Autor: Sanwürk, S. von, Ehringhaus, Friedrich, List, Heinrich Theodor
Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
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Beides ist ja leider infolge des schmachvollen Treubruches Italiens
1914/15 nicht in Erfüllung gegangen, obgleich nur sein Anschluß an
den Zweibund ihm einen langen Frieden verschafft, seinen inneren
Fortschritt befördert und vor allem seine wirtschaftliche Lage verbessert
hatte. Für voll gesichert hielt sich Italien jedoch noch nicht, da der Drei-
bund bei seiner damaligen Schwäche zur See nicht imstande gewesen
wäre, die ausgedehnten Küsten Italiens zu schützen. Es bemühte sich
daher mit Zustimmung Bismarcks um die Zusicherung englischen
Schutzes gegen etwaige Übergriffe Frankreichs. Wenn auch England
kein Bündnis mit ihm schloß, so übernahm es doch tatsächlich diese Auf-
gabe durch sein derzeitiges starkes Mittelmeergeschwader.
m. Abschnitt.
Oie Kolonialpolitik äer Großmächte.
a) Der Erwerb Ägyptens durch England 1882.
England hatte schon 1878 die Insel Cypern von der Türkei er-
worben; 1882 benutzte es die Schwäche der Türkei, um sich auch noch
in dem reichen Lande Ägypten festzusetzen. Gegen den Vau des Suez-
kanals (1869 durch den Franzosen Lesseps vollendet) hatte es sich ge-
sträubt, weil es seinen Wert damals nicht erkannte; aber nach seiner
Vollendung erwarb es 1875 die Hälfte der Kanalaktien, um sich dadurch
den maßgebenden Einfluß auf diese wichtige Welthandelsstraße zu sichern,
die wegen des indischen Kolonialreiches für es von besonders großer Be-
deutung ist. Ein Aufstand der Ägypter gegen die Herrschaft der Europäer
gab ihm einen willkommenen Anlaß zum bewaffneten Einschreiten. Da
Frankreich kurzsichtigerweise aus Angst, sein Heer gegen Deutschland
zu schwächen, seine Mitwirkung bei der Unterdrückung des Aufstandes
ablehnte, schlug England ihn allein nieder und übernahm die ausschließ-
liche Schutzherrschaft über das Land. Der englische Feldzug nach dem
Sudan (Chartum) mißlang zwar, aber mit der Besetzung Ägyptens schuf
sich England ein zweites Indien in verkleinertem Maßstab und machte
sich zum Herrn des Suezkanals. Frankreich sah nun mit Ingrimm, wie
sein Einfluß dort zusammenbrach, und war in den nächsten Jahren sehr
englandfeindlich.
b) Frankreichs Kolonialpolitik.
Indessen waren seine Beziehungen zu Deutschland damals freund-
lich, besonders solange Ferry Minister war. Bismarck hatte nämlich
zur Verhütung des Rachekrieges die republikanische Partei unterstützt,
da viele ihrer Mitglieder nicht so rachedurstig waren wie die Mon-
archisten. Außerdem begünstigte er jeden Schritt Frankreichs, in außer-
europäischer Kolonialpolitik Ersatz für die Kriegsverluste zu finden und
seinen Ehrgeiz und seine Ruhmsucht zu befriedigen. Er glaubte, es
würde hierdurch von den Rachegedanken abgelenkt und käme in Gegen-
satz zu andern Mächten. Beides trat ja auch zunächst ein, aber
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Extrahierte Personennamen: Ferry Bismarck
Extrahierte Ortsnamen: Italiens Italien Italiens Frankreichs England England Frankreich Deutschland England England Indien Frankreich Deutschland Frankreichs
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26
zukünftigen Kolonialreiches und entfremdete sich hierdurch dem Deut«
sehen Reich immer mehr. Zunächst freilich waren Rußland und Frank-
reich noch seine Feinde, und so versuchte es, Deutschland für sich gegen
den Zweibund zu gewinnen.
6. England erweitert seine Machtstellung in den Kolonien
und im Sudan.
