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sagte der Schwarze und berührte den Kleinen mit seinem Stabe.
Da fühlte unser Männlein einen so heftigen Schmerz in allen
Gliedern, als wenn sie ihm auseinander gerenkt werden sollten.
Vor Schrecken wäre er beinahe auf die Erde gefallen. In großer
Angst lief er davon, so schnell ihn seine Beine nur trugen, und
kam wieder nach Remscheid in sein Haus.
Aber was war denn das? Als er durch die Haustüre gehen
wollte, stieß er mit dem Kopf gegen den oberen Balken. An
seiner Stubentür ging es ihm nicht besser, und als er in sein
Schlafkämmerlein eintrat, wupp? da hatte er wieder eine arge
Beule weg. Ganz dumm und wirbelig war es ihm im Kopse
von allen Stößen, als er sich ins Bett legte. Da wollte er sich
so recht behaglich ausruhen von allen Mühseligkeiten, aber er
hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Oben stieß er mit
dem Kopf gegen das Bett, und streckte er die Beine aus, so stieß
er gegen das untere Bettende. Er mochte sich drehen und wenden,
wie er wollte, überall bekam er blaue Flecke. Zuletzt lag er im
Bett zusammengeklappt wie ein Taschenmesser und verbrachte die
Nacht in unruhigen Träumen.
Der nächste Tag war ein Sonntag. Da sing sein Elend von
neuem an. Überall stieß er sich Beulen. Er wollte wieder ein-
mal zur Küche und suchte seinen Sonntagsanzug hervor. Aber
o Schreck! Der war ihm viel zu eng und zu klein, und ganz
traurig und mutlos hängte er die Sachen wieder in den Schrank,
nicht ohne sich noch ein paarmal zu stoßen. Zuletzt besann er sich
auf den Anzug, den er gestern abend getragen hatte, und rasch
zog er ihn wieder an. Glücklicherweise paßten d i e Kleider,
denn die waren ja mit ihm gewachsen. Ganz behutsam und vor-
sichtig ging er durch die verschiedenen Türen und gelangte endlich
auf die Straße. In der freien Luft konnte er sich nun fo recht
nach Herzenslust dehnen und recken; denn da waren keine Decken
und Balken, an denen man sich stieß. Aber sein Vergnügen
währte nicht lange. „Ein Riese! Ein Riese!" tönte es von allen
Seiten. Und als er sich nach dem Riesen umgucken wollte, da
merkte er, daß die Leute mit den Fingern auf ihn zeigten. So
schnell ihn seine Füße trugen, ging er in die Kirche. Da konnte
er wohl schön aufrecht stehen, aber er merkte bald, daß alle Leute
ihn anstaunten. Sobald es nur anging, schob er sich deshalb
aus der Türe und eilte nach Hause. Dort vergaß er aber seine
Größe meistens, wenn er aus einer Stube in die andere ging.
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Wie sie den starken Gesellen beiseite schaffen könnten. Sie riefen
ihn am Morgen herbei und sagten: „Hermel, du machst uns noch
zu armen Leuten, wenn du länger bei uns bleibst. Drum gehe
in die Hölle zum Teufel und sage ihm, er solle dir einen großen
Sack voll Gold geben, so schwer du ihn nur tragen kannst. Wenn
du uns den bringst, so sollst du immer gute Tage bei uns haben."
Der gute Hermel war's zufrieden und bat die Herren nur noch,
ihm den Weg zur Hölle zu zeigen. Sie gaben ihm einen Burschen
mit, der ihn bis zum Heidenkeller bei Vollberg führte. Als der
wieder heimkam, erzählte er den Heiden, daß der starke Hermel
hinabgestiegen sei in die Teufelshöhle. Da jubelten die Heiden
und riefen: „So, den sind wir nun glücklich los. Der Teufel
wird dem Schlingel schon den Garaus machen."
Der starke Hermel aber hatte inzwischen schwere Arbeit. Als
er in den Heidenkeller hinabgestiegen war, befand er sich in
einem langen, düstern Gang. Er mochte wohl eine Stunde
gegangen sein, da kam er an eine geschlossene Tür, die ihm den
Weg versperrte. Er schüttelte und rüttelte daran, aber umsonst.
