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1. Bergische Sagen - S. 27

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 27 - sagte der Schwarze und berührte den Kleinen mit seinem Stabe. Da fühlte unser Männlein einen so heftigen Schmerz in allen Gliedern, als wenn sie ihm auseinander gerenkt werden sollten. Vor Schrecken wäre er beinahe auf die Erde gefallen. In großer Angst lief er davon, so schnell ihn seine Beine nur trugen, und kam wieder nach Remscheid in sein Haus. Aber was war denn das? Als er durch die Haustüre gehen wollte, stieß er mit dem Kopf gegen den oberen Balken. An seiner Stubentür ging es ihm nicht besser, und als er in sein Schlafkämmerlein eintrat, wupp? da hatte er wieder eine arge Beule weg. Ganz dumm und wirbelig war es ihm im Kopse von allen Stößen, als er sich ins Bett legte. Da wollte er sich so recht behaglich ausruhen von allen Mühseligkeiten, aber er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Oben stieß er mit dem Kopf gegen das Bett, und streckte er die Beine aus, so stieß er gegen das untere Bettende. Er mochte sich drehen und wenden, wie er wollte, überall bekam er blaue Flecke. Zuletzt lag er im Bett zusammengeklappt wie ein Taschenmesser und verbrachte die Nacht in unruhigen Träumen. Der nächste Tag war ein Sonntag. Da sing sein Elend von neuem an. Überall stieß er sich Beulen. Er wollte wieder ein- mal zur Küche und suchte seinen Sonntagsanzug hervor. Aber o Schreck! Der war ihm viel zu eng und zu klein, und ganz traurig und mutlos hängte er die Sachen wieder in den Schrank, nicht ohne sich noch ein paarmal zu stoßen. Zuletzt besann er sich auf den Anzug, den er gestern abend getragen hatte, und rasch zog er ihn wieder an. Glücklicherweise paßten d i e Kleider, denn die waren ja mit ihm gewachsen. Ganz behutsam und vor- sichtig ging er durch die verschiedenen Türen und gelangte endlich auf die Straße. In der freien Luft konnte er sich nun fo recht nach Herzenslust dehnen und recken; denn da waren keine Decken und Balken, an denen man sich stieß. Aber sein Vergnügen währte nicht lange. „Ein Riese! Ein Riese!" tönte es von allen Seiten. Und als er sich nach dem Riesen umgucken wollte, da merkte er, daß die Leute mit den Fingern auf ihn zeigten. So schnell ihn seine Füße trugen, ging er in die Kirche. Da konnte er wohl schön aufrecht stehen, aber er merkte bald, daß alle Leute ihn anstaunten. Sobald es nur anging, schob er sich deshalb aus der Türe und eilte nach Hause. Dort vergaß er aber seine Größe meistens, wenn er aus einer Stube in die andere ging.