Während das Vordringen Rußlands in Asien England mit großer
Sorge erfüllte und letzteres sich daher Japan immer mehr näherte, suchte
gleichzeitig der Minister Chamberlain die einzelnen englischen Kolonien
durch einen engeren Zusammenschluß an das Mutterland zu fesseln und
ein „größeres Britannien" zu schaffen. 1897 kamen die Minister der
Kolonien zum erstenmal zu einer Konferenz zusammen, die seitdem
jährlich tagte. Vor allem aber gelang es England 1898, sein Reich
durch die Eroberung des Sudan wesentlich zu erweitern. 1885 hatte
es ihn nicht erobern können, aber mit echt englischer Zähigkeit hielt es
an seinem Plan, die Rilländer und -quellen zu erobern, fest. Kitchener
drang seit 1896 in den Sudan vor, schlug die Eingeborenen bei
Omdurman und rückte weiter nach Süden vor. Da stieß er unerwartet
bei Faschoda auf eine französische Abteilung unter dem Hauptmann
Marchand, und nun drohte der Zusammenstoß der beiden alten Kolo-
nialgegner den Weltkrieg herbeizuführen.
7. Frankreichs Politik und die Schmach von Faschoda (1898).
Kaiser Wilhelm hatte keine Gelegenheit versäumt, um den Fran-
zosen Liebenswürdigkeiten und Höflichkeiten zu erweisen, um sie ver-
söhnlich zu stimmen. Cr hatte damit nur bei wenigen Erfolg, die
Mehrheit legte sein Verhalten als Schwäche aus und gab den Rache-
krieg nicht auf. Als die heftigen inneren Kämpfe (Panama- und
Dreyfuß-Skandal) erledigt waren, hatte Rußland endlich das ersehnte
„Bündnis" mit Frankreich abgeschlossen; jedoch ließ Alexander Iii.
keinen Zweifel darüber aufkommen, daß er nicht bereit sei, das Werk-
zeug französischer Rachepläne zu werden. Um so erfolgreicher war die
französische Kolonialpolitik in Hinterindien und Afrika. Zn Nord-
afrika hatte es ein großes, zusammenhängendes Kolonialreich geschaffen
und erstrebte nun seine Ausdehnung bis an den Indischen Ozean.
Marchand erreichte 1898 F a s ch o d a am oberen Nil, und mit Abessinien
wurden aussichtsreiche Verhandlungen geführt. Da erhob England in
schroffer Form Einspruch und verlangte, daß die Franzosen diese Ge-
biete räumen sollten. Würde das stolze, ruhmbegierige Frankreich sich
diese „Schmach von Faschoda" gefallen lasten? Das französische Volk
schäumte vor Wut, aber die Regierung entschied sich aus persönlichen
und sachlichen Gründen für unbedingtes Zurückweichen vor England.
Der neue Minister des Auswärtigen, Delcasto, war einer der größten
Gegner Deutschlands und wollte den Rachekrieg; daher suchte er An-
schluß an England. Es war dies ein folgenschwerer Entschluß für
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Extrahierte Personennamen: Chamberlain Marchand Frankreichs Wilhelm Alexander_Iii Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Frank- Deutschland Asien_England Japan Britannien England Omdurman Frankreich Hinterindien Afrika Indischen_Ozean England Frankreich England Delcasto Deutschlands England
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der montenegrinischen Prinzessin Helene (1896) hatte die Hinneigung
nach der Adria verstärkt und den Gegensatz gegen Österreich verschärft.
