§ 127. Einheits- und Freiheitsbestrebungen im deutschen Volke.
177
X. item pirati Kongreß big zur Mederausrwung des Kutschen laiseitums. 1815—1871.
A. Die Zeit des Deutschen Kundrs 1815—1866.
I. Der Ilund bis zu den Stürmen des Iayres 1848.
§ 127.
Einheits- und Freiheitsbestrebnngen im deutschen Volke nach den Befreiungskriegen.
1. Dem Wiener Kongreß folgte eine lange Friedenszeit. Sie war wohl mit materiellen und geistigen Gütern gesegnet, ließ es aber infolge des Mangels an nationaler Einheit, an Kraft, Frische und Regsamkeit doch nicht zu einer gesunden und gedeihlichen Entwicklung des deutschen Volkes kommen. In den ersten Jahren nach den Befreiungskriegen empfand die Mehrheit des Volkes ein lebhaftes Bedürfnis nach Ruhe. Die vorausgegangenen, fast endlosen Kämpfe hatten den Wohlstand vieler erschüttert und namentlich den erwerbenden Klassen das Fortkommen außerordentlich erschwert. Ein empfindlicher Druck lastete auf den wirtschaftlichen Kräften des Landes. Die Industrie war, da nach dem Aufhören der Kontinentalsperre englische Fabrikate den deutschen Markt überschwemmten, in ihrer Entfaltung gehemmt und die Landwirtschaft hatte als Nachwirkung der Mißernten von 1816 und 1817 schwere Zeiten durchzumachen. Unter solchen Umständen nahm das Ringen nach den notwendigsten Lebensbedürfnissen die Kraft, das Sorgen und Denken der breiten Schichten der Bevölkerung in so hohem Grade in Anspruch, daß es denselben unmöglich war, sich um allgemeine politische Angelegenheiten, um die Mängel und Gebrechen des Deutschen Bundes zu kümmern.
2. Trotz dieser mißlichen Lage aber wirkte der durch die Befreiungskriege angefachte neue Geist wenigstens in dem gebildeten Teil der Nation in ungeschwächter, ja in stets wachsender Macht fort. Er offenbarte sich in dem Verlangen nach ftrafferer Einheit Deutschlands und in der Forderung nach der durch Gesetz zu regelnden Mitwirkung
Griebel, Lehrbuch der deutschen Geschichte. Ii. 12
Bedürfnis nach Ruhe.
Einheits- und Freiheitsbewegung.
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240 X Vom Wiener Kongreß bis zur Wiederaufrichtung des Deutschen Kaisertums.
auf Entsatz und mit jedem Tage wuchs die Not. In der zweiten
Hälfte des Januar gewann man die Überzeugung von der Unmöglichkeit
einer Rettung. Da reifte der Entschluß, mit dem Feinde vor den Mauern der stolzen Hauptstadt in Unterhandlung zu treten. Derselbe Mann, welcher früher mit prahlerischem Trotze das Wort ausgerufen hatte: „Keinen Fuß breit französischer Erde, keinen Stein unserer Festungen!", Jules Favre, begab sich am 23. Januar durch die deutschen Vorposten nach Versailles zu einer Unterredung mit dem Kapitulation Grafen Bismarck. Dieselbe führte am 2 8. Januar 1871 zur Kapi-
28. sanuar i87i. tulation tjott Paris und zum Abschluß eines dreiwöchentlichen
Waffenstillstandes. Alle Forts wurden ausgeliefert; die Besatzung von Paris galt als kriegsgefangen; nur eine Division von 12000 Mann durfte die Waffen behalten zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung; die Stadt Paris mußte eine Kriegskontribution von 200 Millionen Francs zahlen; während der Waffenruhe sollte die Berufung einer frei gewählten Nationalversammlung erfolgen; dieselbe sollte in Bordeaux zusammentreten und über die Frage entscheiden, ob der Krieg fortzusetzen oder Frieden zu schließen sei; der südöstliche Kriegsschauplatz, wo eben das Verhängnis über Bourbaki hereinbrach, sollte vom Waffenstillstand ausgeschlossen sein.
