Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Neue Landeskunde des Königreichs Württemberg - S. 65

1911 - Stuttgart : Holland & Josenhans
— 65 — hier dicht bewaldet; aber die Felsen sehen nur noch vereinzelt aus dem Laubwald heraus und verschwinden zuletzt ganz. 1. Ihre Gliederung: Die beiden einander entgegenziehenden, sast unmerklich ineinander übergehenden Täler des Kochers und der Brenz zer- schneiden die Ostalb in zwei Teile. Der westliche Flügel ist das Aalbuch, mit der im Süden anstoßenden Heidenheimer und Ulmer Alb, der östliche das Härtsfeld. a) Das Aalbuch. Aus dem westlichen Ausläufer des Aalbuchs erheben sich zwischen Fils und Rems drei der prächtigsten Vorberge der Alb, die Kaiserberge .Hohenstaufen (684 m), Rechberg (707 m) und Stuisen (757 m). Der Hohenstaufen mit der Ruine Rechberg im Vordergrund. kegelförmige Hohenstaufen ist vom Albrand am weitesten entsernt. Er trug einst die stolze, weit ins Land hinausschauende Stammburg der hohen- stansischen Kaiser. Im Bauernkrieg wurde sie zerstört, von ihren Resten ist nichts mehr zu sehen. Der zweihöckerige Rechberg trägt eine Burgruine nud eine Wallfahrtskirche. Der Stuifen, der höchste der drei Kaiser- berge, ist völlig kahl. Einer der schönsten Berge der Alb ist der Rosen st ein bei Heubach. Er ist kein Vorberg des Aalbuchs, sondern ein Felsenerker der Albhochsläche. Seiner Ruinen, Felsen, Höhlen, Ringwälle und prächtigen Aussicht wegen wird er viel besucht. Das Aalbuch ist fast ein reines Waldgebiet, reich an prächtigen Buchen- wäldern, in denen sich noch Hirsche herumtreiben. Neuerdings wird auch Tannenwald aufgeforstet. Nur der südwestliche Teil, die lehmbedeckte Geis- liuger Alb, ist fruchtbares Ackerland. Merkwürdige Trockentäler des Aal- buchs find das Stubental und dessen Seitental, das zwischen Bartholomä und Steinheim sich hinziehende Wendtal. Das stille, waldige Wendtal ist wegen seiner seltsam geformten Felfen berühmt. Nach Gewitterregen und Württ. Landeskunde. Z

