1856 -
Eßlingen
: Weychardt
- Autor: Völter, Daniel
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
48
Erste Abtheilung. Europa.
gegen O. lagern sich den Uralpen die Kalkalpen vor. Die südlichen Kalk-
alpen bestehen vorherrschend aus Jura- und Kreidekalk; doch treten zwischen
diesen Gebilden öfters Granit, Gneus und Glimmerschiefer hervor; im südlichen
Tyrol bildet der rothe Porphyr in Verbindung von Dolomit die Berge, welche das
Eisackthal einschließen, die Umgebungen von Botzen und den Anfang des Thales von
St. Pellegrin. Die südlichen Kalkalpen beginnen erst am östlichen Ufer des Orta
Sees und ziehen von hier nach No. und Ono. bis zum Ende der julischen Alpen
durch 6 — 7 Längengrade. An ihrem westlichen Anfangspunkt sind sie nur 2 — 3
Stunden breit, aber gegen O. hin wächst ihre Breite schnell und mag vom rechten
Drauufer in Kärnthen bis Fiume oder bis zur Südspitze Istriens 30 — 40 Stunden
betragen. Auch ihre Höhe nimmt gegen O. zu. Vom Orta- bis zum Como See
bilden sie nur Berge von 1,800' — 3,000'. Vom östlichen Ufer des Como Sees an er-
heben sie sich bis zu 7000 und 8000', im Terglou 9,294', in der Steiner Alp 10,274';
dagegen sind die julischen Alpen wieder niedriger, nur 5—6,000', der Monte mag-
giore in Istrien nur 4,410' und der Kleck 6,500' hoch. Große Querthäler durch-
brechen die südlichen Kalkalpen und laufen in 8 —10 Stunden lange Seen aus,
wie der Orta, der Lago maggiore, der Como, Jseo, Jdrio und Garda See, Seen,
welche ansehnliche Flüsse in die Fluren Oberitaliens aussenden. Sie liegen am
Ausgange der Querthäler 6 — 700' hoch und bezeichnen den Fuß des Alpenlandes
auf der Südseite. Eine Menge von Querspalten und Klüften, welche an vielen
Orten wahre Höhlen bilden, die entweder durch ihre Größe oder ihre Tropfstein-
gestalten sich auszeichnen, zerreißen die Kalkalpen. Die Zerklüftung ist besonders in
den karnischen und julischen Alpen ausgezeichnet. Hier liegt die Ädelsberger Höhle
in Krain, die größte aller bekannten Höhlen, voll prächtiger Tropfsteingestalten; hier
liegt der merkwürdige Zirknitzer See; hier insbesondere verschwinden Bäche und
Flüsse Plötzlich in Schlünden, um in meilenweiter Entfernung wieder hervorzubrechen.
14. Dem ganzen Saume der Alpen vom Monte Viso bis zum adriatischen
Meere ist ein 800 —1,700' hohes Hügelland vorgelagert, welches den Uebergang
zum Tieflande bildet. Der üppigste und reichste Pflanzenwuchs, die höchste Frucht-
barkeit, die prächtigsten Kastanien- und Laubholzwälder, goldene Saaten, treffliche
Weine, Oel- und Maulbeerbäume, eine kühlende Alpenlust, luftige Höhen mit den
herrlichsten Aussichten, unmuthige Thälchen mit lebendigen Bächen, kurz alle land-
schaftlichen Reize charakterisiren dasselbe.
15. Die Uralpen sind auf der Südwest-, West- und Nordseite vom Mittelmeere
an bis zur österreichischen Ebene ununterbrochen von den westlichen und nörd-
lichen Kalkalpen umgürtet. Ihre Breite und Höhe ist so außerordentlich, daß,
wenn man die Alpen von N., Nw. oder W. betrachtet, die hohen Kalkalpen sich
überall dem Blicke zeigen und die Uralpen dergestalt verdecken, daß nur an wenigen
Stellen einzelne und zwar die höchsten Hörner und Gruppen herüberschaucn. Den
Uralpen zunächst streichen die höchsten, 8,000'— 13,000' hohen Kalkalpen; auf ihrer
äußern, gegen die Ebene gerichteten Streichungslinie haben sie eine Höhe von 4 —
7,000', und stufen hier nicht allmählig hinab, sondern enden mit sehr steilen Wänden.
Dieses 360 Stunden lange und 8 —15 Stunden breite Kalkgebilde besteht aus
Uebergangs - und sekundären Gesteinen, worunter besonders Grauwackenschiefer
und ältere Sandsteine, Thonschiefer, Liaskalk und Mergelschiefer, Jurakalk, Gvps
und Steinsalz, Kreide und Quadersandstein auftreten. Die westlichen und nördlichen
Kalkalpen sind nach allen Richtungen von sehr vielen'thälern durchschnitten, und
stellen eine unübersehbare Menge von Gebirgsrücken und hohen Hörnern dar, welche
zum Theil in unwandelbare Schneemäntel gehüllt. zum Theil mit den ausgedehn-
testen Gletschern belastet sind, die bis in die fruchtbaren Thäler hinabreichen.
16. Die Südgrenze der nördlichen Kalkalpen ist durch eine Menge von Längen-
thälern, welche das Kalksteingebilde von den Uralpen scheiden, und die Nordgrenze
durch eine Menge von kleineren und größeren Seen ausgezeichnet, die, wie an der
Südseite der Alpen, am Ausgange der Querthäler liegen und auch hier den Fuß
des eigentlichen Gebirges bezeichnen. Es sind dieß die schweizerischen, bairischen und
österreichischen Seen, die 1 —6 Stunden lang und l/h — 1 Stunde breit sind, und
1,080—1,780' an Höhe haben. Ausnahmen hiervon machen der Tegernsee in Baiern,
2,254', und der Bourgetsee bei Chambery in Savoyen, 672' hoch. Die Ufer dieser
Seen bestehen meist aus schrecklich zerrissenen, furchtbaren, 5 — 6000' über die See-
fläche erhabenen Kalkfelsen, deren nackte, steile, 2 — 3000' hohe Wände senkrecht aus
den dunkelgrünen Fluthen emporsteigen. Noch schauerlicher werden diese Seen durch
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Die deutschen Bundesstaaten. Das Mittelgebbrgsland. 53
e. Der Odenwald; zwischen Neckargebirge, mittelrheinischer Tief-
ebene, Spessart und fränkischer Terrasse; in Baden, Bayern und besonders
im Großherzogthum Hessen. Länge: 8 Meilen; Breite: 5 Meilen. Ein
plateauartiges Gebirge mit breiten Rücken, flachen Kuppen, vielen Burgrui-
nen, mit theils wilden, theils freundlichen Thälern. Steiler Abfall gegen
W., sanfter gegen O. Das Gebirge wird vom Neckar in einem schönen,
mit Burgruinen geschmückten Thale durchbrochen. Mittlere Höhe: 1,300'bis
1,500'. Katzenbuckel 2,180'; Königsstuhl mit dem Heidelberger-
Schloß 1,723'; Meliböcus 1,530'.3)
d. Der Spessart; zwischen Main, Kinzig und Sinn; in Bayern
und Kurhessen. Länge von S. nach N.: 10 Meilen. Waldiges Massenge-
birge mit abgerundeten Bergen und wenig höheren Kuppen. Sanfter Abfall
gegen W., steiler gegen S. und O. Mittlere Höhe: 1,400 — 1,800'.
