110
Auch seine nächsten Nachfolger Hadrian, Antoninus Pius und
Marcus Aurelius waren gute, zum Theil treffliche Regenten und
man hat das Jahrhundert, in welchem sie regierten, das goldene
Zeitalter des römischen Reiches, sogar die glücklichste Periode
der Menschheit genannt. (96—180 n. Chr.) Von da an ging
es immer mehr abwärts, fremde Völkerschaften, besonders deutsche
Stämme, machten wiederholte Einfälle ins römische Reich, das
durch innere Parteiungen und Revolutionen, die namentlich von
der kaiserlichen Leibgarde, den Prätorianern, ausgingen, zerrissen
wurde.
Rach einer langen Reihe von Unruhen und Verwirrungen
schaffte zuerst Constantin der Große wieder Ordnung. Er ver-
drängte allmählich seine Mitkaiser, (deren fünf waren) und machte
sich um die Menschheit dadurch verdient, daß er 324 das Chri-
stenthum Zur Staatsreligion erhob. Auch berief er 325 die erste
allgemeine Kirchenversammlung zu Nicäa in Kleinasien, und ver-
legte 330 den Sitz der Regierung nach Bpzantium, das er präch-
tig ausschmücken und Neu-Rom benennen ließ; später erhielt es
ihm zu Ehren den Namen Constantinopel. Die Einfülle der
nördlichen und östlichen Völkerschaften dauerten aber fort, und
dieser Umstand veranlaßte den Kaiser Theodosius den Großen,
zur bessern Vertheidigung der Grenzen das Reich bei seinem
Tode in zwei große Hälften zu theilen, deren eine, das weströ-
mische Reich mit der Hauptstadt Rom, fein Sohn Honorius, die
andere, das oftrömische mit der Residenz zu Constantinopel, sein
Sohn Arcadius erhielt. Das erstere erlag endlich den wieder-
holten Einfällen der Franken, Westgothen, Vandalen, Alanen und
anderer deutschen Stämme und ging im Jahre 476 zu Grunde,
indem der letzte Kaiser Romulus Augustulus von dem deutschen
Heerführer Odoacer abgesetzt und auf ein Landgut in Campa-
nien verwiesen wurde. Das oströmifche bestand noch bis zum
Jahre 1453, wo es eine Beute der nach Europa vordringenden
Türken ward.
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Extrahierte Personennamen: Hadrian Marcus_Aurelius Constantin Theodosius Honorius Honorius Arcadius Romulus_Augustulus
Extrahierte Ortsnamen: Kleinasien Bpzantium Constantinopel Rom Constantinopel Campa- Europa
109
benutz dessen Adoption und Nachfolge genehmigt hatte, starb er
auf einer Reise nach Campanien, wo er sich in der dortigen ge-
sunden Luft erholen wollte, zu Nola im Jahre 14 v. Chr.,
76 Jahr alt nach einer 45jährigen Regierung. Von seinen näch-
sten Nachfolgern ist nicht viel Gutes zu berichten; es waren meist
grausame, zunl Theil bis zum Wahnsinn blutdürstige Tyrannen.
Seine Faniilie starb mit Nero aus, der an schändlichen Gräueln
Alles überbot, was bisher in Rom verübt war. Erst unter Ves-
pasian und seinem Sohne Titus wurde es besser; letzterer hatte
noch vor seiner Thronbesteigung als Feldherr seines Vaters im
Jahre 70 n. Chr. Jerusalem erobert und zerstört. Als Kaiser
zeigte er eine überaus menschenfreundliche und wohlwollende Ge-
sinnung, so daß man ihn „die Liebe und Wonne des Menschen-
geschlechtes" nannte. Leider dauerte seine Regierung nur etwas
über zwei Jahre, und Italien wurde während derselben von vie-
len Unglücksfällen heimgesucht, zu denen namentlich die Ver-
schüttung der beiden Städte Herculanum und Pompeji in Cam-
panien gehört, die bei dem ersten bekannten Ausbruche des Ve-
suv im Jahre 79 n. Chr. von einem Aschenregen bedeckt wur-
den. Im vorigen Jahrhundert wurden die Spuren derselben
aufgefunden, und durch fortgesetzte Nachgrabungen ist es gelun-
gen, wenigstens Pompeji zum Theile wieder ans Tageslicht zu
fördern. Titus Bruder Domitian war ihm ganz unähnlich und
einer der grausamsten Tyrannen. Glücklichere Zeiten folgten
unter dem greisen Kaiser Nerva, der freilich noch keine zwei Jahre
regierte, und dessen Adoptivsohn und Nachfolger Trajan, der
von Geburt ein Spanier als der erste Ausländer den Thron
bestieg. Unter ihm gelangte das römische Reich zur größten
Ausdehnung, indem er durch zwei Feldzüge gegen Dacien dieses
Land eroberte und dann noch Mesopotamien und Assyrien in rö-
mische Provinzen umwandelte; auch einen Theil Arabiens unter-
warf er. Dabei sorgte er durch weise Gesetze für die Ordnung
und Ruhe des Staates und beschützte Künste und Wissenschaften,
so daß ihm der Beiname „der Beste" gegeben, und noch nach
Jahrhunderten den Kaisern beim Regierungsantritt die Worte
zugerufen wurden: „Sei gliicklicher als Augustus und besser als
Trajanus."
