei und feinen Kunstfleiß. Phönizien war ein kleines, nur 2—6 Stunben breites und etwa 65 ©tunben langes Land am Mittelmeere, zur Seite von Kanaan; die größten Stabte des Landes waren Sibon und Tyrus. Handel war das Leben der Phönizier, und überall, wo etwas Brauchbares zu haben war, bahin gingen sie und machten's sich zu nutze. Dazu biente ihnen insbesondre die Schiffahrt, welche von ihnen außerorbentlich vervollkommnet würde. Die Menschen mochten schon sehr früh auf biefe nützliche Erfinbung gekommen fein. Die erste Anleitung gab ihnen die Natur selbst. Einer bemerkte, wie ein hohler Baumstamm auf dem Wasser schwamm, ohne unterzusinken. Das würde benutzt. Man baute nach biesem Muster einen Kahn, ließ ihn aufs Wasser, und siehe, auch bies Holz schwamm glücklich. Einer wagte es, sich hineinzusetzen, dann äwei zugleich, dann eine ganze Gesellschaft; ein jeber nahm, um die Floßfebern der Fische nachzuahmen, eine Schaufel zur Hand, und nun würde frisch barauf los gerubert. So war das Schiff erfunben. Aber, zumal bei Nacht, aufs hohe Meer zu steuern, das wagten die Menschen lange nicht. Dies unternahmen erst die Phönizier, welche im Schiffbau, zu dem die prachtvollen Gebern des Libanon ihnen trefflich zu statten kamen, große Verbesserungen vornahmen (Fig. 6). Sie wagten sich kühn hinaus auf das offen vor ihnen liegenbe Mittellänbifche Meer. Bei Tag biente ihnen der Staub der Sonne, bei Nacht der gestirnte Himmel zum Wegweiser. Sie fuhren selbst bis nach Spanien, aus welchem sie sich viele teils kostbare teils nützliche Metalle holten; benn Spanien war das Silber- und Golb-lanb der Alten Welt. Sogar bis nach England und Preußen sollen die Phönizier gekommen fein; aus jenem holten sie Zinn, aus biesem Bernstein, der in der Alten Welt fast mehr galt als Golb. Außer der Vervollkommnung der Schiffahrt kamen den Phöniziern noch zwei merkwürbige Erfinbungen wohl zu statten. Einmal, heißt es, stiegen phönizische Schiffer an der Küste aus, um sich ein Essen zu kochen. Ihr Feuerherb war ein Plätzchen am Ufer, wo schöner reiner Kieselsanb lag, und einige Salpetersteine, die gerabe in bet Nähe waren, bienten dem Herbe zur Unterlage. Die Schiffer

3. Bilder aus der Weltgeschichte - S. 39

1895 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
— 39 — der Athene stand. Den Marktplatz umgab er mit schönen Hallen und führte noch viele andere Gebäude auf. Künstler und Dichter zeichnete er aus und auch dem Volke verschaffte er viele Rechte: so gelaugte Athen unter ihm zur höchsten Blüte. Indessen dauerte diese nicht lange. Sparta wurde immer eifersüchtiger auf Athen, und schließlich kam es zwischen beiden Staaten zu dem sogen, peloponnesischen Krieg, der nahezu 30 Jahre dauerte (431—404 v. Chr.) und mit einer völligen Besiegung Athens endigte. Das schlimmste dabei ist aber das, daß während des Krieges in Athen eine Sittenverderbnis einriß, die leider immer weiter um sich griff. Inmitten dieses allgemeinen Verderbnisses erweckte die göttliche Vorsehung wie bei andern Völkern so auch unter den Griechen einzelne erleuchtete und tugendhafte Männer, welche das Dasein des einen wahren Gottes wenigstens ahnten und sich der Tugend redlich beflissen, welche sich mit aller Macht den Greueln des Heidentums entgegensetzten, wieder reinere Begriffe von Gott verbreiteten und durch ihr Vorbild manche zu einem tugendhaften Lebenswandel ermunterten, noch mehrere wenigstens von einem tiefern Falle in Sünde und Laster zurückhielten. Unter diesen Männern nimmt Sokrates (s. S. 29) eine der ersten Stellen ein. Er war der Sohn eines Bildhauers und lernte diese Kunst bei seinem Vater, versäumte aber auch die kriegerischen Übungen nicht und focht mehrmals mit Mut und Tapferkeit für feine Vaterstadt Athen. Seine liebste Beschäftigung jedoch war, sich der stillen Betrachtung und der Bildung begabter Jünglinge zu widmen. Er erteilte keinen förmlichen Schulunterricht, sondern seine noch unerreichte Kunst bestand darin, gesprächsweise auf Spaziergäugen oder auf einem öffentlichen Platze seine jungen Freuude durch allerlei geschickte Fragen zum Nachdenken Über sich selbst und ihre Pflichten zu erwecken und ihnen den Grundsatz eigen zu machen, daß unter allen Kenntnissen die Kenntnis unserer Pflichten die erste sei. Hiermit verband er eine große Reinheit und Untadelhaftigfeit des Wandels. Unter seinen ausgearteten Mitbürgern, die sich allerlei sinnlichen Lüsten und einem ausgesuchten Luxus ergaben, erschien er selbst in größter Einfachheit. Seine Klei-

