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1. Bd. 4 - S. 2

1878 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
2 1. Die Zeit der Konstitutionen. jung und uuvergohreu, gieugen nach den verschiedensten Richtungen auseinander, indem fast jeder nur wußte, was er nicht wollte; daher denn im politischen Handeln erst eine Lehrzeit durchgemacht werden mußte. Man wollte alles behalten, nichts aufgeben, und doch ein einiges und großes Vaterland haben. Wie da helfen? Der Schlaf war zu tief gewesen, als daß die starke Rütteluug so schnell zur Besiunuug verholfen hätte. Deutschland blieb also sehr zerrissen; uur durch ein Gitter konnten die einzelnen Stämme xiitd Staaten mit einander verkehren. Das enttäuschte und erbitterte viele. Gar manche Einheitsschwärmer und Weltverbesserer meinten es übrigens nicht so schlimm, sondern waren doch in der Hauptsache froh am wiederhergestellten Frieden, wünschten nur, daß etwas mehr Lebeu in die Geschäfte käme, und richteten zunächst ihre Blicke auf die Schäden und Bedürfuiffe des Einzelstaates, in dem ihr Loos gefallen war. Die neue Buudesacte verpflichtete alle Staateu zur Einführung oder Wiederherstellung laudständischer Verfassungen. Damit sollte besonders in den Rheinbuudläudern den fürstlichen Gelüsten ein Riegel vorgeschoben werden; aber nun hoffte man, daß Oestreich mit gutem Beispiel vorangehen werde. Es war das eine unbillige Zu-muthuug, denn dieser buntscheckige Völkercomplex war schon lange an Stillstand gewöhnt und brachte es höchstens zu einem langsamen Nachzügeln; wer wie Joseph Ii. ihn schnell umwandeln wollte, konnte nur Verwirrung schaffen. Nun stand damals (1809—48) an der Spitze des Reichs der Fürst Clemens Metternich, ein gewandter Hofmann, der sich auf viele Staatskünste verstand, aber doch am liebsten das Bestehende festhielt und darin das Wesen der St'aatskuust zu finden glaubte. Ungestörter Friede war schon für Oestreichs Finanzen nothwendig, denn es hatte Bankerott gemacht, so daß 50 Papiergulden a. 1811 noch 10, und a. 1816 gar uur 4 fl. bedeuteten. Mit mehr Geistesarbeit hätte man der Armuth schneller auf helfen können. Aber schon dem preußischen Aufschwung

2. Bd. 4 - S. 45

1878 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
§ 6. Russisch-türkische Verwicklungen. 45 der nicht beachtet wurde. Ibrahim zermalmte es bei Nisib 24. Juni 1839 lind konnte wieder gegen Konstantinipel vorrücken, wo der dem Trunk verfallene Mäh. mnd Ii. im Sterben log (f 30. Juni) und sein Kapudan Pascha die ganze Flotte dem Ägypter auslieferte. — Dem 16jährigen Sultan A bdu l Me dsch id (1839—61) griffen jedoch die Großmächte unter die Arme, vor allen England, das die Türkei nicht tiefer finken lassen durfte, daß ]ie nicht Rußlands Bente werde. Und da Frankreich dennoch den Ägypter sichtlich befreundete, schloßen die vier übrigen Mächte 15. Juli 1840 deu Quadrupelvertrag, welcher dem Ägypter, wenn er sich unterwarf, die Erblichleit des Paschaliks und einen Theil von Syrien zusicherte^ 2bie_ er darauf nicht eingieng und auch der französische Minister Thiers zum Kriege rüstete, um etwa die Rheingrenze oder die Balearen zu erhaschen, segelte eine englischösterreichische Flotte in den Osten, erstürmte Akko und Beirut, boinbardirte Alexandria und nöthigte den Viceköuig, Syrien, Arabien und Kreta zu räumen, und gegen Zurückgabe der türkischen Flotte, sich mit der Erblichkeit des ägyptischen Unterthrones zu begnügen. Muhammed Ali starb 80jährig 1849. Auch von Serbien (S. 31) mag hier gleich weiter die Rede sein. Mit großer Schlauheit regierte dort der Kuiäs Milosch Obreuowitsch, indem er die türkische Oberherrschaft sich gefallen ließ und der Theilnahme am griechischen Aufstand geschickt auswich. In der Kirche von Kragujewatz versammelte er Jan. 1827 die Sknpschtina (Stände) des Volks und verkündigte ihnen etwas, das einer Konstitution gleich sah, also Gleichheit vor dem Gesetz, Handels-, Religionsfreiheit 2c. Unter der letzteren verstand man übrigens im Lande selbst nur das neue Bor« recht, Glocken zu besitzen und zu läuten, verbunden mit dem wesentlicheren, keine griechischen Bischöse mehr zu haben, sondern blos serbische. Dieser wilde Bauer und Hirt machte sich nun mit den europäischen Zuständen bekannt, indem er sich alles Mögliche vorlesen ließ rc. wäh-