Dann trat er mit Macht gegen die Tür, und sie sprang mit
gewaltigem Krachen aus. Der starke Hermel sah unten einen
weiten Raum, der von vielen Feuern erleuchtet wurde. In dem
flackernden Schein bewegten sich wunderliche Gestalten. Große
Fledermäuse flatterten dem Wanderer um den Kopf. Der aber
ließ sich nicht bange machen, sondern schlug mit dem mitgebrachten
Sacke nach den Fledermäusen und ging keck und zuversichtlich
die Treppe hinunter. Da hüpfte ihm der Teufel entgegen, dem
er gestern das Bein abgerieben hatte. Der war wütend herbei-
geeilt, um zu sehen, wer solchen Lärm an der Türe mache. Als
er aber den starken Hermel erblickte, da hielt er sich ängstlich das
Bein fest, das er noch hatte, und hopste heulend davon, so schnell
er nur konnte.
Nun wurde Hermel zu dem Obersten der Teufel geführt.
Der sah gar grimmig aus und saß aus einem feurigen Thron.
Er fragte den Jüngling nach seinem Begehr und faßte gleich
nach seinem Halse. Hermel schlug ihn tüchtig auf die Finger
und erzählte ganz treuherzig, weshalb er hergekommen. Der
Teufel lächelte und sagte: „Du bist ein wackerer Bursche. Wenn
du mir die drei Kunststücke nachmachen kannst, die ich dir vor-
mache, so sollst du den Sack voll Geld haben. Kannst du's aber
nicht, so bist du mein eigen." „Nur heraus damit, Herr Teufel?"
sagte Hermel keck.
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Der Höllenfürst holte ein gewaltiges Jagdhorn herbei, das
war unten so weit wie ein großes Faß. „So, nun wollen wir
sehen," sagte er, „wer am besten blasen kann." Er setzte das
Horn an und tutete so mächtig, daß der ganze Berg erbebte und
sechs Feuer, die am nächsten waren, erloschen. Als der starke
Hermel das Horn zum Blasen ansetzte, gab es keinen Ton,
sondern einen Knall, und das Horn zerplatzte wie eine Seisen-
blase. Die Metallstücke flogen dem Teufel an den Kopf, daß
die Hörner wackelten und ihm die Nase blutete. Wohl hundert
Flämmchen erloschen, und die beiden Bläser standen im Dunkeln.
Der Teufel wunderte sich, holte einen schweren Stein, so
groß wie ein Backhaus, und warf ihn fenkrecht in die Höhe, daß
er wohl die Spitze eines Pappelbaumes erreicht hätte. Als nun
Äer starke Hermel an die Reihe kam, wog er den Stein wie einen
Ball sinnend hin und her und sagte endlich: „Ich will doch eben
noch einmal in den Wald springen, ehe ich werfe, und ein paar
Eichbäume ausreißen." „Was willst du denn damit?" fragte
der Teufel. „Ich will das Gewölbe stützen," meinte Hermel.
„Wenn ich werfe, könnte es einstürzen und uns alle begraben."
Da wurde der Teufel recht kleinlaut und gab die Wette verloren.
Er ließ sich's aber nicht merken, sondern brauchte eine Ausrede,
an der es dem arglistigen Teufel ja niemals fehlt. Der wackre
Bursche aber wurde auf seinen Befehl zu der höllischen Schatz-
kammer geführt. Da füllte er sich seinen Sack mit Gold und
Silber und zog wohlgemut zu seinen Herren. Die trauten ihren
Augen und Ohren nicht. Sie sreuten sich wohl über den großen
Schatz, aber sie fürchteten sich noch mehr als vorher vor dem
gewaltigen Burschen. „Er wird uns über kurz oder lang alle
totschlagen," meinten sie und überlegten wieder, wie sie ihn los
werden könnten.