4. Bilder aus der Weltgeschichte - S. uncounted

1895 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
In der Kerderlchen Merkagshandtung zu Freiburg im Breisgau erscheint und ist durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Dr. Johannes Lmnüllers Lehrbuch der Weltgeschichte. Siebente Auflage, in gänzlich neuer Bearbeitung von Direktor Dr. Simon Üminann. / Drei Teile. Soeben ist erschienen: I. Feit: Geschichte des Altertums, gr. 8°. (Xvi u. 468 S.) M. 4. Fortsetzung und Schluß (Ii. Geschichte des Mittelalters, Iii. Geschichte der Neuzeit) werden 1896 erscheinen. H5 o r rv o r t. Was Goethe in anderem Sinne sagt: „Gern wär' ich Überlieferung los und ganz original", diesen Wunsch hegt leicht jeder, welchem die Ausgabe zufällt, das von einem andern verfaßte Werk umzuarbeiten; nicht als ob er der Ansicht wäre, es besser machen zu können, als jener es angelegt hat, sondern weil es leichter ist, etwas nach eigenem Plane auszuführen, als sich in einen fremden einzudenken und in dessen Geiste die Erneuerung vorzunehmen. Gerade weil er die Leistung des Vorgängers schätzt, fühlt er sich mitunter beengt. _ Er möchte bewahren, was sich bewährt hat, und kann darum nicht seinen eigenen Gedanken freien Lauf lassen. Wie ein Baumeister, welchem der Umbau eines den modernen Anforderungen nicht mehr entsprechenden Hauses übertragen wird, sieht er sich bald da bald dort — vielleicht zum Vorteile des Werkes — im freien Entwürfe gehemmt und muß, um etwaigem Einsturz vorzubeugen, vorsichtig abtragen, ersetzen, erneuern. Gelingt es ihm, dem neuen Gebäude die Vorzüge des alten zu sichern, Gediegenheit, zweckmäßige Einteilung, Wohnlichkeit, gefälliges Äußere und mit denselben die Errungenschaften der fortgeschrittenen Zeit zu verbinden, dann hat er sein Bestes ge= than, und wer die Räume bezieht, wird ihm Dank wissen, da er sich darin bald wieder heimisch und wohl fühlt. ®a§ Haus, dessen Umbau mir die Verlagshandlung übertrug, hat seine letzte Erneuerung vor drei Jahrzehnten erfahren. Noch waren die Grundmauern und das Gebälke gut; aber sonst bedurfte das Gebäude mannigfacher Änderungen. So wird es vielleicht den Eindruck eines völlig neuen machen. Möge es recht viele zum Besuche einladen und jeden, der sich einmal darin umgesehen hat, zum ständigen Gaste gewinnen! Der Bearbeiter der neuen «(lusgaoe wird zufrieden sein, wenn man recht gern und recht oft wieder beim „alten Bumüller" sitzt. Allen lieben alten Freunden und den neuen Besuchern em herzliches Willkommen! Dr. S. Widmaim.