2. Neue Landeskunde des Königreichs Württemberg - S. 71

1911 - Stuttgart : Holland & Josenhans
— 71 Oberlandes und gewährt eine herrliche Rundschau. Die ganze oberschwäbische Ebene bis zum Bodensee mit unzähligen Dörfern und Städtchen, und da- hinter die Alpenkette von der Zugspitze bis zum Berner Oberland, die stille, einsame Wasserfläche des Federsees im Südosten, die sanften Abhänge der Alb im Nordwesten: das gibt eine Rundschau, wie sie wohl kein zweiter Berg unseres Landes gewährt.' Auf dem Bussen steht eine Wallsahrtskirche, die von frommen Pilgern jahraus jahrein besucht wird. Auch Ruinen einer alten Burg sind noch 'vorhanden. 2. Bewässerung: Die Lehmdecke und die geringe Bodensenkung lassen das Wasser nicht leicht einsinken oder ablaufen. Der Boden ist sehr wasserhaltig, und das nördliche Oberschwaben ist daher reich bewässert. An seinem Nordrande fließt die Donau hin, die bei Scheer ihren Durchbruch durch die Alb vollendet hat. Sie fließt nun, ihre nordöstliche Richtung bei- behaltend, ant Fuß der sanft abfallenden Alb hin; nur auf der kurzeu Strecke zwischen Zwiefaltendorf und Mnnderkingen muß sich der Fluß noch einmal durch die Albfelsen hindurchzwängen. Dann aber solgt die Donau völlig dem Albsaum, bis sie.hei Ulm unser Land verläßt. Welch ein Unterschied zwischen dem engen Felsentale von Tuttlingen bis Schee^und dem Tale von Scheer bis Ulm! Hier ist das Donautal oft über eine Stunde breit, und die Tal- wände sind sehr flach. Träge schleicht die Donau durch die weite Talebene hin und bildet Flußschlingen und Altwasser. Solange das Donaubett noch nicht geregelt war, traten sehr häufig Überschwemmungen ein. Die Ort- schasten liegen daher nicht am Flusse selbst, sondern an den sanft ansteigenden Talhängen. Weite Strecken der Talebene sind sumpfig. Auf ihnen wächst faures Gras, das schlechtes Futter gibt. Männer mit langen Stiefeln heben mit einem Spaten den schwarzen Boden in backsteinähnlichen Stücken aus und beigen diese zum Trocknen auf. Es ist Torf. Er ist aus den Riedgräsern entstanden, die den schwarzen Boden überdecken. Die getrockneten Torfstücke werden zum Brennen benutzt. Nach etwa 30 Jahren hat sich auf einem aus- gestochenen Torffeld aus den unter dem Wasser abgestorbenen Pflanzen wieder Torf gebildet, und das Torfstechen kann von neuem beginnen. Flächen mit solch schwarzem, moorigem Boden nennt man im Oberland Riede. Die Riede sind in Oberschwaben sehr verbreitet. Im Donautale selbst liegen das Donauried bei Riedlingen (Name), das Rottenacker Ried zwischen Muu- derkiugeu und Ehingen und das Erbacher Ried. Neuerdings ist im Donau- tale der Torsboden vielfach entwässert und in Futterwiesen, ja selbst zu Äckern umgewandelt worden. In die Donau fließen aus Oberschwaben die Ostrach, Schwarz ach, Kanzach, Riß, Westernach, die aus den zwei Quellbächen Dürnach und Rottum entsteht, und die Rot. Ihre Täler sind sehr flach und breit, und ihr Waffer ist vou brauner Farbe, weil die Flüffe meist in