Eines Tages schickten sie den starken Hermel in den Wald,
um Holz zu hauen. In kurzer Zeit hatte er eine große Menge
Baume gefällt und die zerkleinerten Stämme ausgeschichtet. Dann
legte er sich hin, um wie gewöhnlich seinen Mittagsschlaf zu
halten. Der war so tief und fest, daß auch das stärkste Geräusch
ihn nicht störte. Er lag im Schatten der Holzstöße, die er auf-
gerichtet hatte. Da schlichen die hinterlistigen Heiden herbei,
häuften ringsum Stroh und Holz aus und zündeten es an. Bald
loderten die Flammen hoch auf, und inmitten des feurigen
Ringes schlief ahnungslos der gute Hermel. Zuerst hörte man
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so geringer Arbeit willen hättet ihr mich nicht so srüh zu wecken
brauchen. Mit dem ganzen Vorrat will ich vor Mittagszeit Wohl
fertig werden, wenn ihr mir dann nur genug Brot und Fleisch
zum Essen und Stroh zum Lager geben wollt." Das versprachen
sie ihm.
Alsbald begab sich der starke Hermel an die Arbeit. Er
suchte im Walde den stärksten Eichbaum aus und zog ihn mit
solcher Leichtigkeit heraus, als wäre es eine Rübe. Dann holte
er eine dicke Tanne, riß die Äste ab und band sie mit einem
starken Seil an den Eichenstamm. „So, nun Hab' ich einen
feinen Dreschflegel!" rief Hermel und ging hin zu der Schemte,
wo das Korn zu dreschen war. Ganz behutsam hob er das Dach
von der Scheune, damit er beim Dreschen nicht gehindert wäre.
Das war ein Dreschen! Der gewaltige Dreschflegel sauste nur
so durch die Luft, und das Stroh flog umher, als sei ein Wirbel-
wind hineingefahren. In einer halben Stunde hatte er das
Korn schon gedroschen.
Hierauf drehte er das Dach um und schüttete den ganzen
Vorrat in die Höhlung. Er schwang es wie eine Futterschwinge
hin und her und blies mit vollen Backen hinein, daß die Spreu
davon stob wie dichte Schneeflocken. Im Nu war das Getreide
gereinigt, und der wackere Geselle zog es in großen Säcken auf
den Speicher und schüttete es dort auf. Die Heiden sahen mit
Staunen zu und freuten sich über den starken Knecht. Als aber
Hermel sich seinen versprochenen Lohn zurecht legte, nämlich einen
Wagen voll Stroh, da machten sie lange Gesichter. Der gut-
mütige Knecht merkte nichts, sondern lud den Wagen so voll,
daß ihn die Ochsen kaum ziehen konnten. Da spannte der starke
Hermel sie aus, stieß sie mit den Köpfen aneinander, warf sie
oben auf das Stroh und sagte: „Für Fleisch wäre ja wohl
gesorgt, jetzt fehlt mir bloß noch Brot." Das war den fremden
Heiden doch zu viel. Sie meinten untereinander: „Wenn der
starke Hermel so mit unsern Sachen umgeht, so kann er uns am
Ende mehr schaden als nützen. Wir wollen uns ausdenken, wie
wir ihn am besten los werden."
Sie gaben ihm inzwischen einige Scheffel Mehl, daraus
sollte er für sich und seine Gesellen Brot backen. Als man es
abholen wollte, lag der starke Hermel in tiefem Schlafe. ' Der
Backofen war kalt, und man fand weder Mehl noch Brot. Die
Fremden weckten ihn und fragten ihn danach. Der Bursche rieb
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Ein Männlein aber war ganz besonders lustig. Das tanzte
abseits von den andern aus einem Felsblock. Es machte -ganz
ausgelassene Sprünge. Dabei warf es sein silbernes Hütchen
in die Luft und fing es geschickt wieder auf.
Auf einmal tönte lauter Wehruf durch die Stille der Nacht.
Die lustige Musik verstummte, die fröhlichen Tänzer hielten inne
und eilten dahin, woher der Schreckensruf gedrungen war. Da
stand traurig das Männlein auf dem Felsblock. Sein silbernes
Hütchen, mit dem sich die Zwerge unsichtbar machen konnten,
war ihm bei seinen lustigen Sprüngen in die Wupper gefallen.
Ratlos liefen die kleinen Leute am Ufer auf und ab, aber keiner
konnte helfen.
Da trat der biedere Schmied hervor und rief hinüber:
„Männlein, ich habe dein Hütchen fallen sehen. Wenn du bis
morgen früh Geduld haben willst, so will ich es dir herbeischaffen:
ich habe solche Freude gehabt an eurer Musik und an eurem Tanz,
nun will ich euch auch einen Dienst erweisen." Das
Völkchen war hoch erfreut, und der kleine Mann sagte: „Ich will
es dir reichlich lohnen."