2. Bergische Sagen - S. 36

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 36 - Wie sie den starken Gesellen beiseite schaffen könnten. Sie riefen ihn am Morgen herbei und sagten: „Hermel, du machst uns noch zu armen Leuten, wenn du länger bei uns bleibst. Drum gehe in die Hölle zum Teufel und sage ihm, er solle dir einen großen Sack voll Gold geben, so schwer du ihn nur tragen kannst. Wenn du uns den bringst, so sollst du immer gute Tage bei uns haben." Der gute Hermel war's zufrieden und bat die Herren nur noch, ihm den Weg zur Hölle zu zeigen. Sie gaben ihm einen Burschen mit, der ihn bis zum Heidenkeller bei Vollberg führte. Als der wieder heimkam, erzählte er den Heiden, daß der starke Hermel hinabgestiegen sei in die Teufelshöhle. Da jubelten die Heiden und riefen: „So, den sind wir nun glücklich los. Der Teufel wird dem Schlingel schon den Garaus machen." Der starke Hermel aber hatte inzwischen schwere Arbeit. Als er in den Heidenkeller hinabgestiegen war, befand er sich in einem langen, düstern Gang. Er mochte wohl eine Stunde gegangen sein, da kam er an eine geschlossene Tür, die ihm den Weg versperrte. Er schüttelte und rüttelte daran, aber umsonst. Dann trat er mit Macht gegen die Tür, und sie sprang mit gewaltigem Krachen aus. Der starke Hermel sah unten einen weiten Raum, der von vielen Feuern erleuchtet wurde. In dem flackernden Schein bewegten sich wunderliche Gestalten. Große Fledermäuse flatterten dem Wanderer um den Kopf. Der aber ließ sich nicht bange machen, sondern schlug mit dem mitgebrachten Sacke nach den Fledermäusen und ging keck und zuversichtlich die Treppe hinunter. Da hüpfte ihm der Teufel entgegen, dem er gestern das Bein abgerieben hatte. Der war wütend herbei- geeilt, um zu sehen, wer solchen Lärm an der Türe mache. Als er aber den starken Hermel erblickte, da hielt er sich ängstlich das Bein fest, das er noch hatte, und hopste heulend davon, so schnell er nur konnte. Nun wurde Hermel zu dem Obersten der Teufel geführt. Der sah gar grimmig aus und saß aus einem feurigen Thron. Er fragte den Jüngling nach seinem Begehr und faßte gleich nach seinem Halse. Hermel schlug ihn tüchtig auf die Finger und erzählte ganz treuherzig, weshalb er hergekommen. Der Teufel lächelte und sagte: „Du bist ein wackerer Bursche. Wenn du mir die drei Kunststücke nachmachen kannst, die ich dir vor- mache, so sollst du den Sack voll Geld haben. Kannst du's aber nicht, so bist du mein eigen." „Nur heraus damit, Herr Teufel?" sagte Hermel keck.

3. Bergische Sagen - S. 37

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 37 - Der Höllenfürst holte ein gewaltiges Jagdhorn herbei, das war unten so weit wie ein großes Faß. „So, nun wollen wir sehen," sagte er, „wer am besten blasen kann." Er setzte das Horn an und tutete so mächtig, daß der ganze Berg erbebte und sechs Feuer, die am nächsten waren, erloschen. Als der starke Hermel das Horn zum Blasen ansetzte, gab es keinen Ton, sondern einen Knall, und das Horn zerplatzte wie eine Seisen- blase. Die Metallstücke flogen dem Teufel an den Kopf, daß die Hörner wackelten und ihm die Nase blutete. Wohl hundert Flämmchen erloschen, und die beiden Bläser standen im Dunkeln. Der Teufel wunderte sich, holte einen schweren Stein, so groß wie ein Backhaus, und warf ihn fenkrecht in die Höhe, daß er wohl die Spitze eines Pappelbaumes erreicht hätte. Als nun Äer starke Hermel an die Reihe kam, wog er den Stein wie einen Ball sinnend hin und her und sagte endlich: „Ich will doch eben noch einmal in den Wald springen, ehe ich werfe, und ein paar Eichbäume ausreißen." „Was willst du denn damit?" fragte der Teufel. „Ich will das Gewölbe stützen," meinte Hermel. „Wenn ich werfe, könnte es einstürzen und uns alle begraben." Da wurde der Teufel recht kleinlaut und gab die Wette verloren. Er ließ sich's aber nicht merken, sondern brauchte eine Ausrede, an der es dem arglistigen Teufel ja niemals fehlt. Der wackre Bursche aber wurde auf seinen Befehl zu der höllischen Schatz- kammer geführt. Da füllte er sich seinen Sack mit Gold und Silber und zog wohlgemut zu seinen Herren. Die trauten ihren Augen und Ohren nicht. Sie sreuten sich wohl über den großen Schatz, aber sie fürchteten sich noch mehr als vorher vor dem gewaltigen Burschen. „Er wird uns über kurz oder lang alle totschlagen," meinten sie und überlegten wieder, wie sie ihn los werden könnten. Eines Tages schickten sie den starken Hermel in den Wald, um Holz zu hauen. In kurzer Zeit hatte er eine große Menge Baume gefällt und die zerkleinerten Stämme ausgeschichtet. Dann legte er sich hin, um wie gewöhnlich seinen Mittagsschlaf zu halten. Der war so tief und fest, daß auch das stärkste Geräusch ihn nicht störte. Er lag im Schatten der Holzstöße, die er auf- gerichtet hatte. Da schlichen die hinterlistigen Heiden herbei, häuften ringsum Stroh und Holz aus und zündeten es an. Bald loderten die Flammen hoch auf, und inmitten des feurigen Ringes schlief ahnungslos der gute Hermel. Zuerst hörte man