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Extrahierte Personennamen: Titus_Bruder_Domitian Nerva Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Rom Jerusalem Italien Pompeji Mesopotamien Assyrien
123
Hunnen wurden über den Pruth zurückgetrieben, wo sie im Laufe
der Zeiten verschwanden.
Nachdem das römische Reich, wie wir oben gehört haben,
im Jahre 476 untergegangen war, gründeten deutsche Völker
in den einzelnen Theilen desselben neue Reiche, und damit be-
ginnt ein neuer Abschnitt in der Geschichte, den man das Mittel-
alter zu nennen pflegt.
Gedruckt bei Fr. Peters in Hilden.
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Staatsversassung in Spartn.
107
Die Spartaner ließen, als sie in Lakonien die Herrschaft gründeten,
ihre alte Naturverfassung unter dreißig Stammhäuptern, eines als
Erbfürst an der Spitze, bald hinter sich. Da sie das Land mit dem
Speer gewannen und die Herrschaft für sich allein behalten wollten,
so trat der Schwerpunkt ihrer Verfassung ganz in die Aristokratie, wie
sie auch unter sich die Elemente mischen mochten. Denn blieb auch
das Königthum, war auch Jeder im Volk, der das Alter und die
Schule hatte, zur Gleichheit und Mitregierung berufen; dieses Volk
machte kaum den zehnten Theil der Bevölkerung aus. Neuntausend
dorische Gutsbesitzer, in einem Bezirk beisammen, herrschten als ein
Kastenadel aus der Stadt der Sieger über dreißigtausend unberechtigte,
doch freie Hufner des übrigen Gebietes, und über ein paarmal hundert-
tausend Leibeigene, die ebenfalls griechisches Blut hatten.
Und auch im Volk der Herrscher erhielt die Aristokratie das Ueber-
gewicht. Die Regierung lag in den Händen des Raths der Alten,
von dreißig, weil der spartanischen Stämme so viele waren, aus drei
Hauptstämmen abgeleitet. Den Altenrath ergänzte die Volksversamm-
lung ans der Zahl mindestens sechzigjähriger Männer, wie einer ab-
starb. Auch die peinliche Gerichtsbarkeit stand nebst der Sittenaufsicht
bei diesem, ohne alle Verantwortlichkeit der Greise.
Volksversammlung, das heißt Spartaner-Versammlung, gab es
selten. Nur einmal jeden Vollmond traf sie zusammen und entschied
über Veränderungen in den Gesetzen, welche die Regierung vorlegte,
mit Ja und Nein. Sie wählte den Rath, und als Ephoren wurden
auch diese, und beschloß über Krieg und Frieden.
Der monarchische Theil der Verfassung erfuhr ein widriges Schick-
sal. Das uralte Königthum ward gleich nach der Eroberung durch
Theilung geschwächt. Zwei meist uneinige Königshäuser. Der Ver-
such lag nahe genug für einen ächten Herrscher nach dem Beispiel
anderer dorischer Staaten durch Niederreißung der Schranke, welche
zwischen der freien Bevölkerung trennend stand, den Thron wiederher-
zustellen. Dennoch ist gerade das Gegenthcil geschehen. Die Sprossen
des Herakles, die das Ohr der delphischen Gottheit waren, hatten
als erbliche Senatoren, Vorsteher im Senat und in der Volksversamm-
lung, Verwalter von zwei Priesterthümern, Richter in Familiensachen,
in der Heimath nur geringen Antheil an der Regierung, blos als
Kriegsfürsten, wenn es draußen galt, waren sie Herrscher, bis man
ihnen im Fortgang der Zeit die Feldherrnwürde durch Beaufsichtigung
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114
Griechenland.
