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1. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 416

1839 - Stuttgart : Literatur-Comptoir
/ -•->»0* 416 O-r«— erledigt und Ferdinand für abgesetzt; Mähren trat, wie Schlesien und Lausitz, ;u Böhmen; mit diesem verhandelte auch Ungarn, dessen sich Bethlen Gabor zu bemäch- tigen trachtete. In Wien war Ferdinand in gleicher Noth; die Böhmen streiften bis an die Vorstädte, ihre Kugeln erreichten sogar die Burg, und ihn selbst schlos- sen die Bürger in der Burg ein und verlangten mit drohender Geberdc die Unter- schrift ihrer Freiheiten. Selbst die Jesuiten hätten jetzt unterschrieben, aber Fer- dinand, obwohl in Lebensgefahr, betete und sagte Nein. Da klangen plötzlich die Trompeten von Dampierrc's 500 Cürrassieren, die sich unvermerkt bis zur Burg durchgeschlichcn hatten , und Ferdinand war frei; Katholiken und Studenten griffen für ihn zu den Waffen; die aufrührerischenwiener flohen zuthurn ins Lager, Thurn ging zurück, und Mansfeld nebst Hohenlohe wurden von Bucquoi bei Budweis geschlagen. Jetzt ging Ferdinand nach Frankfurt zur Kaiscrwahl. Kurpfalz wollte anfangs seine Stimme seinem baierischen Vetter geben, der aber nicht darauf ringing; dann wandte sich in seinem Namen der ritterliche Fürst Christian von Anhalt sogar an den Herzog Karl Emanuel von Savoyen; die Böhmen und die Union meinten, erst müsse Böh- men wieder versöhnt sein. Maximilian von Baiern erklärte sich für Ferdinand, der ihn in München besuchte und die alte Jugendfreundschaft erneuerte, und versprach seine und der Liga Hülfe gegen Böhmen. Sachsen sprach sich sebón darum mit den drei geistlichen Kurfürsten für Ferdinand aus, weil es von dem Plaue der Böhmen hörte, den jungen reformirteu Pfälzer Kurfürsten Friedrich V. zu ihrem Könige zu erwählen, was am 27. August 1619 auch geschah. Da wurde am 28. August Ferdinand 11. einstimmig (als endlich auch Pfalz erklärt hatte, der Mehrheit Leizutreten), zum Kaiser gewühlt, und sein Lämmermann schrieb: „Wenn cs zum Kriege kommt, hoffe ich alles Gute; niemals gab cs eine bessere Gelegenheit, den Böhmen alle Vorrechte zu entreißen." So ist's gekommen; aber Ferdinands Kaiser- Sonne ging darum blutig auf und blutig unter. Die Böhmen aber steiften sich' auf ihre Verbindungen mit den Protestanten, aus die Union, auf ihren jungen König, der durch seine schöne Gemahlin Elisabeth ein Schwiegersohn des Königs Jakob I. (Stuart) von England und Schottland war. Friedrich riethcn die wackere Mutter Luise Juliane, die Tochter Wilhelms des Schweigenden, des großen Oraniers, und des Vaters graue Räthc ab; allein er rannte dennoch in sein Verderben. Die Pfalz zog nach Böhmen! Seine Ge- mahlin hatte überdem erklärt, sie wolle lieber mit einem Könige Sauerkraut, als mit einem Kurfürsten Gebratenes essen. Am 4. November erhielt Friedrich V. in Prag die Krone. Schlesien, welches damals i6v,ooo waffenfähige Männer zählte und jetzt ganz freien reformirten Gottesdienst erhielt, erkannte ihn gleichfalls an. Aber die Krönungsfeste verrauschten endlich, und nun zeigte sich eine kahle, nackte Gegenwart und eine noch trübere Zukunft. Sein Eifer für die Reformirten, denen Scultctus auch den ganz ausgepliinderten Dom einräumte, die Zurücksetzung Thurns und Mansfelds hinter Christian von Anhalt und Hohenlohe und vieles Andere verstimmten Manchen, und die englische und Unionshülfc blieb fast ganz aus; an Sachsen (Johann Georg wäre ja für viele böhmische Lehen sein Vasall gewesen) hatte man einen Freund verloren und einen Feind gewonnen. „O, wie großer Schade," schrieb Hoenegg, „um so viel edle Länder, daß sie alle dem Calvinismo sollen in den Rachen gesteckt werden. Vom occidcntalischcn Antichrist sich losrcißcn und den orientalischen dafür bekommen (man stellte nämlich Calvinistcn und Tür- ken parallel), ist in Wahrheit ein schlechter Vorthcil." Endlich konnte Maximilian von Baiern einen vierten protestantischen Kurfürsten nicht dulden. Mit der Union hatten sich Friedrich und Böhmen verrechnet. Denn kaum hatte Maximilian am 8. Oct. 1619 mit seinem Schwager, dem Kaiser, festgesetzt, daß er für die starke Anstrengung an Geld und Leuten und für jeden Verlust vom Kaiser

2. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 506

1839 - Stuttgart : Literatur-Comptoir
♦*i?a 506 Chree . ihm Ober-- und Niederschlefien nebst der Grafschaft Glatz abtrat und blos das Fürstenthum Teschen und Stücke von Troppan und Jägerndorf und vom Fürstcn- Ihum Neiße für sich behielt, so daß 102 schlesische lh Meilen österreichisch blieben, 841 (641 geogr. Hl) preußisch wurden. Zu Berlin 28. Jul. wurde der Friede definitiv; England, Hannover, Braunschweig und Kursachsen traten ihm bei. Um seine übrigen Verbündeten kümmerte sich Friedrich wenig. Sie hatten nur Mittel zu seinem Zwecke sein sollen. Damit endete zwar nicht der österreichische Erbfolge- krieg, aber doch der erste um Schlesien geführte Kampf. Die Ocsterreichcr, oder besser die Croatcn, Panduren unter Trenk und Men- zel, hatten in Baicrn fürchterlich gehauset, der bewaffneten Landmiliz Nasen und Ohren abgeschnitten. Der Kaiser in Frankfurt, wo er den Reichstag und den Reichshofrath um sich hatte, bat dringend, „um nicht Hungers zu sterben," die Reichsstände und Franzosen um Unterstützung (Noaillcs gab ihm 40,000 Thlr.) und verlor Prag und Böhmen wieder. Der König von Sardinien trat 1. Fcbr. 1742 auf Oesterreichs Seite. Dennoch gelang cs dem in baierische Dienste getre- tenen Feldmarschall Seckendorf und den Franzosen unter Maillcbois, wenn auch nicht Böhmen (wo zu Prag 12. Mai 1743 Theresia die böhmische Krone empfing) zu retten, doch wenigstens Baicrn von den Oestcrreichcrn zu säubern. Aber Karl war kaum nach München zurückgekehrt (April 1743), als die klägliche Unthätigkeit der Franzosen und Khevenhillers Siege bei Braunau und Simpach (9. Mai 1743) ihn wieder zur Rückkehr nach Frankreich und seinen Seckendorf zu einem förmlichen Evacuationsvcrtragc (27. Jun. 1743) zwangen, wobei ganz Baicrn und selbst die Festungen unter österreichische Landesverwaltung kamen, worauf Maria Theresia sich sogar in Baicrn huldigen ließ. Jetzt trat für sie auch König Georg Ii. persönlich mit seiner sogenannten pragmatischen Armee auf, zwang den Kurfürsten der Pfalz zur Neutralität und besiegte die Franzosen unter Noaillcs 27. Jun. 1743 bei Dettingen am Maine. Man konnte sogar bis in die Gegend von Landau und in den Breisgau rücken, um den Elsaß wieder zu erobern. Auch Sachsen schloß sich der Königin völlig an. Aber gerade dieß Glück sollte ihr sehr gefährlich werden. Denn nicht allein Frankreich erklärte nach des greisen friedlichen Ministers Fleurp Tode März 1744 an Großbritannien und Oesterreich offenen Krieg (bisher hatte es nur als Hülfs- macht des Kaisers an dem Kriege Theil genommen) und schickte 200,000 Franzosen in die Niederlande; sondern auch Friedrich Ii. wurde durch die Fortschritte der Waffen Thercsia's in Baiern, Italien und am Rheine nun um sein Schlesien be- sorgt und schloß (22. Mai 1744) zu Frankfurt einen neuen Bund mit dem Kaiser (den er doch nicht ganz aufgeben durfte), mit Pfalz und Hessen-Kassel zur Her- stellung des Friedens und des Kaisers in seinem Lande ab. Ein Vertrag zu Worms 17. Sept. 1743 zwischen Maria Theresia, Georg und Sardinien, dem später auch Sachsen beitrat, und Georgs bedeutungsvolle Zeile: Nacíame, ce qui est von ä prendre, est bou ä rendre, hatten Friedrich mit Recht bedenklich gemacht. Daß er sich in einem geheimen Artikel vom Kaiser, dem er Böhmen wieder erobern wollte, drei große Kreise dieses Landes ausbedungen habe, räumte aber Friedrich wenigstens nicht ein. Am 25. Aug. 1744, wo auch das preußische Kriegsmanifcst erschien, brachen 100,000 Preußen auf 3 Puncten in Böhmen ein, am 16. Scptbr. fiel Prag, und Böhmen war erobert. Daher mußten Karl von Lothringen und der treffliche General Traun sogleich ihre Plane auf Elsaß und Lothringen aufgeben und nach Böhmen rücken, wo 22,000 Sachsen sich ihnen anschlosscn. Friedrich verließ also Böhmen, verlor aber auch Glatz und Oberschlcsien bis auf Kosel, während Frciburg im Breisgau an die Franzosen verloren ging, und Seckendorf seinen Kaiser noch

3. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 507

1839 - Stuttgart : Literatur-Comptoir
—»*><j 507 vr«»« einmal nach Baiern zurückführte (23. Oct. 1744), dort aber seinen Feldherrnstad dem Kaiser zu Füßen legte. Karl Albrecht schien nur zurückgekehrt zu sein, um auf dem heimischen Boden sein Grab zu finden. „Mich wird das Unglück," sagte der von Kummer wie vom Podagra schwer gebeugte Mann, „nicht verlassen, bis ich es verlasse." Und wirklich rückten schon die Oestcrreicher wieder Jan. 1745 gegen Baiern vor, als er 20. Jan. 1745 starb. — So ging der dritte Kaiser aus dem Wittelsbachcr Stamme unter; sein Sohn Maximilian Iii. Joseph (geb. 1727) nannte sich nur Erzherzog von Oesterreich und schloß, obgleich nur fremden Vor- stellungen und den abermals bei Pfaffenhofen 15. April siegreichen Waffen There- sicns nachgebend, 22. April 1745 zu Füßen Frieden mit der Königin von Ungarn, entsagte seinen Erbansprüchen auf Oesterreich, versprach Franz Stephan seine Kur- stimme zur Kaiserwahl und erhielt dafür alles Verlorne wieder. Dasselbe Jahr (1745) sollte aber auch noch einen Krieg, den zweiten schlesischen Krieg beendigt sehen. Zwar hatte Brühl, der eitle und übermächtige Premier- minister Augusts von Polen, eines Königs, der ohne fremde Leitung nicht regieren konnte, im Jan. 1745 noch ein Bündniß zu Warschau zwischen den General- staaten (Republik Holland), England und Sachsen zu Stande gebracht, sich im Mai noch enger mit Oesterreich verbündet und seinem Herrn schon Stücke von Brandenburg zusprechcn lassen; aber in den Niederlanden war der französische Marschall Moriz von Sachsen, der Sohn Augusts des Starken von Polen und der schönen Gräfin Aurora von Königsmark, und in Schlesien Friedrich Ii. fast überall siegreich. Denn, während der Marschall von Sachsen (so nannte man Graf Moriz) den großen Sieg bei Fontenay in Gegenwart Ludwigs Xv. von Frankreich 11. Mai 1745 erfocht, siegte Friedrich wenige Wochen später (4. Jun.) bei Striegau und Hohcnfriedberg. Zum ersten Mal hob sich hier die preußische Cavallerie zu ihrem nachherigcu großen Rufe. Das baireuther Dragonerregiment jagte allein 20 Ba- taillone in die Flucht, nahm 66 Fahnen und 2500 Gefangene. Dafür bekam es das Recht, den Grenadiermarsch durch Tambours schlagen und den Cürassiermarsch blasen zu dürfen, ein Ehrendiplom und ein neues Siegel. Eine zweite Schlacht fiel erst am 30. Septbr. 1745 bei Sorr und Trautenau in Böhmen mit gleichem Erfolge vor, und eine dritte gewann ihm Fürst Leopold von Dessau bei Kcsselsdorf unweit Dresden 15. Dec. 1745, in deren Folge Dresden selbst von den Preußen besetzt wurde. Dieß führte 25. Dec. zwischen Oesterreich und Sachsen einer- und Preußen andrerseits den Frieden zu Dresden herbei. Friedrich erhielt sein Schlesien — mehr wollte er nicht — und von Theresia und August gewährleistet, und erkannte dafür den neuen Kaiser Franz I. an. Seit dem 13. Septbr. 1745 hatte das deutsche Reich einen neuen Kaiser, Theresiens Gemahl, Franz I. (1745—1765), der mit Widerspruch von Branden- burg und Pfalz und mit Anerkennung der weiblichen Kurstimme Böhmens gewählt und bald darauf gekrönt worden war. Vom Balcon herab rief seine Gemahlin ihm das erste Vivat zu. August von Polen war aus Achtung für Theresia auf Frankreichs Plane, ihm die Krone zuzuwcnden, nicht eingegangen. Große Dinge waren Franz als Kaiser zu thun nicht Vorbehalten, und in die erbländischen An- gelegenhcitcn ließ ihn seine Gemahlin nicht eingreifcn. Theresia war, wie Friedrich, Selbstherrscher und erster Minister zugleich, bis später Kaunitz auftrat und immer steigenden Einfluß gewann. Die Ehe aber war schon gesegnet, indem Joseph Ii.

4. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 508

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—§08 (1741) aus derselben hcrvorgcgangcn war. Franz lebte, bis auf die Audienzen, die er fremden Gesandten geben mußte, mehr als Privatmann und scherzte wohl selbst über seine politische Unbedeutendheit. Er ersparte große Summen von seinen toscanischen Einkünften und legte sie im Handel an oder pachtete Zölle und lieferte, wie wenigstens Friedrich Ii. boshaft versicherte, im I. 1756 den Preußen, welche mit seiner Gemahlin Krieg führten, Mehl und Fourage. Er war, sagt dieselbe Feder, eine Art Hofbanquicr. Aber er war auch sehr wohlthätig und konnte mit sichtbarer Lebensgefahr bei Feuer- und Wassersnoth seinen Wienern Hülfe leisten: eine Menschenfreundlichkeit, die allen seinen Nachfolgern bisher eigen ge- wesen ist. Der Dresdner Friede gab Thercsien Mittel, den Krieg in Italien glücklicher als blsher zu führen, Mailand und Parma wieder zu erobern, und nach Philipps von Spanien Tode kam in Ferdinand Vi. ein ihr befreundeter Fürst zur Negierung. Der Krieg wurde dann nur noch mit den Franzosen und um Genua geführt. General Browns Einfall in die Provence 1746 mißlang aber, wie alle frühere Versuche dieser Art. In den Niederlanden war Marschall Moriz um so siegreicher, als das englische Heer durch die von Frankreich veranstaltete Landung des stuar- tischcn Prätendenten Karl Eduard in Schottland, wo er großen Anhang fand, aber bei Culloden 1746 entscheidend geschlagen wurde, hatte sehr vermindert werden müssen. So sielen Brüssel, Mons, Charlcroi, Namur in der Franzosen Hände, so konnte Moriz den großen Sieg bei Raucour 11. Oct. 1746 über Karl von Loth- ringen erfechten. Achnlichcn Erfolg hatte auch die Schlacht bei Laffeld 2. Jul. 1747 gegen Eumberland. Endlich erklärte Ludwig Xv. selbst der Republik der vereinigten Provinzen den Krieg und ließ das holländische Flandern besetzen (wo- gegen der bisherige Statthalter von Geldern, Groningen und Fricsland, Wil- helm Iv. von Nassau-Dicß zum Erbstatthalter fämmtlichcr Provinzen von den Staaten erhoben wurde) und endlich das feste Berg - op - Zoom erobern. Ein Schwede Ccdcrström verthcidigte es, ein Schwede Löwendahl eroberte es. Da führte endlich die Verbindung zu Haag zwischen Oesterreich, England, Holland und Sardinien 26. Fcbr. 1748, die Eroberung von Mastricht durch die Franzosen 7. Mai 1748 und die durch einen Subsidienvertrag mit Rußlands Elisabeth herbci- gcführte Ankunft von 37,000 Russen am Main — das erste Mal sah damals dieser Fluß die fremden Krieger, und das russische Cabinet die deutsche Politik — den Frieden von Aachen herbei, den Graf Kaunitz für seine Kaiserin Unterzeichnete 18. Oct. 1748. Auch dießmal hatte Frankreich seine Feinde zu trennen gewußt: denn, als die Seemächte mit Frankreich einig waren, mußten Theresia und die Andern sich fügen. Das Reich nahm gar nicht Theil. Die hichcr gehörigen wichtigsten Bestimmungen waren: die Bestätigung der früheren Friedensschlüsse wie der pragmatischen Sanction, die Gewährleistung von Schlesien und Glatz für Friedrich und die Abtretung von Parma, Piacenza und Guastalla für Don Carlos von Neapel Bruder, den Jnfanten Philipp von Spanien. Sardinien bekam einige Stücke vom Mailändischcn. — So endete der österreichische oder dritte Erb- folge krieg des 18. Jahrhunderts in Deutschland, jedoch ohne die österreichische Monarchie — was unstreitig ein Unglück gewesen wäre — zertrümmert zu haben. Dieß war der Ungarn und Georgs Ii. Verdienst, den seine Zeitgenossen nicht den Großen, Prächtigen u. s. w., sondern den ehrlichen Mann genannt haben. Nur die Wunde wegen Schlesien schmerzte noch lange nach, auch darum, weil cs Preußen vergrößern half (welches damals 1744 auch das Fürstenthum Ostfries- land seinen Staaten zugefügt hatte). Aber Friedrich stand vereinzelt und von Niemanden als seinen Untcrthanen geliebt da. Sein Verhaltniß mit Frankreich war erkaltet, als er zweimal Friede

5. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 509

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503 geschlossen hatte, ohne seine Verbündeten zu fragen, und verwandelte sich dort bald tn Haß, als er die regierende Maitressc Ludwigs, die Pompadour, verspottet hatte. Gleiche Gesinnung thcilte bald die Kaiserin Elisabeth von Rußland aus gleichem Grunde. So waren es, Thcrcsien hinzugercchnet, sonderbarerweise 3 Frauen, welche seine Feindinnen waren und nach wenigen Jahren in dieser Feind- schaft einen Vereinigungspunct fanden. — Aber Friedrich vcrstan.d, sich wenigstens Achtung bei dem Ausland und Liebe auch bei seinen neuen Unterthanen zu er- werben, während Ludwig Xv. von Frankreich sich so um die Achtung seines Volkes brachte, daß selbst ein alter Hofmann (Noailles) ihm erklärte, er werde sein Reich zu Grunde richten, wenn er die Achtung der Unterthanen nicht wieder zu gewinnen suche. Und das in einer Zeit, wo ein Montesquieu, Hclvetius, Diderot, der Atheist aus Maxime, Voltaire, der an allem Heiligen rüttelte, Rousseau, der Beredteste aller Sophisten (Alle die Sturmvögel der Revolution), mit Ansichten und Theorien hervortraten, welche fcie Gebrechen der Negierung in einem noch viel stärkeren Lichte erscheinen ließen und auch einen gesundern Staat hätten erschüttern können. Vor Allem suchte sich Friedrich durch Vertretung des Protestantismus im Reiche an die Spitze des evangelischen Rcichskörpers zu stellen, weil Sachsen durch seinen katholischen Fürsten daran mehr und mehr verhindert war. Er schrieb (un- orthographisch nach seiner Weise) an den Rand eines Berichtes: „Die Religionen Müsen alle Tollcriret werden, und Mus der Fiscal nuhr das Auge darauf haben, das keine der andere abrug Tuhe, den hier mus ein jeder nach Seiner Faßon Sclich werden *)." In andern Ländern verschlang der Hof den Staat; Friedrich sparte an sich selbst für den Staat. Nach Abzug der 6 Millionen für das Heer brauchte er nur 1 Million und 200,000 Thlr., von denen wieder 100,000 für die italienische Oper ausgingen. Er begünstigte allerdings den Adel im Civil- und Militairdicnst, aber er ließ auch den berüchtigten Kammcrhcrrn von Pöllnitz aus- trommeln, daß ihm Niemand borgen solle. Wenn Friedrich auch bisweilen den Staat unpassend eine Maschine nannte, so zeigte dock gerade Preußen, daß ein Staat nach dem Maße des Geistes, der in ihm ist, in Geltung stehe. Ein Sänger Fari- nelli, wie am spanischen Hofe, ein Minister Brühl, wie in Sachsen, wurden so wenig in Preußen Macht bekommen haben, als die spanische Inquisition mit ihren Autos da fe und die Maitrcssenwirthschaft in Frankreich mit den von ihr be- günstigten Crcaturen: der frühe Morgen (im Sommer stand er um 3 Uhr auf) fand ihn schon thätig. Bei seiner Pünktlichkeit — sein Schrcibkalcnder enthielt die feststehenden Geschäfte — mußte sich Zeit für Alles finden. „Die Völker sind nicht um der Regenten, sondern diese um jener willen da," war nicht blos eine schriftstellerische Phrase des Königs, sondern seine Ueberzcugung. Aber auch seine große Zeitgenossin Maria Theresia stand als eine von ihren beglückten Unterthanen hochverehrte Fürstin da. Was auf Preußens Throne ein großer Verstand vollbrachte, gelang in Oesterreich der edlen Gemüthlichkeit der hohen Fürstin. Nur daß hier durchgreifenden Reformen des Staates ein Vorur- thcil in der Masse der Staatsbeamten und in der Culturstufe des Volkes, beim Heere aber die Masse von Generalen und Feldmarschällen als Hindernisse im Wege standen. Aber schon das sprach für Thcresiens Verwaltung, daß sie ohne eine neue Steuer nach dem Verlust von Neapel und Schlesien bald eben so viel Einkünfte hatte, als ihr Vater zur Zeit der noch ungeschmälerten Gesammt- monarchie, und daß sie nur erst dann die Vollziehung der Geschäfte — die Leitung Preuß: Friedrich der Große, l. S. 138.

6. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 510

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-•»-»»»"} 510 €.■**»«■- behielt ftc stets — mit einem Minister theilte, als sie einen Mann, wie Graf Kaunitz-Rittberg, dafür herausgefunden hatte *). Sachsen hatte aus der Verbindung mit Polen noch wenig Segen gezogen, sondern war nur in eine Menge Kriege mit verwickelt worden, die das Land völlig ausgesaugt und anfgezchrt haben würden, wenn nicht die Genügsamkeit und Thä- tigkeit seiner Einwohner eine so nachhaltige Quelle des Wohlstands gewesen wären. Alle Culturzweige blühten dort. Aber es war nicht das Verdienst des Fürsten, der bei seiner Verschwendung nicht einmal das Kräftige und Großartige seines Vorgängers August des Starken hatte, cs war nicht das Verdienst des unseligen Graf Brühl, der nur die große Kunst verstand, seinem Herrn auf die Frage: „Brühl, habe ich Geld?" mit Ja zu antworten und es um jeden Preis zu schaffen und alles Unangenehme von ihm wo möglich abzuhaltcn. Brühl brauchte für sich und seinen Glanz fast nicht weniger als Friedrich und lud dem Lande endlich die Leiden des 7jährigen Krieges und gegen 100,000,000 Thlr. Schulden auf. Es war eine fürchterliche Verwaltung der Cabinetswillkür und von der französischen Maitresscnwirthschaft wenig unterschieden; cs war die polnische Periode der sächsischen Geschichte. Und auch der Polen rohere Sarmatenkraft wurde noch durch diesen Luxus angcsteckt und verweichlicht, die dortige Verfassung und Verwaltung, welche fast die Anarchie gesetzlich machte, in nichts verbessert, kein dritter Stand als Mittelglied zwischen Adel und leibeigenem Bauer geschaffen, den Dissidenten kein Recht gegönnt, und so der Same dessen nicht ausgerottet, was endlich den furchtbaren Untergang eines Staates von 12,000 Qm. und 14 Millionen Menschen hcrbeiführen mußte. Gewiß glücklicher stand, was den Fürsten anbctrifft, Baicrn da, wenn es auch noch an den Wunden des eben geführten Erbfolgekriegcs blutete. Es hatte an seinem neuen Kurfürst Maximilian Iii. Joseph (geb. 1727) einen trefflichen Fürsten, der sich unausgesetzt den inneren Angelegenheiten seines Landes widmete, frühere Pracht wegen der 40 Millionen Landcsschulden gern vermied und Drech- selbank, Musik und Jagd den kostbarsten Festen und Soldatcnspiclcreien vorzog. Wenige, aber gute Soldaten wollte er haben; aber für jedes seiner Regimenter wurden jährlich 300 Mann ausgehobcn, exercirt und nach 3 Jahren wieder ent- lassen und durch neue ersetzt. So hätte man nach und nach strcitgeübte Massen gehabt, ohne sie besolden zu müssen. Man strebte das Nationalcapital durch er- höhete Ackerbau-, Gcwcrb- und Fabrikindustrie zu heben; ja, man machte sogar Strafen gegen den Müßiggang bekannt und mischte sich fast zu sehr in die Privat- thätigkcit des Einzelnen. Allein, wenn Jrrthümcr auch vorgingen, wenn in der Gesetzgebung, besonders im allzustrengen peinlichen Rechte mancher Mißgriff ge- schah, wenn auch Manches im Felde der Aufklärung noch dunkel blieb: — so war doch gewiß im Fürsten ein tüchtiger Wille und Regierungsvcrstand da, und gegen die Feinde geistigen Tagcns nahm er selbst die Männer in Schutz, welche 1758 zu der noch bestehenden Akademie der Wissenschaften zusammen traten. Auch das erste Auftreten der Russen in Deutschland war nicht bedeutungslos. Peter der Große hatte sein ungeheures Reich erst zu einer Macht im europäischen Sinne gemacht, und wenn auch zeithcr die Regenten nur durch Thronrevolutionen zur Herrschaft gekommen waren, und wenn Peters Tochter Elisabeth im Innern die Barbarei wieder zurückzuführen schien (1741 — 1762): so bestand doch der Staat wo nicht durch seinen Geist, doch durch seine Masse, und, unangreifbar, wie es schien. *) Don ihm saq te ein Frnnzose: Ii joignoit à la légèreté d’un François l’astuce d’un Italien et la profondeur Autrichienne.

7. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 511

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»0)0 511 Oe»»* - fand er cs gar behaglich, in die Schlichtung europäischer Angelegenheiten sich mit hineinziehen zu lassen; ein Lcstocq und ein Bestuschef wußten recht gut, warum sie preußisch oder österreichisch gesinnt waren. Von jetzt an greift Rußland wesentlich in die Geschichte Deutschlands mit ein, während Schweden allmählich seinen Ein- fluß ganz verliert, England aber durch seine Geldsubsidien ganz unentbehrlich, dadurch aber und durch sein deutsches Land Hannover, welches nicht eben allezeit über die Erhebung seiner Fürsten auf den brittischcn Thron zu jubeln hatte, fast in alle Eontinentalhändel mit verwickelt wird. Auch die Eolonialinteressen Eng- lands und Frankreichs rieben sich zu häufig, als daß dicß nicht auf die Mutter- länder hätte rückwirkcn sollen, und der Welthandel in Englands Händen war ein viel zu beneidetes Gut, um es nicht anzutasten. Selbst die Macht der öffentlichen Meinung, aus der Landkarte freilich nicht zu finden, mit Eimcilen nicht aus- zumessen, trat immer wirksamer ins Leben. Alle diese Verhältnisse, mit Hinzurechnung der Resultate der leidenschaftlichen Kriege, führten um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts eine so seltsame Ver- wickelung der politischen Angelegenheiten herbei, daß Streitigkeiten in America auf deutschen Feldern blutig entschieden werden sollten, und daß die bisherige Politik der Cabinete eine völlige Umgestaltung erfuhr. In Rordamcrica war längst Streit über die Gränzen der französischen und englischen Coloniecn; die Franzosen suchten die ihrigen am Ohio immer weiter auszudehnen und durch neuangelegte Forts zu schirmen; die Engländer kamen in Gefahr, umschlossen zu werden und ihren ein- träglichen Pclzhandel zu verlieren, und bauten wieder Forts und Städte; man schlug sich beiderseits 1753, ohne sich förmlich Krieg zu erklären. Bald nahmen die Engländer französische Schiffe, und endlich begann förmlicher Seekrieg 1755, welcher Frankreich leicht auf die Idee bringen konnte, sich für seine Verluste in Hannover zu entschädigen. Dagegen hatte Maria Theresia ihr Schlesien noch nicht verschmerzt und längst geheimes Einverständniß am russischen und polnisch-sächsi- schen Hofe unterhalten, sogar bereits am 22. Mai 1746 mit Rußland einen Dcfini« tivbund abgeschlossen, dessen geheimer Artikel auf den Fall eines Angriffes von Preußen auf Oesterreich, Rußland oder Polen sich erstere beide Mächte mit 60,000 Mann beistehcn und das im Dresdner Frieden an Preußen Abgetretene wieder erobern wollten. Sachsen war allerdings nicht förmlich bcigetrcten; allein bei Brühls Hasse gegen Friedrich war auf die Freundschaft mit Preußen nicht zu rech- nen, und ein Anschluß wenigstens sehr wahrscheinlich, wenn nur erst die andern Mächte gerüstet, und fast gewiß, wenn sie siegreich waren. Allein auf glücklichen Erfolg schien nur dann mit Sicherheit zu rechnen zu sein, wenn man Frankreich von Preußen trennen und zu einem Bündniß mit Oesterreich bewegen könnte, was ein Kaunitz, so wenig es in Frankreichs wohlverstandenen Interesse liegen konnte, von seiner alten richtigen Politik abzugehen und nach Zertrümmerung der preußischen Macht die kaiserliche zur vorherrschenden machen zu helfen, dennoch nicht für un- möglich hielt, und worauf er, seit 1750 Botschafter in Paris, hinzuwirken strebte. Was war bei jener Maitreffcnwirthschaft nicht durchzusctzen! Apres nous 1c deluge, (nach uns die Sündflut!) war das furchtbar sich erfüllende Wort der Pompadour. Als Theresia sich herabließ, jenem Kebsweib Ludwigs selbst zu schreiben und den Titel Cousine zu geben, siegte Kaunitz im innern Versailler Cabinet, während das Ministerium noch nichts davon ahnete, und so kam 1. Mai 1756 zu Versailles von Stahremberg und Bcrnis unterzeichnet erstlich ein Ncutralitätsvertrag der Kaiserin Königin in dem Seekriege zwischen England und Frankreich und zugleich eine Allianz zu Stande, im Fall des Angriffs sich wechselseitig zu unterstützen. Als diese Sache im Staatsrath zu Wien zur Sprache kam, sprang der Kaiser Franz entrüstet

8. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 513

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-wmj 513 r«*- niit 11 Mo Mann und 180 Kanonen durch Capitulation. Die Ofsiciere wurden auf Ehrenwort entlassen, Unterofficiere und Gemeine in preußische Monturen und Regimenter gesteckt, sind aber meist davon gelaufen. August ging mit seinem Brühl nach Polen. Sachsen blieb in preußischem „Depot," hatte aber wenigstens den Ocstcrrcichern Zeit zu besseren Rüstungen verschafft. Aber jetzt brach auch der allgemeine Krieg gegen Friedrich auö. Der Kaiser hatte als solcher Dehortatorien und Avocatorien erlassen, der Reichstag sprach bald von Einziehung der Lehen und Würden als Strafe des Rcichslandfriedens- bruchs und entbot 17. Jan. 1757 eine eilende Erecutionsarmee unter dem Prinzen von Sachsen-Hildburghausen, welche durch einen vorbedeutungsvollen Druckfehler in der Kundmachung eine „elende" genannt war*). Aber die „Vorladung des Kurfürsten und Markgrafen von Brandenburg zu sehen und zu hören, wie er werde in des Reiches Acht und Aberacht erkläret und aller seiner Lehne, Rechte, Gnaden, Freiheiten und Anwartschaften beraubt werden," nahm der brandenburgische Ge- sandte, Baron von Plotho nicht an, sondern warf den insinuircndcn kaiserlichen Notar Aprill zum Haus hinaus. Auch unterblieb die Acht, weil der ganze evan- gelische Theil und Frankreich selbst sich dagegen erklärten. Maria Joscpha, Friedrich Augusts von Sachsen und Polen an den französischen Dauphin vermählte Tochter, flehcte ihren königlichen Schwiegervater fußfällig um Rache gegen den Feind und Verderber ihres Vaterlandes an; und Ludwig schickte statt der 24,000 Mann 3 Feldherren und 3 Heere. Der König von Schweden, Adolf Friedrich, der Schwa- ger des Königs von Preußen, schickte als Mitgaraut des westfälischen Friedens ein Truppencorps, und Elisabeth von Rußland ließ bald ihre Heere in Ostpreußen cinrücken; neue Bündnisse wurden nach allen Seiten hin geschloffen. Friedrich konnte nur auf England mit Hannover, auf Braunschweig - Wolscnbüttel, Hessen-Cassel, Sachsen-Gotha und Altenburg rechnen. Diese Staaten bildeten zunächst ein Heer zur Vcrtheidigung Hannovers und Rheinpreußens, und wenn auch die Franzosen l>ei Hastenbeck, unweit Hameln, dem unfähigen englischen Prinzen von Cumberland 26. Jul. 1757 eine Niederlage beibrachten und durch die Convention vom Kloster Sevcn die Besetzung Hannovers mit ihren Truppen erzwangen: so wurde die Con- vention (ob sie gleich ihr Urheber Graf Lynar dem heiligen Geist zuschricb) doch nicht ratificirt, und der große Zögling Friedrichs, Ferdinand von Braunschweig, der Bruder Karls, ans Commando gebracht, der von nun an durch seine nicht genug gewürdigten Siege bei Krefeld, Minden u. s. w. die eine Flanke des Königs mei- sterhaft deckte und einen Theil von dessen Feinden, besonders die Franzosen, beschäf- tigte. Sein redlicher Antheil an dem glorreichen Kampfe darf dem Helden nicht verkümmert werden, zumal da er auch neben einem Friedrich sich noch Lorbeer» zu sammeln wußte. Sonst kam dem Könige noch zu Statten, daß die Russen aus Rücksicht auf den Thronfolger Peter von Holftein-Gottorp, Elisabeths Schwester- sohn, und durch Eifersucht ihrer Feldhcrrn lang von der Verbindung mit den Oesterreichern abgehalten wurden, der langsame Daun Friedrich an Geiste nicht gewachsen, und der kräftigere London ohne das Zutrauen der Kaiserin, der franzö- sische Feldherr Richelieu aber ein stiller Verehrer Friedrichs war. Nachdem Friedrich sein Heer während der Winterquartiere in Sachsen bis auf 210,800 Mann gebracht hatte, drang er im April 1757 auf 4 Straßen in Böhmen *) Preuß, Ke sch. Friedrichs Ii., 2r Theil. 25 lieber die Scene zu Regensburg ebendas, besonders die Urkunden S. 397. 33

9. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 523

1839 - Stuttgart : Literatur-Comptoir
■rfij 523 & *€■«-«- Vierzehntes Haupts u ck. Geschickte Deutschlands nach dem siebenjährigen Kriege bis zur französi- schen Nevolution. Kaiser Joseph Ii., Maria Theresia, Friedrich 11. (l.ttä — 1ííhí). Schon am 27. März 1764 war zu Frankfurt die römische Königswahl, dießinal von 9 Kurfürsten einstimmig, und 3. April die Krönung Josephs Ii., und am 18. Aug. 1765 der Tod des Kaisers Franz I. zu Innsbruck erfolgt. Obgleich The- resia diesem fast gar keine Einwirkung auf die Geschäfte verftattet hatte, betrauerte sic ihn doch ihr ganzes Leben hindurch, selbst äußerlich, und besuchte oft seine Gruft, wo auch ihre Urstätte schon bestimmt war. Franz hatte sein Land Toscana in eine Secundogcnitur seines Hauses verwandelt und seinen 2ten Sohn Peter Leopold zum Großherzog daselbst gemacht. Ferdinand wurde Statthalter der Lom- bardei und erheirathetc das Herzogthum Modena. Maximilian wurde Großmeister des deutschen Ordens und letzter Kurfürst von Cöln. Von den vielen Töchtern hat Maria Antoinette, die Gcinahliu Ludwigs, nachherigen Königs von Frankreich (Xvi.) die unglücklichste Berühmtheit erlangt. — Maria Theresia hatte ihren Sohn Joseph zum Mitregenten ernannt und ihm anfangs Vieles überlassen; als sie aber sah, daß er den Krieg zu eifrig suchte und zu schuelleu Maßregeln mehr, als mit dem Wohlc und dem Geiste der Völker verträglich wäre, geneigt sei, ließ sie ihm nur außer den Reichs- und böhmischen Kursachen das Militairfach und das Com- mando. War sie (geb. 17173 auch jetzt die jugendlich-kräftige Frau nicht mehr, die bei ihrer Krönung in Ungarn den Krönungsberg hinansprengtc und die Kreuz- Hiebe nach den 4 Weltgegendcn that, oder welche am 2. Jan. 1743 beim Frauen- carousscl in Wien die erste reitende Quadrille der Amazonen führte und mit Lanze, Wurfpfeil, Degen und Pistole gegen Türkcnköpfe ihre Fertigkeit zeigte, die alle Ucbungs- lager besuchte und daher von einer Medaille als mater «astroi um gepriesen wurde *), so fühlte sie sich doch noch kräftig genug, den Sorgen der Regierung vorzustehcn; besonders waren die auswärtigen Angelegenheiten der Gegenstand ihrer rastlosen Thätigkeit. Aber sie richtete auch ihre Aufmerksamkeit auf die inneren Zustände, auf Erziehung, Wissenschaften und Künste und besonders auf den Ackerbau— arti artium nutrid, sagt eine Denkmünze — beschränkte darum auch die Jagd und mil- derte die Lehnsgcrechtigkeiten in Böhmen. Für den Krieg wurde die Conscription mit Ausnahme der Niederlande, Tirols und Ungarns eingeführt. Ihr großer Staatscanzler, Fürst Kaunitz, war ihre rechte Hand, Joseph dainals noch — kaum die linke. Joseph (geb. 13. März 1741 in der trostlosesten Zeit seiner Mlittcr, wo sie kaum eine Stadt zu einem Wochenbette mehr zu haben fürchtete) kündigte schon in seinem Aeußcren — hoher Stirne, Adlernase, durchdringendem Blicke, einen denken- den, kräftigen Herrscher an. Sein Körper — mittlerer Größe, aber gut gewachsen — wurde durch eine Menge Leibesübungen behend und gewandt. Aber er verrieth ’) v. Hormnyr, Wik», ,'cuie Geschichte und seine Oenkwürdigkeiren, I8e>3, V. li Heft 2. 16.

10. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 524

1839 - Stuttgart : Literatur-Comptoir
524 c>^ auch bald eine natürliche Unruhe und Neuerungssucht und eine gewisse Unbiegsam- keit, so daß seine große Mutter einem Künstler sagte: „Ich lehre meinen Sohn die Kunst lieben, damit er milder werde, denn er ist störrisch." Seine Empfänglichkeit für neue Ideen, wie die der Physiokraten, für das Arrondirungsstpstem, konnte sich allerdings in einer Zeit, wo er selbst in seiner Thätigkeit sehr eingeengt, zwar wohl äußern, jedoch noch nichts bewirken; aber „sein Kopf war, meint Friedrich, wie eine Niederlage, in welcher Staatsberichte, Entwürfe, Beschlüsse verworren unter einander aufgespeichert lagen." Einem Eilboten mit einem Befehl folgte sehr häufig ein zweiter mit einer Einschränkung, und fast jedes Gesetz erlitt bald wieder nach- trägl che Veränderungen. „Schade, sagte Friedrich, daß er immer den zweiten Schritt thut, ehe er den ersten gethan hat." Wenn zu dieser Raschheit der Ent- würfe noch zum Theil neuer und noch unerprobter Maximen häufig auch ein Miß- achten der öffentlichen Meinung oder des Herkommens, ja selbst urkundlicher Rechte und Freiheiten hinzukam; wenn vieles Neue, dem historisch Begründeten schroff gegenüber, gleichsam im Sturinschritt eingeführt werden sollte; wenn der Kaiser Säemann und Schnitter zugleich sein oder gleich auch im Schatten der Bäume ruhen wollte, die er kaum gepflanzt: so mußte diese Weise ihn, auch die beste Ab- sicht, den redlichsten Willen, den heißesten Wunsch für das Glück seiner Völker bei ihm vorausgesetzt, in ein Labyrinth von Reformationsverwicklungen, in einen Kampf des Neuen nüt dem Alten führen, dessen Ausgang bei jenen über dem Rheine bald immer lauter gepredigten Lehren von Volkssouvcrainetät, Gesellschafts- vertrag, Urrechtcn u. s. w. sehr bedenklich werden konnte. Joseph hat am Ende einer schwer getrübten Sclbftregierung von 1780—1790 gewünscht, man solle ihm die Grabschrift setzen: Hier ruht ein Fürst, dessen Absichten rein waren, der aber das Unglück hatte, alle seine Entwürfe scheitern zu sehen. Die nächsten Jahre nach dem 7jährigcn Kriege suchte sich Deutschland von den erfahrnen Leiden zu erholen und trieb auch bald wieder die kräftigsten Blüthen und Früchte in jeglichem Zweige der Eultur. Für das Reich suchte Joseph eine ver- besserte Gerechtigkeitspflcge zu begründen und beseitigte wenigstens 5. Apr. 1766 mehrere Mißbräuche. Aber die Beschleunigung des Rcchtsgangcs bewirkte weder seine dringende Empfehlung, noch die 1767 cröffnete Visitation des Reichskammer- gerichts, die nach 10 Jahren uubcendigt abgebrochen wurde. Je ruhiaer es nach innen' war, desto mehr kesselten aber bald die Schicksale eines Nachbarstaates die deutschen und die europäischen Fürsten und wurden bald nur zu einflußreich auf die neuere Geschichte Deutschlands und Europa's. Polen hatte 1763 seinen 2tcn König aus dem sächsischen Hause verloren und von Rußlands Katharina einen neuen einheimischen König in ihrem Liebling Stanislaus August Poniatowsky bekommen, nachdem sie sich mit Preußeu in engem Bunde gegen die Wahl eines Sohnes des vorigen Königes erklärt hatte. Der neue König stand gänzlich unter Rußlands Vormundschaft, und ein russisches Heer stets bereit, weniger ihn zu unterstützen, als den Einstuß der Kaiserin in Polen aufrecht zu erhalten. Das unglückliche nie pozwalam (ich gestatte es nicht), wel- ches 1652 zuerst ein Landbote aussprach, und welches jeden Beschluß ungültig ma- chen, jeden Reichstag zerreißen konnte, war ein Wort des Fluchs für Polen gewor- den. Die verständigsten Beschlüsse vereitelte die Leidenschaft, Trunkenheit oder Wahnsinn eines Einzelnen, und so waren auch seit 37 Jahren alle Reichstage zer- rissen worden. Einen neuen Zunder der Anarchie gaben die Dissidenten oder Nicht- katholiken ab, die seit 1717 in ihren Rechten gekränkt und auf das Aeußerste ge- drückt worden waren. Katharina glaubte sich ihrer annehmen zu müssen; hatte sie doch damit nicht nur den Ruhm der Toleranz in den Kauf, sondern cruch eine stets ihr zugethane Partei. Auf dem Reichstage von 1764 saßen sogar fremde Soldaten
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