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Pflanzenreich. 24. Algen und Flechten.
Pflanzenreich.
24. Algen und Flechten.
Eine treffende Antwort auf die Frage: Was ist eine
Pflanze oder ein Gewächs? ist nicht so gar leicht, als mancher
glaubt. Da antwortet vielleicht einer: „Eine Pflanze ist eben
etwas,-^was man in die Erde pflanzt, und was nach und nach
größer wird und Blätter, Blüten und Früchte treibt", und
denkt dabei an den Rosenstock, den er in einen Topf gepflanzt
und vor sein Fenster gestellt hat. Das ist allerdings richtig;
aber genug ist es nicht.
Es gibt noch andere Pflanzen als die, welche in unseren
Blumentöpfen, in den Gärten und auf den Feldern wachsen.
Mitten in deinem Dorfe steht vielleicht ein Brunnen. Aus
der Röhre desselben ergießt sich in einen Trog frisches, klares
Wasser. In dem Grunde des Trogs aber erblickst du eine
grüne, wie Schlamm aussehende Masse. Hebe mit einem Stocke
einen Teil dieser Masse heraus! Sie wickelt sich um den
Stock, und du nimmst an demselben zarte, grüne Fäden wahr.
Das sind Pflanzen, welche schon lange vorher in allen Wassern
gewachsen sind, ehe es einen trockenen Erdboden und Wälder,
Acker und Gärten aus Erden gegeben hat. Die Gelehrten
nennen diese Pflanzen Algen. Du bemerkst an ihnen keine
Wurzeln, keinen Stengel, keine Blätter, keine Blüten und
Früchte, und doch sind es Pflanzen; denn sie entstehen,
werden größer, erzeugen aus sich neue Pflanzen,
und vergehen.
Wie verschiedenartig diese Algen sind, kannst du daraus
entnehmen, daß es im Meere Arten gibt, welche nur aus einem
einzigen Bläschen — Zellen nennt man diese Bläschen —
bestehen, und andere, die 100 bis 200 m lang werden. —
Höre weiter! Dein Vater hat vielleicht einen Obstgarten.
Im Frühjahr sägt er die Bäume aus, d. h. er entfernt alle
dürren, unfruchtbaren Äste und schabt von den Baumstämmen
gelbe oder graue Krusten ab, von denen er behauptet, daß
sie den Bäumen zum Nachteil gereichen. Er nennt vielleicht »
diese Gewächse „Moos". Das sind sie nicht. Es sind Flechten.
Betrachte sie einmal genauer. Du wirst auf ihnen niedliche
Körper wahrnehmen, welche wie Schüsfelchen geformt sind. In
diesen befindet sich ein feiner Staub, den der Wind verweht.
Aber aus jedem Staubkörnchen entsteht da, wo es sich festsetzt,
eine neue Flechte. Da hast du einen Samen, eine Frucht, wo
vorher keine Blüte war. Ist das nicht höchst merk-
würdig! Und doch gehen Tausende von Menschen an diesen
unscheinbaren Flechten vorüber, ohm nur zu wissen, was sie sind.
Lesebuch f. ob. Kl. d. Volksschulen d. Oberpfalz. I. 2
25. Moose und Pilze.
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hängt. Im südlichen Spanien gibt es ganze Quadratmeilen
Landes, wo jeder Pflanzenwnchs unmöglich ist, weil es dort
kein Wasser gibt, und es gibt kein Wasser, weil die Gebirge
unbewaldet sind. Du fragst: Was haben damit die Moose zu
thun? Das sollst du sogleich hören. Die Moosdecke
unserer bewaldeten Gebirge speichert Wasser zum
Wachstume derbäume auf und ernährt die Quellen
im Thale. Wenn der Regen in Strömen niederstürzt, so
sind die Moose gleichsam die Vermittler zwischen Himmel und
Erde. Sie rufen dem strömenden Regen zu: „Nur gemach, du
Ungestümer!" Sie fangen die Fluten des Himmels mit ihren
Blättchen, die immer durstig sind, auf und lassen das Wasser
nur tropfenweise durch. Die Wurzeln der Bäume saugen das
Wasser gemächlich auf, und was der Wald zur Erhaltung nicht
bedarf, das sickert in der Erde von Stein zu Stein und kommt
am Fuße des Berges als Quelle zum Vorschein.