5. Bilder aus der Weltgeschichte - S. 32

1895 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
— 32 — Die Spartaner erhielten ihre Staatseinrichtungen durch Lykurg, der ein freies kräftiges Volk zu bilden im Sinne hatte (um 820 v. Chr.). Für diesen Zweck verbot er Luxus und Weichlichkeit aufs strengste und ließ statt des Goldes und Silbers Geld von großen Eisenstücken schlagen. Selbst die Häuser durften nur vermittelst Axt und Säge verfertigt werden. Damit keiner köstlicher esse als der andere, mußten die Bürger ihre Mahlzeiten gemeinschaftlich in großen Speisehäusern einnehmen. Ihr tägliches Gericht war die sogenannte schwarze Suppe, vermutlich ein Gemisch von Schweinefleisch, Blut, Essig und Salz. Ein König von Pontus, der viel von dieser Nationalsuppe gehört hatte, ließ sich einmal ausdrücklich deswegen einen spartanischen Koch kommen. Er fand das Gericht sehr unschmackhaft. „Ich glaube es wohl," sagte der Koch; „unsere Suppe schmeckt nur denen gut, die tüchtig gearbeitet und gehungert haben." Damit die Spartaner sich nicht von ausländischer Üppigkeit anstecken ließen, war ihnen das Reisen selbst in benachbarte Länder nur in seltenen Fällen erlaubt und den Fremden der Aufenthalt in Sparta sehr erschwert. Die Stadt sollte keine Mauern haben; „denn", sagte Lykurg, „die Tapferkeit unserer Bürger soll unsere Mauer sein." Die einzige Beschäftigung der Spartaner bestand in Jagd und kriegerischen Übungen. Fröhlich und mit Festkleidern geschmückt zogen sie in die Schlacht. Dem Ganzen entsprechend war die Erziehung der Kinder sehr strenge. Mit dem angetretenen achten Jahre kamen dieselben in ein öffentliches Erziehungshaus, wo sie an Mäßigkeit, Ordnung und Gehorsam gewöhnt wurden. Sie wurden gegen Hunger und Durst, Hitze und Frost, ja selbst gegen empfindliche Körperschmerzen abgehärtet. Zu diesem Zwecke wurden die spartanischen Knaben jährlich einmal, am Feste der Göttin Artemis, öffentlich mit Geißeln blutig gepeitscht, und keiner durfte nur eine Miene des Schmerzes zeigen. Alle Knaben und Jünglinge gingen barfuß. Bei Tische bekamen sie nur mäßige Portionen. Besonders wurde auch auf die Ehrfurcht der Jugend gegen das Alter gesehen; jeder Jüngling mußte auf der Straße einem Alten auf dessen

6. Bilder aus der Weltgeschichte - S. 65

1895 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
— 65 — Bei großer Gefahr wurden alle freien Männer aufgeboten, das hieß der Heerbann. Er zog aus unter dem von den Priestern getragenen Banner der Gottheit. Ging der Zug in ein fremdes Land, so folgten auch die Weiber und Kinder; erstere standen an Tapferkeit den Männern nicht nach und begeisterten sie zum Streite. Oft versammelten sich kriegslustige Jünglinge um einen bewährten Anführer und schwuren ihm Treue bis in den Tod; diese Waffenfreundschaft nannte man das Gefolge. Befand sich das Vaterland im Frieden, so zogen die Deutschen oft in ganzen Scharen aus und suchten draußen Kampf und Beute. Der Jüngling empfing die Waffen in der Volksversammlung mit großer Feierlichkeit und wurde hierdurch für einen Mann und ein Glied des Volkes erklärt; dies nannte man wehrhaft machen. Von diesem Augenblicke an legte er die Waffen nie mehr ab. Zn Hause und auf dem Felde führte ein jeder seine Waffen bei sich; mit ihnen ging er zu Tisch, zu öffentlichen Gastmählern, in die Versammlungen des Volkes, vor Gericht; mit ihnen legte er sich schlafen, und selbst den Toten wurden, wie bemerkt, Waffen mit ins Grab gegeben. Diese bestanden in Schild und Speer. Aus Mangel an Eisen trugen nur wenige Panzer oder Helme, selten Schwerter. Die Schilde waren von Holz oder Weidengeflecht. Wer seinen Schild im Stiche ließ, war ehrlos; er wurde von dem Gottesdienste und der Volksversammlung ausgeschlossen. Die Stärke der Deutschen bestand im Fußvolke, und dieses war mitunter so behende, daß es mit den Reitern Schritt hielt; im Vordertreffen standen daher Reiter und Fußkämpfer in vermischten Reihen. Die Schlachtordnung war meistens keilförmig. Vor der Schlacht wurde ein Schlachtgesang angestimmt. Die deutsche Nation zerfiel in verschiedene Völkerschaften. Die hauptsächlichsten derselben waren die Cherusker am Harz und an der Oberweser; die Friesen an der Nordsee; die Sachsen zwischen Elbe, Weser und Rhein; die Langobarden am rechten Elbe-Ufer; die Franken, die am Niederrhein und um den Main wohnten und sich später über ganz Frankreich verbreiteten; die Alemannen