3. Bd. 4 - S. 7

1878 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
§ 1. Deutschlands Ernüchterung. 7 Jenenser forderten den Verkläger der deutschen Burschen, einen walachischen Bojaren, Stu^rbza, zum Duell heraus, was er ablehnte, weil er seine Schrift auf seines Kaisers Befehl geschrieben habe. Noch widerlicher aber als diese „Schreibmaschine" wurde den Studenten der lockere Vielschreiber Kotzeb ne, der Polizeiberichte nach Petersburg sandte. Es lebte aber in Gießen ein Kleeblatt von Brüdern Follen, die auch mit Dolch und Meineid eine deutsche Republik gründen wollten. K. Follens Jünger war der stille, schwärmerische Karl Sanb, der meinte, er müsse zum Wohl des Volkes jene „Verkörperung aller Gemeinheit" ausrotten. Kotzebne war von Weimar nach Mannheim gezogen; hieher reiste Sanb ihm nach, ließ sich anmelden und stieß ihm am 23. März 1819 mit den Worten: „Hier, du Verräther des Vaterlands!" den Dolch in's Herz. Alsbald brachte er sich selbst einen Stich bei, lief doch noch auf die Straße um zu rufen: „Hoch lebe mein deutsches Vaterland!" kniete nieber und sprach : „Ich banke Dir, Gott, für bieseit Sieg!" worauf er sich zum zweiten Mal das Messer in die Brust stieß. Ein ähnlicher Mordversuch gegen den nassauischen Präsidenten Jbell mißlang im Jnli. Sand verhehlte hartnäckig, daß er Mitwisser hatte, und würde 1820 hingerichtet. Diese That schabete unsäglich. Der Verfassungsentwurf für Preußen, den Wilh. von Humbolbt eben ausarbeitete, würde nun bei Seite geschoben. Metternich hielt beut ängstlichen Friedrich Wilhelm das Schreckbilb einer beut-scheu Revolution vor Augen, machte ihm alle Freisinnigen als Jakobiner verbächtig, ja hetzte ihn gegen die „Demagogen" bermaßen auf, daß Preußen sich dazu hergab, alle Herbe der Freiheit und nationalen Gesinnung mit östreichischen Polizeimaßregeln zu löschen. Im Juli 1819 würden alle preußischen Turnplätze geschlossen, und der begeisterte Vater Jahn, der die Burschen in den Krieg begleitet und sich's zum Beruf gemacht hatte, kräftig frische Jünglinge nach Spartaner Art herauzubilben, mußte nun auf die Festung wanbern — von feinem sterbenben Kinbe

