Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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I. Lebensbilder.
3. Dein Vater ward geboren hier,
In der gebräunten Stube,
Die ersten Blicke gab er mir;
Der munt're, kräft'ge Bube,
Er schaute auf die Engelein,
Die gaukeln in der Fenster Schein,
Dann erst auf seine Mutter.
4. Und als er traurig schlich am Stab,
Nach manchen schönen Jahren,
Da hat er schon, wie still ein Grab,'
In meinem Schoß erfahren;
In jener Ecke saß er da,
Und stumm und händefaltend sah
Er sehnlich auf zum Himmel.
5. Du selbst — doch nein, das sag' ich nicht,
Ich will von dir nicht sprechen,
Hat dieses Alles kein Gewicht,
So laß nur immer brechen.
Das Glück zog mit dem Ahnherrn ein,
Zerstöre du den Tempel sein,
Damit es endlich weiche.
6. Noch lange Jahre kann ich steh'n,
Bin fest genug gegründet,
Und ob sich mit der Stürme Wehn
Ein Wolkenbruch verbündet;
Kühn rag' ich, wie ein Fels, empor,
Und was ich auch an Schmuck verlor,
Gewann ich's nicht an Würde?
7. Und hab' ich denn nicht manchen Saal
Und manch' geräumig Zimmer?
Und glänzt nicht festlich mein Portal
In alter Pracht noch immer?
Noch jedem hat's in mir behagt,
Kein Glücklicher hat sich beklagt,
Ich sei zu klein gewesen.
8. Und wenn es einst zum Letzten geht,
Und wenn das warme Leben
In deinen Adern stille steht,
Wird dies dich nicht erheben,
Dort, wo dein Vater sterbend lag,
Wo deiner Mutter Auge brach,
Den letzten Kampf zu streiten?"
9. Nun schweigt es still, das alte Haus,
Mir aber ist's, als schritten
Die toten Väter all' heraus,
Um für ihr Haus zu bitten,
Und auch in meiner eignen Brust,
Wie ruft so manche Kinderlust:
Laß steh'n das Haus, laß stehen!
10. Indessen ist der Mauermann
Schon ins Gebälk gestiegen,
Er fängt mit Macht zu brechen an,
Und Stein und Ziegel fliegen.
Süll, lieber Meister, geh' von hier,
Gern zahle ich den Taglohn dir,
Allein das Haus bleibt stehen.
Friedrich Hebbel.
41. Cato, ein altrömisches Charakterbild.
Wie nach der Vorstellung der achtbaren Bürgerschaft das römische
Privatleben beschaffen fein sollte, läßt sich im wesentlichen abnehmen aus
dem Bilde, das uns von dem des älteren Cato überliefert worden ist.
Wie thätig Cato als Staatsmann, Sachwalter, Schriftsteller und Spekulant
auch war, so war und blieb das Familienleben der Mittelpunkt seiner
Existenz: — besser ein guter Ehemann sein, meinte er, als ein großer
Senator. Die häusliche Zucht war streng. Die Dienerschaft durfte nicht
ohne Befehl das Haus verlassen, noch über die häuslichen Vorgänge mit
Fremden schwatzen. Schwere Strafen wurden nicht mutwillig aufgelegt,
sondern nach einer gleichsam gerichtlichen Verhandlung zuerkannt und voll-
zogen; wie scharf es dabei herging, kann man daraus abnehmen, daß einer
seiner Sklaven wegen eines ohne Auftrag von ihm abgeschlossenen und
dem Herrn zu Ohren gekommenen Kaufhandels sich erhängte. Wegen
leichterer Vergehen, z. B. bei Beschickung der Tafel vorgekommener ^Ver-
sehen, pflegte der Konsular dem Fehlbaren die verwirkten Hiebe nach Tische
eigenhändig mit dem Riemen aufzuzählen. Nicht minder hielt er Frau
und Kinder in Zucht, aber in anderer Art; denn an die erwachsenen
Kinder und an die Frau Hand anzulegen wie an die Sklaven, hielt er
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Hebbel Friedrich Cato Cato
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Iv. Aus der weiten Welt.