Legst du ein Moospslänzchen zwischen die Blätter eines
Buches, so wird es nach wenigen Tagen dürr und erstorben
erscheinen, wie ein Vergißmeinnicht oder ein andres Blümchen,
das du zugleich eingelegt hast. Aber zwischen diesen getrockneten
Pflanzen ist ein großer Unterschied. Das Vergißmeinnicht
bleibt tot. Das Moos kannst du nach vielen Jahren zu neuem
Leben erwecken. Sobald du es mit einigen Tropfen Wasser
befeuchtest, lebt es auf und ist so frisch, wie es einst im Walde
gestanden hat.
Die Pilze sind Gewächse, von denen man Gutes und
Schlimmes sagen kann. In einer großen Zahl derselben kann
man zerstörende Schmarotzer kennen lernen, welche wie Meuchel-
mörder über lebende und tote Pflanzen herfallen.
Es ist schwer, von den Pilzen etwas allgemein Zutreffendes
zu sagendenn ihre Formen sind so mannigfaltig, daß das, was
auf die einen paßt, aus die andern nicht angewendet werden kann.
Man kennt in Deutschland allein 4000 Arten von Pilzen;
aber allen fehlt eines, das uns sonst im Pflanzenreiche
überall entgegenlacht und unseren Augen so wohl thut, — die
grüne Farbe.
Sprechen wir zunächst von einigen Pilzen, di« dem Menschen
lästig, ja gefährlich sind!
Wenn die Hausfrau Früchte eingemacht „(eingelegt) hat, so
gewahrt sie oft auf denselben einen weißen.überzug, ein Pilz-
räschen. Legt man einen Teil desselben unter das Ver-
größerungsglas, so zeigen sich zarte Stämmchen, die einen
niedlichen Pilzhut tragen. Das ist der Schimmelpilz, der-
selbe, der die Gottesgabe des Brotes zerstört, während ein
anderer Pilz, wie du sogleich hören wirst, beim Backen des
Brotes eine große Rolle spielt.
2*
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle]]
26. Allgemeines über die Pflanzen.
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Nahrung aus der Erde auf. Man unterscheidet an ihr den
eigentlichen Wurzelstock und die Wurzelfasern. Jede Wurzel-
faser ist gleich einem Mund, welcher der Pflanze Nahrung zu-
fuhrt. Ihrer Dauer nach ist die Wurzel einjährig, zweijährig,
oder ausdauernd. Die Wurzeln der Kartoffeln, des Flachses re.
sind einjährig, die Wurzeln des Wintergetreides zweijährig, die
Wurzeln der Bäume und Sträucher ausdauernd.
Derjenige Teil der Pflanze, welcher aus der Wurzel auf-
wärts, meist gerade in die Höhe wächst, heißt im allgemeinen
S t a m m.
Bäume und Sträucher haben holzige, ausdauernde Stämme.
Der Stamm kleiner Gewächse ist viel niedriger und schwächer.
Er läßt sich leicht mit dem Messer zerschneiden oder zerreißen
und heißt Stengel. Einen Stengel haben z. B. die Levkojen
und Nelken.
Aber nur dann heißt der emporstrebende Teil einer Pflanze
Stengel, wenn ans demselben Zweige, Blätter und Blüten
entspringen. Ein fleischiger Stengel, der unmittelbar aus
der Wurzel sprießt und nur Blumen und Früchte,
aber keine Blätter trägt, heißt Schaft. Die liebliche
Schlüsselblume und das wohlriechende Veilchen, die Tulpen
und Lilien haben keinen Stengel, sondern einen Schaft.
Den hohlen Stengel unserer Getreidearten und aller Gräser
nennt man Halm. Er ist meist mit Knoten .versehen, die
ihn stützen.
Entweder unmittelbar aus der Wurzel, oder aus den Stengeln
der Gewächse entspringen die Blätter.
Die Blätter sind ihrer Form nach
herzförmig, nierenförmig, eiförmig,
lanzettförmig
26. Allgemeines über die Pflanzen.
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buchtige 2c. Blätter.
