29. Kapitel. Einteilung der römischen Geschichte.
109
ehrung der Manen darthut, der als göttlich gedachten Seelen der Abgeschiedenen (am 21. Februar die Ferälia, am 22. die Caristia, die Totenfeier und der Allerseelentag). Als Priester sind zu nennen die fünf Pontifices, deren Obmann der Pontifex Mäximus ist, „die Verwalter des geistlichen Rechts“; die Flämin es („Zünder“) oder Opferanzünder, in Rom je einer für den Juppiter, Mars und Quirinus; die Salier („Springer“) oder Priester des Mars; die sechs Augüres, die Ausleger des Götterwillens auf Grund des Vogelflugs; die Harüspices, die denselben Willen aus den Eingeweiden der Opfertiere zu lesen verstehen.
Neunundzwanzigstes Kapitel.
Einteilung der römischen Geschichte.
I. Periode. Rom unter Königen. 753—510.
Ii. Periode. Rom als Republik. 510—31.
Erster Abschnitt. Zeit des Ständekampfes zwischen Pa-triciern und Plebejern. 510—366.
Zweiter Abschnitt. Unterwerfung Italiens. 366—266. Dritter Abschnitt. Eroberung der Mittelmeerländer. 266 bis 133.
Vierter Abschnitt. Die inneren Revolutionen und bürgerlichen Kriege. 133—31.
Iii. Periode. Rom unter Kaisern. 31 vor Chr. — 476 nach Chr. Erster Abschnitt. Das verfassungsmäfsige, einheitliche Kaisertum. 31—284.
Zweiter Abschnitt. Das absolute, geteilte Kaisertum. 284—476. ____
I. Periode.
Rom unter Könige n.
753—510.
Dreißigstes Kapitel.
Die Erzählung von den sieben Königen.
a. Die Sage von der Gründung der Stadt Rom, wie wir sie bei Llvius (I 1—8) und ändern alten Geschichtschreibern
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114
I. Periode.
erkennbaren willkürlichen und absichtlichen Erfindungen, durch welche gewisse Einrichtungen des öffentlichen Lebens als da und da zum erstenmal entstanden hingestellt werden sollten. So ist ja beispielsweise von selbst klar, dafs Numa nicht erst die Priesterämter geschaffen haben kann; denn sicherlich gab es auch vor ihm eine Religion, also auch vor ihm Priester. Ebenso ist die Erlaubnis für den vom König zum Tode Verurteilten, an das Volk zu appellieren oder zu ,,provocieren“, kaum erst unter dem dritten Könige erteilt worden, sondern existierte in der S. 117 angegebenen Art vielleicht von Anfang an. Aber das läfst sich doch nicht leugnen, dafs, je weiter man in der Königsgeschichte zeitlich herabsteigt, desto mehr geschichtliche Bestandteile in der Sage auftreten. Namentlich scheint nicht in Abrede gezogen werden zu können, dafs der Sage von den letzten drei Königen die Thatsache zu Grunde liegt, dafs ein aus Etrurien oder einer hellenischen Kolonie zuge-zogenes Geschlecht in Rom die königliche Würde gewann und das seitherige reine Wahlkönigtum in eine Art von „dynastischem“ oder erblichem Königtum verwandelte; dafs diese Herrscher den Gegensatz zwischen Alt- oder Vollbürgern (Patriciern) und Neu- oder Halbbürgern (Plebejern) zu mildern suchten und vielleicht deshalb von den Altbürgern, unter geschickter Benutzung eines alle aufregenden Anlasses, wie der Unthat gegen Lukretia, gestürzt worden sind. Diese „tarquinische Dynastie“ hat unleugbar hellenisierende Tendenzen verfolgt (man vgl. die Tempelbauten nach griechischem Muster; die Einführung der apollinischen Orakelbücher, der „sibyllinischen Bücher“ durch Tarquinius Ii.; die an die solonische Timokratie doch wesentlich erinnernde servianische Verfassung) und damit den Kulturstand Roms gehoben; auch die Unterwerfung Latiums, die Zurückdrängung der Etrusker und Sabiner kann deshalb nicht wohl als reine Erfindung angesehen werden, weil die Annalisten der republikanischen Zeit, denen wir vornehmlich unsere Kenntnis der Königsepoche verdanken, nicht geneigt waren, eine Periode der Nationalgeschichte auszuschmücken, der sie in ihrer republikanischen Gesinnung doch kühl gegenüberstanden. Den urkundlichen Beweis für die Macht des römischen Staates am Ende der Monarchie findet man in dem ersten römisch-karthagischen Vertrag, der ins Jahr 509 gesetzt wird und der Rom als Herrin Latiums erscheinen läfst; doch ist die Zeit des Vertrages starken Zweifeln unterworfen.