4. Bergische Sagen - S. 33

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 33 - so geringer Arbeit willen hättet ihr mich nicht so srüh zu wecken brauchen. Mit dem ganzen Vorrat will ich vor Mittagszeit Wohl fertig werden, wenn ihr mir dann nur genug Brot und Fleisch zum Essen und Stroh zum Lager geben wollt." Das versprachen sie ihm. Alsbald begab sich der starke Hermel an die Arbeit. Er suchte im Walde den stärksten Eichbaum aus und zog ihn mit solcher Leichtigkeit heraus, als wäre es eine Rübe. Dann holte er eine dicke Tanne, riß die Äste ab und band sie mit einem starken Seil an den Eichenstamm. „So, nun Hab' ich einen feinen Dreschflegel!" rief Hermel und ging hin zu der Schemte, wo das Korn zu dreschen war. Ganz behutsam hob er das Dach von der Scheune, damit er beim Dreschen nicht gehindert wäre. Das war ein Dreschen! Der gewaltige Dreschflegel sauste nur so durch die Luft, und das Stroh flog umher, als sei ein Wirbel- wind hineingefahren. In einer halben Stunde hatte er das Korn schon gedroschen. Hierauf drehte er das Dach um und schüttete den ganzen Vorrat in die Höhlung. Er schwang es wie eine Futterschwinge hin und her und blies mit vollen Backen hinein, daß die Spreu davon stob wie dichte Schneeflocken. Im Nu war das Getreide gereinigt, und der wackere Geselle zog es in großen Säcken auf den Speicher und schüttete es dort auf. Die Heiden sahen mit Staunen zu und freuten sich über den starken Knecht. Als aber Hermel sich seinen versprochenen Lohn zurecht legte, nämlich einen Wagen voll Stroh, da machten sie lange Gesichter. Der gut- mütige Knecht merkte nichts, sondern lud den Wagen so voll, daß ihn die Ochsen kaum ziehen konnten. Da spannte der starke Hermel sie aus, stieß sie mit den Köpfen aneinander, warf sie oben auf das Stroh und sagte: „Für Fleisch wäre ja wohl gesorgt, jetzt fehlt mir bloß noch Brot." Das war den fremden Heiden doch zu viel. Sie meinten untereinander: „Wenn der starke Hermel so mit unsern Sachen umgeht, so kann er uns am Ende mehr schaden als nützen. Wir wollen uns ausdenken, wie wir ihn am besten los werden." Sie gaben ihm inzwischen einige Scheffel Mehl, daraus sollte er für sich und seine Gesellen Brot backen. Als man es abholen wollte, lag der starke Hermel in tiefem Schlafe. ' Der Backofen war kalt, und man fand weder Mehl noch Brot. Die Fremden weckten ihn und fragten ihn danach. Der Bursche rieb