Der Vollendung der Demokratie wirkte die Beibehaltung einiger
alten Satzungen:
Bedingung des dreißigjährigen Alters für Senatoren und Ge-
schworene ,
die Staatsprüfung der Senatoren, Beamten und Richter,
die gesetzgebende Macht der Nomotheten,
zwar entgegen, aber mit ungleichen Kräften, weil die Gewalten,
welche beaufsichtigen sollten, aus völlig gleichartigen Elementen mit
den zu beaufsichtigenden bestanden.
Die Folge war: die Archonten sanken von Richtern erster Instanz
zu bloßen Vorsitzerir und Untersuchnngsrichtern bei den Volksgerichts-
höfen herab. Die Richter auf lebenslang, Epheten und Areopag
mußten, sobald es den Herrschern gestel, von ihrem Gebiete peinlicher
Gerichtsbarkeit an die jährlich wechselnden Volksgerichtshöfe abtreten,
für deren stets wachsenden Bedarf, um Millionen zinsbarer Unter-
thanen, die man Bundesgenossen nannte, in letzter Instanz Recht zu
sprechen, jetzt die ungeheure Liste der Geschworenen von sechstausend
Bürgern jährlich erlooset, zu Gebote stand. Der Rath der Fünfhun-
dert konnte bei seinem jährlichen Wechsel neben dem steten Kreislauf
auch seiner Vorsitzer kein großes Uebergewicht über eine Volksver-
sammlung behaupten, von welcher er lediglich ein Ausschuß war.
Und was half es, daß für die Gesetzgebung Nomotheten nöthig blieben,
wenn man ansing, Alles auf dem Wege der Verordnungen durch
transitorische Volksschlüsse (Psephiömen) abzuthun?
Daher durch das Verschwinden aller überlieferten verschiedenartigen
Bestandtheile ans der Verfassung, und bei dem eifersüchtigen Wieder-
ausstoßen jeder dann und wann versuchten künstlichen Schranke, von
einem Volke hohen Sinnes und nie wiedergesehener Bildung diese
Menge rascher, unheilvoller Beschlüsse. Der Reiche fühlte es schwer,
daß cr von den Armen beherrscht werde. Besonnene wünschten, daß
nicht alle Aristokratie möchte vernichtet sein. Andere priesen das
Königthum als eine göttliche Einrichtung. (Dahlmann.)
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134
Makedonien und das makedonische Reich.
Schicksals! — blühten Künste und Wissenschaften so lange in Aegyp-
ten fort, bis die neuanftretenden Nationen fähig waren, dieselben in
Empfang zu nehmen. Man hat daher dieses Zeitalter der Literatur
mit dem Namen des Alerandrinischen bezeichnet.
Ueberhaupt nämlich gewannen die Völker durch die Auflösung der
persischen Monarchie. Die Mittelpunkte des Kunstfleistes wurden
durch neue Hauptstädte vermehrt; griechische Kultur durchdrang die
Masse morgenländischer Einförmigkeit; für das Wohl der Länder
waren Erbkönige vortheilhafter, als oft ändernde, und als Satrapen,
diese schrecklichste Plage der Weltreiche, die um so gieriger, je schneller
der Regierungswechsel ist. Dagegen waren durch Alexander orienta-
lische Kenntnisse, Sitten und Producte mehr, als je, unter die Aegyp-
tier und Griechen gekommen, und das gebildetste Volk der alten Welt,
das griechische, lebte fast in aller Herren Ländern verstreut. Auf diese
Weise ging jene Verschmelzung asiatischer und europäischer Kultur, die
Alexander gewollt, in vielen Dingen wirklich von Statten, wenn anch
nicht auf seine Weise, so doch durch seine Monarchien. Denn, wenn
die Geschichte der griechischen Freistaaten den alten Satz bestätigte,
daß sich die Poesie, Philosophie, Geschichte und bildende Künste nur
auf dem Boden und unter dem Hirmnel freier Verfassungen zu dem
herrlichsten Flor entfalten können, so sehen wir dagegen an der aleran-
drinischen und ptolemäischen Monarchie, wie sehr der Geist und das
Wesen der monarchischen Verfassung zum Wachsthum ausschließlich
gelehrter Kenntnisse ersprießlich sei. Was in diesen Zeiten hervorge-
bracht wurde, sind freilich keineswegs große, freie Schöpfungen, wie
die des griechischen Genius. Aber die verdienstvollen Gelehrten sam-
melten, prüften, beurtheilten die vorhandenen Denkmäler der Kultur
und Literatur, und bewahrten sie für die folgenden Geschlechter auf.