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146
Ii. Periode.
und jetzt schon hatten die Römer auf staatlichem Gebiete mehr geleistet, als den Griechen je aus eigener Kraft beschieden war. Aber der Erfolg erklärt sich aus der sittlichen Tüchtigkeit, aus der unbeugsamen Energie, aus der kaltblütigen Festigkeit und ruhigen Besonnenheit des römischen Volkes, das, je mehr im Lauf des 4. Jahrhunderts vor Chr. der Ausgleich der Stände sich äufserlich und innerlich vollendete, desto mehr seine volle Kraft auf das große Ziel vereinigte. Vor allem gebührt dem Senat sein Teil an dem Ruhme, da er die Interessen der Plebejer durch die ununterbrochene Kolonisation umsichtig befriedigte und so, vom Vertrauen des Gesamtvolkes getragen, eine konsequente und imponierende Politik verfolgen konnte; es ist bekannt, dafs er Pyr rhos’ Abgesandten Kineas 280 wie eine „Versammlung von Königen“ erschien. Das römische Volk war zu jener Zeit nicht arm; das sich fortwährend erweiternde Gebiet genügte der anwachsenden Bevölkerung, deren Masse aus dem kernhaften Kleinbauernstande gebildet ward; die Schindeldächer in der Stadt wichen allmählich den Ziegeldächern, und die Ereignisse des Jahres 312 (S. 136) sowie der Umstand, dafs 269 im Anschlufs an die griechischen Drachmen zum erstenmal Silbergeld (Denäre zu etwa 80 Pf., jeder zu 4 Sesterzen ä etwa 20 Pf.) statt des seither üblichen Kupfergeldes geprägt wurde, beweisen das Aufkommen auch der nicht vom Ackerbau, sondern von Handel und Gewerbe lebenden Klassen. Auch die Kunst bürgerte sich in Rom ein, die Baukunst schon am Schlüsse der Königszeit (S. 114), jetzt auch die Malerei und Skulptur (die fikorönische Cista; der Steinsarkophag des Lucius Cornelius Scipio Barbätus in dorischem Stil; die eherne Wölfin des Römulus und Remus). Die Literatur dagegen befindet sich noch in ihren Anfängen und beschränkt sich auf trockene historische Aufzeichnungen durch die Pontifices, welche jährlich einen Uber annülis (ein Jahrbuch) über alle denkwürdigen Vorfälle anzulegen und auf weifser Tafel zu veröffentlichen hatten; auf Magistratsverzeichnisse und dgl. Von den Liedern zum Lob Verstorbener, welche bis auf das Jahr 300 etwa bei Gastmählern gesungen wurden, scheinen keine Aufzeichnungen gemacht worden zu sein. Die Sitten waren noch einfach und schlicht; Fabricius stiefs als Censor 275 den Ruflnus aus dem Senat, weil er für zehn Pfund (etwa = 720 Mark) Silbergeschirr im Hause hatte und damit die bürgerliche Einfachheit nicht beobachtet schien.
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190
Zweite Periode.
selbst den Tod, und als der Sieger nach Rom heinikehrte, um nun die Verfassung endgiltig zu ordnen, brachte er dem Volk als Morgengabe die Provinz Aegypten, womit der Ring des römischen Machtsystems um das Mittelmeer im wesentlichen geschlossen war. Dem Mann, der mehr und mehr in die Fufsstapfen seines Adoptivvaters getreten war, der seine Gewalt zum Nutzen des Ganzen gebrauchte und die Feinde Roms geschlagen hatte, konnte man eine beherrschende Stellung in der neuen Staatsordnung nicht verweigern: der Freistaat, wie er seit 510 verstanden worden, hatte ein Ende.