§ 142.
Der Deutsch-französische Krieg.
Iii. Der Friedensschluß. Die Wiederaufrichlung des Deutschen Kaiserreichs.
Friedenspräli- 1. Die ans allgemeinen Wahlen hervorgegangene National-m«er[aiselu Versammlung, in welcher sich selbst Vertreter von Elsaß und 2(’’,Tebluar 18<1'Sothrirtgeit befanden, wurde am 13. Februar 1871 in Bordeaux eröffnet. In ihr siegte die vernünftige Erwägung, daß jeder weitere Widerstand nutzlos, ja verderbenbringend sei. Die Versammlung wählte an Stelle Gambeüas den hochbejahrten Thiers zum „Chef der ausführenden Gewalt der französischen Republik" und ordnete ihn, mit hinreichenden Vollmachten bekleidet, zu den Verhandlungen in Versailles ab. Hier kamen schon am 26. Februar nach lebhaften Auseinandersetzungen zwischen Thiers und Bismarck die Friedenspräliminarien zum Abschluß. Frankreich trat Elsaß, ohne Belfort, Deutsch-Lothringen mit Metz und Diedenhofen ab (263 Quadratmeilen mit rund l1/« Millionen Einwohnern) und verpflichtete sich, 5 Milliarden Francs Kriegskosten zu zahlen, die eine noch im Jahr 1871, den Rest in einem Zeitraum von 3 Jahren. Bis zur völligen
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258 Xi. Bayerische Geschichte.
eria^einer sset‘ 7. Die bisher angeführten Tatsachen beweisen, daß Bayerns 26. Mai i8i8. erster König als wahrer Landesvater eine außerordentlich umfassende Wirksamkeit ausübte, deren segensreiche Folgen in allen Kreisen zu verspüren waren. Die wichtigste seiner Regierungshandlungen aber blieb noch unerwähnt. Es war der aus freiem Entschlüsse hervorgegangene Erlaß einer Verfassung, womit er in Erfüllung einer Zusage der Wieuer Bundesakte und in weiser Berücksichtigung der Zeitumstände am 2 6. Mai 1818 sein Volk beglückte ('§ 129, 2). Der Grundgedanke der Verfassung ist die Mitwirkung des Volkes in Zachen der Gesetzgebung und Besteuerung. Dieselbe geschieht durch
den Landtag, welcher tu zwei Körperschaften zerfällt, in die Kammer der Reichsräte und in die Kammer der Abgeordneten. Die Kammer der Reichsräte ist zusammengesetzt aus deu volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses, den Häuptern der ehemals reichsunmittelbaren Familien, den beiden Erzbischöfen und einemsuffraganbischof, dem Präsidenten des protestantischen Oberkonsistoriums und aus Männern, welche der König wegen hervorragender Verdienste um den Staat zu Reichs-raten ernennt. Die Kammer der Abgeordneten wurde bis zum Jahr 1848 von den Vertretern der einzelnen Stände: des Adels, der Geistlichkeit, der Städte, der Grundbesitzer 2c. gebildet (daher Ständeversammlung), besteht aber seitdem aus deu vom Volke durch freie (indirekte) Wahl bestimmten Abgeordneten. Bei der Eidesleistung auf die Verfaffung sprach der König die Worte: „Ich wiederhole in dieser feierlichen Versammlung, daß ich mein persönliches Glück und den Ruhm meines Thrones einzig in dem Gesamtwohle und der Liebe meiner Untertanen suche." Ergebnis der 8. In stürmisch erregter Zeit hatte Maximilian I. Joseph die Max' I. Joseph. Regierung seines erschütterten, in der Auslösung begriffenen Reiches übernommen. Durch eine 26 jährige, rastlose Tätigkeit war es ihm gelungen, dem weiteren Verfall Einhalt zu tun, zweckmäßige Reformen durchzuführen, Wohlstand, Bildung und Gesittung der
Maximilian I. Joseph.