7. Bilder aus der Weltgeschichte - S. 168

1895 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
— 168 — wollte den Franzosen nicht gefallen. Sie schien ihnen an sich schon sehr bedenklich, und dann merkten sie wohl, daß ihnen in den menschenleeren Hänsern gar manches an ihrer Bequemlichkeit abgehen und die Küche schlecht bestellt sein würde. Doch trösteten sie sich mit der Aussicht auf eine unermeßliche Beute. Bald wurde ihnen auch dieser Trost geraubt. Auf einmal nämlich stieg an mehr als hundert Orten zugleich Feuer auf, Rauchwolken wirbelten in die Ln ft; bei einem heftigen Winde, der sich erhoben hatte, verbreitete sich der Brand wie ein Feuermeer über die ganze Stadt und wütete mehrere Tage lang fort. Bald war das prächtige Moskau nichts weiter als ein Schutthaufen. Nichts blieb verschont als der Kreml oder das kaiserliche Residenzschloß, welches nebst den dazu gehörigen Gebäudeu mit einer dreifachen Mauer und einem tiefen Graben umgeben war. Hier hatte Napoleon mit den vornehmsten Offizieren fein Quartier aufgeschlagen, indes von seiner Mannschaft vor der Stadt ein Lager bezogen worden war. Durch die Einäscherung Moskaus war Napoleons ganzer Plan vereitelt worden. Von Feinden umgeben, ohne Lebensmittel, ohne Kleidung und Obdach für sein Heer, konnte er hier nicht überwintern. Die kleinsten wie die größten Bedürfnisse mußten erst erkämpft werden. Die Russen wagten sich immer näher. So oft ein Trupp französischer Reiter nach Lebensmitteln auszog, waren ihm die Kosaken auf dem Nacken. Noch furchtbarer als die Feinde näherte sich die schlimme Jahreszeit. Schon war die Hälfte des Oktobermonats verstrichen, und Napoleon saß noch immer in seinem Kreml, unschlüssig, was er beginnen sollte. Er hatte Friedensvorschläge gemacht, aber man antwortete zögernd und unbestimmt; denn alles war daran gelegen, ihn so lange als möglich auszuhalten. Endlich sah Napoleon die Notwendigkeit ein, die letzten erträglichen Herbsttage zu einem schleunigen Rückzüge zu benutzen. Am 17. Oktober 1812 trat er diesen schauderhaften Rückzug an, mit reicher Bente beladen. Der russische Heerführer Kutufow folgte ihm auf dem Fuße nach und ließ ihm keine Ruhe. Unermüdet umschwärmten die Kosaken seinen Rücken und feine Flanken, es

