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1. Handbuch für den deutschen Unterricht in den oberen Klassen der Gymnasien - S. 546

1872 - Köln : DuMont-Schauberg
Zweiter Alischnitt. Erzählung und Charakteristik. (Erzählung. Parabel. Allegorie. Charaktere. Parallele.) 22. Die Bekehrung des h. Augustinus. Linste als Augustinus undalypius, welche zusammen wohnten, bei einander waren, wur- den sie besucht von Ponlitianus, der eines Geschäftes wegen zu ihnen kam. Er war ihr Landsmann, weil aus Afriea, und stand am Hoflager in großem Ansehen. Bald nachdem sie sich zur Unterredung gesetzt hatten, griff Pontitianus nach einem Büchlein, das vor ihnen auf einem Spieltische lag. Er vermuthete, daß es eine manichäische Schrift sein möchte, und ward desto angenehmer überrascht, zu finden, daß es die Briefe des Apostels Paulus wären. Denn er war ein rechtgläubiger Christ und ein gottseliger Beter. Er lächelte froh, wünschte dem Augustinus von Herzen Glück und bezeugte ihm seine Verwunderung, daß er dieses und nur dieses Buch bei ihm fände. Augustinus sagte ihm darauf, daß er mit den Schriften des heiligen Paulus sich anitzt vorzüglich beschäftigte. Von Gespräch zu Gespräch kam Pon- titianus aus den heiligen Abt Antonius in Aegypten, der vor dreißig Jahren gestorben, von dessen Ruhm die Kirche voll war, dessen Leben der große Athanasius geschrieben, von dem gleichwohl Augustinus und Alypius nichts wußten. Hierdurch ward er veranlaßt, von einer Ordens-Gesellschaft zu reden, die unter der Leitung des heiligen Ambrosius ein gottseliges Leben führte. Ihr Kloster stand nahe bei der Stadt und war dennoch dem Augustinus und seinen Freunden unbekannt geblieben. Darauf erzählte Pontitianus, dem sie mit schwei- gender Aufmerksamkeit zuhörten, wie er einst in Trier mit drei Freunden einen Lustwandel zwischen Gärten vor der Stadt gemacht habe; wie zwei derselben in ein Häuschen gerathen, dessen Bewohner sich dem vollkommnen Dienste Gottes widmeten, wo sie das Leben des heiligen Antonius gefunden. Einer von ihnen, ein Sachwalter, sei so davon ergriffen worden, daß er sich zur Nachahmung des Heiligen entschlossen, und habe seinen Freund zu gleichem Entschluß entzündet. Pontitianus verließ nun beide Freunde und ließ den Augustinus tief getroffen von diesen Erzählungen. Beschämt und zürnend gegen sich selbst, machte er sich herbe Vorwürfe über seine immer wieder aufgeschobenen Vorsätze einer wahren Buße. Aus einmal brach er los gegen Alypius: „Wie steht's mit uns?" Was ist das? Was hast du gehört? Ungelehrte stehen auf und reißen das Himmelreich an sich, und wir, mit unserer herzlosen Gelehrsamkeit, siehe, wie wir uns wälzen in Fleisch und Blut! Schämen wir uns etwa, ihnen zu folgen, weil sie vorangingen? und schämen uns nicht, daß wir nicht ihnen nachfolgen?" Plötzlich riß er sich los von seinem Freunde und ging in das Gärtchen des Hauses. Der Zustand, in welchen: er war, die Glut seiner Augen und seines Angesichts, die Stimme, mit welcher er gesprochen, waren dem Alypius noch mehr, als die Worte, so er gesprochen aufgefallen. Hören wir den Augustinus selbst:
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