Xvm. §. 3. Zerstörung der arianischen Reiche durch die Oströmer. 297
treues Abbild seines Volkes und des orientalischen Wesens überhaupt.
Ohne alle hervorragenden Eigenschaften, ohne sittlichen Halt und ohne
tiefere geistige Begabung, ohne Tapferkeit und ohne Weisheit, verstand
es dieser Mensch, seiner Regierung einen so glänzenden Anstrich zu
geben, sie mit einem solchen Schimmer zu umkleiden, daß er weithin
sich Ruhm und Bewunderung bei seinen Zeitgenossen und bei den spä-
teren Geschlechtern erwarb. Ihm zur Seite finden wir eine Frau, die
aus tiefstem Lasterleben durch Schauspielerkunst sich aus den Thron ge-
schwungen; an seinem Hofe, in seiner Hauptstadt, ja durch alle Pro-
vinzen seines Reichs schlagfertige Parteien einander gegenüber, die irgend
eine theologische Lehre zum Aushängeschild und zum Deckmantel ihrer
ehrsüchtigen Absichten und politischen Bestrebungen machten, und un-
beirrt durch die Gegenwart des Kaisers mit blanken Waffen über ein-
ander herfielen und jeden Augenblick den Thron selbst mit neuen Um-
wälzungen bedrohten. Er selbst, der Kaiser, tief verflochten in das ehr-
süchtige Parteitreiben, gefügiger Knecht seines herrischen Weibes, gleich
wie sie allem Sinnengenuß ergeben, aber unter der Maske der frömm-
sten Enthaltsamkeit — wie hätte er aus eigner Kraft oder aus Gottes
Kraft je etwas Großes vollbringen können? Und dennoch ließ es der
Herr dem eitlen Manne zu, durch verschwenderische Bauten und kost-
spielige Anlagen im Innern seines Reichs, durch Einführung des Sei-
denbaus in Europa, durch Zusammenstellung des gesammten römischen
Rechts, durch glückliche Eroberungen sich einen Namen zu machen, der
weit über sein Verdienst hinausging. Es schien, als wollte der Herr
auch dies oströmische Reich erst auf die höchste Staffel des Glan-
zes und der Ehren heben, ehe er es stürzte. Denn es mußte erst vor
aller Welt Augen dargethan werden, daß Glanz und Glück auch nicht
den mindesten sittlich erhebenden, emporrichtenden Einfluß auf das Volk
wie auf den Kaiser hätte. Das aber war noch eine besondere Aufgabe,
welche Gott diesem byzantinischen Reiche gestellt hatte, die Demüthi-
gung und Bewältigung der beiden Germanenstaaten, welche zuerst
zum Untergang reif geworden waren, und zwar zum völligen Un-
tergang, während die übrigen doch noch in irgend einer Weise, wenn
auch unter veränderter Gestalt ihr Fortbestehen erhielten. Das waren
die beiden bis aus den letzten Augenblick arianischen Staaten der
Vandalen und der Ostgothen. Daß der Arianismus als bloßes Men-
schenfündlein weder eine geistlich erhebende noch eine sittlich umgestal-
tende Kraft bewahrt, sahen wir schon früher. Jetzt aber müssen wir
auch darin den Finger Gottes erkennen, daß die arianischen Staa-
ten allesammt durch rechtgläubige Christenheere überwältigt sind
und daß das widerchristliche Heer der Mohamedaner nur an den
gottlosen Bekennern der rechten Lehre das Strafgericht vollziehen
durfte.
§.3. Zerstörung der arianischen Reiche durch die Ostrom er.
Der Mann, welchen Gott der Herr mitten in dem kraftlosen
Scheinleben des byzantinischen Hofes erweckt und an des Ju.sti-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
576 Xxv. §. 4. Pietismus und Rationalismus in Deutschland.
edelsten Kleinodien unseres christlichen Glaubens mit ungeweihten Hän-
den herumzutasten, und hörte damit auf, daß man die Perlen aus den
Händen warf und sich an den elendesten Kieseln ergötzte.