Sie begründeten recht eigentlich das erste gelehrte Publikum, das seit-
dem nie ganz wieder vernichtet, obschon oftmals erschiittert worden.
Ein Genie weckt und bildet mehre: zumal, wenn es auf den
Thron erhoben wird, wo dann ein Staat auf einmal mehr treffliche
Köpfe, als sonst zu einer Zeit, aus seiner Mitte hervorbringt. Darum
sind sich auch Alexander und Aristoteles wunderbar ähnlich. Beide
wollten Alles umfassen, Alles generalisiren, Alexander die äußere, po-
litische Welt, Aristoteles die innere, die wissenschaftliche. Der mon-
archische Philosoph eroberte, gleich seinem königlichen Zögling, fast die
ganze damals bekannte Welt; es ist kein Zweig damaliger Wissen-
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Extrahierte Personennamen: Alexander_orienta- Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Aristoteles
52
Schifffahrt und Seehandel der Phönicier.
Aber auch ohne diese fernen Entdeckungsreisen bleibt der Umfang,
den dies merkwürdige Volk seiner regelmäßigen Schifffahrt gegeben
hatte, nicht weniger bewunderungswürdig. Wenn Beschiffung des
offenen Oceans erst die Folge von der Bekanntschaft mit der neuen
Welt war, die jenseit desselben sich findet, so leitete sie dagegen ihr
kühner Entdeckungsgeist von Küsten zu Küsten. Die lange Reihe von
Jahrhunderten, wo sie ausschließend die Herren der Meere waren,
gab ihnen hinreichende Zeit zu jenen allmähligen Fortschritten; die
vielleicht um desto sicherer waren, je langsamer sie geschahen. Sie
brachten ihre Schiffkunst gerade zu der Stufe der Vollkommenheit,
deren sie damals bedurfte, und deren sie fähig sein konnte; und dehn-
ten ihre Unternehmungen und Entdeckungen viel weiter aus, als
Venezianer und Genueser in den Jahrhunderten des Mittelalters.
Ihre zahlreichen Flotten verbreiteten sich auf dem indischen, wie aus
dem atlantischen Weltmeer, und die tyrischen Wimpel wehten zu gleicher
Zeit an den brittannischen Küsten und an den Ufern von Ceylon.
(Heeren.)
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TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert]]
Staatsverfaffung in Rom.
251
gesteigertem Selbstgefühl, einige Legionen zur Verweigerung der Kriegs-
dienste und zum Abzüge auf den heiligen Berg bringt. Mit der
Schutzwehr von zwei Tribunen, den zwei Consuln gegenüber, kehren
sie zurück, längst bekannte Namen, aber in ganz neuer Bedeutung.
Diese Volkstribunen, unverletzlich von Person, üben ein Fürspruchs-
und Einspruchsrecht gegen die Ueberschreitungen patrizischer Staats-
beamten. Es konnte aber nicht fehlen, daß sie als Ueberschreitung
rügen würden Alles, was seither gegen das Servische Recht geschehen
war. —
Das Volkstribunat hat die Verfassung im Sinne der Bürgerfreiheit
umgeschaffen. Die Zahl der Tribunen stieg bald bis auf fünf (die
Zahl der Klassen), dann bis auf das Doppelte. Sie brachten die
freie lebendige Rede, ein bisher unbekanntes Element in die Centuriat-
Versannnlungen, sie in den schützenden Antrag. Alles dieses zwar
nicht ohne mannigfachen Kampf nach innen und außen. Ihr Antrag
ging aus der Entscheidung der Mehrzahl des Tribunen-Collegiums
hervor. Diese Mehrzahl aber war nicht selten im,patrizischen Inter-
esse gewählt, vermöge des Einflusses, den die herrschenden Geschlechter
dadurch in den Centuriat- Versammlungen zu gewinnen anfingen, daß
viele vermögende Clienten Klassenrang erhielten. Ja, die Geschlechter
übten sogar, der untergeordneten Stellung der Centuriat - Comitien
gemäß, anfangs ein Bestätigungsrecht der jährlichen Tribunenwahlen
durch ihre Curien. Auch pflegten die Patrizier dem Rechte der Tri-
bunen Anträge zu machen, die die ganze Staatsverfassung angingen,
heftig zu widersprechen, und über dem Wortkampfe ging der Tag,
an welchem bis zu Sonnenuntergang jedes Geschäft abgethan sein
mußte, dann ohne Erfolg verloren.