4. Bd. 4 - S. 8

1878 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
8 I. Die Zeit der Konstitutionen. weg. In Bonn wurde der verdienstvolle E. Arndt verhaftet; beim Beschlaglegen auf seine Schriften fand man auch ein verdächtiges Blatt, auf dem geschrieben stand: „O Durchbrecher aller Baude rc." und: „Mach der Sklaverei ein End!" mit andern alten Liederversen, welche die Auslegungskunst der Polizei stark in Anspruch nahmen. — Dann setzten sich Aug. 1819 die deutschen Minister in Karlsbad zusammen und verfügten, daß die Preßfreiheit aufhören müsse, so gut wie die Turnaustalteu und Burschenschaften. Und den Universitäten müsse hinfort schärfer aufgepaßt, allen „Demagogen" aber durch eine besondere Kommission in Mainz eifrig nachgespürt werden. Der Bundestag, der bis dahin noch kein Lebenszeichen von sich gegeben hatte, seit er — spät genug, am 5. Nov. 1816 zusammengetreten war, bestätigte diese Karlsbader Beschlüsse und legte sich das Recht bei, nötigenfalls mit Waffengewalt dieselben in den Einzelstaaten durchzuführen; zum Hohne des jungen Deutschlands aber verkündigte man sie gerade am 18. Okt. (1819). Es ergab sich daraus ein tiefer Haß der Liberalen gegen die Regierungen und ein bedenkliches Liebäugeln mit dem scheinbar freisinnigeren Frankreich. Im Uebrigen aber schien der Bundestag sich zu einer Fortsetzung der schlu^unerartigeii Unbeweglichkeit des Regensburger Reichstags (Iii, 282) anzulassen. Und den Engländern z. B. wollte es jetzt scheinen, als ob das deutsche Volk zwar allerhand schätzbare Eigenschaften, sittliche und intellectuelle, besitze, aber einmal nicht zum politischen Handeln bestimmt sei. In Mainz wurden viele Akten geschrieben, und allerhand junge Leute eingesteckt und verhört, weil sie überspannte Briefe, Reden und Gedichte sich hatten zu Schulden kommen lasse«. Eine Unzahl verdächtiger Briese öffnete man auf der Post, schrieb sie ab und beförderte sie scheinbar unverletzt; eine Verschwörung aber wollte nicht an's Licht treten. Die anrüchigen Professoren wurden abgesetzt oder mußten in die Schweiz fliehen. Der Turnvater Jahn blieb 6 Jahre in Untersuchungshaft und wurde dann unter

5. Bd. 4 - S. 49

1878 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
§ 7. Englands innere Entwicklung. 49 Länder jauchzten dem neuerstehenden England zu. Metternich klagte: „Canning ist zwar kein Brandstifter, aber wo ein Feuer ausbricht, stellt er sich zwischen den Brand und die Spritzen." Als er aufgerieben von Anstrengungen 8. Aug. 1827 verschied, fühlte eine halbe Welt den Verlust. Seine Zeit ist noch besonders denkwürdig durch die Vollendung der ersten mit Dampfmaschinen befahrenen Eisenbahn, 1825, und den Aufschwung, den alle Industrien durch neue Erfindungen gewannen. Canning hatte die Frage der Katholikenemanzipation, die soviel bedeutete, als Irland mit England in allen Rechten gleich zu stellen, eifrigst vorbereitet. Schon im Kriege mit Nordamerika war den Iren manche Erleichterung und 1782 sogar ein eigenes, freilich nur von Protestanten beschicktes Parlament verwilligt worden, das 1793 den Katholiken den Zutritt in viele Aemter und Rechte eröffnete. Nun aber gährte es erst recht in diesem leidenschaftlichen Volke, das allerlei Elend mit Heiterkeit, aber kein Glück mit Maß zu ertrage« weiß. Verräterische Verbindungen wurden mit Frankreich angesponnen, und Pitt unterdrückte 1798 die drohende Empörung nicht ohne Blutvergießen. Darnach gewann er das irische Parlament, seine Separatexistenz auszugeben, indem es die legislative Union mit Großbritannien 1800 aussprach; damit war Irland nun wie Schottland gestellt, d. h. seine Vertreter saßen mit im englischen Parlament. Er wollte nun auch die übrigen Rechtsungleichheiten der Katholiken aufheben, scheiterte aber an den Gewissens-scrupeln Georgs Iii., und schied darum 1801 aus dem Ministerium. Im Verlauf der Zeit war das Unterhaus den Katholiken günstig gestimmt worden, nur das Oberhaus und der König widerstrebten noch ihrer völligen Emanzipation. Da trat der Agitator Daniel Oconnell (1774—1847) aus den Plan und vereinte alle katholischen Kräfte zum Ansturm gegen die Bedenklichkeiten der englischen Großen. Die Priester halfen einerseits bei allen Wahlen, die Regierungskandidaten durchfallen zu lassen, Leseb. d. Weltgesch. Iv. (2. A.) Z