c. Kultur und Litteratur 133—31. a. Die allgemeinen Lebensverhältnisse in Rom, wie sie sich in diesem Zeitalter der Revolution entwickelten, sind im Vorhergehenden schon genügsam angedeutet worden. Mehr und mehr hatte die annähernd gleicli-mäfsige Verteilung des Vermögens, auf welcher die Gesundheit eines Staats am Ende doch beruht, einem Zustande Platz gemacht, in welchem das Wort kaum übertrieben war: Hier Bettler, dort Millionäre. Während die Masse des Volks verarmte, häuften die Aristokraten der Geburt und des Geldes ungeheure Reichtümer an, welche sie durch Aussaugung der unterthänigen Landschaften und Bestechlichkeit gewannen und dann in unsinnigem Luxus wieder verprafsten. Darüber verloren sie selber das Mark aus den Knochen, die Spannkraft aus der Seele; man wufste nicht, was gröfser war: ihre Hoffart, ihre Untüchtigkeit, ihre Laster; mit Naturnotwendigkeit trieb alles auf den Sturz eines Regimentes hin, das niemand nützte, am Ende nicht einmal den Inhabern selbst; und die Erfordernisse des Reiches und seiner Erhaltung, das Elend und die Begehrlichkeit der Massen, die Nichtsnutzigkeit der Regierenden ebneten gleichmäfsig der Monarchie den Weg.
ß. Wenn die leitenden Stände schon früher begonnen hatten, sich mit hellenischem Wesen zu durchdringen, so wurde dies in dieser Periode dermafsen zur Regel, dafs man von einer griechisch-römischen Kultur reden kann: die politische Organisation war überall ein Werk der Römer, die geistige Bildung aber erwuchs aus hellenischem Boden, und die vornehmen jungen Römer besuchten fast ohne Ausnahme griechische Schulen, wie Apollonia in Illyrien, Athen und Rhodos, um dort die Redekunst und Philosophie zu studieren. In keinem Mann spiegelt sich diese Vereinigung des hellenischen und römischen Wesens so
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Extrahierte Personennamen: Apollonia
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Illyrien Athen Rhodos
200
Iii. Periode.
Quaden und Markomannen (167—175 und wieder 178—180) schwere Kriege zu führen (Sage von der „Blitzlegion“, legio fulminated, wufste aber doch die Grenzen gegen den Barbaren -ans tu rm zu schirmen} dessen Gefährlichkeit die Zeitgenossen an die punischen Kriege erinnerte. Persönlich war Marcus Aurelius der stoischen Philosophie in Ansichten und Leben so ergeben, dafs man ihn den „Philosophen“ nannte. Die ganze Zeit der „guten Kaiser“ ist auch eine Zeit der literarischen Blüte; damals schrieb der ernste, patriotische Gäius Cornelius Täcitus (etwa 54 117), ein Mann, der mit psychologischem Tiefblick Herzen
und Nieren prüft, seine Annalen (14—68 behandelnd), seine Historien (im Inhalt die Annalen fortsetzend, aber zeitlich früher entstanden), seinen Dialog von den Rednern, seine Germania, eine lebensvolle, idealisierende Schilderung der Germanen, deren I lisclie und Unverdorbenheit es ihm angethan haben, seinen Agricola. Gaius Suetönius Tranqulllus verfafste 12 Kaiser-biographieen von Cäsar bis Domitian; Briefe und Reden haben wir von dem jüngeren Plinius, dem Neffen des Naturforschers Plinius und dem Schüler des feinsinnigen Rhetors Quinc-t i 1 i ä n u s. \ on F1 ö r u s rührt ein Auszug der römischen Geschichte in schwülstigem Stil her; Frontinus behandelte die Kriegskunst. Appuleius, aus Madaura in Afrika, schrieb den Roman „Metamorphosen oder vom goldenen Esel“, in welchem die Erzählung von Amor und Psyche enthalten ist; das Aa erk ist lehrreich für die afrikanische Spielart des lateinischen Stils, als dessen gröfster Meister übrigens damals der alter-ttimelnde Rhetor F r ö n t o, der Lehrer Marc Aurels, galt. Sein Schüler ist A ul us Gellius, der in der Schrift „attische Nächte“ allerlei litterarische, grammatische, historische und antiquarische Fragen erörtert. Als Dichter ragen hervor der Satiriker Juvenälis (gest. etwa 130), der grausige Bilder des Sittenzerfalls entwirft, und der feile Epigrammatiker Martiälis aus Spanien (gest. etwa 100). Auch die griechische Litteratur der Zeit hat bedeutende Namen aufzuweisen: Plutärchos aus Chäroneia (50 vergleichende Biographieen berühmter Griechen und Römer; moralische Schriften); Arriänos aus Nikomedia (Feldzüge Alexanders des Gr.); Appiänos aus Alexandreia (römische Geschichte);
P t o 1 emäos (Geographie und Astronomie); Pausänias (Be- • Schreibung Griechenlands); der geistreiche Spötter Lukiänos. Die ganze Zeit zeigt einen humanen Charakter; unter Traian
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166
Ii. Periode.