Fürst Vülow stellte zwar das englifch-französisch-italienifche Ab-
kommen über Marokko und Tripolis von 1902 als harmlos dar. „In
einer glücklichen Ehe muß der Gatte nicht gleich einen roten Kopf be-
kommen, wenn seine Frau einmal mit einem andern eine unschuldige
Extratour tanzt. Die Hauptsache ist, daß sie ihm nicht durchgeht, und
sie wird ihm nicht durchgehen, wenn sie es bei ihm am besten hat." Aber
der Dreibund war eben keine glückliche Che mehr und insofern das Bild
falsch. Jene Extratour war der Ansang zu dem schmählichsten Treu-
bruch der Weltgeschichte (1915). Obgleich Italien es beim Dreibund
am besten hatte — es wurde finanziell von ihm unterstützt und hatte in
ihm seinen besten Abnehmer —, ist es ihm 1915 durchgegangen. 1902
zwar erneuerte es nach schwierigen Verhandlungen den Dreibund, aber
schon 1903 betonte der König Cmanuel sowohl in London als auch
in Paris „die Freundschaft beider Völker und die glücklich vollzogene
Annäherung".
6. Die Verlegung der englischen Flotte in die Nordsee.
Deutschland hatte inzwischen nach dem festgelegten Bauplan seine
Flottenverstärkung eingeleitet, deren Durchführung noch viele Fahre er-
forderte. Dies veranlaßte England im Winter 1905/06 zu einem ent-
scheidenden Schritt in der Verteilung seiner Seestreitkräfte. Cs ver-
legte den Schwerpunkt der britischen Flotte aus dem Mittelländischen
Meer in die Nordsee und bildete hier die neue „Kanalflotte" aus
modernen Linienschiffen und Panzerkreuzern. Die Stärke war so be-
messen, daß sie gegenüber der gesamten deutschen Flotte eine unbedingte
Überlegenheit bedeutete. Außerdem legte man nach Gibraltar eine aus
stärksten und schnellsten Schiffen zusammengesetzte „Atlantische Flotte"
zur Verwendung im Ozean oder Mittelmeer. Diese Neuordnung der
britischen Seestreitkrüfte ist ein weltgeschichtlich wichtiger Schritt für
Deutschlands Geschichte. Cs ist der Abschluß jener Verhandlungen, die
durch die Schwenkung der französischen Politik nach der Schmach von
Faschoda eingeleitet wurden. Das Mittelländische Meer wurde nun-
mehr Frankreich allein überlassen, das daher fast ausschließlich seine
Mittelmeerslotte verstärkte. Die Rollen waren verteilt; England sollte
die Nordsee und den Atlantischen Ozean, Frankreich das Mittelländische
Meer beschützen, üm auch die letzten Zweifel darüber zu beseitigen,
gegen wen diese Maßnahmen gerichtet seien, sagte der englische Admiral
Lee in einer Rede (3. Februar 1905): „England müsse mit größerer
Besorgnis allein nach der Nordsee blicken. Dreimal gesegnet sei der,
der den ersten Schlag führe. Hoffentlich sei es die britische Flotte und
sie würde hoffentlich so wuchtig diesen Schlag führen, daß die andere
Flotte vernichtet sei, ehe man noch die Kriegserklärung in der Zeitung
gelesen hätte." Deutscherseits zog man auch aus dieser Herausforderung
keine Folgen, sondern setzte die Politik freier Hand ohne Bindung an
England oder Rußland fort, rüstete aber weiter.
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Extrahierte Personennamen: Helene_(
Extrahierte Ortsnamen: Adria Marokko Italien London Paris Nordsee Deutschland England Nordsee Deutschlands Frankreich England Frankreich England
88
Geschichte
■ *' . , • .
der
Aßgyp ter.
€ horographie.
j4egfypten, bei den Hebräern Mizraim, auch
Cham oder Raliab (Ps. 89» 11.), von den heuti-
gen Arabern Mezr genannt, ward vom fünften
bis sechsten Jahrhundert vor Chr. im Osten von
Palästina, Arabien und dem arabischen Meerbu-
sen, im Süden von Aethiopien, im Westen von
Libyen und Marmarika, und im Norden vom mit-
telländischen oder nördlichen Meere umgränzt;
und nach dieser Umgränzung berechnet man seine
Gröfse auf 1500 Quadrat - Meilen. Vorzugsweise
nannte man den nördlichen Theil, das Delta,
Aegypten, und oft rechnete man wenigstens die
auf beiden Seiten des Nil fortlaufenden Gebirgs-
ketten nicht mit dazu.