5. Bergische Sagen - S. 13

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 13 - Ein Männlein aber war ganz besonders lustig. Das tanzte abseits von den andern aus einem Felsblock. Es machte -ganz ausgelassene Sprünge. Dabei warf es sein silbernes Hütchen in die Luft und fing es geschickt wieder auf. Auf einmal tönte lauter Wehruf durch die Stille der Nacht. Die lustige Musik verstummte, die fröhlichen Tänzer hielten inne und eilten dahin, woher der Schreckensruf gedrungen war. Da stand traurig das Männlein auf dem Felsblock. Sein silbernes Hütchen, mit dem sich die Zwerge unsichtbar machen konnten, war ihm bei seinen lustigen Sprüngen in die Wupper gefallen. Ratlos liefen die kleinen Leute am Ufer auf und ab, aber keiner konnte helfen. Da trat der biedere Schmied hervor und rief hinüber: „Männlein, ich habe dein Hütchen fallen sehen. Wenn du bis morgen früh Geduld haben willst, so will ich es dir herbeischaffen: ich habe solche Freude gehabt an eurer Musik und an eurem Tanz, nun will ich euch auch einen Dienst erweisen." Das Völkchen war hoch erfreut, und der kleine Mann sagte: „Ich will es dir reichlich lohnen." Am anderen Morgen machte sich der Schmied noch vor Sonnenaufgang auf, um nach dem verlorenen Hütchen zu suchen. Das Zwerglein war auch schon da und rief ihm einen guten Morgen zu. Es freute sich, daß der Mann so pünktlich sein Ver- sprechen erfüllte. Bald hatte der gute Schmied das Hütchen ge- funden und reichte es dem kleinen Mann hinauf. Der sprang vor Freude noch viel höher als den Abend vorher. Dann holte er einen großen Edelstein von wunderbarem Glänze hervor und wollte ihn dem Schmiede für seinen Liebesdienst schenken. Der Schmied aber nahm den Lohn nicht an und ging ruhig nach Hause an seine Arbeit. Unter fröhlichem Pfeifen und Singen teilte er einen mäch- tigen Block Eisen in kleinere Stücke, die er am nächsten Tage zu schlanken Stangen schmieden wollte. Wie groß aber war sein Erstaunen, als er am andern Tage in seine Werkstatt trat und die ganze Arbeit schon getan fand. Da waren die Eifenklumpen zu feinen Stangen ausgereckt und lagen da fein säuberlich in Reihen aufgeschichtet. „Ei," dachte der Schmied, „wenn das ein Spaß ist, den sich mein Nachbar gemacht hat, so kann ich's mir wohl gefallen lassen." Er sragte hin und wieder in der Nachbar- schaft, aber niemand wußte von der Sache.

6. Bergische Sagen - S. 14

1911 - Elberfeld : Bacmeister
- 14 - Tagsüber arbeitete der Schmied wieder fleißig, und am Abend lagen die Eisenklumpen da, die am nächsten Tage zu Stangen geschmiedet werden sollten. Im stillen dachte der Schmied: „Wenn du sie morgen fertig vorfändest, das wäre doch schön!" Wie er's gedacht, so geschah es! Am Morgen fand er sein Tagewerk wieder getan. Die Stangen lagen tadellos ge- schmiedet und sauber aufgeschichtet da. So ging's eine Weile fort. Dem guten Schmied lachte allemal das Herz im Leibe; aber er hätte doch gar zu gerne gewußt, wie die Sache eigentlich zuging. Eines Abends, als die Lichter im Hammer ausgelöscht waren, legte er sich auf die Lauer und spähte durch eine Mauerspalte. Da sah er, wie gegen Mitternacht das Männlein mit dem silbernen Hütchen in die Werkstätte trat. In der Hand trug's ein Bündel- eben und ein seines silbernes Hämmerlein. Mit dem hatte das Männlein gegen die verschlossene Tür der Werkstatt geklopft, und sie hatte sich aufgetan. Das Männlein zündete Licht an und sachte das Kohlenfeuer zu heller Glut an. Es band sich ein ledernes Schurzfell um, das es aus dem mitgebrachten Bündlein zog. So zur Arbeit gerüstet, wälzte es die Eisenklumpen ins Feuer und plagte sich dabei so, daß ihm die hellen Schweißtropfen auf der Stirne standen. Als es den letzten Klumpen im Feuer hatte, zog es den ersten wieder heraus, und zwar mit einer goldenen Schlinge. Der Zwerg bearbeitete ihn mit seinem silbernen Hämmerlein, da formte das Eisen sich so leicht, als wäre es weiches Wachs, und wurde eine seine Stange. So ging's mit allen Klumpen, bis auch der letzte aus dem Feuer genommen war. Dann wusch sich das Männlein, packte seine Sachen wieder in ein Bündelchen, setzte sein Hütchen auf und verschwand ebenso still, wie es gekommen war. Da sagte der Schmied bei sich: „Ei, Männlein, wenn du aus Dankbarkeit nachts mein Geselle sein willst, so soll es dir an Arbeit nicht fehlen." Von nun an machte er am Tage mit seinen Gesellen die Klumpen fertig und legte sie hin. In der Nacht kam dann der Zwerg und schmiedete sie zu Stangen. Die waren so fein, daß man sie gut bezahlte, und der Schmied wurde bald ein reicher Mann. Eines Tages, als er sich so recht von Herzen über seinen Reichtum freute, dachte er bei sich: „All dein Hab und Gut ver- dankst du dem Zwerglein und hast doch nichts anderes dafür getan, als daß du das Hütchen aus der Wupper gefischt hast.