Am anderen Morgen machte sich der Schmied noch vor
Sonnenaufgang auf, um nach dem verlorenen Hütchen zu suchen.
Das Zwerglein war auch schon da und rief ihm einen guten
Morgen zu. Es freute sich, daß der Mann so pünktlich sein Ver-
sprechen erfüllte. Bald hatte der gute Schmied das Hütchen ge-
funden und reichte es dem kleinen Mann hinauf. Der sprang vor
Freude noch viel höher als den Abend vorher. Dann holte er
einen großen Edelstein von wunderbarem Glänze hervor und
wollte ihn dem Schmiede für seinen Liebesdienst schenken. Der
Schmied aber nahm den Lohn nicht an und ging ruhig nach Hause
an seine Arbeit.
Unter fröhlichem Pfeifen und Singen teilte er einen mäch-
tigen Block Eisen in kleinere Stücke, die er am nächsten Tage zu
schlanken Stangen schmieden wollte. Wie groß aber war sein
Erstaunen, als er am andern Tage in seine Werkstatt trat und
die ganze Arbeit schon getan fand. Da waren die Eifenklumpen
zu feinen Stangen ausgereckt und lagen da fein säuberlich in
Reihen aufgeschichtet. „Ei," dachte der Schmied, „wenn das ein
Spaß ist, den sich mein Nachbar gemacht hat, so kann ich's mir
wohl gefallen lassen." Er sragte hin und wieder in der Nachbar-
schaft, aber niemand wußte von der Sache.
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Tagsüber arbeitete der Schmied wieder fleißig, und am
Abend lagen die Eisenklumpen da, die am nächsten Tage zu
Stangen geschmiedet werden sollten. Im stillen dachte der
Schmied: „Wenn du sie morgen fertig vorfändest, das wäre doch
schön!" Wie er's gedacht, so geschah es! Am Morgen fand er
sein Tagewerk wieder getan. Die Stangen lagen tadellos ge-
schmiedet und sauber aufgeschichtet da. So ging's eine Weile
fort. Dem guten Schmied lachte allemal das Herz im Leibe;
aber er hätte doch gar zu gerne gewußt, wie die Sache eigentlich
zuging.
Eines Abends, als die Lichter im Hammer ausgelöscht waren,
legte er sich auf die Lauer und spähte durch eine Mauerspalte.
Da sah er, wie gegen Mitternacht das Männlein mit dem silbernen
Hütchen in die Werkstätte trat. In der Hand trug's ein Bündel-
eben und ein seines silbernes Hämmerlein. Mit dem hatte das
Männlein gegen die verschlossene Tür der Werkstatt geklopft, und
sie hatte sich aufgetan. Das Männlein zündete Licht an und
sachte das Kohlenfeuer zu heller Glut an. Es band sich ein
ledernes Schurzfell um, das es aus dem mitgebrachten Bündlein
zog. So zur Arbeit gerüstet, wälzte es die Eisenklumpen ins
Feuer und plagte sich dabei so, daß ihm die hellen Schweißtropfen
auf der Stirne standen. Als es den letzten Klumpen im Feuer
hatte, zog es den ersten wieder heraus, und zwar mit einer
goldenen Schlinge. Der Zwerg bearbeitete ihn mit seinem
silbernen Hämmerlein, da formte das Eisen sich so leicht, als
wäre es weiches Wachs, und wurde eine seine Stange. So ging's
mit allen Klumpen, bis auch der letzte aus dem Feuer genommen
war. Dann wusch sich das Männlein, packte seine Sachen wieder
in ein Bündelchen, setzte sein Hütchen auf und verschwand ebenso
still, wie es gekommen war. Da sagte der Schmied bei sich: „Ei,
Männlein, wenn du aus Dankbarkeit nachts mein Geselle sein
willst, so soll es dir an Arbeit nicht fehlen." Von nun an machte
er am Tage mit seinen Gesellen die Klumpen fertig und legte
sie hin. In der Nacht kam dann der Zwerg und schmiedete sie zu
Stangen. Die waren so fein, daß man sie gut bezahlte, und der
Schmied wurde bald ein reicher Mann.