Hat ein Blatt keinen Stiel, so ist es sitzend. Manche
Blätter haben einen kurzen, andere einen langen Stiel. Bei
gewissen Pflanzen umfaßt das Blatt den ganzen Stengel, cs
ist stengelnmsassend. Das Blatt des schonen „Je länger, je
lieber" ist vom Stengel förmlich durchwachsen.
Ihrer Stellung nach sind die Blätter
g e g e n ü b e r st e h e n d (g e g e n st ü n d i g),
oder abwechselnd (Wechselständig), oder zerstreut. Be-
finden sich an einem Blattstiele rechts und links Reihen von
Blättern, wie bei der Rose und der Akazie, so ist das Blatt
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43. Die Hausapotheke.
so lange erweicht, bis die mürbe Haut entfernt werden
kann, und geben dann den weifsen Pfeffer.
Her Zimmtbaum wächst auf der ostindischen Insel
Ceylon zu einer bedeutenden Höhe und Dicke an. Das
ist ein eigentümlicher Baum, der sein Köstlichstes ver-
borgen in sich trägt. Was andere Gewächse zur Schau
tragen, die Blüte, ist klein und übelriechend, und die
Früchte sind für den Menschen ungeniefsbar. Was ihn
wertvoll macht, ist die Rinde. Eine unter der äusseren
grauen Rinde liegende Gefäfseschicht wird vom Stamme
getrennt und als hochgeschätztes Gewürz in den Handel
gebracht.
Der Zimmtbaum ist eine Art des Lorbeers, der
den wärmeren Zonen angehört, aber auch schon im süd-
lichen Tirol fortkommt. Jede Hausfrau weiss, dass die
getrockneten Lorbeerblätter dem Absude des Fleisches
einen kräftigen, angenehmen Geschmack verleihen. —
Ein Kranz, aus frischem Lorbeer gewunden, war in der
alten Zeit und ist noch jetzt ein Zeichen weitstrahlenden
Ruhmes. Mit einem Lorbeerzweige um die Schläfen wer-
den siegreiche Feldherren, gefeierte Dichter, Künstler etc.
abgebildet. „Auf seinen Lorbeeren ausruhen“ heisst in
Ruhe auf ein thatenreiches, ruhmvolles Leben zurück-
blicken. Das bayerische Wappen umschlingt zur Hälfte
ein Palmen-, zur Hälfte ein Lorbeerzweig. Was soll da-
durch ausgedrückt werden ?
43. Die Hausapotheke.
Es gehört nicht zu den geringsten Wohlthaten Gottes,
daß er in verschiedene Gewächse Arzneikräfte gelegt hat, durch
welche sie als Heilmittel gegen Krankheiten dienen. Eine
Anzahl derselben benutzt man ohne ärztliche Anordnung als
sogenannte Hausmittel. Die meisten aber werden von den
Ärzten aus der Apotheke verschrieben und können ihre wohl-
thätigen Wirkungen nur dann äußern, wenn sie nach Vor-
schrift des Arztes gebraucht werden. Viele Kranke sind so
unklug, daß sie keinen Arzt zu Rate ziehen, weil sie die
Kosten scheuen. Sie bedenken nicht, daß die Gesundheit kost-
barer ist als alle irdischen Besitztümer. Übrigens gibt es
Krankenhäuser und Lazarete, wo unbemittelte Kranke ohne
Bezahlung verpflegt werden.
TM Hauptwörter (50): [T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser]]
26. Allgemeines über die Pflanzen.
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Die Blüten des Bienensaugs oder der Taubnessel stehen
rings um den Stengel und bilden einen
Quirl.
Die vielen kleinen Kleeblüten bilden einen
Getreideblüten eine Ähre.
Die Blüte des blauen Hollunders ist eine
blüte. Der Kümmel und die gelbe Rübe bilden
Kopf, die
Trauben-
eine
Dolde;
die Blüten, die man oft schon im Februar und März an der
Haselnußstaude und an der Weide bemerkt, heißen
K ä tz ch e n.