Torfmooren ihren Ursprung haben. Still und trägen Laufes schleichen sie über Wasserpflanzen hinweg durch meist moorige Talsohlen der Donan zu. Die Jller, der größte Zufluß der Donau auf württembergischem Ge-- biet, entspringt nicht im Oberland. Sie kommt weither aus den Algäuer Alpen. Raschen Laufs wälzt sie ihre Fluten durch ihr breites Tal. Oberhalb Ulm mündet sie in die Donau. Ihre milchweißen Gletscherwasser verdoppeln die Wassermasse der Donau, so daß diese vou hier ab schiffbar wird. Im nördlichen Oberschwaben ist nur ein bedeutender See vorhanden,

3. Neue Landeskunde des Königreichs Württemberg - S. 26

1911 - Stuttgart : Holland & Josenhans
26 Kohle kommt immer eine Lage Eisen. Hierauf rinnt der glühende Strom durch die Glut hindurch nach unten, wird dort in große Kessel gebracht und aus diesen in die Formen gegossen (S. 68). Reinlicher und deshalb nicht minder interessant sind dann auch die Maschinenräume, in denen gedreht, gehobelt, gefräst wird. M!t einer Selbstverständlich- keit, die verblüffend ist, bearbeitet man hier das Metall, wie denn es sich um weiches Holz handelte, und es ist ein erhebender Gedanke sür den Menschen, daß er die Natur- kräfte Wasser, Dampf, Elektrizität schon so in seinen Dienst gezwungen hat, daß sie ihm helfen müssen, den göttlichen Beseht durchzuführen: „Machet euch die Erde Untertan!" So ist aus der alten Reichsstadt Reutlingen ein Tummelplatz moderner Arbeit geworden. Ihre Mauern sind gesprengt, und über die einstigen Wallgräben hinweg hat sie sich mächtig nach allen Seiten ausgedehnt, im kleinen ein Bild der Gefamtent- Wicklung unseres Volkes. Täglich kommen Tausende von Arbeitern und Arbeiterinnen aus weitem Umkreis herein nach Reutlingen, zu Fuß, per Fahrrad und per Bahn, so daß diese Stadt tatsächlich ein Jndustriemittelpunkt ist, der bis weit auf die Alb hinauf und hinunter ins Neckartal bestimmend ist für die Lebenshaltung der Bevölkerung. Blick in den Spinnsaal von Ulrich Gminder in Reutlingen. Die Reutlinger Industrie hat nach allen Seiten ihre Ausläufer vor- geschickt. Das Echaztal bis hinauf nach Hönau (S. 59) ist eine natürliche Judustrieftraße geworden, ebenso das Ermstal von der Mündung bei Neckartenzlingen über Metzingen hin weit in die Alb hinein bis nach Urach hinauf. Auch nach den Hohenzollernschen Landen bis gegen Tübingen und Wössingen reichen die Vorposten der Reutlinger Industrie. Nordöstlich von Metzingen beeinflußt die Industrie von Neuffen, Nürtingen, Kirch heim u. T., Unterboihingen und Weil heim weithin das Alb- Vorland wie die Albtäler. Noch großartiger ist aber die Industrie des Filstals, für welche die reichen Wasserkräfte der Fils nutzbar gemacht werden. Durch die württ. Hauptbahn, die ein Stück der wichtigsten Verkehrslinie Paris—konstanti- nopel darstellt, ist dieses Tal dem Weltverkehr angeschlossen. So beför- dern reiche Wasserkräfte und eine gute Verkehrslage das An- wachsen der Industrie. Im Filstal reihen sich daher von Geislingen