6. Bd. 4 - S. 54

1878 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
54 I. Die Zeit der Konstitutionen. Kammern, wie man die beiden das Reich vertretenden Körperschaften nannte, und in der Presse, aber auch in den geheimen und öffentlichen Versammlungen und Vereinen der Hauptstadt; und immer bezog sich der Streit, wenn man die Leute hörte, auf das Recht, wie sie's verstanden, auf die Freiheit, die sie meinten, beim Lichte beseben aber auf den Besitz der Macht. Und die Centralisation, welche Napolen eingeführt, wonach die Provinz Nichts, Paris Alles war, bestand leider fort, daher das schöne Ungeheuer, die Hauptstadt, alle Kräfte des Guten wie des Bösen aufsog und damit Zugleich der Ruhm und der Ruin des Landes wurde. Nach der Rückkehr vou Gent 8. Juli 1815 vermochte der König die milde, versöhnliche Art des ersten Jahrs nicht einzuhalten; denn die Royalisten und Ultras, an deren Spitze sein Bruder stand, glühten nach Bestrafung aller Anhänger Napoleons. Damals rächten sich die Marseiller blutig an ihren Feinden, und in protestantischen Gegenden wie in und um Nismes wurden die Nachkommen der Hugenotten monatelang mit Morden und Martern verfolgt, ja etliche gekreuzigt; einen Marschall Brune in Avignon, einen General Ramel in Toulouse durfte der katholische Pöbel erschlagen, ohne daß irgend jemand Einhalt that. Die damals gewählte Kammer war so royalistisch, daß der gemäßigte Minister Herzog von Richelieu, der nach der Hinrichtung Ney's Gnade über die Bonapartisten ergehen lassen wollte, sie auflösen mußte (Sept. 1816). Die neue Kammer trat gemäßigter auf, und ein neues Wahlgesetz brachte immer mehr Leute des liberal gesinnten Mittelstandes in die Volksvertretung. Das machte dem Minister etwas bange, und nachdem er auf dem Congreß in Aachen (Okt. 1818) es durchgesetzt hatte, daß die fremden Truppen, welche noch immer den Bourbonenthron stützten, schon jetzt abzogen, legte er seinen Posten nieder. Der Minister Decazes, des Königs erklärter Liebling, regierte nun immer freisinniger, er rief 31 der Königsmörder aus der Verban-

7. Bd. 4 - S. 56

1878 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
56 I. Die Zeit der Konstitutionen. das Urtheil der Menge irre jenseits — und diesseits des Rheins. Es ward immer deutlicher: die Franzosen zu regieren, erforderte ein ganz besonderes Geschick. Ein klarer Finanzkopf, Graf Villele, trat Dez. 21 an die Spitze eines neuen Ministeriums und suchte auch durch die Beihilfe der französischen Geistlichkeit den fast erstorbenen kirchlichen Sinn in den Massen neu zu beleben, was natürlich auf die Royalisten neuen Hohn wälzte. Daß z. B. Marschall Soult bei einer Prozession eine Kerze trug, hat man ihm Zeitlebens nicht verziehen. Als die spanische Revolution immer mehr Verschwörungen im Heere und bei den Republikanern hervorrief — auch Leute wie der alte nie gewitzigte Lafayette (Iii, 514) ließen sich darauf ein — entschloß sich die Regierung, über die Pyrenäen zu ziehen (S. 22), ein Unternehmen, das mit glücklichem Erfolg gekrönt wurde. Doch kannte nun der Triumph der Royalisten keine Grenzen, daher Ludwig Xviii. von banger Ahnung gequält, 16. Sept. 24 dahin schied, den Bruder warnend: „Vergiß nicht, daß du die Krone für deinen Sohn und Enkel zu bewahren hast!" Dieser Bruder, Karl X. (1824—30), schon 67 Jahre alt, ließ sich Mai 1825 in Reims mit allem mittelalterlichen Prunke krönen und wünschte zuvörderst der Geistlichkeit ihr früheres Ansehen wieder zu geben. Das ermuthigte allenthalben zu Bestrebungen, welche, wie die höflichen Gegner sich ausdrückten „die Gleichgültigkeit Frankreichs folterten," wie die unhöflichen schrieen, eine Kapuzinerregierung einzuführen drohten. Villele setzte durch, daß die Emigranten für ihre Verluste durch 1000 Mill. Fcs. entschädigt wurden (14 von diesen erhielt der Herzog von Orleans, Lafayette fast ‘/? Mill. 2c.); er setzte durch, daß alle Kirchenfrevel strenger als bisher bestraft werden sollten, daß auch wieder Frauenklöster errichtet werden durften; sogar die Jesuiten stellten sich wieder ein. Damit war viel gewagt. Als Karl 27. April 1827 die Nationalgarde Revue passiren ließ.