Eselshöhe mit dem Geiersberg 1,900'.*)
6 Das Vogelsgebirge; um die Quellen der Nidder, Nidda und
Wetter, der Ohm, Schwalm und Lüder, durch Hochflächen von Rhön, Spessart
und Taunus getrennt; im Großherzogthum und Kurfürstenthum Hessen. Länge
von S. nach N.: 10 Meilen; Breite: 5 Meilen; 30 Q.m. groß. Eine
Gruppe schön gerundeter, dicht mit Laubholz bewachsener Kegelberge bis 2,000'
hoch. Ost- und Westabfall sind ziemlich steil. Hoher Vogelsberg oder
die 7 Ahorne 2,280'; Taufstein 2,140'. Sw. vom Vogelsgebirge
liegt die Wetterau längs der Wetter, Nidda und Nidder bis gegen den
Main; 12 Stunden lang, bis 6 Stunden breit; eine wellenförmige, höchst
fruchtbare Ebene.5)
f. Die Rhön; zwischen Sinn, fränkischer Saale, Werra von Hild-
burghausen bis Vach und Fulda; in Bayern, Sachsen-Meiningen und Kur-
hessen. Länge von S. nach N.: 10 Meilen. Höhe bis 2,800'. Die süd-
liche Rhön, zwischen der obern Sinn und der fränkischen Saale, besteht
aus mehreren flach-kegelförmigen Bergmassen; heiliger Kreuzberg 2,835'.
Die hohe Rhön; zwischen der Sinnquelle und einer Linie von Tan bis
Kaltennordheim: öde, felsig, kahl, mit mehreren großen Mooren bedeckt;
große Wasserkuppe 2,887'. Die vordere Rhön umgibt die hohe
Rhön mit 800'— 1,300' hohen Flächen, über welche sich viele isolirte Ke-
3) 1. Name: Einige von öde; Andere von Odin [Silva Odinil; Andere von
Otto [Silva Ottonis].
2. Gestein: bunter Sandstein; am Westabhang Granit, Gneus, Syenit; viele
vulkanische Punkte, besonders im Katzenbuckel.
3. Gewässer. Nheinsystem: Neckar mit Elzbach, Itter und Lax; Weschnitz;
Main mit Mudan, Mümling und Gersprenz.
4. Große Eichen-, Buchen- und Nadelholzwälder. Die Bergstraße führt längs
der Westieite durch Weinreben und edle Obstbanmpflanzungen.
4) Name von speht — Specht und Kart — Waldhöhe; daher Spechtswald;
im Nibelungenliede: Spehteshart. Gestein: bunter Sandstein; selten Granit und
Gneus. Die Flüsse gehen in den Main. Schöne Eichen- und Buchenwälder.
5) 1. Gestein: Basalt, Klingstein und Basalltuff; im N., S. und So. vom
bunten Sandstein umgeben, der theils durch den Basalt verändert ist und Buchit
heißt. In der Wetterau Grobkalk, Diluvial- und Alluvialgebilde. Bergbau auf
Eisen und Braunkohlen.
2. Flüsse, a. Rheinsystem: Nidda mit Wetter und Nidder; Ohm. b. W e-
sersystem: Lüder; Schwalm.
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Erste Abtheilung. Europ a.
gel noch 1,000' hoch erheben; Milseburg 2,390'; Geba 2,320'; groß-
ßer und kleiner Gleichen 2,110' und 2,080'. Schöne Waldungen.6 *)
g. Das hessische und waldeck'sche Hügelland; zwischen Rhön,
Vogelsgebirge, Taunus, Westerwald und Rothlagergebirg, Diemel, Weser und
Werra. Ein wellenförmiges Hügelland mit isolirten Kuppen, kegelförmigen
Bergen, kürzeren und längeren Bergreihen, Einsenkungen, Thälern und klei-
neren Flächen. Die Berge sind 1,200' — 2,000', die Ebenen 800' bis
1,000' hoch. Meißner 2,356'. Viele Eichen- und Buchenwälder.^)
h. Die obere Nbeinebene; zwischen dem Schwarzwald, Neckar-
gebirge, Odenwald und Spessart im O., der Wetterau und dem Taunus im
N., dem Pfälzisch-zweibrückischen Gebirge und den Vogesen im W. und dem
schweizerischen Jura im S.; in Baden, Hessen-Darmstadt, der bayrischen
Rheinpsalz und dem französischen Elsaß. Länge: 36 Meilen; Breite: 2,
4 — 6 Meilen; Flächeninhalt: 160 Q M. Eine vom breiten, flachufrigen
Rhein durchströmte Tiefebene, die sich allmählig gegen N. neigt, im S. noch
800', im N. nur noch 240' hoch ist. Die Ebene ist von den schönen mit
Weinbergen, Obftbäumen, Waldungen und Burgruinen geschmückten Abfällen
ihrer Randgebirge umgeben und hat theils sehr fruchtbaren Boden, wie im
Breisgau, Elsaß und längs der Bergstraße, theils bildet sie eine Sand-
ebene. Große Waldungen. Der Kaiser stuhl bis 1,760', zwischen Trei-
sam und Rhein, im südlichen Baden. 8)
6) 1. Name vom ahd. Worte royn — verbrannt. Die Isländer nennen die
Lava Noyn.
2. Gestein: Basalt- und Phonolitberge mit vieler verwitterter Lava; anfallen
Seiten vom bunten Sandstein umgeben, dein sich hie und da Muschelkalk auflagert.
3. Flüsse, a. 91 heinsystein: fränkische Saale mit Sinn, Kinzig, b. We-
sersystem: Ulster; Fulda.