4. Neue Landeskunde des Königreichs Württemberg - S. 17

1911 - Stuttgart : Holland & Josenhans
17 Die einzelnen Teile des Ebenenlandes sind von Süden nach Norden: 1. Die Baar. a) Die Landschaft: Den Namen Baar trägt die Hochfläche zwischen Schwarzwald und Alb, das Quellgebiet des Neckars. Der größte Teil dieser ungefähr 700 m ü, d. M. gelegenen, trotz ihres rauhen Klimas sehr ge- treidereichen Hochebene gehört zu Baden, der württ. Teil zieht von Schwen- ningen bis Rottweil. Wald findet sich nur auf den Höhend) Die flachen Täler sind meist sumpfig. Im Schwenninger Moor liegt die mit Steinen eingefaßte Quelle des Neckars. Das Bächlein wächst rasch zum Fluß au, der bis Rottweil in einem flachen Tale dahineilt. Die Be- wohner der Baar beschästigen sich mit Ackerbau und Viehzucht, besonders aber mit Industrie. d) Orte: Der Hauptort der württ. Baar ist Schwenningen, das in den letzten 30 Jahren aus einem Marktflecken mit vorwiegend laud- wirtschafttreibender Bevölkerung zu einer der blühendsten Industriestädte Württembergs (13 000 Einw.) geworden ist. Hauptindustriezweig dieser Stadt ist die Uhrensabrikation (Fachschule für Uhrenfabrikation und Fein- Mechanik). Von Bedeutung sind auch die Schuhfabriken und die Holzindustrie (.Möbelfabriken, Zündholzfabriken). Trossingen. (5000 Einw.) ist der Hauplort der Mund- und Ziehharmonikafabrikation. In Wilhelms- hall, einer staatlichen Saline bei Rottweil, wird Salz gewonnen. Badische Orte der Baar sind Villingen (Uhrenfabrikation) und Donau- es ch in gen (fürstl. Schloß und „Donauquelle"). Dürrheim, Solbad. c) Eisenbahnen: Die Baar ist durchzogen von der Bahn Vil- l in gen — Schwenningen — Rottweil, die die Verbindung zwischen der bad. Schwarzwaldbahn und der oberen Neckarbahn herstellt. 2. Das Gäu. a) Die Landschaft: Das Gäu grenzt im Westen au den Schwarz- wald, im Süden an den Neckar zwischen Horb und Tübingen, im Osten an den Schönbuch, die Solitüder Berge und die Glems, im Norden an die Enz. Es senkt sich von Süden nach Norden. Am höchsten sind die Höhen über dem Nagoldtal (600 m), während die Gegend über der Enz noch 350 m hoch liegt. Der südliche Teil führt den Namen Oberes Gäu, die nörd- liche Hälfte heißt Stroh gäu. Das Klima ist namentlich im nördlichen Teile mild und der Boden meist mit fettem Lehm oder Löß bedeckt. Daher ist die ganze Gegend sehr fruchtbar. Der Boden ist zu kostbar, als daß er als Waldland dienen könnte. Überall sieht man daher weite Fruchtfelder mit schweren Ähren, über denen hoch in der Luft die Lerche trillert, während im Getreide der Schlag der Wachtel ertönt. Das Gäu ist die Korn- kammer Württembergs. Aber es werden auch in großen Mengen Futterpflanzen, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Zuckerrüben und im südlichen Teile viel Hopsen gepflanzt. Der Hopfen kommt auf die großen Hopfen- markte in Herrenberg und Rottenburg. Um die Ortschaften liegen Obst- gürten, die Straßen sind mit Obstbäumen eiugesaßt. *) Im Schwenninger Gemeindewald steht die größte Tanne Deutschlands, der „Hölzlekönig"; sie ist 42 m hoch, hat 6 m Umfang, und ein Alter von etwa 350 Jahren. Württ. Landeskunde. 2