8. Bd. 4 - S. 20

1878 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
20 I. Die Zeit der Konstitutionen. 1. Jan. 1825 die Unabhängigkeit aller dieser neuen Staaten aus, mit denen beide einen gewinnreichen Handel führten. Es war für Europa etwas neues, auch den nordamerikanischen Freistaat nun kräftig in die Politik der Welt eingreifen zu sehen. Sein Präsident Monroe erklärte (Dez. 1822) im Kongreß: Amerika könne es nicht gleichgültig sein, wenn die europäischen Mächte ihr politisches System auf irgeud einem Theil des westlichen Continents ausdehnen wollten; derselbe könne in Folge der freien Lage, die er angenommen habe und behaupte, hinfort nicht mehr als Gegenstand künftiger Kolonisation durch irgend eine europäische Macht angesehen werden. Damit war die Scheidung der beiden Welttherle vollbracht; wohl oder übel, die andern Mächte fügten sich so nach und nach in die vollendete Thatsache. — Was aber aus diesen Freistaaten werden soll, ist auch jetzt, nach einem halben Jahrhundert, noch kaum zu ahnen. Sie brauchen vor allem Kräfte, die beten und arbeiten können, und von beidem ist dort nichts wahrzunehmen, wenn man von den schwachen Einwanderungen aus Europa (besonders in Argentina, Uruguay, Chile) absieht. Sie zerreißen sich lieber in unaufhörlichen Kämpfen um die Oberherrschaft, sei's nun gewisser Personen oder der verschiedenen Parteien, als da sind Liberale und Klerikale, Unionisten und Föderalisten; zu Zeiten wird auch ein Racenkrieg daraus, zwischen weißeren Kreolen und farbigen Indianern. Bald herrscht ein brutaler Soldat, bald ein schlauer Advokat; aber unter keinem Regiment ist noch was Wesentliches geschehen, um Sittlichkeit und Bildung zu heben, oder auch nur Leben und Eigenthum zu sichern. Bolivar, der zuletzt den Diktator spielte und sich alle Herzen entfremdete, erklärte sterbend (1830): „Er schäme es sich zu sagen, aber die Unabhängigkeit sei das einzige Gut, das auf Kosten aller anderen in diesen Ländern erreicht worden sei," und er selbst trug daran so viel Schuld als einer. Eine tüchtige Schule thäte ihnen sehr noth: solche bietet der steigende Fremdeneinfluß wenigstens in Argentina