deren und höheren Schichten sittlich und religiös verheerend, wogegen sich gerade die kernhaftesten Charaktere von den Lehren der Stoa angezogen fühlten. Die Litteratur dagegen hat dem Einfluls der Griechen geradezu ihre Entstehung zu verdanken und entwickelte sich fast nur in fortwährendem Anschlufs an griechische Vorbilder.
a. Poesie. Der älteste Dichter in lateinischer Sprache ist der Tarentiner Andronikos, der als Sklave eines Livius nach Koni kam, von seinem Herrn frei gelassen und daher Livius Andronikos genannt wurde (gest. 207); er verfafste in dem altertümlichen „saturnischen“ Verse eine Übersetzung der Odyssee. In demselben Mafse schrieb Nävius (gest. 194) ein Epos über den ersten punischen Krieg. Der Halbgrieche Ennius aus Rüdiä in Kalabrien (gest. 169) dagegen bürgerte durch seine, 16 Gesänge umfassenden Annales (= Jahrbücher), eine römische Geschichte in epischer Form, den griechischen Hexameter, das Versmals Homers, in Rom ein. Von den Griechen ist auch das römische Lustspiel entlehnt, dessen Vertreter, der geniale, volkstümliche Titus Mäccius Plautus aus Särsina in Umbrien (gest. 184), und der feine Publius Terentius aus Afrika (gest. 159), ihre Stoffe den Dichtern der „neuen Komödie“ entnahmen; ebenso verfuhr der Trauerspieldichter Pacüvius. Auf der Grenzscheide der Zeiten steht der wackere Ritter Gaius Lucilius aus der latinischen Kolonie Suessa (148—103), der in seinen „Plaudereien“ (säturae) alle Schäden der Zeit mit Freimut geifselte.
ß. 1) i e P r o s a ist durch die Historiker Q. F äbi u s P i c t o r und Cato vertreten, von denen der erste noch der griechischen Sprache für seine römische Geschichte sich bediente, während Cato seine höchst wertvollen „Ursprünge“ (orlgines), eine Geschichte Italiens vom Anfang bis auf seine eigene Zeit, lateinisch abfafste. Halb der römischen Litteratur gehört auch Polybios aus Megalopolis an (204—122), ein Hellene, der in Rom durch seltsame Fügung des Geschicks heimisch geworden war und in 40 Büchern das Zeitalter der drei punischen Kriege in der Absicht schrieb, der hellenistischen Welt darzuthun, dafs Rom seine wunderbaren Siege seiner Tüchtigkeit verdanke und seine Herrschaft „das schönste und nützlichste Werk des Schicksals“ sei.
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4. Kapitel. Einteilung der griechischen Geschichte.
15
der kälteren Zone wechseln mit der üppigen Fülle südlicher Gegenden. Auf den höheren Bergen, die einen guten Teil des Jahres mit Schnee bedeckt sind, wachsen Tannen und Eichen, während Reben, Feigen und Ölbäume in den niederen Regionen aufs beste gedeihen“; in Messenien und auf den Kykladen kommt selbst der Palmbaum in ganzen Gruppen fort, und „aus breitem Blätterfufse treibt die Äloe ihren hohen Schaft empor; gleich den Zaubergärten des Alkinoos erfüllen Orangen- und Citronen-wälder die Luft mit ihrem Dufte.“
• Viertes Kapitel.
Einteilung der griechischen Geschichte.
I. Periode. Die alte Zeit.
a. Pelasgische Periode. h. Das heroische Zeitalter.