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_I. Joseph Joseph Maximilian_I. Joseph
§ 110. Ii. Koalitionskrüg. Der Reichsdeputationshauptschlus; 1803. 127
4 Aber nun offenbarte sich wieder der Mangel an Überein- Sn Suworows
p i * . , von Jtalren tn
stimmung unter den Verbündeten und dieser Umstand wirkte lahmend die Schweiz 1799. ans den Fortgang der Ereignisse. Infolge der Einwirkungen des Wiener Kabinetts wurde S u w orow mitten aus seinem Triumphzug gerissen und m die Schweiz geschickt, wo unterdessen Russen und Österreicher gegen den gemeinsamen Feind in Nachteil geraten waren.
Unter den denkbar größten Opfern und mit Anstrengungen ohnegleichen, sührte er auf unwegsamen Pfaden, über Schnee und Eis den Übergang über den St. Gotthard aus und stieg, indem er fortwährend mit fast unüberwindlichen Hindernissen zu kämpfen hatte, die ihm die natürlichen Gewalten und der Feind (namentlich an der Teufelsbrücke) entgegensetzten, in das Reußtal hinab. Sein Marsch über das Hochgebirge gehört zu den beschwerlichsten, von welchen die Geschichte zu erzählen weiß. Die kühne und bewundernswerte Tat des jugendsrischen Greises war jedoch vergeblich. Noch vor Suworows Ankunft in der Schweiz waren die befreundeten Truppen bei Zürich geschlagen worden (September 1799). Abermals erklomm er von Altdorf aus (in der Nähe der Mündung der Neuß in den Bierwaldstädtersee> mit seinen schon erschlafften Kriegern steile, von Eis umstarrte Höhen und vollzog den Übergang ins Vorderrheintal, von wo er dann auf Befehl Pauls L, der mit Österreich und England zerfallen war, den Rückzug in die russische Heimat antrat.
B. Die Machtherrschnft Napoleons 1799 1812.
§ 110.
Ii. Koalitionskriea (Fortsetzung!. Der Reichsdeputations-hauptschluß 1803.
1. Nachdem Snworow vom Kriegsschauplätze abberufen worden Sturz des^ war, trat ein anderer Mann in den Vordergrund. Napoleon Bonavarte Napoleon"7ster
» Äon[ui 1.799
war im Oktober 1799, unentdecft von den auflauernden Engländern, aus Ägypten zurückgekehrt, hatte durch einen „soldatischen Gewaltstreich" das Direktorium, dem die Stimme des Volkes die Verantwortung für die in Italien erlittenen Unfälle der französischen Truppen zuschrieb, gestürzt, an die Stelle desselben 3 Konsuln mit zehnjähriger Amtsdauer gesetzt, sich zum ersten Konsul wählen und mit außerordentlichen Machtbefugnissen bekleiden lassen und so den Staat, der nur noch dem Scheine nach eine Republik war, in Wirklichkeit in eine Militärmonarchie
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Extrahierte Personennamen: Gotthard Napoleons Snworow Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Altdorf England Napoleons Italien
130 Ix. Von der Französischen Revolution bis znm Wiener Kongreß.
machte, die noch vorhandenen Kräfte zu sammeln und einem weiteren Verfalle entgegenzuarbeiten, stieg Napoleon auf der Stufenleiter des Ruhmes und der Macht unaufhaltsam höher. 1802 ließ er sich die Konsulswürde auf Lebenszeit verleihen mit dem Rechte, seinen Nachfolger selber zu bestimmen und im Mai 1804 durch Beschluß des Senates gar als Napoleon!, zum erblichen Kaiser der Franzosen ausrufen. Papst Pius Vii. spendete ihm in der Notredamekirche unter festlichem Glanze die kirchliche Weihe (2. Dezember). „Die meisten Höfe beeilten sich, den gekrönten Plebejer in ihre legitime Mitte aufzunehmen." Teutsche Fürsten und Diplomaten begaben sich nach Paris und brachten hier dem Gewaltigen ihre Huldigung und Glückwünsche zur ueueu Würde dar. Nur vier europäische Mächte: England, Rußland, Schweden und die Pforte versagten ihm die Anerkennung. Ter französischen Nation schien die Revolution in Vergessenheit geraten zu fein; denn viele Einrichtungen kehrten zurück, welche früher vou dem nach Freiheit und Gleichheit dürstenden Volke hinweggefegt worden waren. Der neue Kaiser umgab sich mit einem Glanze, der die Pracht des ehemaligen Hofes von Versailles überstrahlte; er begründete einen neuen Lehensadel „mit den alten Titeln von Fürsten, Herzogen, Grafen, Baronen" und schränkte die durch Kampf und Blut errungenen Rechte der Untertanen erheblich ein.