Nilus, bei Homer Aigyptos, und von den
Hebräern vorzugsweise Jeor, Fluß, genannt,
war der einzige Strom des Landes : seine Quellen
kannte man nicht, daher entsprang er in der
fabelhaften Geographie aus dem Ocean; (nach
Bruce entspringt er in Abessynien). Bei dem süd-
lichen Philä tritt er aus Aethiopien in Aegypten
ein, durchfliefst das Land von Süden nach Nor-
den, und ergiefst sich ins mittelländische Meer
durch sieben Mündungen, unter denen die sehen-
nitische die weiteste ist, die beiden äufsersten
aber, die kanopische im Westen, und die pelu-
sische im Osten, das Delta bilden. Durch seine
jährlichen Tjeberschwemmungen vom August bis
zum October ersetzt er den hier seltenen Regen
nicht blos, sondern düngt auch das Uferland,
und durch zahlreiche im ganzen Aegypten ge-
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Extrahierte Personennamen: Nilus Homer_Aigyptos Bruce August
90
Geschichte
weit unter dem kleinen Wasserfalle, mit einem
Brunnen, in den am Mittage des längsten Tages
die Sonne ihr Bild warf; daher hierdurch der
Wendekreis des Krebses gezogen wurde. (Juve-
nal.) Südlicher noch liegen die beiden Nil-
Inseln Elephantine und Philä, wo die Katarrak-
ten. Sen. Nat. Qu. Iv, c. 2. Am arabischen
Busen Myoshormos und Berenice.
ß. Mittel- Aegypten oder Heptanomis, mit
den beiden Seen Möris und Menes, und den vor-
züglichsten Kunstwerken der Aegypter. Die
Hauptstadt war Memphis, in älteren Zeiten Wohn-
ort der Könige, in der Nähe der Piramyden.
Hierher gehören auch die 2 oder 3 Gases, (frucht-
bare Inseln in dem libyschen Sandmeere,) später
römische Verbannungsörter.
3. Unter - Aegypten, dessen vorzüglichster
Theil Delta. Hier liegen: On, eine alte Stadt,
von den Griechen Heliopolis übersetzt,l) lange
der Sitz eines Priester-Kollegiums. Sais, Ce-
krops angebliche-Vaterstadt, Sa<r5/£. Tanis, in
der Bibel Zoan, alter Sitz eines Königsstammes,
wie auch Bubastis. Die Trümmer dieser Stadt
liegen in der Nähe des pelusischen Nilarmes. —
Pelusium (vielleicht das Sin der Bibel, Hesek.
30, 15. 16.) an der östlichsten Nil-Mündung,
Gränzvestung und Schlüssel von Aegypten. Rhi-
nokorura (nach Förster das Abaris der Hyksos),
nahe der Gränze von Palästina. Neuere Städte
sind: Naukratis, von Milesiern angelegt, seit
Amasis bis auf die Zeiten der Perser die einzige
griechische Handelsstadt in Aegypten. Durch
Alexander aber ward Hauptstadt des ganzen Ae-
Norden, denn Kusch ist von Aegypten aus ge-
gen Palästina das nördliche Land.
1) Die vielen Städte in Unter-und Mittel-Aegyp-
ten, die in ihren Namen die Endung: polis,
haben, sind entweder spätererbauet, oder grie-
chische Uebersetzungen ägyptischer Namen.