Indem so das protestantische Deutschland den verderblichen, abwärts
führenden Weg einschlug, schien es, als wollte der neu aufstrebende Hort des
Protestantismus, der preußische Staat, alsbald mit kräftiger Hand
eingreifen und die irrende Menge zurücklenken. Nach dem Tode
Friedrich's I. (1713) hatte König Friedrich Wilhelm I. den
preußischen Thron bestiegen, und einen entschiedenern Widersacher alles
französischen, freigeisterischen oder sectirerischen Wesens wird man nicht
leicht finden. Nichts als soldatische Einfachheit, hausväterliche Strenge,
deutsche Aufrichtigkeit und Geradheit finden wir an seinem Hofe. Aller
unnöthige Prunk, alle französischen Hofämter und Manieren, alles Ce-
rimonielle, alle Kunst, alle Gelehrsamkeit war völlig verbannt, nur der
Hofnarr war ein Gelehrter und durfte auch französische Kleidung tra-
gen. War nun auch die grundsätzliche Verachtung und Fernhaltung
aller feinem Bildung keineswegs zu loben, so muß man sich doch auf
der andern Seite der damit verbundenen Sittenstrenge und Ehrbarkeit
freuen, die nicht nur am königlichen Hofe, sondern überall in Stadt
und Land herrschen mußte, so weit nur der Arm und das Auge des
Königs reichte. Von der französischen Leichtfertigkeit in Kleidung,
Rede, Scherz und Umgang, besonders mit dem weiblichen Geschlecht,
durfte in des Königs Umgebung keine Spur sich blicken lassen. Von
irreligiösen Lehren und Grundsätzen durfte ihm auch nicht eine Andeu-
tung nahen. Jenen Professor Wolfs in Halle, von dem man ihm gesagt
hatte, daß er gefährliche Behauptungen vortrage, jagte er über Hals
und Kops aus seinem Lande bei Strafe des Stranges. Kirchlichkeit
und Rechtgläubigkeit waren unerläßliche Forderungen, wo Jemand in sei-
nem Dienst angestellt werden oder seines Schutzes sich erfreuen sollte. In
den strengsten kirchlichen Formen ließ er seinen Sohn (Friedrich Ii.)
erziehen. Nach allen Seiten hin wachte er mit gewissenhafter Treue
über dem Recht und Wohl der protestantischen Gemeinden und ließ
nicht zu, daß ihnen irgendwo zu nahe getreten wurde. Wo sie ver-
trieben wurden, wie 1733 die Protestanten aus Salzburg, nahm er
sie mit väterlicher Freundlichkeit in seinem Lande auf. Jndeß auch die
wohlgemeinten Maßregeln Friedrich Wilhelm's I. konnten doch
die evangelische Kirche nicht vor dem hereinbrechenden Unglauben
schützen. Schon darum nicht, weil das eigne Beispiel des gottseli-
gen Wandels in der Nachfolge Christi bei dem preußischen König
fehlte. Eine Sinnesänderung war nicht in ihm vorgegangen, den Trost
des heiligen Geistes hatte er nicht geschmeckt. Es war der derbe,
natürliche Mensch mit allen seinen Tugenden und Gebrechen in
einein streng kirchlichen Gewände, aber aller höhern Verklärung bar
und ledig. Darum konnte auch sein Eingreifen in die kirchlicheil An-
gelegenheiten meist nichts Anderes sein als eiil rohes Zufahren in der-
selben despotischeil Willkürlichkeit, die seiner ganzen Regierungsweise
eigen war. Man fürchtete sich wohl, man beugte sich, man ließ es
sich gefallen, aber innerlich wurde der Gegensatz, die geheime Wider-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Wilhelm_I. Wolfs Friedrich_Ii Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Salzburg Christi