7) 1. Theile, a. Westliche Berge: Letzberg und Gleiberg bei Gießen;
Marburger Rücken; Oberwald; Lahnberg; Amöneburg 1,260'; der Burgwald; die
Hügel von Frankenberg; Kellerwald mit dem Knillberg 1,929'; das Bergland von
Waldeck mit der hohen Pön und dem Eisenberg. — b. In der Mitte des Hügel-
landes: Knüllgebirge bis 2,000'; Mosenberg. — o. Oestliehes Bergland: Sie-
lingswald zwischen Hersfeld und Heringen; Richelsdorfer Kupferschiesergebirge bis
1,500'; Ringgangebirge mit der Boinebnrg 1,600'; Hunsrück 1,000'; Stolzinger
Gebirge mit dem Alheimer Berg 1,750'. — d. Das nördliche Bergland zwi-
schen Fulda und Werra: Meißner 2,356'; Helfer Wald mit dem Hirschberg 2,010';
Kaufunger Wald mit dem Bielstein 1,868'. — e. Die nördlichen Berge zwischen
Fulda und Diemel: Habichtswald mit dem hohen Gras 1,800' und dem Karls-
berg 1,700', an dessen Abhange die herrlichen Anlagen von Wilhelmshöhe sich be-
finden; Dörnberg 1,800'; Reinhardswald mit dem Staufenberg 1,435'.
2. Gestein: bunter Sandstein, dem sich oft in ziemlicher Verbreitung der Mu-
schelkalk auflagert und der von unzähligen Basaltkuppen durchbrochen ist. Bergbau
ans Eisen und Braunkohlen.
3. Flüsse, a. Rheinsyste'm: Lahn mit Ohm. b. Wesersystem: Fulda
mit Eder und Schwalm; Diemel.
8) 1. Der Kaiser st uhl; 2 Meilen laug, 1 Meile breit, 5 Meilen im Umkreise,
2 Q.m. groß. Ein kleines, isolirtes, steil aufsteigendes Bergland, das aus 40—50
basaltischen Bergen besteht: K a i s e r st u h l oder bei den n e u e n L i n d e n 1,760' ;
Katharinenkapell e 1,560'. Es hat schöne Thäler mit Aeckern und Wiesen,
Weinberge, Obsthaine, Gärten und Waldungen und ernährt 30,000 Menschen in
mehr als 30 Ortschaften.
2. Waldungen: Mooswald bei Freibnrg; Kaisers - und unterer Genossen-
wald bei Mahlberg unfern Ettenheim; Schütter- und Gotteswald bei Offenburg;
Outinert zwischen Bretten und Königsbach; oberer und unterer Haardwald, zwischen
welchen Karlsruhe liegt; die Haardt im Departement Oberrhein, 4 Meilen lang und
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3
Die Grenzen.
Von letzterem berühren folgende Glieder die Küsten Europas: das ägäische
rokko. Es bildet 3 große Busen, den von B alen cia, von Lion und von Genua und das
tyrrhenische Meer mit dem Golf von Neapel, das zwischen Toskana, dem
Kirchenstaat, Neapel, Sicilien, Sardinien und Korsika liegt. Aus letzterem führen
der 1 M. breite Faro di Messina zwischen Neapel und Sicilien und die 2l/a M.
breite Straße des heiligen Bonifacius zwischen Sardinien und Korsika. In
der Meerenge von Messina liegt der den Allen so fürchterliche Strudel der
Scylla und Charybdis oder der Calofaro. Jene ist ein Fels auf einer in
das Meer hervorragenden Landenge, an welchem sich die vor- uut> rück fließenden
Gewässer unaufhörlich brechen und dadurch eine heftige Brandung, die Charybdis,
verursachen. Gegenwärtig hat der Strudel sehr an Wichtigkeit verloren; als Nel-
son 1798 nach Abnkir schiffte, segelte er mit seiner ganzen Flotte ungefährdet durch
die Meerenge. Die Südküsie Spaniens ist hoch, steil und felsig, die Ostkü ite
mehr flach und niedrig; die französische Süd kn sie bis Marseille ist eine
flache Sandküste mit Slrandseen, bis Nizza aber eine schöne Steilküste; Italien s
Westküste ist in Sardinien und Kalabrien Steilküste mit Häfen, sonst meist nie-
drig; die afrikanische Küste ist hafenarm und schutzlos, nur der Busen von
Tunis, wo das alte Karthago lag, macht eine vortheilhafte Ausnahme. Inseln
hat das Meer mehrere: Pit Hy usen und Balearen mit steilen und hafenreichen
Küsten; Korsika und Sardinien mit schönen Steilküsten; Sicilien mit schö-
nen Häfen am Westende; Elba; die Liparen und Aegaden.
3. Das südöstliche Mittelmeer wird im S. von der einförmigen, nur in
den beiden Syrien, den Golfen von Kabes und von Kibbir, gegliederten
Küste Afrikas begrenzt, die größtentheils flach, sandig und schutzlos ist und nur
an wenigen Punkten, am Hochlande von Barka und bei Alexandria vortheilhaftere
Bildung zeigt. Im O. liegt die hafenarme Küste Palästinas und die steile
Küste Phöniciens und Spriens, deren einst so berühmte Häfen jetzt zum Theil
versandet sind. Im N. hat es die steile, hafenreiche Südküste von Kleinasien
mit den Busen von Jskenderun und Satalia. Vor ihr liegt die schöne Insel
C Y p e r n.
4. Gegen N. bildet das So. Mittelmeer 3 große Binnenmeere: das ägät-
sche, jonische und adriatische Meer.
a. Das ägäische Meer ist von S. nach N. 90 M. lang und 40 M. breit.
Seine vortheilhafc gebildeten Küsten in Kleinasien, der europäischen Türkei und in Grie-
chenland bilden mehrere größere Meerbusen; an der Ostküste von Griechenland die
Busen von Nauplia, Aegina und Zeituni, in welch letzteren der Kanal von
Tricheri führt; an den Ost- und Südküsten der europäischen Türkei: den Busen
von Bolo, Salonichi, Kassandra, Monte Santo, Contessa, Enos
und Saros; an der W ftküste Kleinasiens die Busen von Edremid, Eläa,
Smyrna, Scalanova, Mendeliah, Kos und Symi. Zwischen der Insel
Negroponte und Livadien liegt der Kanal von Talandi und die 240' breite
Meerenge Enripos. Letzterer ist durch den öftern Wechsel der Ebbe und Fluth
oder durch einen eigenthümlichen Mecreswirbel, den chalcidischen Strudel, be-
kannt. Der Wechsel der Ebbe und Fluth tritt täglich 2 Mal, aber nicht zu be-
stimmter Zeit ein. Das ägäische Meer ist mit Inseln übersäet: thracische In-
seln; Negroponte; Kykladen; Sporadcn; Kandia. Wegen der vielen
Inseln hieß es bei den Griechen Archipelagus [— Hauptmeer; Jnselmeers; die
Türken nennen es Ak-Denghisi s— weißes Meers oder Adalar-Denghisi
s— das Meer der Jnselnj.