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Extrahierte Personennamen: Berenice Menes Palästina Alexander Alexander Kusch Palästina
1
der Aegypter. 105
Herrschaft Aegyptens zu erweitern, mit Ueberle-
gung und Kühnheit verfolgte. Er wollte durch
einen Kanal aus dem Nil in den arabischen Meer-
busen diesen mit dem mittelländischen Meere in
Verbindung bringen. Da dies nicht gelang,1)
liefs er auf beiden Meeren Kriegsschiffe bauen,
um, wo nicht zu erobern, doch seinen Handel
zu schützen. Die Erzählung von einer Umschif-
fung Afrika’s durch Phönicier auf ägyptischen
Schiffen, vom arabischen Meerbusen aus durch
die heraldischen Säulen ins nördliche Meer zu-
rück, beweist, was man ihm zutraute, wiewol
man nicht Afrika, wie wir es kennen, umschifft
dachte.1 2) — In den Landkriegen war Necho
gegen die Juden glücklich: er schlug den Josias,
1) Darius Hystaspis (521) setzte den Bau dieses
Kanals fort, und Herodot (444) sah ihn voll-
endet. Er ging von Bubastis südlich bis nach
Memphis, und dann östlich nach dem arabi-
schen Meerhusen. Doch mufs er nachher zer-
fallen sein} denn nach dem einstimmigen Zeug-
nisse aller spätem Schriftsteller soll erst Pto-
lemäus Philadelphus einen Kanal vollendet,
und durch eine Schleuse die sonst vielleicht
häufigen Ueberströmungen des arabischen
Meerbusens gehindert haben. Dieser Kanal
ging von Phakusa an der pelusischen Mündung
bei Bubastis vorbei bis nach Arsinoe. Doch
auch dieser ist wieder verfallen; denn die
Schifffahrt auf den oberen Theilen des rothen
Meeres ist so gefährlich, dafs schon im Zeital-
ter der Ptolemäer weiter südwärts von Koptos
aus eine Karawanen - Strsfse nach dem rothen
Meere gebahnt wurde, und die Schiffe aus den
südlichen Meeren nicht weiter als bis Myos
Hormos gingen, später nur bis Berenice. Der
Sultan Mustapha wollte ihn wieder herstellen,
und die Franzosen haben bei ihrem Aufenthalt
in Aegypten wenigstens bewährt, dafs dieser
Kanal würklich existirt hat.
2) S. die Geschichte der Phönicier.
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Extrahierte Personennamen: Necho Josias Darius_Hystaspis Darius Herodot Berenice Mustapha
der Phönicier.
167
Ion. -r- Ihre Entdeckungsreisen, und besonders
ihre berühmte Umschiffung Afrika’s, ist nicht so
gewifs, als man glaubt. l) Indefs mögen diese
1) Die einzige Quelle der Erzählung von der Um-
schiffung Afrikas durch die Phönicier unter
dem ägyptischen Pharao Necho (um 600) ist He~
rodot. Iv, c. 42; keiner der vielen alexandri-
nischen Gelehrten nach ihm kennt sie anders
woh6r: und Herodot hatte sie gehört von den
ägyptischen Priestern , deren Glaubwürdigkeit
eben nicht im besten Rufe stand ; daher auch
im Alterthum nicht Grofses auf diese Sage ge-
geben ward. Allein die Erzählung ist unwahr-
scheinlich in sich selbst. Die Phönicier fahren
vom arabischen Busen aus immer an der Küste
hin, landen mehreremale, säen und warten
die Aerndte ab, und vollenden die Fahrt in
2 Jahren ; im dritten Jahre lenken sie durch
die heraklischen Säulen zurück ins Mittelmeer
und kommen wieder nach Aegypten. Diese
Zeit ist durchaus zu kurz. Von der Mündung
des Indus bis in den arabischen Busen schiffte
Skylax aus Karyanda 50 Monate, Herodot. Iv,
c. 44. ; dem Salomo kam sein Tarsisschiff aus
Ophir in jedem dritten Jahre. Hätte ein Alter
auch irgend nur die wahre Gröfse Afrika's ge-
ahndet: ihm würde die Erzählung noch mehr
als Fabel erschienen sein. So aber war und
blieb dem Aegypter, \yie dem Hellenen, Li-
byen ein beinah rechtwinklichtes Dreieck, des-
sen Hypothenuse gleich südlich über dem ara-
bischen Busen nord - westwärts nach den Säulen
sich hinzog, Eustath. ad Dionys. Perieg. v. 175,
oder ward höchstens zu einem verschobenen
Trapezion, dessen kürzeste Seite an der West-
Küste blieb. Wäre aber jene Fahrt würklich
gemacht worden; hätte dann nicht nothwendig
mit Staunen erzählt werden müssen, wie un-
endlich weit, weiter als je ein Mensch geahn-
det, man gen Süden, und von Süden wieder
nach Norden gesegelt sei; und hätte also nicht
nothwendig jene falsche Vorstellung, und mit
ihr die ganze Geographie der Alten, sich durch-
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175
Assyrier und Meder.