Eines Tages, als er sich so recht von Herzen über seinen
Reichtum freute, dachte er bei sich: „All dein Hab und Gut ver-
dankst du dem Zwerglein und hast doch nichts anderes dafür
getan, als daß du das Hütchen aus der Wupper gefischt hast.
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— 14 —
§• 9. Kolon, der Gesetzgeber von Althen.
(594 v. Chr. Geb.)
Als die Dorier den Peloponnes erobert hatten, machten sie auch einen Einfall in das Gebiet von Athen. Der König der Athener, Codrns, fiel im Kampfe gegen sie, indem er sich verkleidet ins Lager der Dorier begab und dort einen Streit anfing, in welchem er erschlagen wurde. Ein Orakel hatte verkündet, entweder würde Athen unter die Gewalt der Dorier kommen, oder es müßte der König Athens sterben. Um sein Vaterland zu retten, gab er sich freiwillig dem Tode hin. Die Athener schafften nun die Königswürde ab, indem sie vorgaben. Niemand sei würdig, nach Codrns noch diese Würde zu tragen; statt der Könige setzten sie sogenannte Archonten ein, anfangs auf Lebenszeit, dann, als die vornehmen
Geschlechter in Athen immer mächtiger wurden, auf zehn Jahre, zuletzt für jedes Jahr neun aus den ersten Familien; die Macht
derselben wurde immer mehr eingeschränkt, so daß der Staat aus
der monarchischen Verfassungssorm allmählich in die republikanische überging. Einer dieser Archonten, Solon, hat sich um den Staat,
als er durch innere Streitigkeiten zerrüttet war, durch seine Gesetzgebung verdient gemacht. Er stammte aus dem Geschlechte des Codrns, war früher Kaufmann gewesen und hatte sich durch Reisen in fremden Ländern eine große Menge von Kenntnissen und Erfahrungen gesammelt. Die Aufmerksamkeit seiner Mitbürger lenkte er zuerst dadurch auf sich, daß er ihnen den Besitz der Insel Salamis wieder verschaffte, um den sie lange unglücklich mit den Einwohnern von Megara gekämpft hatten. Da es bei Todesstrafe verboten war, jemals wieder einen Antrag auf Eroberung dieser Insel zu stellen, so ließ er das Gerücht verbreiten, er sei wahnsinnig; in diesem erdichteten Wahnsinn declamirte er in der Volksversammlung ein Gedicht, das er verfertigt hatte, und in welchem er das Volk der Art für die Erneuerung des Krieges begeisterte, daß man sofort ein Heer ausrüstete und die Ausführung dem Solon übertrug. Das Glück war ihm günstig, und Athen kam wieder in den Besitz der Insel.
Da der Staat trotz der von einem gewissen Drakon gegebenen Gesetze nicht zur Ruhe kommen konnte, und namentlich sich drei Parteien, die reichen Grundbesitzer, die wohlhabenden Kaufleute an
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— 15 —
der Meeresküste und die armen Bewohner der Berge einander bekämpften, so richteten sich die Augen Aller auf Solon, der durch seine Weisheit und Freundlichkeit das Vertrauen des Volkes gewonnen hatte und durch seine Vermögensverhältnisse in der Mitte zwischen den Reichen und den Armen stand. Ihm übertrug man -as Amt, die inneren Verhältnisse zu ordnen und den Frieden herzustellen. Zuerst erleichterte er durch geschickte Mittel den Armen die Möglichkeit, ihre Schulden zu bezahlen, und verbot, daß hinfort die Schuldner den Gläubigern als Sclaven verfielen. Dann setzte er den Areopag, einen alten, ehrwürdigen Gerichtshof, in sein früheres Ansehen wieder ein und übergab ihm die Aufsicht über die Sitten der Bürger, wie die Untersuchung der schweren Verbrechen. Die neun Archonten behielt er bei; er gab der Volksversammlung bedeutende Rechte; sie entschied durch Abstimmen über die wichtigsten Staatsangelegenheiten, über Krieg und Frieden, über Abschließung von Bündnissen, über neue Gesetze oder Abschaffung früherer, und hatte das Recht, die Beamten zu wählen. Neben derselben stand der Rath der Vierhundert, der die Gesetze vorher berieth, ehe