2. Die Gräser. — 28. Roggen oder das Korn.
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Die angenehm duftende Erdbeere lassen die Gelehrten nicht
als eine wahre Beere gelten; sie und die Wacholderbeere nennen
sie eine falsche Beere.
27. Die Gräser.
Eine sehr wichtige Pslanzenklasse sind die Gräser. 140 Arten
derselben wachsen in Deutschland wild. So schwach die Gräser
auch sind, sie halten treulich zusammen, und das dichte Bei-
sammenstehen derselben hat die Begriffe „Wiese, Rasen" geschaffen.
„Auf der Wiese wächst das Gras." So liest und schreibt schon
das kleine Kind, und der Satz ist richtig. Es kommt aber auf
den Wiesen noch manches vor, was kein Gras ist.
Einzelne Gräser werden angebaut, nämlich die Getreide-
arten: Weizen, Roggen, Gerste und Hafer, die jeder von einander
sollte unterscheiden können. — Aber so viel die Menschen
diesen Getreidearten auch verdanken, so gleichgiltig sind sie nicht
selten gegen dieselben. Der Landmann schaut gewöhnlich das
Ährenfeld bloß im ganzen und großen an. Er fragt höchstens,
ob die Halme dicht und fett stehen, und ob die Ähren voll oder
lückig sind. Und auch von den Städtern, welche bei ihren
Spaziergängen gerne einen bunten Blumenstrauß pflücken, würdigt
oft unter hunderten kaum einer die Getreideblüte eines Blickes.
Und warum das? Weil sie nicht schön gefärbt ist, und weil sie,
wie der tüchtige, bescheidene Mensch, nichts aus sich macht.
Nur wenige Gräser sind dem Menschen lästig, oder gefährlich.
Zu ihnen gehören die Quecken, die dem Landmanne als Un-
kraut viel Verdruß bereiten, und der Taumellolch, das einzige
giftige Gras, welches man bei uns kennt.
Betrachten wir aus dem Heere der Gräser eines genauer, den
28. Roggen oder das Korn.
Der Roggen gehört, wie alle Gräser, zu den vollkom-
meneren Gewächsen; denn wir unterscheiden an ihm Wurzeln,
einen Stengel, Blätter, Blüten mit einem Kelch und einer Art
Blumeukrone, mit Staubfäden und einem Stempel.
Die Wurzeln des Roggens sind Faserwurzeln. Sie dringen
in lockerem Boden ziemlich tief in die Erde. Der Stengel,
welcher mannshoch wird, ist ein Halm und wird durch Knoten
in Glieder oder Absätze geteilt. Die Knoten verleihen dem
dünnen Halme Festigkeit und erhalten ihn ausrecht. Über
jedem Knoten steht immer nur een langes, schmales, spitzes
Blatt. Die Blätter des Roggens sind stengelumfassend und
wechselständig. Halten wir ein Roggenblatt und ein Veilchen-
blatt gegen das Licht, so werden wir einen Unterschied wahr-
nehmen. Im Veilchenblatte bemerken wir nach der Länge und
Breite stärkere und schwächere Linien (Gefäße), ein Adernnetz;
30. Die Saaterbse.
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Aus den Namen kommt's nicht an, sondern darauf, daß man
eine Sache, über die man sprechen will, genau kennt.
Die Kartosfelpslanze hat eine weitverzweigte, ziemlich
tiefgehende Wurzel. Ans derselben streben mehrere fleischige
Stengel empor, welche in gutem Boden über einen halben
Meter hoch werden. An jedem Blattstengel befinden sich rechts
und links einige Blättchen; daher nennt man das Kartoffelblatt
gefiedert. Die Fiederblättchen sind an Größe ungleich, und
es stehen nicht je zwei einander gegenüber; sie sind also
wechselständig.
An jedem Blütenstengelchen fitzt eine einzige Blüte. Diese
hat einen fünfteiligen Kelch und eine oben radsörmige, fünf-
winkelige Blumenkrone von weißer oder bläulicher Farbe. Die
Blumenkrone ist unter dem Fruchtknoten angewachsen. Die fünf
Staubgefäße sind unten an der Blumenkrone eingefügt. Die
gelben Staubkölbchen liegen am Ende der spitzigen Staubfäden,
neigen sich gegen einander und sind ein wenig mit einander
verwachsen.