5. Kriegsbuch für die Jugend und das Volk - S. 153

1916 - Stuttgart : Franckh
153 erzwingen, das so tapfer begonnene Werk vollends krönen und beging dabei den Fehler, daß er die Schwierigkeiten und den Feind unterschätzte und die Leistungsfähigkeit der eigenen Truppen überspannte, so daß ein Rückschlag nicht ausbleiben konnte. Dazu kam, daß nicht genügend für den Nachschub von Proviant und Munition gesorgt war, so daß namentlich diese in bedenklichster Weise zur Neige zu gehen begann. Militärisch vollends unhaltbar wurde aber die Lage dadurch, daß die südlich von Visegrad stehende serbisch-montenegrinische Heeresgruppe wieder vordrang und im Verein mit zwei andern, aus dem Sandschak hervorbrechenden montenegrinischen Brigaden die österreichische Rück-zngslinie anss schwerste bedrohte. Unter diesen Umständen war die Stellung des rechten öfter» reich-ungarischen Flügels nicht zu halten; er mußte ant 7. Dezember zurückgehen, erst langsam, dann schneller. Nur dem unvergleichlichen Heldenmut der Truppen ist es zuzuschreiben, daß eine Katastrophe vermieden wurde. Dem in seiner rechten Flanke entblößten Zentrum blieb nichts übrig, als sich diesem Rückzüge anzuschließen, der nun unaufhaltsam wieder bis zum linken Ufer der Drina führte. Über die dabei stattgehabten schweren Gefechte wissen wir noch nichts, wenn wir uns nicht den trüben Havas-Quellen anvertrauen wollen. Daß es hierbei ohne starke Einbußen an Mannschaften und Kriegsmaterial nicht abging, ist der Natur der Dinge nach selbstverständlich und wird auch in dem österreichischen Bericht offen zugegeben, ebenso die bedenkliche Lockerung der österreich-ungarischen Front. Eine „Umgruppierung", wie der beschönigende Ausdruck in diesem Kriege lautet, mußte vorgenommen werden. Traurig war es, daß bei dem völligen Rückzug der Gesamtfront auch Belgrad unhaltbar und deshalb am 14. und 15. Dezember kampflos wieder geräumt wurde. Triumphierend zog König Peter mit den beiden Prinzen unter dem Jubel Ler Bevölkerung au der Spitze feiner Getreuen wieder in seine Hauptstadt ein. Es wäre falsch, wollte man in Abrede stellen, daß der Mißerfolg der so glänzend begonnenen österreichischen Offensive einen in mehr als einer Hinsicht recht empfindlichen Rückschlag dargestellt, der nicht hätte kommen dürfen und der bei besseren Anordnungen wohl auch zu vermeiden gewesen wäre. Dreiviertel Jahre später kam der Tag der Rache, als die übermütig gewordenen Serben an keine Vergeltung mehr dachten. Ein Siegeszug sondergleichen fegte die verderbten Machthaber hinweg und vertrieb sie aus ihrem Land. □ □ Die Nutzbarmachung des Luftstickstoffes. von Dr. G Unsere Feinde hatten es sich feit Jahren bereits so schön ausgeklügelt: ihre gewaltige zahlenmäßige Übermacht zu Wasser und zu Lande würde in kürzester Zeit die deutschen Heere überrennen und unsere Flotte versenken — dann fei es ein Leichtes unseren blühenden Handel an sich zu reißen, unsere hochstehende Kultur in den Staub zu treten und unseren von Jahr zu Jahr sich mehrenden nationalen Wohlstand zu vernichten. Und wie ganz anders ist es gekommen! — Da reiste ein neuer tückischer Plan, so recht nach dem Wesen jener Krämerseelen jenseits des Kanals: Deutschland von jeder Zufuhr aus dem Auslande abzusperren und ihm damit die weiteren Lebensbedingungen zu nehmen. Es wird ihnen auch so nicht gelingen; haben sie doch dabei nicht bedacht, wie wunderbar deutscher Erfindergeist, unsere unübertreffliche Industrie und eine bis ins Kleinste gehende Organisation auch hier im Lande zu erringen wissen, die denen unserer tapferen Heere draußen im Felde gleichzustellen . Hinze. mit 1 Abbildung. sind und uns beit Endsieg verheißen. Auch die zeitweilig doch mit bangender Sorge verknüpfte Frage, wie wir die Rohstoffe zur Herstellung der Munition beschaffen könnten, ist glücklicherweise durch die Anpassungsfähigkeit unserer Industrie in einer Weise gelöst, daß wir auch in dieser Hinsicht getrost in die Zukunft schauen können. Bei einer dieser wichtigsten Fragen wollen wir heute verweilen. Woher bekommen wir geeigneten und ausreichenden Ersatz für den früher aus dem Ausland bezogenen Salpeter, dieses für die Sprengstofftechnik wie für die Landwirtschaft in gleicher Weise unentbehrliche Salz? Die Salpeterlager in Chile, der nahezu einzigen bisherigen Bezugsquelle, nehmen zwar eine Fläche von etwa 25 000 qkm ein, sie sind jedoch nicht unerschöpflich; nach einer gewiß nicht zu hoch gegriffenen Schätzung der chilenischen Regierung sollen noch 240 Millionen Tonnen vorhanden sein. Da jedoch jährlich mindestens 2 Millionen Tonnen ausgeführt werden, so