7. Kleine Lebensbilder aus dem Alterthum - S. 14

1873 - Elberfeld : Bädeker
— 14 — §• 9. Kolon, der Gesetzgeber von Althen. (594 v. Chr. Geb.) Als die Dorier den Peloponnes erobert hatten, machten sie auch einen Einfall in das Gebiet von Athen. Der König der Athener, Codrns, fiel im Kampfe gegen sie, indem er sich verkleidet ins Lager der Dorier begab und dort einen Streit anfing, in welchem er erschlagen wurde. Ein Orakel hatte verkündet, entweder würde Athen unter die Gewalt der Dorier kommen, oder es müßte der König Athens sterben. Um sein Vaterland zu retten, gab er sich freiwillig dem Tode hin. Die Athener schafften nun die Königswürde ab, indem sie vorgaben. Niemand sei würdig, nach Codrns noch diese Würde zu tragen; statt der Könige setzten sie sogenannte Archonten ein, anfangs auf Lebenszeit, dann, als die vornehmen Geschlechter in Athen immer mächtiger wurden, auf zehn Jahre, zuletzt für jedes Jahr neun aus den ersten Familien; die Macht derselben wurde immer mehr eingeschränkt, so daß der Staat aus der monarchischen Verfassungssorm allmählich in die republikanische überging. Einer dieser Archonten, Solon, hat sich um den Staat, als er durch innere Streitigkeiten zerrüttet war, durch seine Gesetzgebung verdient gemacht. Er stammte aus dem Geschlechte des Codrns, war früher Kaufmann gewesen und hatte sich durch Reisen in fremden Ländern eine große Menge von Kenntnissen und Erfahrungen gesammelt. Die Aufmerksamkeit seiner Mitbürger lenkte er zuerst dadurch auf sich, daß er ihnen den Besitz der Insel Salamis wieder verschaffte, um den sie lange unglücklich mit den Einwohnern von Megara gekämpft hatten. Da es bei Todesstrafe verboten war, jemals wieder einen Antrag auf Eroberung dieser Insel zu stellen, so ließ er das Gerücht verbreiten, er sei wahnsinnig; in diesem erdichteten Wahnsinn declamirte er in der Volksversammlung ein Gedicht, das er verfertigt hatte, und in welchem er das Volk der Art für die Erneuerung des Krieges begeisterte, daß man sofort ein Heer ausrüstete und die Ausführung dem Solon übertrug. Das Glück war ihm günstig, und Athen kam wieder in den Besitz der Insel. Da der Staat trotz der von einem gewissen Drakon gegebenen Gesetze nicht zur Ruhe kommen konnte, und namentlich sich drei Parteien, die reichen Grundbesitzer, die wohlhabenden Kaufleute an