sonders bei dem kleinen Flusse Is im Norden
Babylons fand, mit einander verbunden. — Ba-
bel oder Babylon war die berühmte Hauptstadt,
ins Viereck gebaut, und vom Euphrat durch-
flossen. Ihr Umfang betrug nach Herodot 480,
nach Diodor 360 Stadien. Bekannt sind ihre 50
oder gar 200 Ellen hohen und 50 Ellen dicken
Mauern, ihre 100 Thore von Erz, ihr Belui-
Tempel an der Euphrat - Brücke mit einer Stern-
warte, und die auf gewölbten Schwibbögen schwe-
benden Gärten. Ruinen dieser Stadt findet man
jetzt bei Hella. — Borsippa (Barsita), südlich
von Babylon, berühmt durch Leinwand - Fabri-
ken. Opis, nördliche Gränzstadt. — Seieucia,
am Tigris und Ktesiplion, 3 Meilen von Seieucia,
sind erst nach Alexander erbauete Städte. —
Wichtig für den Handel sind: Tcredon oder Jdi-
ridotis, an der Mündung des Euphrat in den per-
sischen Meerbusen ; die chaldäische Kolonie Ger-
rha, an der sonst unbekannten West-Küste des
persischen Meerbusens (Hadscher), bewohnt von
> einem der reichsten Handelsvölker, das meist
Karawanen - Handel mit den dort hingebrachten
Produkten Indiens trieb; die Inseln Tyrus und
Aradus, (Tylus und Arathus, vielleicht die Ba-
harein - Inseln,) wichtig durch Perlenfischerei,
[ Baumwolle, und zierlich gearbeitete Handstöcke.
l Auch mufs man die beiden Vorgebirge: Malate
) (jetzt Dsiulfar), auf arabischer, und Ilarmozia
> (Ormus) auf persischer Seite merken, welche den
[ Eingang in diesen vor der Umschiffung Afrika’s
1 für den ostindischen Handel so äufserst wichtigen
I Meerbusen bilden.
Assyrien
i ist ein Name von sehr mannigfaltiger Bedeutung :
bald ist es der barbarische für den hellenischen
Syrien (Herodot. Vi, 63.), das sich vom Pontus
T Euxinus, Kappadocien und dem Mittelmeere
) C^rgi Georg. Ii, 465.) bis jenseit des Tigris mit
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
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Extrahierte Personennamen: Herodot Hella Alexander Alexander Herodot Georg
Assyrier und Meder. 191
Handel. Die wohlriechenden Wasser, künstliche
Handstöcke, und geschnittene Steine zu Siegel-
ringen gebrauchten sie wohl nur im Lande; ihre
Leinwand- und Wollenwebereien aber, ihre Tep-
piche, ihre Purpurfärbereien, wurden auch im
Auslände, in Medien, Persien, selbst in Griechen-
land und Rom, sehr geschätzt, und als Waaren
des Luxus theuer bezahlt. Doch begnügten sie
sich nicht mit den Erzeugnissen ihres Landes: aus
Arabien führten ihnen die Gerrhäer Räucher-
werk und Gewürze zu; aus den östlichen Län-
dern holten sie durch Karawanen und Schifffahrt,
woran auch die Gerrhäer Antheil nahmen, Edel-
steine, Färbehölzer, Gom, und vorzüglich die
indischen Produkte Elfenbein und Zimmt; doch
hüllten sie auch, gleich den Phöniciern, die
Gegenden dieser Produkte in Fabeln von Greifen
und Unholden. (Strabo, Ktesias, Uerodot.j
Ihre Lage am persischen Meerbusen und um
die Ströme Euphrat und Tigris erleichterte nicht
blos die Zufuhr, sondern auch die Verbreitung
dieser Waaren in die nördlichen und westlichen
Länder. Den Euphrat hinauf bis Thapsakus ge-
führt, wurden sie von da durch Karawanen nach
Klein-Asien, und so nach Europa gebracht. —
Zugleich aber waren die Babylonier ein sehr