sie der Volksversammlung vorgelegt wurden. Außerdem theilte er das Volk nach dem Grundbesitze und den Vermögeusverhältnissen in vier Klassen, um danach die Leistungen für den Staat, namentlich den Kriegsdienst, zu bestimmen. Die Mitglieder der vierten und ärmsten Klaffe durften in der Volksversammlung mitstimmen, konnten aber keine ^taatsämter bekleiden und dienten im Kriege nur als Leichtbewaffnete oder auf der Flotte. Als diese seine Maßregeln, so weise sie auch waren und den Verhältnissen entsprachen, dennoch nicht Alle befriedigten, begab Solon sich auf Reisen, nachdem er die Bürger hatte schwören lassen, seine Gesetzgebung zehn Jahre zu halten. Auf diesen Reisen kam er auch zum Crösus, dem reichen Könige von Lydien in Kleinasien, der sich für den glücklichsten der Menschen hielt. Solon warnte ihn, dem Glücke zu trauen und legte ihm seine Ansicht vom wahren Glücke dar, indem er ihm vom Tellus erzählte, einem athenischen Bürger, der im blühenden Kreis von Kindern und Enkeln bei ausreichendem Einkommen gelebt habe und den schönen Tod für das Paterland im Kampfe mit einem Nachbarvolke gestorben sei. Als sich Crösus darüber verwunderte und fragte, wer denn nach diesem der glücklichste sei, nannte er ihm
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Extrahierte Personennamen: Scipio_Nasica Scipio Scipio Scipio Cajus Cajus_Gracchus Marius Marius Cajus_Marius Marius
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bei Mahl und Pracht mit ihren Freundinnen; die Lncretia aber,
als sie spät in der Nacht nach Collatia kamen, wo sie wohnte, saß
im Kreise ihrer Mägde mit Weben beschäftigt. Ihr erkannte man
den Preis zu. Die Schönheit und Aumuth der Lucrelia reizte aber
die Begierde des Sextus; nach einigen Tagen kehrte er zurück und forderte Ungebührliches von ihr; als sie standhast widerstrebte, wandte er Gewalt an und mißhandelte sie. Als er fortgegangen war, schickte sie im gerechten Schmerz über die angethane Schmach Boten an ihren Vater und ihren Mann mit dem Aufträge, sie mochten sich sofort zu ihr begeben. Mit ihnen kam auch Lucius Juuius Brutus, ein Schwestersohn des Tarquinins, der durch verstellte Einfalt den Verfolgungen des argwöhnischen Königs bisher entgangen, während sein Bruder von demselben ans dem Wege geräumt war. Lucretia theilte ihnen mit, was Sextus verübt hatte, und durchbohrte sich daun selbst mit einem Dolche. Diesen zog Brutus aus der Wunde und schwur, den Frevel rächen zu wollen und den König sammt seinem ganzen Geschlechte aus Rom zu vertreiben. Dann eilte er nach Rom, versammelte hier das Volk und schilderte in einer kräftigen Rede die Tyrannei des Königs, den Uebermnth seiner Söhne und die schändliche That des Sextus. Das Volk, durch diese Rede aufgeregt, beschloß die Entsetzung des Königs und t)ie Verbannung seiner ganzen Familie. Hieraus begab Brutus sich ins Lager bei Ardea, und das Heer stimmte freudig den Beschlüssen des Volkes bei. Tarquinins Superbus war nach Rom geeilt; da er aber die Thore der Stadt verschlossen fand und ihm die Verbannung angekündigt wurde, ging er nach Etrurien, und ihm folgte seine Familie. In Rom wurde nach 244jähriger Dauer die Köuigsherrschaft abgeschafft, die republikanische Verfassung eingeführt und statt der Könige zwei verantwortliche Consuln jedesmal für ein Jahr als die Leiter des Staates eingesetzt. Die beiden ersten Consuln waren Lucius Juuius Brutus und Tarquiuius Collatiuus.
§ 5. ^orjennl.
Der verbannte Tarquinins ließ kein Mittel unversucht, die Herrschaft wieder zu erlangen. Zuerst ließ er heimlich durch Abge- * sandte eine Verschwörung unter den jungen vornehmen Römern stiften, die seine Wiedereinsetzung zum Zwecke hatte. Dieselbe wurde
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