8. Kleine Lebensbilder aus dem Alterthum - S. 15

1873 - Elberfeld : Bädeker
— 15 — der Meeresküste und die armen Bewohner der Berge einander bekämpften, so richteten sich die Augen Aller auf Solon, der durch seine Weisheit und Freundlichkeit das Vertrauen des Volkes gewonnen hatte und durch seine Vermögensverhältnisse in der Mitte zwischen den Reichen und den Armen stand. Ihm übertrug man -as Amt, die inneren Verhältnisse zu ordnen und den Frieden herzustellen. Zuerst erleichterte er durch geschickte Mittel den Armen die Möglichkeit, ihre Schulden zu bezahlen, und verbot, daß hinfort die Schuldner den Gläubigern als Sclaven verfielen. Dann setzte er den Areopag, einen alten, ehrwürdigen Gerichtshof, in sein früheres Ansehen wieder ein und übergab ihm die Aufsicht über die Sitten der Bürger, wie die Untersuchung der schweren Verbrechen. Die neun Archonten behielt er bei; er gab der Volksversammlung bedeutende Rechte; sie entschied durch Abstimmen über die wichtigsten Staatsangelegenheiten, über Krieg und Frieden, über Abschließung von Bündnissen, über neue Gesetze oder Abschaffung früherer, und hatte das Recht, die Beamten zu wählen. Neben derselben stand der Rath der Vierhundert, der die Gesetze vorher berieth, ehe sie der Volksversammlung vorgelegt wurden. Außerdem theilte er das Volk nach dem Grundbesitze und den Vermögeusverhältnissen in vier Klassen, um danach die Leistungen für den Staat, namentlich den Kriegsdienst, zu bestimmen. Die Mitglieder der vierten und ärmsten Klaffe durften in der Volksversammlung mitstimmen, konnten aber keine ^taatsämter bekleiden und dienten im Kriege nur als Leichtbewaffnete oder auf der Flotte. Als diese seine Maßregeln, so weise sie auch waren und den Verhältnissen entsprachen, dennoch nicht Alle befriedigten, begab Solon sich auf Reisen, nachdem er die Bürger hatte schwören lassen, seine Gesetzgebung zehn Jahre zu halten. Auf diesen Reisen kam er auch zum Crösus, dem reichen Könige von Lydien in Kleinasien, der sich für den glücklichsten der Menschen hielt. Solon warnte ihn, dem Glücke zu trauen und legte ihm seine Ansicht vom wahren Glücke dar, indem er ihm vom Tellus erzählte, einem athenischen Bürger, der im blühenden Kreis von Kindern und Enkeln bei ausreichendem Einkommen gelebt habe und den schönen Tod für das Paterland im Kampfe mit einem Nachbarvolke gestorben sei. Als sich Crösus darüber verwunderte und fragte, wer denn nach diesem der glücklichste sei, nannte er ihm

9. Kleine Lebensbilder aus dem Alterthum - S. 84

1873 - Elberfeld : Bädeker
— '84 — gegebenes, ober längst vergessenes Gesetz, daß Niemand von den Staatslänbereien mehr als fünfhundert Morgen besitzen solle; damit nun aber der Verlust, den einzelne Familien dadurch erleiden mußten, nicht zu groß werde, bestimmte er, daß sie dafür Schadenersatz aus der Staatskasse erhalten und außerdem für jeden unmündigen Sohn noch zweihundertundfünfzig Morgen bekommen sollten. Gegen dieses Gesetz traten die Optimaten auf und suchten es zu verhindern. Als nach Ablauf des Jahres Tiberiu-s sich auf's Neue um das Tribunal bewarb, kam es zwischen seinen Anhängern und der Gegenpartei zu heftigen Austritten, die damit endigten, daß einer der Vornehmen, Scipio Nasica, ein heftiger Gegner des Gracchus, den Senat aufforderte, mit Gewalt die Wahlversammlung zu stören. Man folgte feiner Aufforderung und erstürmte das Capitol, wo sich Gracchus mit seinem Anhang befand; er selbst wurde mit dreihundert der ©einigen erschlagen. Als Scipio vor Numantia dies erfuhr, gab er feine Beistimmung durch einen homerischen Vers zu erkennen: „So mag's Jedem ergehn, 'der solcherlei Thaten verübt hat." Nachdem er nach Rom zurückgekehrt war, bot er sein ganzes Ansehen aus, utn der Volkspartei entgegen zu wirken und die A«s-führung des Ackergesetzes zu verhindern. Mitten in diesen Bestre- bungen traf ihn unerwartet der Tod, 129 v. Chr. G. Mau fand ihn eines Morgens todt in seinem Bette, und es ging das Gerücht, daß er auf gewaltsame Weise von seinen Gegnern aus dem Wege geräumt sei. Zehn Jahre nach dem Tode des älteren Gracchus trat dessen Bruder Cajus mit gleichen Bestrebungen hervor, die Noth des Volkes zu linberit. Aber auch er kam in biefcm Streben utn, inbern er in einem Kampfe fiel, den die Anhänger der Optimaten der Volkspartei in Nom lieferten. Die Gesetze der Gracchen wurden hierauf abgeschafft und die Optimaten hatten den Sieg errungen; nur die Ausübung der Rechtspflege blieb beim Ritterftande, wie es Cajus Gracchus bestimmt hatte. § 14. Marius. Cajus Marius war zu Arpiuum im Lande der Volsker geboren aus niederem Stande; sein Vater war ein Laubmann, und er wuchs ohne Bildung heran. Da er schon früh Liebe zum Soldateitsmnde faßte, so wurde er Soldat und zeichnete sich bei Numantia durch feine Tapferkeit und feine ungemeine Körperstärke aus. Schon