härter, forderten schmähliche Zinsen, und so sanken die armen Leute in
immer tieferes Elend. Denn in Dom waren damals äusserst drückende Ge-
setze inbetreff der Schuldner. Wer seinen Gläubiger nicht bezahlen konnte,
verfiel ihm mit Freiheit und Habe. Der Gläubiger hatte das Recht, ihm
alles zu nehmen und ihn dann noch als Sklaven zu verkaufen.
Lange hatten die Gedrückten ausgehalten; endlich trieb sie die Not zum
äussersten. Sie zogen zur Stadt hinaus, drei Stunden weit, bis auf den Heiligen
Berg. Die Verlegenheit der Patrizier war gross, und nur die Klugheit und
das Ansehen des Menenius Agrippa brachte jene dahin, dass sie zurückzukommen
versprachen, wenn man ihnen die Schulden, die sie nicht bezahlen könnten,
erlieise und ihnen erlaubte, alle Jahre aus ihrer Mitte zwei Volkstribunen zu
wählen. So hiessen nämlich die neuen Magistratspersonen, die darüber wachen
sollten, dass der Senat nichts Nachteiliges für das Volk beschlösse. So
war also der Friede wenigstens für einige Zeit hergestellt.
Menenius Agrippa soll die Plebejer durch die Erzählung einer Fabel zur
Rückkehr bewogen haben. „Die Glieder des Körpers,“ so sagte er, „empörten
sich einst wider den Magen, denn sie glaubten, dass er allein unthätig sei,
während sie alle für ihn arbeiteten. Sie versagten ihm daher den Dienst. Die
Hände wollten keine Speise mehr in den Mund bringen, der Mund sie nicht
aufnehmen und die Zähne sie nicht zermalmen. Diesen Vorsatz führten die
Glieder eine Zeitlang aus. Bald aber fühlten sie, dass sie sich selbst da-
durch schadeten. Sie merkten nämlich, dass es der Magen sei, der die Kraft
der empfangenen Speise durch alle Glieder verbreite und dadurch ihnen
allen Kraft und Munterkeit verleihe. Sie gaben daher ihr Vorhaben auf
und söhnten sich wieder mit dem Magen aus. So ist es auch,“ fuhr Agrippa
fort, „mit dem Senate und dem Volke. Beide zusammen machen einen
Körper aus, der nur durch die Einigkeit der einzelnen Teile bestehen kann.“
Ein grosser Teil der Patrizier war jedoch unwillig, dass die Plebejer
jetzt mehr sein wollten als ehedem, und sie warteten nur auf eine Gelegen-
heit, ihrem Unwillen Luft zu machen. Es lebte damals in Rom ein Patrizier,
Gnäus Marcius, der von der Eroberung der volskischen Stadt Corioli den
Beinamen Coriolanus führte. Vornehme Geburt, Reichtum und Kriegsruhm
machten ihn so stolz, dass wenige so glühend die Plebejer hassten wie er.
Nun entstand um diese Zeit eine grosse Hungersnot in Rom. Das Volk
fing an zu murren und schob alle Schuld auf die Patrizier; es verbreitete sich
das Gerücht, dass diese Getreide genug in ihren Häusern hätten, es aber
nicht herausgeben wollten. Einigermassen beruhigte sich das Volk, als der
Senat einige Schilfe nach dem kornreichen Sizilien schickte und dort auf
öffentliche Kosten Vorräte auf kaufen liess. Die Schiffe kamen reich beladen
zurück, und das Volk sah begierig der Austeilung entgegen. Nur wie man
dabei verfahren wollte, darüber wurde noch im Senate beratschlagt. Die V er-
nünftigeren meinten, man solle das Korn dem armen Volke entweder ganz
schenken oder doch nur einen geringen Preis setzen. Da sprang der stolze
Coriolan unwillig auf und rief: „Will das Volk von unserm Getreide essen,
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Iv. Aus der weiten Welt.