8. Geschichte der Neuzeit - S. 4

1897 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
4 Zeitalter der Glaubensspaltung (Reformation). Religionskriege. durch die hetzenden Poeten fortreien lie. Als Rom den Proze wider ihn entschied, unterwarf er sich und hielt sich von der reformatorischen Bewegung vollstndig fern. Der Wunderschwindel, den vier Dominikaner in Bern be-gangen und, vom geistlichen Gericht verurteilt, mit dem Feuertode bten (1509), war den Verchtern der Kirche, deren Urteil doch bei den Auf-geklrten alles galt, Wasser auf die Mhle, wie denn zu allen Zeiten Kirchenha jede Skandalgeschichte der Kirchendiener mit Hochgenu ausbeutet. Fr diese erleuchteten Geister bildete das Lob der Narrheit" des Rotterdamer Sudan, welches gerade jetzt in verbesserter Auflage erschien, das rechte Er-bauungsbuch (1515). Nun benutzten die Poeten die Reuchlinische Fehde zu einem Hauptschlage gegen alles den Glubigen Heilige, wider das Papsttum, die Mnche, die Reliquien, den Abla, durch das vornehmlich von Crotus Rubianus (spter Gegner der kirchlichen Neuerung) und Hutten verfate Schmachbuch Epistolae obscurorum virorum, d. i. Briefe unberhmter Männer, gewhnlich bezeichnet als Dunkelmnnerbriefe, in drei Teilen von 15151517 verffentlicht. Die Verfasser lassen diese von Dummheit und Zoten der gemeinsten Art strotzenden, absichtlich im komischten Kchenlatein abgefaten Schreiben von Mnchen an den Humanisten Ortuin Gratius, einen Gegner Reuchlins, gerichtet sein und tragen der die Verunglimpften einen glnzenden Sieg davon, weil diese nicht mit der gleichen Mnze zurckzahlen knnen. Ein von Wind und Wetter beschdigtes Haus wird nicht dadurch aus-gebessert, da man es als unwohnlich verlt und mithilft, es weiter zu demo-lieren, indem man von Balken und Steinen mitnimmt, was man etwa fr eine Nothtte verwerten kann. Und Schmutz subert nicht. Aber freilich, Hausherr und Insassen hatten ihn selbst hereingetragen und tragen lassen. Man vernahm den Ruf nach Reform und rhrte kaum mehr eine Hand dafr. Das Auge, bereits an den Anblick der Schden gewohnt, sah nicht, wie tief sie gingen. Die bel des Zeitalters hatten die Kirche nicht ver-schont. Wirkten einzelne auch denselben entgegen, die Besserung mute vom Lenker ausgehen. Die Ppste aber waren vollauf mit Politik beschftigt und muten sich der italienischen Fürsten, der Franzosen, Spanier und der Deutschen erwehren. Kriege und Parteikmpfe frderten die Sittenlosigkeit und ver-schlangen die Gelder. Die Abgaben, Annaten, d. h. die Entrichtung des ersten vollen oder teilweisen Jahresertrages einer Pfrnde, Kanzleisporteln, Dispensationstaxen, Palliengelder, die bei Verleihung des Palliums (der zum erzbischflichen Ornate als besondere Auszeichnung gehrigen weiwollenen Schulterbinde) in hohen Betrgen zu zahlen waren, bildeten lngst Gegenstnde der Beschwerden. Aber vielfach waren die Klagen nur Nachhall der Kraft-Worte, die einst Wiclif (Ii, 281 f.) hinausgerufen hatte wider den rmischen Gelderpresser; nannte er doch auch den Papst schon den Antichrist. Ebenso-

9. Geschichte der Neuzeit - S. 200

1897 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
200 Das Zeitalter der unumschrnkten Frstenmacht. an Gebiet) an Frankreich abgetreten worden, setzte er, während Kaiser Leopold im Osten durch die Trken und Ungarn beschftigt wurde, vier sogen. Reunionskammern zu Breisach. Besan?on, Metz und Tournai ein. welche ermitteln sollten, was einst zu den abgetretenen Gebieten gehrt habe. Diese Kammern gingen in schamloser Verhhnung alles Rechtes, ja des gesunden Menschenverstandes zurck auf das Zeitalter der Karolinger und selbst der Merowinger. Auf Grund der von den Kammern angestellten Nachforschungen und gelieferten Entscheidungen wurden in den spanischen Niederlanden, in der Pfalz und im Elsa Hunderte von Stdten, Drfern, Burgen und Klstern weggenommen, z. B. Lauterburg, Germersheim, Zweibrcken, Veldenz u. f. w. Die neuen Unterthanen muten ihre Einverleibung in den franzsischen Staat festlich begehen. Am 30. September 1681 bemchtigte sich Ludwig auch der Stadt Straburg, des Thores zu Sddeutschland, eines Hauptsitzes deutschen Gewerbfleies und Handels und deutscher Wissenschaft, eines Bollwerkes der Sicherheit Deutschlands, dessen Bedeutung einst Kaiser Karl V. so klar hervorgehoben hatte. Seit dem Dreiigjhrigen Kriege lebten die Brger der Reichsstadt in bestndiger Angst vor den Franzosen. Sie verstrkten die Festungswerke, hielten eine Garnison und bewachten die Wlle durch Brger-wehr. Gerade damals hatten sie eine kaiserliche Besatzung abgelehnt und die geworbene Mannschaft grtenteils entlassen; es war bereits das unheilvolle Wirken des Verrates. Mit vielem Gelde hatte Ludwig eine kleine Partei im Magistrate erkauft; die Hauptverrter waren von Zedlitz. Ster, Obrecht und Gnzer. Frankreich hatte alles gethan, um den Kredit der Stadt herunterzubringen; es erprete von den zur Frankfurter Messe ziehenden Straburgern besondere Abgaben und fhrte den lngst geplanten Schlag aus, als die vornehmsten deutsch gesinnten Kaufleute in Frankfurt auf der Messe waren. In der Nacht vom 27. zum 28. September 1681 wurden die Vorwerke der umringten Stadt genommen, deren Brgerschaft sich nicht lnger verteidigen konnte und den gndigen Verheiungen traute. Am 30. Sep-tember ergab sich die Reichsstadt. Als am 23. Oktober der König seinen Einzug hielt, kam der Bischof Franz Egon von Frstenberg, der, wie seine Vorgnger seit der Reformation, in Zabern gewohnt hatte, nach Straburg und begrte denselben am Portale des jetzt den Katholiken zurckgegebenen Mnsters mit den Worten des greisen Simeon: Nun, Herr, la deinen Diener in Frieden fahren, da ich dein Heil gesehen habe." Mit groer Eile lie Ludwig die Stadt durch Vauban zu einer der strksten Festungen Europas machen und zur Erinnerung daran eine Medaille prgen mit der Umschrift Germanis Gallia clausa (Frankreich ist den Deutschen verschlossen); er htte ruhig zufgen knnen: Germania Gallis aperta (Deutschland den Franzosen