Besetzung 2. Schon vor feiner Erhebung zum Kaiser zeigte er durch zwei
Hannovers durch f r r, r ’ v ,?<■
franz. Truppen Gewaltstretche, von welch wegwerfender Geringschätzung er dem Teutschen Reiche gegenüber erfüllt war. Als die Engländer entgegen einer Bestimmung des Friedens zu Amiens die Insel Malta an den Johanniterorden nicht herausgaben, dann die Entfernung französischer Truppen ans der Batavischen Republik forderten, begannen 1803 die Feindseligkeiten zwischen England und Frankreich von neuem. Ein Angriff auf das Jnselreich war ein zu großes Wagnis. Da reifte in Napoleon der Entschluß, das durch Personalunion mit England verbundene Hannover (§ 85, 11) zu okkupieren, obwohl letzteres ein Glied des Deutschen Reiches war und die Wegnahme desselben als Friedeusbruch und eute Verletzung des Völkerrechtes angesehen werden mnßte. Noch im Jahre 1803 siel von Holland her ein französisches Korps in Hannover ein und behandelte das Land als unterworfenes. Weder Preußen noch das Reich schickten sich an, das gewalttätige Verfahren zurückzuweisen.
Gewalttat gegen 3. Eine andere Gewalttat Napoleons, welche die Gesnnkenheit
Lengt)ien°i8oin des Reiches illustriert, ereignete sich auf badischem Boden. Dort lebte der Herzog von Enghien, ein Prinz aus einer Seitenlinie der Bourbonen, tu stiller Zurückgezogenheit. Früher hatte derselbe in einem Entigrantenheer gedient. Da die Anhänger der Bourbonen ans ihn, den tüchtigen Krieger, ihre Hoffnung setzten, so glaubte Napoleon,
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon Napoleons Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Wiener_Kongreß Notredamekirche Paris England Schweden Versailles Amiens Malta Batavischen_Republik England Frankreich England Holland Hannover Napoleons
§ 105. Ausbruch der Revolution.
113
organisiert und Lafayette als Befehlshaber an die Spitze gestellt. Als Abzeichen trng sie eine dreifarbige Kokarde: rot und blau, die Farben von Paris, und weiß, die Farbe des Reiches. Die Wogen des Umsturzes wälzten sich hinaus in die Provinzen. Die Greueltaten des Pariser Pöbels wiederholten sich im offenen Lande. Rachedürstend plünderten und zertrümmerten die Bauern die Burgen des Adels und entschädigten sich so durch Raub, Zerstörung und Mord für den Druck, unter dem sie bisher geseufzt.