^ b. Das jonische Meer zwischen den busen- und hasenreichen Süd- und
Westküsten Griechenlands, den schönen So.küsten Italiens und den durch gute
Hafen ausgezeichneten Ost- und Südküsten Siciliens. In No. Richtung ist es 60,
tn So. 75 M. weit. Busen an der Südküste von Griechenland: der Busen von
Marathonisi und Koron; an der Westküste Griechenlands: der Busen von Ar-
cadia, Patras, Epakto oder Korinth und Arta; an der So. Küste Ita-
liens: der Busen von Taranto und Squillace.
o Die 7 M. breite Straße von Otranto führt in das adriatische
Meer ss. Seite 4. Anm. 5s.
5. Viele Flüsse münden in das mittelländische Meer: Ebro: Rhone; Tiber:
Po; Orontes; Nil; viele Küstenflüsse.
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Erste Abth eilung. Europa.
Meer, das jonische Meer, die Straße von Otranto, das adriatische Meer, 5)
die Straße von Messina, die Straße des heiligen Bonifacius, das tyrrheni-
6. Verschiedene Tiefe. In der Gibraltarstraße trifft man eine Tiefe von kaum
1000'; diese Tiefe steigt ostwärts Plötzlich zu 3000' und weiterhin, unfern der
Sierra Nevada, bis zu 6000' und darüber; östlich von den Pyrenäen soll das Meer
sogar 9000' erreichen, und auch Nw. von Sardinien werden Sonden von 5000'
erwähnt. Im jonischen Meere und südlich von Kleinasien sind Tiefen von 2—3000'.
Das Nw. und So. Mittelmcer werden durch eine Seebrücke von einander ge-
schieden, die vom Kap Trapani in Sicilien bis zum Kap Bon in Tunis geht; die
Tiefe dieser Seeschwelle wechselt von 42' bis 540'.
7. Bedeutender Salzgehalt. Geringe Ebbe und Fluth; der ganze Un-
terschied der Veränderung im Wasserstand beträgt zwischen 0',üg und 2',72.
8. Die Winde sind unregelmäßiger und schwankender, als in den Oceanen;
vorherrschend sind nördliche, im Winter westliche, im Sommer öfter südliche; letztere
sind durch große Hitze ausgezeichnet, weil sie aus dem Innern Afrikas kommen.
9. Das Mittelmeer ist im Sommer 20,75 bis 3"„z wärmer, als der atlan-
tische Ocean unter gleicher Breite; es verliert durch Verdunstung fast 3 Mal so viel
Wasser, als es durch die ihm zufließenden Landgewässer empfängt. Daher liegt
auch der Spiegel des Mittelmeeres niedriger, als der des atlantischen Oceans;
an der Küste von Perpignan liegt er 2',7 niedriger, als der Spiegel der Nordsee
bei Dünkirchen, und 5',n niedriger, als das Niveau des biskaischen Golfs bei Ba-
yonne. Die Folge davon ist, daß der atlantische Ocean durch die Meerenge von
Gibraltar von W. nach O. fließt und eine Küsten strömun g veranlaßt, welche
der nordafrikanischen Küste von W. nach O., der syrischen von S. nach N., der
kleinasiatischen und den südeuropäischen Küsten von O. nach W. folgt. Das rothe
Meer liegt bei Suez zur Flnthzeit 30',5, zur Ebbezeit 25' höher, als das Mittel-
mcer, weil die Wasser des indischen Oceans vom Oktober bis Mai mit großer
Heftigkeit durch die Meerenge von Bab el Mandeb ins rothe Meer hineingetrie-
den werden.
10. An vielen Stellen der Küsten des Mittelmeeres beobachtet man einen neuen
Länderausatz. Am mächtigsten nimmt der Anwachs an den Mündungen der
Rhone zu. Auch die Meerenge von Messina wird durch das Ansetzen neuen Lan-
des immer mehr verschmälert.
11. Großer Reichthum und große Mannigfaltigkeit an Schaalthieren und
andern Se ethieren, die zum Theil in den nördlicheren Gewässern nicht vorkommen,
wie Blutkorall, Schwämme, Dattelmuschel, gemeine Pinne, Schildkröten rc. Die
Geschlechter und Gattungen der Fische nehmen im Vergleich mit denen der nordi-
schen Gewässer zu: heerweise erscheinende Thunfische, Sardellen und Anchovis;
Rochen; Haifische; Nadelfische; Trüsche; Schleimfische; Meergrundeln; Muränen;
Stutzköpfe; Drachenköpfe; Meerhähne; Lippfische; Hornfische; Brassen; Schollen;
Meeräschen u. v. a.
12. Das Mittelmeer bildet seit den ältesten Zeiten das wichtigste Verbindungs-
glied zwischen den Ländern der alten Welt. Es ist das alte Kulturmeer mit
den Flotten und Kolonien der Phönicier, Karthager, Aegypter, Griechen und Rö-
mer, denn die Länder ums Mittelmeer swestasien, Nordafrika und Südenropaff sind
der Schauplatz der Geschichte des Alterthums, die Welt der alten Griechen und
Römer, die Provinzen des römischen Kaiserreiches, Im Mittelalter fuhren auf ihm
die Flotten der Byzantiner, Araber, Normannen, Venetianer und Genueser. Heut-
zutage kämpfen 3 Seenationen um seine Herrschaft: die Briten, Franzosen und
Russen. Befahren wird es von den Schiffen fast aller Seehandel treibenden Völ-
ker. Die meisten Dampfschiffe auf demselben sind französisch, österreichisch oder britisch.