6. Kriegsbuch für die Jugend und das Volk - S. 169

1916 - Stuttgart : Franckh
169 Ein Nachtgefecht an der Bsura. In den Stellungskämpfen des jetzigen Krieges muß das Hauptgewicht auf Nachtangriffe gelegt werden. So sonderbar es klingt, ist von dem Schlachtengemälde der Gegenwart, aus dessen ungeheuren Ausmaßen das Auge immer nur einen kleinen Ausschnitt heraussuchen und festhalten kann, des Nachts ungleich mehr zu sehen als am Tage. Ein Kriegsberichterstatter, der die Bsuraschlachteu auf russischer Seite mitmachte, hat die wundersame Farbenpracht solcher Nachtkämpfe, wie sie auch in unserem heutigen Kunstblatt sehr schön zum Ausdruck kommt, höchst anschaulich zu schildern verstanden, er schreibt: Das Ausblitzeu in den Batterieu, die schwankenden Wellenlinien des hin und her zuckenden Gewehr-nnd Maschinengewehrseuers, die sich von den dunklen Massen scharf abheben, bieten ein Gemälde der großartigsten Gegensätze. Über dieses unruhige Geflacker hinweg ergießen sich dann die silbrigen Strahlen der Scheinwerfer, die grell in die Finsternis hineinstechen, und blendend steigen Raketen ans, die im Zerspringen den Himmel wie mit Quecksilber sprenkeln und das Pauorama vervollständigen, das in Weiß und Gold auf Den tiefschwarzen Hintergrund der Nacht gemalt ist. Rings ist in weitem Umkreis das Land von Lagerfeuern und brennenden Dörfern erhellt, die ihre schwelenden Flammen in einer Wolke von Rauch zum Himmel strecken. Diese roten Flecke wersen überall einen glühenden Schein über den Schnee, und ans diese wunderliche Farbensymphonie gießt durch einen Vorhang von Wolken der Mond sein schwaches Geisterlicht, so daß die Gestalten wie in einer traumhaften Beleuchtung zu verfchweben scheinen. Das flache, weiße Feld ist von einem Saum schwarzer Bäume eingefaßt. Hinter diesen dünnen Gehölzen stehen die Kanonen. Sie dehnen sich aus in einer langen Linie, und ihre unregelmäßigen Stellungen werden bezeichnet durch rote Flammenzungen, die □ Verständigung vom von Paul Da, wie die Praxis gelehrt hat, die meisten Fliegerunfälle sich nicht hoch in der Luft, sondern in den unteren Luftschichten ereignen, und da auch die beste Fliegermeldung völlig nutzlos ist, wenn sie nicht rechtzeitig und sicher den Empfänger erreicht, haben sich die Militärbehörde und eine ganze Reihe von Erfindern schon damit beschäftigt, den Fliegern ein unnötiges Landen und Wie- immer wieder emporschlagen. Der uns zuerst nur dumpf umhallende Geschützlärm wird zum brüllenden Kanonendonner. In einiger Entfernung, dort, wo der Himmel das Feld zu berühren scheint, zuckeu andere Blitze ans; es sind die der deutschen Kanonen. Manchmal durchbrechen vier solcher Blitze zugleich die Dunkelheit und zerreißen das matte Dämmerlicht mit ihrer grellen Helle. Für einen Augenblick ist die ganze Umgebung mit ihren phantastischen Schatten und hinhuschenden Scheinen in einen blendenden Glanz getaucht; dann nimmt eine andere flimmernde Beleuchtung das Auge gefangen. Es ist das Flimmerlicht einer platzenden Rakete, die in tausend Sternchen zerfällt und das weite Schneefeld überallhin erleuchtet, so daß es unter dem Feuerwerk schimmert. Aber fchon erscheint ein anderes Sicht am nebligen Himmel: ein Spritzer Gold. Das ist ein explodierendes Schrapnell, und fast auf demselben Punkte bersten noch die andern dieser Geschosse mit rotgoldenem Sicht. Dann schiebt sich der Riesenarm eines Scheinwerfers mitten hinein in die neblig wogende Atmosphäre und legt Häuser, Zäune und Wege in eine schonungslose Klarheit. Unschlüssig wandert der ungeheure Lichtsinger weiter über die Ebene, wie wenn er etwas suche und es nicht sinden könne. Zuletzt läßt er seinen kalten, glänzenden Strahl aus einen Hohlweg fallen und hält hier au. Nun flackern ans der Dunkelheit eine Unmenge kleiner Blitze hervor, die in der Entfernung aussehen, als würden plötzlich unzählige Streichhölzer angestrichen und gäben Funken. Die Funken rennen in einer geraden Linie hin, und diese springenden Lichtlein zeigen die Lage der Schützengräben an. Dann schneidet plötzlich ein Flammenband durch die Schatten und der scharfe Widerhall von Maschinengewehren beißt sich in die Nachtluft. □ und zum Flugzeug. Otto Ebe. mit 1 Abbildung. herabfliegen zu ersparen und trotzdem die zuverlässige Übermittlung der Meldungen und Kartenzeichnungen sicherzustellen. Die erstgenannte Forderung wurde noch durch das Kriegsbedürfnis unterstrichen, dem Flieger vor dem Start mehrere Aufgaben zu stellen, die er nur nacheinander lösen kann, die jedocy alle so dringlich sind, daß er mit der Mitteilung der ersten Meldung nicht bis zur