4. Die Nationalversammlung, die sich von nun au die konstituierende nannte, ging an ihr Werk und arbeitete mit fieberhafter Eile an der Umwandlung des Staatswesens. Das absolute Königtum wurde beseitigt und an dessen Stelle eine die Macht des Königs außerordentlich beschränkende konstitutionelle Monarchie gesetzt. Der König behielt die ausübende Gewalt oder Exekutive. Die gesetzgebende Gewalt, sowie das Recht, über Steuerleistungen und Staatsausgaben, Krieg und Frieden zu beschließen, wurde einer vom Volke zu wählenden Abgeordnetenkammer, der G e s e tz g e b e n d e n 9t a t i o n a l-Versammlung, übertragen. Ihren Beschlüssen gegenüber bekam der König nur ein aufschiebendes Veto oder Einspruchsrecht (für zwei Legislaturen oder 4 Jahre). Behufs einer einheitlichen Verwaltung wurde das Land lediglich nach geographischen Rücksichten in 83 Departements eingeteilt. Adel und Geistliche verloren ihre bevorzugte Stellung. Alle in der Leibeigenschaft wurzelnden Rechte, die gutsherrliche Gerichtsbarkeit, das Jagdrecht, die geistlichen Zehnten wurden abgeschafft und es wurde dem Bürgerstand der Zugang zu allen staatlichen und militärischen Ämtern eröffnet; desgleichen brachte man den Grundsatz der Gleichheit aller Stände hinsichtlich der Besteuerung zur Einführung. Die Geistlichen sollten fortan von der Gemeinde gewählt und vom Staate besoldet werden; dagegen wurde das gesamte Kirchen- und Klostervermögen eingezogen und zur Deckung der Staatsschuld benützt. (Assignaten-Anweisungen ans den Wert der neuen Nationalgüter, Papiergeld.) Der König mußte 1790 die neue Verfassung beschwören.
5. Die Konstituierende Nationalversammlung bestand anfangs in ihrer Mehrheit aus Freunden der Monarchie; selbst der stürmische Mirabeau suchte das erschütterte Königtum vor dem Untergang zu bewahren. Allmählich aber gewannen Männer des Umsturzes, so die nach ihrem Versammlungsort (einem Jakobinerkloster) benannten Jakobiner, an deren Spitze der entsetzliche, blutbefleckte Robespierre stand, einen überwiegenden Einfluß und sie trieben, gestützt aus den ihnen zujauchzenden Pöbel, die ausgebrocheue Bewegung in verhängnisvolle Bahnen. Da bei dem Haß der Menge gegen den Adel und der aufwieglerischen Tätigkeit der wilden Revolutionsmänner immer neue
Gricbcl, Lehrbuch der deutsche» Geschichte. Ii. 8
Die Konstituierende Nationalversammlung. Tie neue Verfassung.
Die Jakobiner.
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§ 107. Die Einwirkung der Französischen Revolution auf Deutschland. 117
ihnen Hafen und Stadt ein. Allein mächtige Revolutionsarmeen warfen die royalistifchen Aufstände nieder und vertrieben auch die Engländer aus Toulon. Bei der Belagerung dieser Stadt (1793) legte der junge Artillerieoffizier Napoleon B o n a p a r te die erste Probe seines Feldherrntalentes ab. — Drei Jahre lang dauerte die Schreckensherrschaft des Wohlfahrtsausschusses. Daun trat ein Umschwung ein. Das Volk wurde des „Blutrausches müde"; es erwachte aus seinem Traum und bekam wieder ein Gefühl für bürgerliche Freiheir und gesetzliche Ordnung. Auch im Konvente vollzog sich eine Umwandlung. Die Gemüßigten erlangten die Oberhand, versetzten Robespierre in den Anklagestand, führten dessen Sturz und Hinrichtung herbei ijnli 1794) und bewirkten endlich 1795 den Erlaß einer neuen Verfassung.
3. Dieselbe blieb von 1795—1799 in Kraft. Die ausübende Tie Tirektorial-Gewalt wurde einem Direktorium von 5 Personen, die gesetzgebende 1795-1799. zweien Kammern: dem Rat der Alten (250 über 40 Jahre alten Männern) und dem Rat der Fünfhundert (über 30 Jahre) übertragen.
Gegen die Art der Zusammensetzung beider Körperschaften erhob sich in Paris ein Aufstand. Zur Bekämpfung derselben erhielt Napoleon Bonaparte den Auftrag. Die erfolgreiche Bezwingung der Aufwiegler bahnte ihm den Weg zur Spitze der italischen Armee, die im Jahre 1796 ihren Siegeslauf antrat. — Schon lag der im Staate maßgebende Einfluß in den Händen der Armee. Das Volk und seine Vertreter hatten sich in ihrer Zügellosigkeit der Freiheit unwürdig erwiesen. Die Revolution, welche aus der Opposition gegen das absolute Königtum entsprungen war, endete 1799 mit der Begründung einer neuen Despotie, des Militärdespotismus.