10. Kleine Lebensbilder aus dem Alterthum - S. 57

1873 - Elberfeld : Bädeker
— 57 — bei Mahl und Pracht mit ihren Freundinnen; die Lncretia aber, als sie spät in der Nacht nach Collatia kamen, wo sie wohnte, saß im Kreise ihrer Mägde mit Weben beschäftigt. Ihr erkannte man den Preis zu. Die Schönheit und Aumuth der Lucrelia reizte aber die Begierde des Sextus; nach einigen Tagen kehrte er zurück und forderte Ungebührliches von ihr; als sie standhast widerstrebte, wandte er Gewalt an und mißhandelte sie. Als er fortgegangen war, schickte sie im gerechten Schmerz über die angethane Schmach Boten an ihren Vater und ihren Mann mit dem Aufträge, sie mochten sich sofort zu ihr begeben. Mit ihnen kam auch Lucius Juuius Brutus, ein Schwestersohn des Tarquinins, der durch verstellte Einfalt den Verfolgungen des argwöhnischen Königs bisher entgangen, während sein Bruder von demselben ans dem Wege geräumt war. Lucretia theilte ihnen mit, was Sextus verübt hatte, und durchbohrte sich daun selbst mit einem Dolche. Diesen zog Brutus aus der Wunde und schwur, den Frevel rächen zu wollen und den König sammt seinem ganzen Geschlechte aus Rom zu vertreiben. Dann eilte er nach Rom, versammelte hier das Volk und schilderte in einer kräftigen Rede die Tyrannei des Königs, den Uebermnth seiner Söhne und die schändliche That des Sextus. Das Volk, durch diese Rede aufgeregt, beschloß die Entsetzung des Königs und t)ie Verbannung seiner ganzen Familie. Hieraus begab Brutus sich ins Lager bei Ardea, und das Heer stimmte freudig den Beschlüssen des Volkes bei. Tarquinins Superbus war nach Rom geeilt; da er aber die Thore der Stadt verschlossen fand und ihm die Verbannung angekündigt wurde, ging er nach Etrurien, und ihm folgte seine Familie. In Rom wurde nach 244jähriger Dauer die Köuigsherrschaft abgeschafft, die republikanische Verfassung eingeführt und statt der Könige zwei verantwortliche Consuln jedesmal für ein Jahr als die Leiter des Staates eingesetzt. Die beiden ersten Consuln waren Lucius Juuius Brutus und Tarquiuius Collatiuus. § 5. ^orjennl. Der verbannte Tarquinins ließ kein Mittel unversucht, die Herrschaft wieder zu erlangen. Zuerst ließ er heimlich durch Abge- * sandte eine Verschwörung unter den jungen vornehmen Römern stiften, die seine Wiedereinsetzung zum Zwecke hatte. Dieselbe wurde
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