Darum war es entscheidend, als die Tribunen schon im dritten
Jahrzehend ihrer Wirksamkeit rein plebejische Tribus-Versammlungen
durchsetzten, in denen sie selber gewählt wurden, und die zugleich das
Recht hätten, über tribunizische Anträge, welcher Art sie auch sein
möchten, unbegutachtet vom Senat zu berathschlagen und Beschlüsse
zu fassen. Solchen Beschlüssen fehlte freilich noch viel zu einem Ge-
setze, aber sie bildeten eine mächtige öffentliche Meinung; „sie waren
die Preßfreiheit jener Zeit" (Niebuhr), und von nun an ging das
Tribunat von seinem hemmenden Charakter zu einem positiv gestalten-
den über. Gleichheit der Rechte war das aufgestellte Ziel. Je näher
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Staatsverfassung in Rom.
233
Standes-Interessen zusammenwachsen. Das Einspruchsrecht der Cu-
rien und des Senats, einem Volke gegenüber, kann noch verspäten,
aber nichts verhindern mehr.
Von nun an ward rascher, doch immer stufenweise fortgeschritten
vom Wahlrechte bis zur Wählbarkeit der Plebejer, von den kleineren
Staatöämtern bis zu den hohen und höchsten. Aristoteles trat gerade
seinen großen Bildungsweg an, und entnahm aus der Zergliederung
so vieler um ihn her untergehender Staatsverfassungen Maß und
Regel für den ächten Staatsbau, als tribunizische Beharrlichkeit, die
schon durch Connubicn mit dem Adel theilweise verschmolzene Plebs
gerade auf den Punkt zurückbrachte, auf welchen König Servius sie
hatte stellen wollen. Ein Cónsul soll von nun an immer Plebejer
sein, und ein gemessener Theil vom öffentlichen Acker soll den Patri-
ziern entzogen und unter Plebejer als Eigenthum vertheilt werden.
Was noch von ungleichem Rechte übrig war, fiel nun in den nächsten
Menschenaltern (339—286 vor Christi) von selber; erst nach voll-
ständiger Begründung der politischen Freiheit fand die persönliche ihre
Sicherheit durch Aufhebung der alten Schuldkncchtschaft.
Dergestalt kam aber die römische Plebs, aller Volkswürden theil-
haftig und privilegirt durch das Volkstribunat, viel weiter, als bis
zur beabsichtigten Gleichstellung. Sie kam vielmehr gerade da zu
stehen, wo zu Anfang die Geschlechter standen. Bei ihr war die
Herrschaft. Die Bestätigung der Volksbeschlüsse durch die Curien und
den Senat ward am Ende bis auf eine unbedeutende Förmlichkeit hin
ganz aufgehoben, eine Neuerung, die, was die Curien betrifft, unver-
meidlich, was den Senat, nachtheilig war; denn den Kern des
Senats bildete jetzt eine geprüfte Versammlung von Männern beider
Stände, welche in den höchsten Staatswürden gestanden hatten.
Fragt man nun, wie eö kam, daß nach der Aufhebung des alten
Gegensatzes von Adel und Gemeinden jetzt, bei dem längst verlorenen
Königthum, nicht geradezu reine Demokratie einbrach und durch sie
Anarchie, sondern vielmehr die Staatsordnung lange Zeit eine ernste
und hohe Haltung behielt, so liegt der Grund dieser merkwürdigen
Erscheinung keineswegs allein in der Religiosität und lange streng
bewahrten Familiensitte, sondern ebenfalls in der Nachwirkung der
alten Institutionen auf die öffentliche Sitte, fruchtbar für die Mäßi-
gung und wohlthätige Stätigkeit der neuen. Darum, daß die römische
Volksversammlung nie dahin gerieth, blos nach Köpfen stimmen zu
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328
Rom. — Constantin der Große.
heit und Unterstützung gewährte, und daß er neben dem römischen
Adler das Zeichen des Heilandes aufstellte. Denn hierdurch gewann
er' nicht nur eine große Partei in allen Provinzen des Reichs und in
den Heeren seiner Gegner, sondern auch mit einigen Feinden des
Reichs, und namentlich mit den Gothen, kam er in mildere Verhält-
nisse. Wenn aber Constantinns geglaubt hat, er würde durch die
christliche Religion dem alten mürben Leib des Reichs eine neue Seele
geben können: so hat er sich hierin eben so schwer geirrt, als er sich
irrte, da er die verschiedenen Meinungen der Theologen vereinigen
zu können meinte oder ihren Streit durch Entscheidung zu endigen.
Denn wenn man auch von dem Zustande des Reichs hinwegsieht: so
ist zu solcher Wirkung das Christenthum gerade durch seine Erhaben-
heit gar nicht geeignet. (Luden.)
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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