Ii. Periode. Die Zeit der Wanderungen und der älteren
Kolonisation. 1124—900.
Iii. Periode. Bildung der beiden führenden Staaten Sparta
und Athen; Verfassungskämpfe; jüngere Kolonisation. 900—500.
Iv. Periode. Abwehr der Perser und Periode nationaler Hege-
monieen. 500—338.
V. Periode. Gänzlicher Untergang der nationalen Unab-
hängigkeit; Vorherrschaft Makedoniens; Ausbreitung des Hellenismus über Asien. 330—197.
Vi. Periode. Griechenland unter römischem Einflufs und
römischer Herrschaft. 197 v. Chr. — 395 n. Chr.
I. Periode.
Die alte Zeit.
Fünftes Kapitel.
Pelasgische Periode.
a. Was die älteste Bevölkerung von Griechenland angeht, so unterscheidet Herodöt I 56—58 zwei Stämme (yevr]), den pelasgisehen und den hellenischen. Die Peläsger, von
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Extrahierte Ortsnamen: Sparta Athen Makedoniens Asien Griechenland
Einleitung.
(Die betonten Silben haben den Langstrich; z. B. Brahmänen.)
Erstes Kapitel.
Prähistorische Zeit. Rassen. Religionen.
a. Das Gebiet der Geschichte beginnt da, wo die ersten schriftlichen Berichte vorliegen, deren Prüfung und Verwertung dem Geschichtschreiber zukommt. Was weiter zurückliegt, die Entstehung der Welt, im besonderen des Planeten, den wir bewohnen, und die ersten Anfänge des Menschen, gehört entweder der Religion oder der sogenannten prähistorischen (vorgeschichtlichen) Wissenschaft an. Letztere, deren Material eine große Anzahl von Funden aus der Urzeit ausmacht, lehrt uns, dafs der älteste Mensch in einem wenig erfreulichen Zustande lebte, dafs er in unterirdischen Höhlen wohnte, in welchen wohl die Temperatur das ganze Jahr hindurch nur um wenige Grade schwankte, aus denen er aber oft erst den bis zehn Fufs hohen Höhlenbären (ursus spelaeus) vertreiben mufste; dafs er sich in Felle kleidete, von Fleisch und Knochenmark erlegter Tiere lebte und ihre Kinnbacken zu Haubeilen verwendete; dafs nur sehr langsam der Mensch lernte, sich Werkzeuge aus Stein, dann aus Bronze und endlich aus Eisen zu fertigen und dafs man daher seine Entwickelung in die drei Hauptperioden der Stein-, Bronze- und Eisenzeit zerlegt. Die Tiere zu zähmen und \ iehzucht zu treiben, der Erde durch Bearbeitung Früchte abzugewinnen, lernte der Mensch schon in der zweiten Hälfte der Steinzeit, wo er es verstand die rohen Steine zu glätten, Thongefälse zu formen und sie durch Brennen zu härten; auch weisen die dieser Zeit angehörigen Pfahlbauten — Hütten, die in Seen hinein gebaut sind, auf Pfählen ruhen und mit dem Lande durch Brücken verbunden sind — auf einen höheren Grad
Egelhaaf, Grundzüge der Geschichte. I. 1
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68
Iv. Periode.
auf die Bühne gebracht und rücksichtslos, oft mit giftigem Spotte, dem Gelächter der Zuhörer überliefert. Vgl. auch S. 78.
ß. Prosa. Die ältesten griechischen Prosaiker sind unter den ionischen Naturphilosophen zu suchen (S. 52), welche ihre Gedanken über den Ursprung der Welt in der schlichten, für den Verstand fafslichsten Art der Rede darzulegen sich bebemühten (so Anaximenes, Pherekydes; beide 560). Bald aber bedienten sich auch die ältesten Historiker der Prosa: es sind dies die sogenannten Logogräphen oder „Sagenaufzeichner“, welche die seither mündlich fortgepflanzten Sagen schriftlich fixierten. Unter ihnen ragt hervor Hekatäos von Milet, 500, welcher eine „Erdbeschreibung“ und „Genealogieen“ (Stammbäume) schrieb. Der erste eigentliche Historiker aber ist Herö-dotos (ein kleinasiatischer Dorier aus Halikarnässos, 480—428), weil er Wahrheitsliebe, fleifsige Forschung und eine gewisse Kritik mit einer wundervollen Kunst treuherziger Erzählung vereinigt; sein in neun Bücher geteiltes, in ionischer Mundart geschriebenes Werk, in dem er die Geschichte der Zusammenstöfse der Hellenen und Barbaren bis auf die Perserkriege als den Höhepunkt dieser Konflikte erzählt, hat ihm mit Recht den Namen des „Vaters der Geschichte“ erworben.