7. Kriegsbuch für die Jugend und das Volk - S. 138

1916 - Stuttgart : Franckh
138 Das Haus sehe ich mit allen Einzelheiten noch genau vor mir: ein Wohngebäude; die Haustür führte in eine große Stube, in der sich ein Kamin, Tisch und Stühle und ein offenstehender Küchenschrank befanden, eine zweite Tür gleich links beim Eingang führte in ein kleines Zimmer, das wohl als Schlafzimmer gedient hatte; ein Bett, ein Schrank, ganz dnrchwühlt, standen darin. Von der großen Stube aus ging eine Tür in einen kleinen, fast dunklen Raum, von dort aus konnte man mittelst einer Leiter auf den Boden gelangen. Ein Fensterchen (25 x 15 cm) in dem kleinen Raum öffnete sich nach dem Hohlweg zu. Aufgestapeltes Holz, ein Holzblock, ein Waschtrog, einige leere Kisten, ein Männerrock und ein Beinkleid waren das Inventar der Kammer. Gegenüber dem Eingang zur großen Stube führte eine-britte Tür in ein weiteres Zimmerchen mit Betten und Schränken. In der der Haustür gegenüberliegenden Stube hatten sich die zwei Infanteristen versteckt. Ich trug die beiden Bayern nun in die zweite, Stube links und legte sie dort auf die Erde. Daun verstellte ich die Tür mit dem Holzblock und dem Waschtrog, verriegelte sie. Eben wollte ich auf der Leiter zum Boden hinaufklettern, als dicht neben dem Haus eine Granate explodierte und die Sprengstücke durch das Fachwerkdach auf den Boden fielen. Ein Aufenthalt auf dem Boden war also zu gefährlich. „Wasser — Wasser, Kamerad," stöhnte der eine der Verwundeten. Ihre Feldflaschen waren leer, mir waren Brotbeutel und Feldflasche im Nahkampf abgerissen worden. Nichts konnte ich den vertzpurrdeten^Karneraden, die unter großen Schmer- 4 zen zu leiden hatten, geben. In demselben Augenblick hörte ich Schritte vor dem Haus. „Bleibt um Gotteswillen ruhig, nicht stöhnen, sonst sind wir verloren," konnte ich den Verwundeten noch zuflüstern. Gleich darauf waren die Schritte in der großen Stube. Ich sah durch den Türspalt: acht Engländer waren eingetreten; sie machten ihre Feldflaschen los, holten sich Wasser aus dem Brunnen vor dem Haus, setzten sich an den Tisch, öffneten ihre Konservenbüchsen, aßen, tranken und rauchten. Dann kamen noch mehr Engländer herein. Keiner sah sich aber weiter im Haus um. Ich hielt krampfhaft mein Gewehr umspannt und sah scharf durch den Türspalt, fest entschlossen, uns bis zum äußersten zu verteidigen. Im Notfall hatte ich ja noch meine Pistole, die letzte Patrone war für mich selbst bestimmt. So vergingen endlose drei Stunden. Plötzlich verließen alle Engländer das Haus. Ich kletterte nun die Leiter hinauf; durch das Bodenfenster konnte ich gerade noch den Hohlweg sehen bis zu der Stelle, bis zu der wir am Mittag vorgedrungen waren. Dicht an dem Haus stand ein Stall, aus dem man eine Ziege meckern hörte. Ein paar Schritt dahinter sing der Wald an. Hier schanzten die Engländer. Hinter ihnen standen drei Offiziere; ich konnte sehen, wie sie rauchten und lachten. Sie zeigten aus die im Hohlweg liegenden Leichen. Nur das Wort „Bayer" hörte ich deutlicher aus ihrem Gespräch heraus, und auch von den englischen Soldaten konnte ich dies Wort wiederholt vernehmen. Ich versuchte nun, vollends auf den Boden zu gelangen, mußte aber, um von den Engländern nicht gesehen zu werden, mich mit dem Oberkörper auf den Boden- belag legen und mich dann langsam hinaufziehen. Ich kroch nun vorsichtig bis ans Dach, um auf das Feld hinauszusehen: der Waldrand und das Feld waren bedeckt mit Seichen und Verwundeten deutscher und englischer Soldaten. Auf der anderen Seite des Hauses sperrte mannshohes Gestrüpp am Hohlweg die Aussicht. Ich fand Heu auf dem Boden, das ich mitnahm, um die Verwundeten darauf zu