5) Das adriatische Meer. Grenzen: Neapel, Kirchenstaat, lombar-
disch-venetianisches Königreich, Grafschaft Görz und Gradisca nebst der Markgraf-
schaft Istrien, Kroatien, Militärgrenze, Dalmatien und Albanien. Größe: von Sw.
nach No. 120 M. lang; 20 M. breit; 2940 Q.m. groß. Die Westküste ist flach
und sandig, hafenarm, durch vorgelagerte Bänke gefährlich und wird jetzt noch
überall, besonders an der lombardischen Küste, durch die Thätigkeit der einmiin-
denden Flüsse, durch den Po, die Etsch und mehrere Küstenflüfle, ausgedehnt. Der
Ansatz von neuem Land an der Mündung des Po soll jährlich gegen 210' wach-
sen; an der Etsch hat er in einem Jahrtausend gegen 5 M. betragen. Daher
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Die deutschen Bundesstaaten. Das Mittekgebirgsland. vl
16. Das Fichtelgebirge; an den Quellen der Fichtelnab, des
weißen Mains, der Saale und Eger; fast in der Mitte Deutschlands; in
Bayern und Böhmen. Lauge von Sw. nach No.: 5 Meilen; Breite von
N. nach S.: 5 Meilen; Flächeninhalt: 18q.m. Es ist auf allen Seiten
durch willenförmige, 1,200'— 1,800' hohe Ebenen von den umliegenden
Gebirgen getrennt. Die Hauptmasse des Gebirges mit dem Schneeberg
3,237' und Ochsenkopf 3,135' liegt an den Quellen des weißen Mains
und der Eger. Von hier aus ziehen gabelförmig 2 Bergketten gegen No.
und So.: die Weißen st ein er und Waldsteiner Kette. Zwischen
beiden liegt das 1,800'— 2,000' hohe Egerbecken. Große Laub- und
Nadelholzwaldungen. 2i)
17. Der Frankenwald; zwischen Saale, Schwarza, Werra und
einer Linie von Eisfeld über Kronach und Sonneberg bis Gefrees. Länge
von So. nach Nw.: 8 Meilen; Breite: 5 Meilen. Ein welliges, 2,000'
hohes Plateau mit dem Döbraberg 2,465' und Wetzstein 2,550'.
Viel Nadelholzwaldungen. Das aus Thonschiefer und Grauwacke gebildete
Gebirge enthält werthvollen Wetz-, Dach-, Tafel- und Griffelschiefer, Marmor
und Alabaster. Sonneberger Waaren.
18. Der Thüringer Wald [Semäna Silva] ; von den Werra-
und Schwarzaquellen bis zum Werrathal zwischen Vach und der Hörselmün-
dung. Die Sw. Vorhöhen des Gebirges erreichen das Werrathal; gegen
No. fällt es meist steil ab bis zu einer Linie von Saalfe-ld über Ilmenau
und Waltershausen nach Eisenach. Länge von So. nach Nw.: 10 Meilen;
Breite im So. 5, im Nw. 1v2 Meilen. Ein theils plateauartig, theils
kettenförmig gebildetes Gebirge von 2,000' — 2,500'. Wenig zackige Felsen-
gipfel ; meist rundliche Kuppen: großer B e erb erg 3,064'; Schnee- * 8
bis zur Elbe zwischen Außig und Pirna. Seinen Nordfuß bezeichnet eine Linie von
Greitz über Chemnitz, Freiberg, Tharand und Pirna. Länge: 20 Meilen; Breite:
8 — 10 Meilen. Der Hauptrücken des Erzgebirges ist eine 2,500' — 2,800' hohe Hoch-
fläche mit abgeplatteten, meist bewaldeten Kuppen, von denen die höchsten noch 1000'
höher aufsteigen. — a. Das Elstergebirge und Boigtland, zwischen der obern
Zwickauer Mulde und der Saale, ein stark durchschnittenes Bergland von 1,200' bis
1,800'. — b. Das Hochgebirge oder Obergebirge, zwischen der Zwickauer
Mulde und Presnitz: großer Rammelsberg 2,060'; Auersberg 3,130';
Keilberg 3,800'; Ficht elberg 3,700'; Pöhlberg 2,550' u. v. a. — c. Das
Niedergebirge, zwischen der Presnitz und Gottleuba: Adelsberg; Wiesel-
stein 2,940'; Sattelberg. — d. Das Elbesandsteingebirge, zwischen der
Gottleuba und Elbe: Schneeberg 2,300'.
2. Im N. des Erzgebirges reicht das Bergland noch hinaus bis zu einer Linie
von Meißen über Oschatz, Grimma, Altenbnrg, Zeitz bis Weißenfels. Es ist 800'
bis 1,200' hoch und heißt zwischen Elster und Saale Oster land.
3. G e st e i n. Das Erzgebirge besteht aus Urgebirgsarten; im N. lagern sich
ihm Uebergangs- und Flötzgebirgsarten an. Basalt'und Phonolith besonders am
Südabhang des Erzgebirges. . Großer Mineralienreichthum, besonders im
Erzgebirge: etwas Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Zinn, Blei, Kobalt; Edelsteine, Halb-
edelsteine, Porzellanerde; Steinkohlen. Berühmte Heilquellen: Tharand.
4. Flüsse. Elbesystem: Elbe; Freiberger und Zwickauer Mulde; Saale
mit der weißen Elster, welche die Pleiße aufnimmt.
22) 1. Gestein: Urgebirge; gegen Nw. und N. lagert sich das Uebergangs-
gebirge, gegen S., Sw. und W. jüngeres Flötzgebilde an. Großer Mineral-
reichthum: etwas Gold, Silber und Zinn, viel Kupfer und Eisen; Wetzschiefer,
viele Marmorarten; Steinkohlen, Braunkohlen, Torf. Mehrere Heilquellen.
2. Flüsse: a. Donausystem: Fichtelnab. b. Rheinsystem; weißer
Marn. e. Elbesystem: Eger; Saale. Ueber 300 Weiher.
1856 -
Eßlingen
: Weychardt
- Autor: Völter, Daniel
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
6
Erste Abtheilung. Europa,
das deutsche Meer?) der Skagerrack,10) das Kattegat?') der Sund, der große
Fluth in ihn einsegeln können. Der Austerweiher zu Cancale, Dep. Jlle-
Vilaine. Sehr bedeutender Fischfang, besonders des Pilchards und der gemei-
nen Makrele. Die Straße von Calais, 5>/2 M. breit, zwischen dem Kanal
und der Nordsee. Der unterseeische Telegraph zwischen Calais und Do-
ver. Der Kanal ist unter allen Meeren am meisten befahren. Er ist die
Hauptfahrstraße aus der Nordsee zum Ocean, da das Meer um Schottland seiner
Stürme halber gefürchtet ist. Die starke Strömung führt hauptsächlich in die Nord-
see; daher ist die Durchschiffung der Straße bei Westwinden beschwerlich. An der
französischen Küste stehen 10, an der englischen 12 Leuchtthürme.