10. Geschichte der Neuzeit - S. 258

1897 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
258 Das Zeitalter der unumschrnkten Frstenmacht. Vorliebe des Soldatenknigs" fr recht lange Kerls". Zu seiner Pots-damer Riesengarde warb er Leute aus ganz Europa; und er, der sonst so sparsam war, da er sich den Genu von Lieblingsspeisen versagte, weil sie ihm zu teuer waren, scheute keine Kosten, wenn es hie, einen neuen Riesen zu erwerben. Fürsten und Grafen konnten ihm kein greres Geschenk geben als einen Enaksohn. Einen solchen zu entfhren, mit Gewalt aus fremden Landen zu holen, hielt er nicht fr Unrecht. Bei dieser rauhen Sinnes- und Lebensweise des im Grunde biedern Knigs ist es wohl begreiflich, da seine Familie kein besonders angenehmes Leben fhrte, wenigstens nicht nach dem verdorbenen Geschmacke der Zeit. Der Vater liebte krftige, nahrhafte, deutsche Kost und lie weder ppigkeit noch Leckereien zu, wie sie die franzsische Kche lieferte; die Damen waren daher mit dem Tisch nicht zufrieden. Die Knigin und die Prinzessinnen muten weibliche Arbeiten verrichten und fleiig in die Kirche gehen. Die Prinzen exerzierten wie gemeine Soldaten. In der Erziehung gingen die Ansichten des Knigs und seiner Gemahlin Sophia Dorothea von Hannover ganz auseinander. Daher kam es bei dem heftigen Charakter Friedrich Wil-Helms hufig zu rgerlichen Auftritten, besonders aber durch den Plan der Knigin, die Huser England-Hannover und Hohenzollern durch eine Doppelheirat der Kinder enger zu verbinden. Von dem kaiserlichen Gesandten von Seckendorf beeinflut, zeigte sich der König dieser Heirat entschieden abgeneigt und geriet in erklrlichen Zorn, als er erfuhr, da der Kronprinz Friedrich hinter seinem Rcken mit dem englischen Hofe in Briefwechsel stehe. Dieser Punkt und die ganz verschiedenen Neigungen fhrten eine vllige Entfremdung zwischen Vater und Sohn herbei. Der Vater hate die Franzosen und hielt nichts von Kunst und Wissenschaft, am allerwenigsten von der Musik, ab-gesehen von einem markerschtternden Trommelwirbel. Friedrich dagegen (geb. 24. Januar 1712), von einer Franzsin, der Frau von Rocoulles, und dem Franzosen Duhan de Jandun unterrichtet, besa groe Vorliebe fr die geistreiche und elegante franzsische Litteratur, der gegenber die wsserige, ungelenke deutsche Litteratur der Zeit den Vergleich nicht aushielt. Der geistigen wie der leiblichen Kost des Hauses, der strammen militrischen Zucht, dem ein-engenden Tuchrock der Uniform, den rauhern Vergngungen und Genssen des Vaters stand der fremde Geschmack mit Ekel gegenber. Lieber als auf dem Exerzierplatze, bei der Jagd oder im Qualme des Tabakskollegiums weilte der Kronprinz bei der Lesung franzsischer Schriften, ergtzte sich am Fltenspiel und warf sich in die feine franzsische Kleidung. Gewhnlich nimmt das Urteil Partei fr den Sohn, der allzu hart, ja tyrannisch von seinem Vater behandelt worden sei. Aber wenngleich dieser sich oft zu ma-losen Wutausbrchen fortreien lie und in dem Verhalten des Sohnes zu
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