§ 107.
Die Einwirkung der Französischen Revolution aus Deutschland. Der Champagne Feldzug 1792.
1. Der jähe Zusammenbrach des mittelalterlichen Feudalstaates Summen^deut-^ in Frankreich blieb nicht ohne Einwirkung auf die S t i m m n n a Lichter über die
—. , r r y - ^ r .j, ™. „ Revolution.
tu Deutschland. ~ier gebildete Mittelstaut), der vielfach auch unter dem Druck despotisch regierender Fürsten zu leiden hatte, dann Denker und Dichter, wie Kaut, Fichte, Klopstock, Goethe, Schiller, Herder 2c. begrüßten in mancherlei Kundgebungen den Beginn der Umwälzung und knüpften daran die Hoffnung, daß die längst herbeigesehnten Güter der Gleichheit vor dem Gesetz, eines gerechten Regiments, einer billigen Verteilung der Lasten auch in deutschen Staaten würden verwirklicht werden. Kant erblickte in der Revolution gewissermaßen „ein Experi-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon_Bonaparte Napoleon Klopstock Goethe Schiller
Extrahierte Ortsnamen: Französischen Deutschland Toulon Paris Französischen Deutschland Frankreich Deutschland
§ 141. Der Deutsch-französische Krieg von 1870 und 1871. 235
land abgeführt. Napoleon verließ am 2. September morgens 5 Uhr die Festung. Er kam zuerst mit Bismarck und dann auf dem Schlosse Bellevue (westlich von Sedan) mit König Wilhelm zusammen, der den Besiegten als Kriegsgefangenen nach dem Schlöffe Wilhelmshöhe bei Kaffel bringen ließ, wo in Deutschlands trüber Zeit Napoleons Oheim Jerome, der König von Westfalen, gewohnt hatte. Ein von Wilhelm I. an feine Gemahlin Angusta gerichtetes Telegramm fchloß mit den Worten: „Welch' eine Wendung durch Gottes Führung!"
§ 141.
Der Deutsch-französische Krieg von 1870 und 1871.
Ii. Der Krieg gegen die französische Republik.
1. Mit Blitzesschnelle durchflog die Kunde von den Vorgängen hhadens-^ auf den Gefilden Sedans die deutschen Gaue. Sie rief allerorten Deutschland, jubelnde Begeisterung hervor. Der Feind schien überwunden, die
Macht Frankreichs gebrochen, der Friede nahe. Leider aber erwiesen sich die Hoffnungen, die in der ersten Siegesfreude auftauchten, als bittere Täuschung. Der Krieg dauerte noch fünf volle Monate, nahm zudem einen immer rauheren Charakter an und verschlang, da er fortan die bliude Wut und den Fanatismus der Menge entzündete, noch unzählig viel Opfer. Wie war das möglich?
2. In Paris machte man das Kaisertum und seine Träger für Frankreich eine das nationale Unglück verantwortlich. Der Geist des Umsturzes durch- 4. le^ism zuckte die Gemüter. Man stürzte Napoleon, nötigte Engenie, die
von ihm eingesetzte Regentin, zur Flucht nach England und errichtete am 4. September 1870 die (dritte) Republik. An die Spitze des Staates trat bis zum Zusammentritt einer neuen konstituierenden Versammlung die „Regierung der nationalen Verteidigung", deren einflußreichste Mitglieder General Trochu (Präsident), Jules Favre (Auswärtiges) und Leon Gambetta (Inneres) waren. Jules Favre begann behufs Herbeiführung des Friedens Unterhandlungen mit Bismarck. Bald zeigte sich aber die Unvereinbarkeit der beiderseitigen Anschauungen. Während der deutsche Staatsmann die Abtretung von Elsaß und Lothringen mit Straßburg und Metz forderte, antwortete man franzöfischerseits: „Keinen Fuß breit französischer Erde, keinen Stein unserer Festungen!" Und nun beschloß das neue Regiment in Paris die Fortsetzung des Kampfes bis aufs äußerste. Zunächst suchte es die neutral gebliebenen europäischen Großmächte zur Einmischung zu bewegen und dadurch die Deutschen
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Extrahierte Ortsnamen: Bellevue Sedan Kaffel Deutschlands Westfalen Gottes Republik Deutschland Paris Frankreich England Lothringen Paris
^555^ Lehr-Such igdä 296
Deutschen Geschichte
Geschichte Dayerns
und mit Einschluß der mdjtiglten Tatsachen der Kimrgelmte.