9) Das deutsche Meer, bei den Dänen Westsee. Größe: 150 M. lang;
85 M. breit; 12000 O-.M. groß. Grenzen: im S. Belgien, Niederlande, Hanno-
ver, Oldenburg; im O. Holstein, Schleswig, Jütland, Norwegen; im N. der 60« N. Br.
auf einer Länge von 100 M.; im 2s. die Shetlands Inseln, die Orkaden, Schott-
land, England. Die Süd- und Ostküste bis zur Nordspitze Jütlands ist flach,
durch Bänke und Untiefen schwer zugänglich und hafenarm; nur in den Mündungen
der größeren Flüsse finden sich brauchbare Häfen. Durch große Einbrüche der Nord-
see und Durchbrechungen der Dünen sind mehrere untiefe Meerbusen entstanden, so
die Zuydersee, der Dollart und der Jahdebusen. Die Zu yd er See ist 20 M.
lang, 10 M. breit, 60 Q.-M. groß. Sie war früher ein Binnensee und erhielt von
1219 — 1287 durch große Ucberschwemmungen, wobei in der letzten 80,000 Men-
schen umkamen, ihre jetzige Ausdehnung. Durch ihre Sandbänke ist sie der Schiff-
fahrt höchst gefährlich. An ihrem Sw. Ende steht sie durch den Busen Pampus
mit dem Het U si— das Ei) in Verbindung. Dieser schmale Kanal führt gegen
Nw. in das Wyker Meer, gegen S. in das 3 Q.m. große, nun ausgetrocknete
Harlemer Meer. Letzteres entstand durch Einbrüche der Nordsee 1539, wobei das
Städtchen Nieuvcnkerk ein Wellengrab fand. Der Dollart, 2v2 Q.m. groß, ist
gleichfalls durch die Einbrüche des Oceans 1277 und 78 entstanden. 50 Ortschaf-
ten, darunter 33 Kirchspiele und das Städtchen Torum, gingen in den Fluthen un-
ter. Der Jahdebusen, 3 Q.-M. groß, wurde 1218 gebildet; spätere Fluthen
haben ihn vergrößert. Die langen, sandigen Fl a chiù sein der Niederlande, Han-
novers, Oldenburgs, Hamburgs, Holsteins und Schleswigs, so wie Helgoland, gehen
vielleicht auch ihrem Untergang entgegen. Von der Zuydersee bis jenseits der
Eidermündung liegen die W a t t e u, d. h. Sandbänke, die während der Fluth mit
Seewasser bedeckt, bei der Ebbe zum Theil trocken liegen. Viele Balgen oder
Vertiefungen durchziehen die Watten. Die Ostküste von England ist flach und
mit gefährlichen Untiefen bedeckt; die großen Busen, der Wash und die Mün-
dung der Themfe, sind von gleicher Beschaffenheit, wie die holländischen und
deutschen. Schottlands O ft k ü st e ist hoch und sicher; hier finden sich große
Einschnitte und Busen : der F r i t h 0 f F 0 r t h, 0 s T a y , 0 fmnrray, 0 f
D 0 r n 0 ch. Noch häufigere Busen zeigt Norwegens W e st g e st a d e. Ein-
mündende Fl ü sse: Schelde; Rhein; Ems; Weser; Elbe; Eider; Themse; viele Kü-
ftenflüsse. Das deutsche Meer ist ein flacher Meerbusen mit vielen Sand-
Läiuen, besonders in der Mitte; darunter: Doggersbank, lange- Bank,
jütländische Bank. Der körperliche Inhalt sämmtlicher Sandbänke gäbe eine
Laudschichte von dem Flächeninhalte Großbritaniens und einer Mächtigkeit von 28'.
Der Meeresgrund senkt sich allmählig nach N. hin; die tiefsten Stellen bis 800' liegen
an der norwegischen Küste. Die Fluth steigt an den Südküsten 9 —10', wird
aber allmählig gegen N. geringer, so daß sie an der nördlichen Westküste Jütlands
nur 1 — 2' beträgt und an der Sw. Küste Norwegens gar nicht bemerkt wird. Aber
bei Sturmfluthen steigt das Wasser wohl 20'; 1825 erreichte es bei der Jnffl
Föhr 25' über dem gewöhnlichen Stand. Die Flüsse der Nordsee nehmen, wenn
die Fluth beginnt, durch di» Stauung des Wassers eine rückgängige Bewegung an,
und fließen dann, wenn die Ebbe eintritt, mit vermehrter Schnelligkeit ab. In der
Elbe wird dieser Rückfluß oft bis 20 M. landeinwärts, bis 5 M. oberhalb Hamburg,
in der Weser bis Vegesack, 9 M. von der Mündung, in der Ems bis nach Halte
unsern Papenburg, 8 M. aufwärts, wahrgenommen. Diese Doppelbewegung
der Ströme ist für die Schiffahrt von großem Nutzen; denn sie hält den Strom
tief und begünstigt das Auf- und Abwärtssegcln. Sehr veränderliche Strömun-
gen; in Folge des vorwaltenden Sw. Windes haben sie im Allgemeinen eine No-
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- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
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- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
62
Erste Abtheilun g. Europa.
köpf 3,043'; Jnselsberg 2,855'. Viele herrliche Thäler und reizende
Gegenden; große Laub- und Nadelholzwälder. Viele Burgruinen. 2s)
19. Das Thüringer Hügelland; zwischen dem Thüringer Wald
im Sw., der Werra und Leine im W., der Ruhme, Helme und einer Linie
von Sangerhausen nach Halle im N. und der Saale im O.; in Sachsen-
Weimar-Eisenach, Sachsen-Gotha, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg,
Schwarzburg-Sondershauscn und Rudolstadt, und in den preußischen Regie-
rungsbezirken Erfurt und Merseburg. Eine Hochebene von 800 — 1,000',
die sich von No. und Sw. her zur Mitte hin,' zum Thale der mittlern
Unstrut, sanft bis auf 500' herabsenkt. Die Hochebene wird von mehreren,
mit dem Thüringer Wald und dem Harze parallel streichenden Ketten nie-
driger Berge und Hügel durchzogen. Dieselben werden häufig unterbrochen
und gehen im O. der Gera und Unstrut allmählig in plateauartige Höhen
über, welche die steilen Berg- und Felsränder des Saalethales bilden. Zwischen
diesen Bergketten breiten sich offene und fruchtbare Ebenen aus. 24)
20. Der Harz [Bacenis Silva; Meliböcus Mons]; zwischen dem
23) 1. (Bestellt: ttrgebirge und besonders Porphyr; letzterer bildet die höchsten
Kuppen und Kegel. Das altere Gebilde umgeben die Steinkohlenformation und
über ihm das rolhe Todtliegende; darauf folgt Zechstein, Kupferschiefer und bunter
Sandstein. Viele Basaltkuppeu. Großer Mineralreichthum: Kupfer, Eisen,
Braunstein, Kobalt; Marmor, Alabaster, vortreffliche Mühlsteine und Schieferarten;
Steinkohlen, Torf; Salz.
