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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 314

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
814 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. Grunde eines Herrn, nicht nur Wagner und Grobschmiede, auch Goldschmiede, Schwertfeger und Lederarbeiter, sie klopften und hämmerten in den Dorfhäusern neben Weib und Kind für ihren Grundherrn und daneben um Lohn für alle, die bei ihnen arbeiten ließen; ebenso die Müller in der Wassermühle, deren Betrügerei durch die Gesetze bedräut wurde. Und der Dorfbesitz eines vornehmen Franken oder Burgunden umschloß außer den Landarbeitern auch die ganze Gewerbthätigkeit seiner Gegend, die man sich nicht gering denken darf. An dem Hofe lag häufig der Obstgarten, mit Äpfeln, Birnen, Pflaumen, Kirschen. Die Mönche hatten Pfropfreiser aus dem Süden herzugetragen, man wußte mit der Veredelung Bescheid. Wer Pfropfreiser abbrach oder die Baumpflanzung beschädigte, zahlte hohe Strafe. Auch Weinberge waren an der Mosel, am Rhein, in Baiern; man hielt auf gute Reben, der unfreie Winzer hatte sie in Pflege. Sorgfältig tiersteint waren die Äcker oder [in späterer Zeit zuweilen] durch lebende Hecken umschlossen, die Gärten aber durch Zäune, die aus Knüppeln oder Pfählen in Brusthöhe errichtet sein sollten. Gepflügt wurde mit Pferden und Ochsen; mit Geld gestraft wurde, wer abackerte, ebenso wer einen verbotenen Fußsteig ging. Schon um 600 wird es alte Sitte genannt, dies Verbot durch eine wippende Rute oder ein aufgestecktes Strohbündel zu bezeichnen. Im Felde wurden die vier großen Getreidesorten [seit dem achten Jahrhundert] in der Dreifelderwirtschaft*) gebaut, auf dem alten Römergebiet an der Donau, unter Schwaben und Alamannen, hatte sich baneben der Spelt, die römische Frucht für weißes Mehl, erhalten; sie bauert bort noch heute. Außerbem würden Flachs, Rüben, Bohnen, Erbsen und Linsen gesät, und wer in ein solches Flurstück einfiel, der würde gestraft; aber schon bamals verboten die Baiern, den Felddieb zu pfänden. Immer noch gab die Viehzucht dem Landwirt die besten Erträge. Obenan stand die Schweinezucht. Der Sauhirt mit einem Knaben war der wildeste Genosse des Hofes; denn er hauste unter seiner Herde, die er *) „Nachdem man von den Römern die Winterfrucht kennen gelernt und hierfür geeignete und bereits verwendete Ländereien gewonnen hatte, gelangte man zu der Dreifelderwirtschaft, seit dem achten Jahrhundert; sie ward und blieb bis Anfang unseres Jahrhunderts das vorherrschende Wirtschaftssystem. Das ganze^ zum Getreidebau bestimmte Land wurde nun in drei möglichst gleiche Felder (Schläge) zerlegt, von denen immer je zwei in Saat standen, während das dritte ((Sgert) in Brache lag. Der Reihe nach wurde also jedes Feld ein Jahr mit Weizen, Spelt oder Roggen als Winterfrucht und ein Jahr mit Hafer oder Gerste benutzt; das dritte Jahr diente es als Brachland zur Gemeiudeweide. Das Sommerfeld wurde einmal im Frühjahr, das für die Wintersaat bestimmte Brachland zweimal, um Johannis und im Herbst, gepflügt." Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte S. 190. Vgl. auch oben S. 218.

2. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 315

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Aus dem Leben und Treiben in Stadt und Land im Merowingerreiche. 315 durch Hund und Horn bändigte, während langer Sommerzeit im Eichen-und Buchenwald. Dort baute er seiner Herde eine Baracke aus Baumrinde zum Schutz gegen Unwetter, und er und sein Hund hatten harte Kämpfe mit den Wölfen zu bestehen. Die größte Freude des Landmannes war die Zucht seiner Rosse. In sehr hohem Preis standen die Hengste, die zum Krieg tauglich waren; sie weideten, die Füße an Leinen gekoppelt. Schwer büßte', wer sie von der Weide stahl. Auch die Betrügereien der Roßtäuscher waren wohl bekannt, und das Gesetz suchte vor ihnen zu schützen. Allem Vieh banden die Süddeutschen tönende Schellen um den Hals, die Franken auch den Schweinen im Laubwald. Zahlreicher als jetzt flatterte in den Höfen das Geflügel. Obenan in Ehren stand mit seinen Hühnern der Haushahn, der durch besonderes Bußgeld geschützt war, außerdem Schwäne und sogar Kraniche, die bis zum dreißigjährigen Krieg als strenge Gebieter des deutschen Hühnerhofes geschützt waren. Im vornehmen Hofe fehlte auch das Falkenhans nicht, und unter den Vierfüßlern^ der Hofstätte liefen zahme Hirsche, die man zum Fange ihrer wilden Stammgenossen abzurichten verstand. Sorglich geschützt wurden die Bienenstöcke des Gartens, welche in verschiedenen Formen als Stämme oder Körbe eingerichtet waren. Wer einen Bienenstock stahl, hatte bei den Franken dasselbe Strafgeld zu entrichten wie für eine Kuh mit dem Kalbe. . . . Der freie Eigentümer hatte nur einen Herrn über sich, den König, vor ihm neigte er das Haupt und beugte die Knie, sonst saß er auch neben Reicheren, den Beamten und Gefolgsleuten des Königs als gleichberechtigt; dock schon zahlte für einen Frevel, der an seinem Leibe geübt wurde, der Thäter geringeres Wergeld, als wenn der Beschädigte des Königs Diener war.*) . . . Die ganze Kraft des Volkes lag in der Masse der freien Landbewohner. Aber schon damals arbeiteten Könige, Grundherren, gewalttätige Beamte und die Kirche daran, die Zahl der Freien zu vermindern. Der Gemeinfreie war ein geldarmer Mann, und doch forderten die neuen Gesetzbücher der Könige bei jedem Unrecht, das er beging, von ihm eine Strafe in edlem Metall. Kaum ein Landwirt vermochte sich in der händelsüchtigen Zeit straflos zu halten, wenn der Graf des Königs ihn zu einer Buße zwingen wollte. Reichten Viehhäupter und Ernte nicht hin, das Geld zu schaffen, so mußte er sich seines Eigens entäußern. Auch dem Schuldlosen wurden die Forderungen der Könige zu schwer. Schon damals [in der späteren Merowingeqeit] muß die Lage des freien Bauern oft unerträglich gewesen fein; die Lasten, die ihm das Land auferlegte, der Zehnte, Waffendienst, Fuhren und Lieferungen bei Reifen des Königs und feiner Beamten, waren sehr groß. Gegen die Mächtigen fand er kein Recht; *) Vgl. oben S. 224.

3. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 150

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
150 Die Langobarden bis zum Berlust ihrer Selbständigkeit. danken und baute, dankbar und demütig wie er war, an jenem Ort, wo die Schlange sein Haupt umwunden hatte, zur Ehre unsers Heilandes und des heiligen Benedikt ein großes, herrliches Kloster, dem er viele Gerechtsame und Ländereien verlieh. Desgleichen stiftete seine Frau Ansa aus eigenem Vermögen in der Stadt Brescia ein ansehnliches Nonnenkloster und begabte es mit vielen Wiesen, Gütern und Hörigen. König Desiderius war sanftmütig und gutherzig gegen jedermann. Der Papst aber zürnte ihm und verleumdete ihn beim Frankenkönig Karl, so daß dieser sein Weib Desiderata, des Desiderius Tochter, ohne allen Grund verstieß und seines Bruders Witwe Gerberga, die auch dem Desiderius verwandt war, aus seinem Reich verbannte. Darob kränkte sich der gute König bitter und zog zuerst vor Rom, um den Papst zur Rechenschaft zu fordern. Nun ward dies aber dem Frankenherrscher hinterbracht, und alsbald bot er alle Völker auf und zog mit einem ungeheuren Heere von Franken, Alamannen, Burgunden und Sachsen gen Italien. Als Karl mit den Seinen das Thal von Susa eingenommen hatte, gelangte er auch nach dem berühmten Kloster von Novalese, wo er so lange rastete, bis alle Vorräte der Mönche aufgezehrt waren; und nicht ohne Grund verweilte er hier, denn das Kloster war in jenen Tagen überaus reich und von dem Abte trefflich verwaltet. Als aber Desiderins vernahm, daß König Karl wider ihn im Anzuge sei, entbot er die Großen seines Reiches zu sich und fragte sie, was nun zu thun sei. Sie antworteten: „Dein Heer ist viel zu klein, um den Scharen Karls in offenem Felde widerstehen zu können. Laß aber alle Thäler und Pässe, die aus dem Frankenreich nach Italien herüberführen, durch eine Mauer von Berg zu Berg verschließen und ihnen so den Weg versperren." Also geschah es, und noch heutigestags sind die Grundfesten des Bollwerks zu schauen. Nim rückten die Franken, die keinen Übergang finden konnten, Tag für Tag gegen die Mauer an in Scharen von taufend oder zweitausend Mannen und bestürmten die Langobarden in ihren Verschanzungen, konnten ihnen jedoch nichts anhaben. Den größten Schaden aber that ihnen des Desiderius Sohn Adelgis (Algis), ein Jüngling von riesigem Wuchs und unglaublicher Leibeskraft. Dieser pflegte in Kriegszeiten nur mit einer eisernen Keule bewaffnet in den Kampf zu ziehen und damit die Feinde zu erschlagen. Wenn er nun, da er Tag und Nacht die Wache hielt, merkte, daß die Franken ruhig und ahnungslos vor der Mauer lagen, so machte er plötzlich einen Ausfall, stürzte über die Feinde her und hieb mit seinen Mannen auf sie ein, daß viele Hunderte ihr Leben lassen mußten, und dies wiederholte er mehrere Male. Da kam eines Tages ein langobardischer Spielmann in das fränkische Lager und sang ein Lied, in dem folgende Worte vorkamen:

4. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 74

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
74 Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. merkte er, daß ihm das Tier von Gott zugesandt sei, damit es ihm den Weg weise, den er nicht kannte. Als sie nun auf diese Weise mehrere Tage durch das einsame Gebirge gezogen waren, da ging der geringe Vorrat an Brot, den Leupichis bei sich hatte, völlig zu Ende. Hungernd zog er seines Weges weiter und wurde immer schwächer und matter. Endlich als er ganz erschöpft war, spannte er seinen Bogen und wollte den Wolf durch einen Pfeilschuß erlegen, um sein Fleisch zu verzehren. Aber der Wolf wich dem Schusse aus und verschwand alsbald aus des Wanderers Augen. Nun wußte Leupichis gar nicht, wohin er gehen sollte, weil der Wolf ihn verlassen hatte, und da auch der Hunger ihm alle Kraft raubte, so warf er sich, schon am Leben verzweifelnd, zu Boden und schlief sogleich ein. Da erblickte er im Traume einen Mann, der also zu ihm sprach: „Erhebe dich! Was ruhest du? Dorthin nimm deinen Weg, wohin deine Füße gerichtet sind; denn dort liegt das Land Italien, das Ziel deiner Sehnsucht." Alsbald erhob er sich und begann nach jener Richtung zu wandern, die ihm das Traumbild angegeben hatte. Und bald gelangte er zu Menschenwohnungen, denn es siedelten in jener Gegend Slaven. Eine alte Frau erblickte ihn und erkannte sogleich, daß er ein Flüchtling sei und Hunger leide. Darob ward sie von Mitleid ergriffen, verbarg ihn in ihrer Hütte und reichte ihm heimlich und ganz allmählich Nahrung, damit er nicht, wenn sie ihm in ihrem Erbarmen aus einmal Speise bis zur Sättigung gäbe, das Leben verlöre. So gab sie ihm in angemessener Weise zu essen, bis er wieder völlig zu Kräften gekommen war. Und als er ihr kräftig genug schien, seine Reise fortzusetzen, gab sie ihm noch Speise auf den Weg mit und belehrte ihn, welche Richtung er einschlagen müsse. Und nach einigen Tagen erreichte er wirklich Italien und kam zu der Stätte, wo er geboren war. Ach, das Haus, in dem er zuerst das Licht erblickt hatte, war verödet, das Dach verschwunden, so daß der blaue Himmel oben herein schien; nur die nackten Mauern standen noch; Dornen und Buschwerk wucherten darüber hin. Zwischen dem Gemäuer war ein schöner, stattlicher Eschenbaum gewachsen; an den hängte er Bogen und Köcher. Dann begann er das Gestrüpp niederzuhauen, das den halbzertrümmerten Bau überzog. Von seinen Gesippen und Freunden durch froh gewährte Gaben unterstützt, konnte der kräftige Mann sein väterliches Heimwesen wieder herstellen. Von dem Vermögen freilich, das einst sein Vater besessen hatte, war nichts mehr vorhanden. Doch dauerte es nicht lange, da führte er ein junges Weib in das Haus; und, wie ich schon sagte, dieser Leupichis ward mein Urgroßvater. Er zeugte meinen Großvater Arichis, Arichis aber meinen Vater W a r n e srie d, und Warnefried endlich hat mit seinem Weibe Theudelinde mich, den Paulus, gezeugt und meinen Bruder Arichis, auf den der Name unseres Großvaters überging. Dies Wenige

5. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. V

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
Vorwort das vorliegende Büchlein verdankt fein Dasein einem Wunsche, der mir von mehreren Seiten aus- gesprochen worden ist: aus den drei ersten Banden meiner für reifere Leser bestimmten „Geschichtsbilder" dasjenige auszuheben, was auch Knaben von zarterem 'Alter verständlich und interessant erscheinen könne. Also ein Auszug aus jenem größeren Werke war beabsichtigt, und doch kein Auszug im gewöhnlichen Sinne. Alles, was der Jugend und dem Volke ge- fallen will, muß frische, gesättigte 8arbe und ab- gerundete 8orm haben; mit dürftigen Notizen ist hier nichts gerban. Nicht eine karg bemessene, gleich- mäßige Darstellung der wichtigsten Ereignisse, sondern eine Reihe lebensvoller Einzelbilder, in denen allein Geschichtliches der Jugend verständlich und anziehend ist, sollte geliefert werden. Das historisch Bedeutende mußte nicht selten gegen das ethisch wertvolle zurück- treten. Daher habe ich einerseits viele Abschnitte ganz gestrichen, andrerseits die breite, behagliche Er- zählung oder Schilderung nicht abgekürzt, sondern sie durch Vereinfachung des Verwickelten und kräftiges Hervorheben des menschlich 8esselnden, durch ver-

6. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 35

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
6. Tageslauf eines germanischen Hausherrn in Friedenszeiten. 35 nicht, so gab es wohl am Haus oder Hofzaun zu bessern, wobei der Herr selber nur selten zugrifs, vielmehr die Knechte anwies, lobte oder zum Fleiße antrieb. Oder er schaute eine Weile mit behaglichem Lächeln den Kriegsspielen seiner Knaben zu, oder er ging hinaus aufs Feld, den Stand der Saaten zu prüfen, oder aus die Viehweide, um sich am Anblick seiner Pferde, Rinder, Schafe und Schweine zu freuen, vielleicht auch um einem Gaste selbstgefällig die stattlichen Herden zu zeigen. Oder er zog mit Hunden und Knechten in den grünen Wald, dem edlen Weidwerk obzuliegen, den Bären aufzuspüren, der neulich ein Kalb geraubt, den Wolf zu fällen, der unter den Schafen Vernichtung angerichtet, den Ur zu erlegen, der lüstern nach leckerer Gerste den Acker zerstampft hatte. Sowohl die Jagd aus Vierfüßler (Tier- weide) wie die auf Vögel (Vogelweide) wurde mit Leiden- schaft gepflegt. An den Jagden vornehmer Männer, zu denen oft ein größeres Gefolge mitzog, beteiligten sich nicht selten die edlen Frauen als Zuschauerinnen und Wirtinnen, die im Waldesschatten den hungrigen Jägern ein fröhliches Mahl bereiteten. Manche verstand wohl auch selbst Bogen und Jagdspeer und den abgerichteten Falken zu lenken. Die meisten dieser Beschäftigungen ließen sich freilich nur bei freundlicher Witterung vornehmen; bei schlechtem Wetter, namentlich im Winter, kam es öfters vor, daß der Hausherr nach dem Imbiß sich verdrossen wieder aufs Lager streckte und so auf der Bärenhaut liegen blieb, bis die Zeit der Hauptmahlzeit hcrankam, die etwa um die Mitte des Nachmittags, nicht allzulange vor Sonnenuntergang gehalten wurde. „Es freuen sich die Hunde, und das Haus öffnet sich von selbst, wenn ein Gast kommt." So lautet ein alt- nordisches Sprichwort und bezeichnet damit schön und bündig die Herzlichkeit, mit der der Deutsche den Gast willkommen hieß. Und das that er gar oft. Außer solchen, die unter seinem Dache übernachteten, kamen noch häufiger andere, die geladen oder ungeladen an seiner Mahlzeit teilnahmen. An ein solches Mahl schloß sich gewöhnlich ein scharfes Trinken, stets, wenn der Wirt ein Gastgebot erlassen hatte. Die 3*

7. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 105

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
14. Armin, der Befreier Deutschlands. 105 immer dichter und endloser; riesige Stämme versperrten fort- während den Weg. Immer mußte mein halt machen. Bäume niederhauen, Wege bahnen, Brücken schlagen. Dazu führte Varus — es war ja Friedenszeit! — einen großen, schwer- fälligen Troß von Wagen, Lasttieren und Sklaven mit sich. Die Legionen konnten keinen geschlossenen Zug mehr halten. Um sie noch mehr auseinander zu bringen, begann der Regen in Strömen herabzugießen und der Sturmwind zu heulen. Der aufgeweichte Boden verstattete keinen sichern Tritt, man strauchelte beständig über Wurzeln und Baumstümpfe. Der Sturm riß von den uralten Eichen schwere Äste herab, welche die darunter Schreitenden verletzten und in schreckliche Ver- wirrung brachten. Und nun begannen die Deutschen ihre Angriffe. Durch das Gebüsch brachen sie von allen Seiten gegen die Bedrängten hervor, schleuderten von weitem ihre Speere auf die zwischen Wagen und Trvßknechten ermüdet Dahinziehenden und stürmten, nachdem sie schon viele erlegt hatten, dicht heran. Hatten sich nun die Römer mit unendlicher Mühe ein wenig zur Abwehr geordnet, so verschwanden die Feinde ebenso rasch, wie sie erschienen waren, in den Wäldern, wo sie jeden Fußpfad, ja jeden Baum kannten, und brachen wieder hervor, sobald die Legionen ihren Marsch fortsetzten. Mitten in dieser Bedrängnis brachten es doch die Römer fertig, ein Lager aufzuschlagen, streng nach den Regeln der römischen Befestigungskunst. Die Mehrzahl der Wagen und was sonst überflüssig erschien, verbrannten sie. Am folgenden Tage schien sich ihre Lage etwas bessern zu wollen, sie kamen in lichtere Gegenden und konnten in besserer Ordnung mar- schieren. Aber bald gerieten sie wieder in die Urwälder, die feindlichen Angriffe erneuerten sich, die Verwirrung wurde immer größer. In dem Wirrwarr hinderte ein Kämpfer den andern, die Bäume standen überall im Wege. Endlich sank die Nacht hernieder und machte deni Ringen ein Ende. Abermals wurde ein Lager aufgeschlagen. Aber es war von geringem Umfang, der Wall war ungleich, der Graben flach;

8. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 295

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
38. Alboin, der Langobardenkönig. 295 die Langobarden als wackere Mitkämpen auf der Seile des großen Cheruskerhelden. Sie waren es auch, die den Neffen Armins, Italiens, wieder auf den cheruskischen Thron zurück- führten. Erst etwa seit dem Ende des vierten Jahrhunderts wanderten sie allmählich, zuerst nach dem heutigen Branden- burg, dann nach Böhmen und von da, nachdem Odowaker 488 die Rügen vernichtet hatte, in das Land am nördlichen Ufer der mittleren Donau, wo sie, da es fruchtbaren Boden hatte, viele Jahre blieben. Ungefähr ein Jahrhundert war vergangen, seit das Volk, das inzwischen stattlich angewachsen war, die sumpfigen Niederungen der Elbe verlassen hatte. Im Rugenland an der Donau waren die Langobarden Nach- barn eines andern tapferen Germanenstammes, der Heruler, geworden. Mit diesen gerieten sie einst in einen Kampf, über den die Sage folgendes berichtet. Auf einem weiten Blach- felde standen die beiden Völker zum Kampf gerüstet. Der Hcrulerkönig Rodulf sandte die Seinen in den Streit; er selbst aber war seines Sieges so gewiß, daß er, während das Heer ausrückte, in der Wagenburg blieb und sich am Brett- spiel ergötzte. Denn damals waren in der That die Heruler außerordentlich tüchtig im Kriege und hatten sich durch viele Siege, die sie erfochten, einen großen Namen gemacht. Sie zogen nach uralter Sitte nackt in die Schlacht; nur um die Hüften war ein Stück Zeug schurzartig geschlungen. So mochte der König nicht ohne Grund auf die erprobte Kraft der Seinen vertrauen und saß sorglos beim Spiele, während draußen der mörderische Streit entbrannte. Einen von seinen Leuten ließ er auf einen hohen Baum in der Nähe steigen, damit er ihm den Sieg der Seinen desto schneller melden könne; doch fügte er die thörichte Drohung hinzu: „Meldest du mir von meiner Heruler Flucht, so lasse ich dir das Haupt abschlagen." Wie nun der Mann vom Wipfel des Baumes eine Weile nach dem Schlachtfeld hinübergeschaut hatte, sah er mit Schrecken, wie die Reihen der Heruler wankten. Aber vor Angst um sein Leben wagte er es nicht, die Wahrheit zu künden, und jedesmal, wenn Rodulf ihn fragte, wie die Schlacht stehe, antwortete er: „Sie kämpfen wacker." Unter-

9. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 3

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
1. Land und Bolk der alten Deutschen. 3 rauhes Land. Und freilich sah es namentlich im Norden zwischen Ems und Niederelbe traurig aus. Ungehindert konnten dort die wilden Meeresfluten oft aus viele Meilen den flachen, öden Strand überströmen, und weiter landeinwärts folgte ein schauerliches Durcheinander von Sümpfen und Urwald. An den Ufern der Ströme wuchsen riesige Eichen. Wenn diese vom Wasser unterwühlt oder durch Stürme losgerissen wurden, stürzten sie um und kehrten ihre weitverzweigten Wurzeln gen Himmel. Manchmal trieben sie auch samt großen Stücken des Bodens die Flüsse hinunter ins Meer und setzten niit ihrem ungeheuren Geäste, das sich wie Maste und Takelwerk ausnahm, die fremden Schisse in Schrecken. Urwald bedeckte überhaupt den größten Teil Germaniens; aber deshalb sah es doch nicht überall grausig und wild aus. All die schönen deutschen Ströme, der Rhein, die Donau, der Main, die Weser, die Elbe und wie sie alle heißen, wälzten reichlicher und klarer als heutzutage ihre grünlichen Wogen dem Meere zu; alle die zahllosen Bäche und Quellen plätscherten, nur ungetrübt und ungehindert, durch Wald und Weiden. Der liebliche Wechsel wischen Thälern und Hügeln, der namentlich die mittleren Gegenden unseres Vaterlandes so reizend macht, bestand damals wie jetzt. Der wunderherrliche deutsche Wald war auch nicht allenthalben so schauerlich und undurchdringlich, wie die Römer behaupteten, und wenn er auch die Feuchtig- keit erhöhte und Schnee und Regen anzog, so gewährte er dafür auch wohlthätigen Schatten im Sommer und hemmte die Gewalt des Sturmes im Winter. Außer feuchten, finsteren Eichenwäldern gab es trockene Waldung von Buchen und Nadelholz, herrlich duftend, mit schlank aufstrebenden Bäumen und weichem Moosgrund, auch hie und da schöne Lichtungen mit prächtigem Grün. Städte fehlten freilich gänzlich, stattliche Bauwerke ragten nirgends empor, und eben- sowenig gab es wohlgeebnete Straßen, aus denen man bequemlich reisen konnte. Aber wenn der Wanderer auf gewundenem Waldpfad dahinschritt, so stieß er doch nicht selten auf Menschen- wohnungen, von wo er schon aus der Ferne die Hunde bellen und die Gänse schreien hörte. Es waren niedrige Holzhäuser 1*

10. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 15

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
2. Haus und Hof. 15 Wohlgefallen mag der Blick auch in die Höhe geschweift sein, wo von den Dachsparren an starken Haken die Schinken und Würste herniederhingen. Schlafstellen waren nicht zu erblicken; denn die Bänke dienten zugleich als Nachtruhestätten für die Hauseltern und die unverheirateten Kinder. Stroh, Mäntel und Pelze ver- traten, wenn es not that, die Stelle der Polster und Decken. Knechte und Mägde schliefen, soweit sie im Herrenhose wohnteu, zuweilen im Flur und in den Ställen, im Sommer auch im Freien, gewöhnlich aber in eigenen unterirdischen Räumen. Auf dem Hofe nämlich befanden sich außer dem Hause noch kleinere, eigentümliche Nebengelasse, welche Dunge genannt wurden. Da diese keinen Herd hatten, so schützte man sie dadurch gegen die Kälte, daß man sie kellerartig in die Erde eingrub und oben mit Viehdünger belegte. Sie waren trichter- förmig und ziemlich tief, in der Mitte durch eine Balkenanlage in eine obere und untere Abteilung geschieden. Der obere Raum diente zu Schlafstätten für das Gesinde, am Tage wurde in ihnen das Geschäft des Webens und andere Arbeit, die nicht im Freien verrichtet werden konnte, betrieben. Die untere Abteilung benutzte man zur Aufbewahrung des Frucht- vorrates während des Winters. Drohte ein feindlicher Überfall, so versteckte man auch andere Habe in den Dung, machte diesen oben der Bodenfläche gleich und bedeckte ihn mit Erde und Rasen. Um das Haus selbst gegen frevelnde Feindeshand zu schützen, war, wie gesagt, ein jedes mit einem weiten H o f r a u m um- geben , um den ein fester Zaun, zuweilen auch wohl eine Dornenhecke oder ein Bollwerk aus Geflecht, Rasen und Erde lief. Bei besonders stattlichen Gehöften glich die Umzäunung nicht selten einer Befestigung, die sogar eine feindliche Belage- rung auszuhallen vermochte. Zwar gab es nicht Gärten in unserem Sinne, aber hin und wieder wurde ein Winkel des Hofes zur Anpflanzung der wenigen damals bekannten Küchen- gewächse z. B. der schön blühenden Bohne und des unent- behrliäien Lauchs, vielleicht auch einiger Beerensträucher benutzt. Ein solcher Winkel stand unter der besonderen Obhut der
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