Die Früchte der Kartoffeln sind ziemlich große ungenieß-
bare Beeren. Sehr wohlschmeckend dagegen, wenn auch wenig
nahrhaft, sind die Knollen, welche an dem unterirdischen
Teile der Pflanze wachsen, und welche man Kartoffeln oder
Erdäpfel nennt.
In Südamerika, woher die Kartoffeln zu uns gekommen
sind, wachsen sie wild. Kein Wunder, daß der Saft, welcher
uns beim Reiben der Knollen manchmal in die Augen spritzt,
heftig schmerzt; denn die Kartoffelpflanze gehört eigentlich zu
den Giftpflanzen. Das Bilsenkraut, der Stechapfel, die
Tollkirsche, der Nachtschatten, der Tabak sind ihre
nächsten Verwandten. Die, Gelehrten nennen Gewächse, welche
mit diesen Giftpflanzen Ähnlichkeit haben, Nachtschatten-
gewächse und die Kartoffel selbst den knolligen Nacht-
schatten. Andere, welche die Pflanzen nach der Anzahl und
Beschaffenheit der Staubfäden einteilen, rechnen die Kartoffel-
pflanze zur 5. Pflanzenklasse, weil ihre Blüte 5 Staubfäden
hat. Diese müssen auch das schöne Vergißmeinnicht, die Schlüssel-
blume, die Winde, die Glockenblume, die Stachel- und Johannis-
beeren, das Veilchen, den Weinstock re. zur 5. Pslanzenklasse
rechnen, weil man in den Blüten aller dieser Pflanzen 5 Staub-
fäden wahrnimmt.
30. Die Saaterbse.
Die Saaterbse wird zu den Kräutern gerechnet. — Der
Stengel derselben ist hohl,' bläulich angereist und klettert gern
an Reisern in die Höhe. Dazu befähigen ihn die gedrehten
Wickelranken, die sich an der Spitze der Blattstiele befinden.
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31. Die Herbstzeinoie.
Die Saaterbse hat zweierlei Blätter, eigentliche Blätter
und Nebenblätter. Die eigentlichen Blätter sind gefiedert.
Auch an der Kartoffelblüte haben wir gefiederte Blätter bemerkt.
Aber die Fiederblätter der Kartoffel und der Erbse sind ver-
schieden. An den Blattstielen der Erbsen befinden sich drei
Paare Fiederblätter; sie sind paarig, die Kartoffelblätter
unpaarig gefiedert. Die Fiederblättchen der Erbse sind
eiförmig und glattrandig.
Wo das eigentliche Erbsenblatt angewachsensist, am Blatt-
grunde, befinden sich zwei stengelumfassende Neben-
blätter, die man mit einer Halskrause vergleichen kann.
Der Kelch der Erbsenblnte ist fünfspaltig.
Die Blüte verdient, daß wir sie genauer ansehen; ihr
Bau ist von dem vieler anderer Blüten ganz verschieden. Wir
nennen die Erbsenblüte unregelmäßig, weil die einzelnen
Blütenblätter ihrer Form nach sehr verschieden sind. Zerlegen
wir sie, so finden wir, das sie aus vier Blättchen besteht.
Das große bogenförmige Blatt nennt man Wimpel; das wie
ein kleiner Kahn geformte Blatt heißt K i el; die zwei noch übrigen
gleichförmigen Blätter heißen Segel. Diese Namen sind, wie
du merkst, von den Hauptteilen eines Schiffes hergenommen.
Im Kiele steht wie ein Mastbaum der Stempel mit den Staub-
gefäßen. Neun Staubfäden sind zusammengewachsen und um-
schließen den Stempel, der zehnte steht für sich allein. Der
Griffel des Stempels ist umgebogen.
Die Frucht der Erbse ist eine Hülse, deren zwei gewölbte
Klappen durch zwei Nähte verbunden sind. Eine derselben
springt auf, wenn die gelben oder grünen Samenkügelchen ihre
Reife erlangt haben.