2. Flüsse: a. Rhein sy stein: Nodach; Jlz. b. Wesersystem: Werra;
Hörsel. c. Elbesystem: Schwarza; Ilm; Gera.
3. Das 78^2 Q.m. große Gebiet des Franken- und Thüringerwaldes ist
unter 9 Staaten vertheilt: Sachsen Meiningen 20 V* Q.m.; Sachsen Kobnrg 10 Q.m.;
Preußen 91/3 Q.m.; Schwarzburg Rudolstadt 8v2q.m.; Sachsen Weimar 8 Q.m.;
Bayern 7h's Q.m.; Kurhessen 5 Q.m.; Neuß 5 Q.m.; Schwarzburg Sonders-
hausen 4 Q.m.
4. Der Nennsteig s— Greuzwegsj ist vom Nodacher Brunnen bis zur Frank-
furter Straße 38 Stunden lang. Er ist ein auf dem Kamm des ganzen Gebirges,
gewöhnlich auf der Wasserscheide, fortlaufender, fahrbarer Weg, überall mit Grenz-
steinen besetzt. Ehemals bildete er die Grenze zwischen Franken und Thüringen.
2r>) 1. Das Thüringer Hügelland wird durch die Gera und Unstrut in eine
westliche und östliche Hälfte getbeilt. — a. Die westliche Halste: das obere
und untere Eichsfeld, im Nw. einer Linie von Treffurt über Mühlhausen nach
Nordhausen; eine 1,000'— 1,200' hohe dürre, einförmige Fläche: Ohmberge 1,560';
die beiden Gleichen; Göttinger Wald 1,285'. Die erste Parallelkette
zwischen dem Thüringer Wald, der Nesse und Gera: Hörselberg 1,400'; See-
berg 1,792'; die kegelförmigen Thüringer Gleichen. Die zweite Parallel-
kette zwischen der Nesse und oberen Unstrut: Hain ich 1,300'. Die dritte Pa-
r alle! kette zwischen der oberen Unstrut und Helbe. Die vierte Parallel kette,
die Hainleite, zwischen Helbe und Wipper: Possen 1,400'. Die fünfte Pa-
rallelkette zwischen Wipper und Helme: Ky ff Häuser 1,428'. — b. Die östliche
Hälfte ist eine einförmige Hochfläche, die vom tief eingeschnittenen Jlmthal durch-
rissen ist: Singerberg 1,775'; Er fürt er Stei g er 1,090'; hoher Ettersberg
1,550'. Zwischen Lessa und Unstrut liegt ein schmaler, langgedehnter Bergzug, die
Schmücke und Finne 800 — 1,000'. Im N. der Unstrut ist die thüringische
Grenzplatte mit den beiden Seen von Eisleben 500' — 700' mit allmähliger
Senkung zur Saale.
2. Gestein: bunter Sandstein und Muschelkalk in großer, Keuper in ge-
ringer Ausdehnung; Granit bricht im Kyffhäuser aus dem bunten Sandstein hervor.
Erzarmuth.
3. Flüsse: a. Wesersystem: Hörsel; Leine mit Ruhme. b. Elbesystem:
Ilm; Unstrut mit Gera; Helbe; Wipper und Helme.
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' Erste Abtheilung. Europa.
4. Im N o r d e n : das nördliche Eismeer. Folgende Glieder des-
selben berühren die nordeuropäischen Küsten: das lappländische Meer, das
weiße Meer,") die tscheskische Bucht, die jugorische Straße, die karische
Pforte, das karische Meer.
5. Europa ist eigentlich nur eine große Halbinsel von Asien;
mit diesem Erdtheil hängt es im Osten auf einer 360 Meilen langen Land-
grenze zusammen. Von den übrigen Erdtheilen ist es durch größere oder kleinere
Meeresräume geschieden. Am meisten nähert es sich Afrika in der Straße
von Gibraltar.
§. 3.
Die Grundgehalt.
1. Der Körper von Europa gleicht einem rechtwinklichen
Dreiecke, dessen Spitzen im karischen Golfe, im Hintergründe des asow'schen
und des biskai'ischen Meeres liegen.
als das des Oceans wegen der Menge des zuströmenden Wassers. Der Sand
welcher durch die Flusse in die Ostsee geführt wird, erhöht ihren Boden und bewirkt in
Verbindung mit der starken Ausströmung der Ostseewasser in die Nordsee ein Zu-
rückweichen des Meeres. Dasselbe ist an allen Ostküsten, besonders an der Ost-
küste von Schweden beobachtet worden. Hier soll die Verminderung des mittlern
Wasserstandes an verschiedenen Orten in 100 Jahren 1' und weniger bis 5', in
1000 Jahren im Mittel aufs Höchste 30' betragen. Andere wollen berechnen, daß
die Ostsee nach 2000 Jahren ganz verschwunden und an ihrer Statt nur ein groß-
ßes Stromsystem zurückgeblieben-sei. Der geringe Wärmegrad, die binnenländische
Lage und der geringere Salzgehalt sind die Ursachen, daß die Ostsee so leicht zu-
gefriert; man konnte schon in Schlitten von Schweden nach Finnland und über
den Sund von Dänemark nach Schweden fahren; 1740 trug das Eis im Hasen
von Königsberg die schwersten Lasten. Keine Ebbe und Fluth. Strömung
der Ostsee durch den Sund ins Kattegatt. Das Niveau des Wassers steht im
Hintergrund des bothnischen Meerbusens bei Tornea wenigstens um 5' höher, als
das des Kattegatts; bei Kiel 1' höher, als die Nordsee an der Eidermündung.
Meeresstrudel im bothnischen Busen. Großer Reichthum an Fischen: Makre-
len; Thunfische; Hornhechte; Häringe; Sprotten; Dorsche; Störe u. a. Die sehr
bedeutende Schiffahrt mit Segel- und Dampfschiffen ist wegen der theils seichten,
theils insel- und klippenreichen Küsten, wegen der unregelmäßigen Tiefen und wegen
der oft plötzlich sich ändernden Winde selten ganz gefahrlos.