weichliches und Prachtliebendes Volk: in einem
heifsen Klima trugen sie dennoch dreifache wol-
lene Bekleidung — zum Prunk, und wenn die
Nachrichten von ihrer Unzüchtigkeit bei den Gast-
mälern wahr sein sollten, so müfsten wir sie für
das ausschweifendste Volk der Erde halten. We-
nigstens hinderte dieser Luxus alle wahre Bil-
dung. Die Chaldäer (Magier) waren die Inhaber
aller ihrer Weisheit; und diese bestand in einer
äufserst dürftigen und irrigen Kenntnifs des Him-
mels und der Gestirne, in einer sehr weitläufi-
gen Anweisung, die Zukunft vorher zu sagen, zu
zaubern, zu betrügen; und erbte ohne Verände-
rung von Vater auf Sohn in der geschiedenen
Kaste fort. Dafs sie einige mathematische und
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Aegyptens nach Alexander. 417
melt. Auch suchte er sein Land gegen auswär-
tige Feinde, gegen die damals mächtig werden-
den Römer zu schützen; er lälst ihnen zur Be-
siegung des Pyrrhus Glück wünschen, und
schliefst mit ihnen ein Bündnifs. Dem Aratus
schickt er große Geldsummen, den alten helle-
nischen Freiheitssinn aufrecht zu erhalten, und
nahm dafür Gemälde von Apelles und Statuen
von Phidias. Er erweiterte den ägyptischen Han-
del, bauete die Häfen Berenice und Myoshormos;
und bald kamen die arabischen, persischen und
indischen Waaren einzig in diese Häfen, eine
kurze Strecke über Land an den Nil, und den
Nil hinunter nach Alexandrien, von wo sie nach
allen Ländern des Mittelmeeres verschickt wur-
den. Daher ward Aegypten unter ihm reich,
Städte mehrten sich, und die Könige dachten
auf Eroberungen. Des Philadelphus Privatleben
beflecken. Grausamkeiten. — Ihm folgte Ptole-
m'äus Euergetes. x) Seleukus Kallinikus von Sy-
rien hatte die Schwester des Ptolemäus ermordet.
Ptolemäus bekriegte ihn so glücklich, dafs er
alle Länder zwischen dem Taurus und Indus ein-
nahm. Allein eine Empörung im Innern von
Aegypten rief ihn zurück, und er behauptete nur 1
1) Ein Titel, den die Schmeichelei der ägypti-
schen Priester ihm gab, weil er Götzenbilder
zurückbrachte: übertragen von Athen, wo
man auch wohl Bürger ehrend Evipytjrcxi und
2u>rngss nannte. Für seine Geschichte ist wich-
tig das Marmor Adulitanum, in Adule in Ae-
thiopien auigefunden, auf welchem des Euer-
getes Eroberungen aufgezählt werden. Kos-
mas giebt uns eine Abschrift in seiner Topo-
graphia Christiana, in Montfaucon’s Nova Col-
lectio Patrum. Paris 1706. Auszug daraus im
2ten Bande meiner Untersuchungen S. 786.
Buttmann über die Aechtheit des adulitani-
schen Monuments, im Museum der Alter-
thumsw. Ii, 1. Berlin 1808.
ßr. Handb. d. alten Gesch.
Dd
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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TM Hauptwörter (200): [T85: [König Alexander Reich Sohn Perser Tod Syrien Darius Cyrus Provinz], T115: [Tempel Stadt Rom Zeit Athen Pyramide Bau Ruine Denkmal Säule], T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T92: [Vgl Aufl fig Vergl Sch. Liv Sept Aug Iii Geb], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Phidias Berenice Seleukus_Kallinikus_von_Sy- Buttmann
Extrahierte Ortsnamen: Alexandrien Athen Adule Christiana Paris Alter- Berlin