f. Überblickt man das Ganze dieses Zeitraumes, so empfängt man den überwältigenden Eindruck, dafs überall ein reiches geistiges Leben auf der Grundlage eines gesicherten materiellen Gedeihens sich entfaltete. Im Mittelpunkt dieses reichen Lebens und Strebens steht Athen; in seinem Mittelpunkte der ernste königliche Mann, welcher ohne die Krone zu tragen, mit den gewöhnlichen Ämtern der Republik sich begnügend, doch nach allen Seiten anregt und die Pfade bahnt wie nur je ein Fürst. Aber diese Blüte des athenischen Wesens ist nicht ohne gefährliche Gegner. In allen „bundesgenössischen“ Staaten waren die Edelleute von vorn herein geschworene Feinde des demokratischen Führerstaates und blickten mit bösen Gedanken hinüber zum festen Hort der Aristokratieen, zu Sparta; auch die Volksmasse empfand die Tributpflichtigkeit und den teilweise erfolgten Verlust eigener Gerichtsbarkeit mit Unwillen, so nützlich es für die von Parteien zerwühlten Städte selbst oft sein mochte, dafs namentlich alle Kriminalprozesse nicht mehr zu Hause, sondern von den unparteiischeren Heliästen zu Athen abgeurteilt wurden. Vor allem aber lauerten Sparta und bald auch das als Handelsstadt
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100
V. Periode.
Tode. Aber sein Nachfahre Kleömenes Iii. setzte 225 seinen Plan mit Gewalt durch, erhöhte die Zahl der Vollbürger auf 4000 und gab dem Königtum nach Beseitigung des Ephorenamtes eine mächtigere Stellung, die er dann zum Krieg gegen die Achäer benutzte. Aratos rief in der Not die Hilfe der Macht an, deren Zurückdrängung sein Leben seither gegolten hatte: Makedoniens. Antigonos Doson besiegte den Kleömenes 222 bei Ö e 11 ä s i a und zwang ihn, den letzten König aus dem alten Heraklidenstamm, zur Flucht nach Ägypten, wo er ein gewaltsames Ende fand; und die Griechen, deren wichtigste Festungen, De-metrias in Thessalien, Chalkis auf Euböa, Korinth im Peloponnes, als „Handschellen von Hellas“ makedonische Besatzungen erhielten, waren allerdings weder spartanisch noch achäisch, aber wieder makedonisch geworden, wieder durch innere Zwietracht wie 338. Die noch widerspenstigen Atoler bekriegte der neue König Philippos V. (220—179) im Verein mit den Achäern in dem mörderischen, von Raubscenen erfüllten „Bundesgenossenkrieg“ 220—217, der ohne anderes Ergebnis als greuliche Verwüstung blieb und durch den Frieden von Naupäktos beigelegt wurde, weil Philippos’ Aufmerksamkeit durch den zweiten punischen Krieg in Anspruch genommen wurde. Der Friede von Naupaktos ist „der letzte, den die Hellenen selbständig unter einander geschlossen haben“; von da ab ist die griechische Geschichte untrennbar mit der römischen verflochten.
Sechsundzwanzigstes Kapitel.
Kultur und Litteratur im alexandrinischen oder hellenistischen Zeitalter.
a. So grofsartig auch die Kriegsthaten Alexanders und seiner Feldherren sind — unvergleichlich gröfser ist doch das Schauspiel, welches die durch sie veranlafste Kulturbewegung darbietet. Zu Tausenden und Abertausenden ergofs sich die griechisch-makedonische Bevölkerung in die kolossalen, der abendländischen Kultur erst jetzt erschlossenen Gebiete Asiens; als Soldaten, Handaverker, Ingenieure, Gelehrte erfüllten die strebsamsten und unternehmungslustigsten Elemente dieser Bevölkerung den Orient; überall schritt die Hellenisierung der Barbaren,
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