") Das weiße Meer Grenzen: die hohen und größtenth'eils felsigen
Nordküsten Rußlands. Größe: von No. nach Sw. 75 M. lang; bei seinem
Eingang zwischen dem Swiatoi Noß [= heil. Vorgebirges im W. und dem Kanin
Noß s— Kap Kanin) im O. 20 M. breit; 2000 Q.m. groß. 4 Buchten: Mesen
Bucht gegen So., Dwina Bucht gegen So., Onega Bucht gegen So.,
Kandals Bucht gegen Nw. Es hat seinen Namen davon, daß es, zu beiden
Seiten des nördlichen Polarkreises gelegen, den größeren Theil des Jahres mit
Eismassen überdeckt ist. Sein Wasser ist überall rein und der Schifffahrt günstig,
bis auf die lange Sandbank vor der Dwinamündung. Hinreichender Ankergrund
für die größten Schiffe; selbst in der Nähe der Ufer hat es noch 360' Tiefe, .häu-
fige Nebel in der Mitte des Meeres; sie werden dünner und seltener in der Nähe
der Ufer. Keine Ebbe und Fluth. Großer Fischreichthum: Schellfische,
Dorsche, Stockfische, Häringe. Wichtige Schiffahrt nach Archangel. Die Halb-
insel Kanin trennt das weiße Meer von der tscheskischen Bai, 15—18 M. von
N. nach S. lang. Die 2 M. breite jugorische Straße, zwischen dem Festlande
und der Insel Wajatsch, und die 10 M. breite karische Pforte, zwischen der
Insel Wajatsch und Nowaja Semlja, führen in das karische Meer.
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M
Erste Abtheilung. Europa,
Nw. geht. Die wichtigsten Glieder sind: Bram Wald; Solling; öst-
licher Süntel und Deister; Bückeberge.")
22. Das westliche Wesergebirge; zwischen der zur Alme ge-
henden Altenau und der Diemel im S>, der Weser von der Diemelmündung
bis Minden im O. und dem Tiefland im N. und W. ; in den preußischen
Regierungsbezirken Minden und Münster, in Lippe-Detmold und Pyrmont,
in der kurhessischen Grafschaft Schauenburg und im hannoverischen Fürsten-
thum Osnabrück. Ein sehr verschiedenartig gestaltetes, bis 1,500' hohes
Hügelland, das aus Hochflächen, Bergen, Hügeln und Ebenen besteht. Ein-
zelne Glieder: Teutoburger Wald [Saltus Teutoburgiensis] ; Hoch-
fläche von Paderborn; Hügelland von Lippe und Pyrmont;
Ebene von Stein heim und Ravensburg; Hit gelland von
Osnabrück und Tecklenburg; westlicher Süntel. 26 27)
26) 1. Theile: a. Bramwald bis zu einer Linie von Lippoldsberg nach
Nörten; ans buntem-Sandstein und Muschelkalk bestehend; der kegelförmige, basal-
tische Gipfel der Brambnrg 1,300'. Dichte Buchenwälder. — b. Der Solling,
zwischen der Weser und Leine, gegen N. bis zu einer Linie von Eimbeck über
Dassel nach Holzminden; ein plateauartigcs Sandsteingebirge, das die zum Dach-
decken und zu Hausfluren dienenden Höxtersteine liefert; Moosberg 1,577'. Große
Eichen- und Buchenwälder. Viele Glashütten.— c. Die steilen, wallartig geformten
Parallelzüge zwischen der Weser und Leine, dem Solling, Deister und Süntel find
1,000— 1,400' hoch. Die wichtigsten sind: Der Holzberg 1,210'; der Elvas
840'; die Homburg 1,146'; der Vogler; der Hils mit der Ammenser Burg
1,319'; der Ith 1,200'; die Lauensteiner Berge mit dem Kahnstein 1,280';
der Osterwald mit dem Nesselberg 1,200'. — d. Die steilen Parallelketten
zwischen der Leine und Innerste: die Vorberge 888'; der Sackwald 896' und
die Siebenberge 1,090'; der Hildesheimer Wald bis 1,000'; der Heim-
berg zwischen Nette und Innerste 800'; die Höhenzüge von der Ocker bis Hildes-
heim auf dem rechten Ufer der Innerste bis 800'. — e. Der ö stliche Süntel,
ein hufeisenförmig gekrümmter Bergrücken an der Quelle der Hamel und Kaspaue;
hoher Süntel 1,371'. Seine Fortsetzung zieht als eine fast ununterbrochene,
4 Meilen lange Kette gegen W. bis zur Weser, trägt die Paschenb urg 1,115' und
fällt mit dem Jakobsberg 528' zur westphälischen Pforte ab.— f. Der Deister
zieht von der Kaspaue bis zur Leine, von Nw. nach So., als eine 3 Meilen lange
Kette; Höbe!er 1,240'.— §. Südlich von ihm liegt der kleine Deister mit dem
Ahrensberg 1,196'. — h. Die Bückeberge ziehen 5 Stunden weit von der
Kaspaue gegen Sw. bis Bückeburg 1,000': Steinkohlenlager; gute Sandsteinbrüche.
2. Gestein. Bunter Sandstein; Muschelkalk; Keuper; Lias; Jurakalk;
Quadersandstein.
3. Flüsse: Wesersystem: Weser; Leine mit Ruhme und Innerste, welch
letztere die Nette aufnimmt.
v) 1. Der Teutoburger Wald hängt mit den Höhen von Brilon zu-
sammen. Er zieht vom Quellbezirk der Altenan bis nach Bevergern in Nord- und
Nordwestrichtung als eine wallartige Mauer, die aus 2 oder 3 Parallelketten besteht.
Schöne Laubwaldungen. Theile: a. die Egge und aus dem Walde in nörd-
licher Richtung bis zur Velmerstoot 1,441'. — b. Der eigentliche Teutoburger-
Wald oder der ltypische Wald bis zur Dörenschlucht: der Barnacken 1,396';
die Eggester- oder Extersteine, 5 große, senkrecht zu 100' und darüber auf-
steigende Sandsteinfelsen, V» Stunde von der Stadt Horn, von denen der nörd-
lichste zu einer geräumigen Einsiedelei, ein anderer zu einer viereckigen Kapelle mit
Altar und Thür ansgehanen ist; der Falkenberg 1,163'; das Winnfeld, eine
1,299' hohe ebene Waldfläche; die Grotenburg 1,195' mit dem Hermannsdenkmal
und dem großen und kleinen Hünenring, welcher die von den Cheruskern erbaute,
große Teutoburg sein soll. Schöne Buchenwälder; schauerliche Schluchten; tiefe
Thäler. — e. Die Tönskette bis zur Schlucht von Bielefeld; Tönsberg 1,049';
Hermannsberg 1,136'. — ä. Die Ravensberg er, Osnabrück er und T ek-
le n bürg er Berge 400 — 1,000'; meist unfruchtbar und nur mit Haidekraut