9. Bd. 4 - S. 24

1878 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
24 I. Die Zeit der Konstitutionen. Bäschen, Marie Christine von Neapel. Ihr zu lieb hob er 1830 das salische Gesetz auf, das f. 1713 gewaltsam eingeführt, Frauen vom Thron ausschloß, und stellte das altkastilische Erbfolgerecht wieder her. Wirklich gebar ihm Christine zwei Töchter, von denen die dreijährige Jsabella (1833—68) ihrem Vater auf dem Thron folgte, trotz aller Proteste der Apostolischen. Wollte die Mutter ihrer Tochter das Scepter sichern, so mußte sie sofort sich an die Gemäßigten halten; denn das Feldgeschrei: hier Carlos, hier Christina! theilte nun ganz Spanien in zwei erbitterte Parteien, deren blutiger Kampf das arme Land noch lange zerrütten sollte. § 4. Portugal und Brasilien. Daß die portugiesische Königsfamilie vor Napoleons Machtwort und Marschällen 1807 nach Brasilien floh, haben wir (Iii, 613) vernommen. Hier gefiel es ihr so sehr, daß sie sich gar nicht beeilte, ins verödete Portugal zurückzukehren; einmal weil dieses Ländchen von den Engländern, welche Napoleon hinausgejagt, nicht allzu schnell geräumt, vielmehr von ihrem General Lord Beressord etwas schonungslos regiert wurde; dann aber auch, weil Brasilien nur gesehen zu werden brauchte, um seine größere Bedeutuug zu erkennen. Sollte man es auch den Weg der einstigen spanischen Kolonien gehen lassen? Indessen murrten die Portugiesen über die erfahrene Zurücksetzung, und als der Lord 1820 einmal Brasilien einen Besuch abstattete, reizte das Beispiel der spanischen Revolution den Oberst Sepulveda zur Nachahmung. Er brachte in Oporto mit dem Ruf: Es lebe Jobann Vi. und die Verfassung! eine Empörung zu Stande (24. Aug.), welcher sich auch Lissabon anschloß, daher Lord Beressord, als er zurückkam, nicht mehr zugelassen wurde, sondern weiter nach England fahren mußte. Ihm folgten die vielen englischen Offiziere des portugiesischen Heeres nach, und die Cortes, von denen ein Fünftel aus Geistlichen bestand, traten Jan. 1821 in Lissabon zusammen, eine

10. Bd. 4 - S. 61

1878 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
§ 9. Die Julirevolution. 61 gekehrt, erzog er seine Kinder mit Verstand und einfacher Zucht, führte ein musterhaftes Privatleben und mehrte mit großer Umsicht sein schönes Vermögen. Er war ein Mann wie gemacht für den reichen Mittelstand, großen Wagnissen abgeneigt, kleine Vortheile klug berechnend und geschickt ergreifend, ein guter Familienvater und unerschöpflich in traulicher Unterhaltung. Nach Mitternacht 31. Juli traf er in Paris ein, bestimmt durch ein Billet des listigen Talleyrand, das lautete: „Sie müssen annehmen!" aber anch beengt durch das Flehen seiner Gemahlin, den König doch nicht zu verdrängen. Verlegen hörte er die Mittheilungen seiner Freunde an, die ihm vorwarfen, seine Unentschiedenheit begünstige die Herstellung einer Republik, und entwarf endlich eine feine Proklamation an das Volk, welche alles Gute andeutete, daß nämlich die Charte von nun an eine Wahrheit werde rc. und doch wenig genug aussprach. Den Republikanern klagte er, welch Widerwillen er gegen den steifen Glanz der Höfe hege, umarmte Laffitte vor dem Volk, ließ sich zu dem eitlen Lasayette auf's Stadthaus führen, erhielt auch von diesem eine Umarmung und schwenkte eine dreifarbige Fahne, worauf denn endlich die lange zweifelnde Menge schrie: „vive Orleans!“ Die Republik war beseitigt. „Ein volkstümlicher Thron, umgeben mit republikanischen Einrichtungen," das schien Lasayette das einzigrichtige; Odilou Barrot aber münzte die Phrase: „der Herzog von Orleans ist die beste Republik." Karl X. hatte sich weiter nach Rambouillet zurückgezogen, wo er 2. Aug. seinen Enkel Heinrich V. zum König, den Orleans znm Generallieuteuant von Frankreich erklärte, erhielt aber zur Antwort, daß Orleans dieß bereits durch die Wahl des Volks, nicht durch königliche Gnade sei. Der eiligst versammelten Kammer theilte Orleans am 3. Aug. die Abdankung mit, schwieg aber völlig von Heinrich V. Hut den alten König zu entfernen, zogen Nationalgarden und Blonfenrnänner gegen Rambouillet, und Karl wies das Anerbieten seiner Offiziere, diesen
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