Die Erbsen sind eine der nahrhaftesten Speisen. Von
den Zuckererbsen wird auch die grüne Hülse gegessen. Das
Erbsenstroh lassen sich die Schafe gut schmecken.
Wir haben die Saaterbsen zu den Kräutern gerechnet. Damit
begnügen sich manche Leute, die es genauer nehmen, nicht. Sie
nennen alle Gewächse, deren Blüten wie die Erbsenblüten gebaut
sind, Schmetterlingsblütler und rechnen zu diesen Pflanzen
die Linsen, die Bohnen, die Wicken, die verschiedenen Arten
des Klees rc. Vergleiche die in unsern Gärten angepflanzte
Feuerbohne und die Erbsenpflanze mit einander und suche
ihre Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten auf!
31. Die Herbstzeitlose.
Der Herbst ist da. Die Bildung der neuen Baumknospe,
mit der die Natur die Sorge für das kommende Jahr bekundet,
ist vollendet. Das Laub färbt sich und fällt ab.
Hatte der Frühling die Erstlinge der Wiesen, das Schar-
40 32. Das wohlriechende Veilchen.
Wickelte Blüten. In diesem Falle verdient die Pflanze ihren
Namen nicht.
Pflanzen, welche ähnlich wie die Herbstzeitlose gebaut sind,
werden Liliengewächse genannt. Zu den Liliengewächsen
gehören vor allem die schöne weiße Lilie und die Schwertlilie,
die Tulpe, die Hyazinthe, die Schachblume, die prächtige Kaiser-
krone, die Nareisse, die Schneetröpfchen, das Schneeglöckchen re.
32. Das wohlriechende Veilchen.
Die Pflanze, die vor uns liegt, ist das wohlriechende Veilchen.
Wir haben an derselben zu betrachten: den Wurzelstock, die
•Blätter, den Blütenstengel mit der Blüte und die Wurzelsprossen
oder Ausläufer.
Der Wurzelstock des wohlriechenden Veilchens ist walzenförmig
und knotig. Er treibt nach unten zahlreiche Fasern, nach oben
Blätter, Blütenstiele und Wurzelsprossen oder Ausläufer.
Die Blätter sind grundständig, d. h. unmittelbar aus der Wurzel
entspringend, langgestielt, breitherzförmig, gekerbt und mit zarten,
zerstreuten Haaren besetzt. Halten wir ein Blatt gegen das Licht,
so bemerken wir, dass es stärkere und schwächere Linien durch-
ziehen. Jene heissen Nerven, diese Adern. Der Nerv, welcher
als eine Fortsetzung des Blattstieles erscheint und die Blattfläche
in zwei Hälften teilt, heisst Mittelnerv. Die Nerven, welche
von diesem ausgehen, heissen Seitennerven. Die Adern bilden
ein Adernnetz.
Der eigentliche Stengel fehlt dem Veilchen, oder er ist wenig-
stens so verkürzt, dass wir ihn kaum bemerken können. Das wohl-
riechende Veilchen ist also stengellos. Die Blütenstiele, welche
unmittelbar aus der Wurzel hervorkommen und Schafte bilden,
sind so lang, oder etwas kürzer, als die Blätter. Sie haben in der
Mitte zwei fast gegenüberstehende Deckblättchen. Der grüne Kelch
ist fünfblätterig. Er umschliefst die ebenfalls fünfblätterige Blumen-
krone. Diese ist dunkelviolett, öfters rötlich, selten weiss. Von den
Blumenblättern sind vier gleich gross, das fünfte ist grösser, am
obern Bande etwas ausgebuchtet und endigt in einen sackförmigen
Fortsatz oder Sporn. In der Blüte befinden sich fünf Staubgefäfse
und der Stempel, welcher die Staubgefäfse etwas überragt und eine
hakenförmig gekrümmte Narbe hat. Die Samenhülle bildet eine
dreiklappige Kapsel mit nur einem Fache.
Wir bemerken endlich an der Pflanze die Wurzelsprossen oder
Ausläufer. Darunter versteht man lange, fadenförmige Stengel, welche
aus der Wurzel entspringen und auf der Erde hinkriechen. Sie