'Wom Weginrr des dreißig jährigen Krieges bis zum Hobe Wilbetms I.
Für den Unterricht an Mittetschuten
der
in Verbindung,mit der
bearbeitet von
Itcii J Karte und reichen Abbildungen.
Heinri
riebet.
G r t a n g e n und Keipzig.
Zt. D e i d) e r t ’fchc Verlagsbuchhandlung Nachf. (Georg Böhme.)
1902.
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A. Deichert'sche Verlagsbuchhandlung (Georg Böhme), Leipzig.
-Von demselben Herrn Verfasser erschien ferner:
Lehrbuch der Deutschen Geschichte in Verbindung mit der Geschichte Bayerns und mit Einschluß der wichtigsten Thatsachen der Kulturgeschichte. Vom ersten Auftreten der Germanen bis zum Beginn des 30 jährigen Krieges. Mit 4 Karten und einzelnen Abbildungen. Mk. 2.40.
Arlind. Seminarpräfekt H., Der niedere Kirchendienst. Für den
Unterricht an Lehrerbildungsanstalten, sowie für das Selbststudium M. 1.50, geb. M. 2.—.
, Orthographischer Übungsstoss für Präparanden-und andere Mittelschulen. M. —.50.
Fremdwörterbuch sür Schulen und für den allgemeinen Gebrauch. In vierfacher methodischer Abstufung. Mit vielen etymologischen Er-länterungen und eiuer Anleitung zur richtigen Schreibnug und Aussprache historischer und geographischer Eigennamen. 2. vermehrte Aufl. M. 2.—, geb. M. 2.50.
Seminarpräfekt, Konrad, Sammlung von Ausgaben zum mündlichen und schriftlichen Rechnen. Für Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten. 2. Aufl. M. 1.—, geb. M. 1.20.
—/ Resultate und Andeutungen zur Auflösung der Aufgaben zum mündlichen und schriftlichen Rechnen. 2. Aufl. M. —.60.
(Öutlttrtlut, K. A., Lehrbuch der Deutschen Geschichte in Verbindung mit der Geschichte Bayerns. Nebst einer kurzen Übersicht der Geschichte der alteu Welt. Für den Unterricht an Mittelschulen. 4. Aufl. M. 3.—.
— —, Grundriß der Deutschen Geschichte. Nebst kurzer Geschichte vou Bayern. Für den Selbstunterricht und sür den Unterricht in den unteren und mittleren Klassen höherer Lehranstalten bearbeitet. M. 2.—, geb. M. 2.40.
, Die wichtigsten Ereignisse der Weltgeschichte. Zum Ans-
weudiglerueu. Auch als Grundlage für den Unterricht in höheren Schuleu. 3. Verb. Aufl. M. -.80, fort. M. 1.—.
Prof. Dr. I. G., Choräle, die gebräuchlichsten, der evangelischen Kirche mit mehrfachen Vor- und Zwischenspielen für die Orgel. Heft 1 M. 2.—. Heft 2 M. 2.80. Heft 3 M. 4.-. Heft 4 M. 4.—. Heft 5/6 M. 4.—. Heft 7 M. 1.20. Ergänzungsheft M. 2.-.
Die 8 Hefte in 2 Teile brosch. M. 16.—.
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Extrahierte Personennamen: Georg_Böhme Seminarpräfekt_H. Konrad Konrad