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80 mag es auch uns dienen und die Tribunenwürde aufgeben. Gefällt es
ihm bei uns nicht, so ziehe es aus; der Heilige Berg und jeder andere steht
ihm frei. Glaubt mir, nur durch Elend und Not ist das Volk bei seiner
Pflicht zu erhalten!“ Diese Worte erfuhr das Volk bald wieder; es geriet
in Wut und hätte fast die Versammlung gestürmt und den Coriolan zer-
fleischt. Er wurde vor den Richterstuhl der Tribunen berufen und, da er
nicht erschien, auf Betrieb der Plebejer aus Rom verbannt.
Mit stolzem Selbstgefühl riss er sich aus den Armen seiner Mutter,
seines Weibes und seiner Kinder, und furchtbare Drohungen ausstofsend, ver-
liess er die Stadt. Dann begab er sich zu den Volskern, dem damals furcht-
barsten Feinde der Römer, und bewog sie, den Römern den Krieg anzukündigen.
Sie stellten Coriolan mit Freuden an ihre Spitze, und er jauchzte schon bei
dem Gedanken, Rache an den Plebejern üben zu können. Alles ging nach
Wunsch; er nahm den Römern einen Platz nach dem andern weg, verheerte
alle dem gemeinen Volke gehörenden Felder und rückte endlich selbst bis
Rom vor. Die Römer erschraken; denn die Wut und die Rachsucht des
wilden Coriolan liess das schlimmste fürchten. Die Weiber liefen mit Angst-
geschrei durch die Strassen; in den Tempeln umfassten die Greise die Bilder
der Götter und flehten um Abwendung der Gefahr, und das Volk ruhte
nicht eher, bis der Senat eine Gesandtschaft an Coriolan abgehen und ihm
Widerruf der Verbannung anbieten liess, wenn er abzöge. Coriolan wies sie
mit Hohn ab, und als sie nun zum zweiten Male kam, liess er sie nicht ein-
mal vor. Eine Gesandtschaft, die aus den ehrwürdigsten Priestern bestand,
hatte kein besseres Schicksal. Da flehten die römischen Frauen Coriolans
Mutter Veturia und seine Frau Volumnia an, mit ihnen in das volskische
Fager zu gehen und zu versuchen, ob sie den harten Sinn des Siegers er-
weichen könnten.
Als man ihm meldete, man sehe eine lange Prozession römischer Frauen
sich dem Lager nähern, wandte er sich mit Unwillen weg. Da meinte aber
einer, er glaube die Mutter, die Frau und die Kinder Coriolans an der
Spitze des Zuges zu erkennen. Coriolan horchte auf und schaute hin.
Wirklich, sie waren es! Wie sinnlos sprang er vom Sitze auf; mit offenen
Armen lief er ihnen entgegen; sein rohes Herz war von dem langentbehrten
Anblicke seiner Lieben erweicht. Aber seine Mutter stiefs ihn zurück. „Lass
mich erst wissen,“ sprach sie, „ob ich mit dem Feinde Roms oder mit
meinem Sohne rede. Habe ich so lange leben müssen, um den Jammer zu
erfahren, dass mein Sohn erst ein Verbannter und endlich gar ein Feind
Roms ist! Wie? Du kannst Rom bekriegen, die Stadt, die dich geboren
hat und alles birgt, was deinem Herzen teuer sein muss? Hätte ich keinen
Sohn, so brauchte die Stadt nicht diese Bedrängnis zu erfahren. Was aus
mir wird, das scheint dich nicht zu kümmern; aber denkst du denn nicht
an deine unglücklichen Kinder?“ Bei diesen Worten, die durch die Thränen
der begleitenden Frauen unterstützt wurden, hängten sich seine Kinder, die
auch mitgekommen waren, schmeichelnd an seine Arme. Von so vielen
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