legen. Ich war gerade damit beschäftigt, ihnen einen Verband anzulegen, als wieder Engländer in die große Stube kamen. Auch diesmal sahen sie sich nicht im Haus um. Die ganze Nacht blieben sie drin. Erst als es zu dämmern anfing, holte jemand sie alle aus der Stube heraus. Wir hatten uns die ganze Nacht über nicht gerührt. Nnn kroch ich wieder die Leiter hinauf und konnte sehen, daß die Englänber sich am 2ba(b-ranb verteilten. Dann enblich verbanb ich die zwei Kameraden. Inzwischen schlugen in nächster Nähe des Hauses die deutschen Granaten ein, so daß das ganze Haus zitterte. Die Sprengstücke flogen durch das Dach in unseren Raum hinein. Das Artilleriefeuer würde immer stärker, auf einmal brach es ab, und nun setzte auf der englische« Seite ein Gewehr- und Maschinengewehrfeuer ein, das nervenaufpeitschenb war. So tatlos mußte ich zusehen, mußte basitzen, konnte nicht mithelfen, die Engländer unschädlich zu machen. Die Verwundeten fingen zu stöhnen an. „Wasser— Wasser, Kamerad." — „Seid nur ruhig, die Deutschen kommen, dann bekommt ihr zu trinken, nur^.ruhig liegen bleiben." — „Wirklich wahr? Kommen die Deutschen? Sieh doch noch mal nach!" Ich kletterte nun wieder auf den Boden und da sah ich die Deutschen am jenseitigen Waldrand hervorbrechen und näherkommen. Die Engländer liefen einzeln zurück. „Gott sei Dank!" Ich brachte den zwei Kameraden diese frohe Mitteilung. Von meinem Ausguck sah ich gespannt dem Gefecht weiter zu: geschlossene Abteilungen von 50—60 Mann kamen anmarschiert, schwärmten ans, um den Waldrand zu besetzen. Eine Maschinengewehrabteilung rückte im Marsch - Marsch an. Als ich dann an die Seite des Feldes kroch, mußte ich zu meinem Schrecken sehen, daß die Deutschen, die etwa bis zur Hälfte des Feldes vorgekommen waren, teils zurückkrochen, teils zurückschlichen, verfolgt vom Feuer der Engländer. So manchen Deutschen sah ich da fallen. Vorbei! Wer weiß, wann die Deutschen jetzt wieder einen Angriff machen! Wie schwer wurde es mir, das Ergebnis des Gefechtes den armen Verwunbeten mitzuteilen. Es war Allerheiligentag. Das Feuer, das eine Zeitlang ausgesetzt hatte, wurde stärker, und dann fing die beutsche Artillerie zu feuern an, daß das Haus bebte. Nun melbeten sich Hunger und Durst und würden immer stärker. Die armen Verwunbeten stöhnten und jammerten leise. Stimmen, die anfcheinenb ans dem Ziegenstall kamen, würden laut, dann Schritte und wieber kamen Englänber in die große Stube. Sie betrachteten ein mitgebrachtes beutsches Gewehr und einen Jägerhelm. Ich stctrtb nun wieder an der Tür, sah scharf hinaus, das Gewehr war schußfertig. Am Abend kamen noch mehr Engländer, die ihr Abendbrot einnahmen. Das Artilleriefeuer hatte nachgelassen, aber jetzt fing das Kleingewehrfeuer wieder an. Die Engländer ver-

8. Kriegsbuch für die Jugend und das Volk - S. 145

1916 - Stuttgart : Franckh
Die Granate. von z. Schrönghamer-Heimdal. Den ganzen Nachmittag hat das Granatfeuer gewütet. Nun es Abend wird, schweigt es. Die Nebel steigen über der breiten Somme weiß und duftig wie Schrapnellwölkchen — oder sind es solche? — Ein leiser Regen rinnt auf die Unterstände vor dem Granatwäldchen auf dem diesseitigen Sommeufer, in der Ferne ist ein Fahren von Feldküchen und Fuhrparkkolonnen, ein fremder Nachtvogel ruft mit bangem, langgedehnten Laut. Der Einjährige-Unteroffizier Priller zieht die Zeltbahn zurück, die den Eingang zum Unterstand verhüllt, und lauscht ein wenig in Dunkel und Schweigen. Und wie er den Regen so leise rinnen und rauschen hört, wird ihm heimselig zu Mut. Es ist ihm, als wäre er daheim im Schnlhause in seiner Stube — und wohlig sühlt er den eintönigen Regentakt aus dem Schindeldach und das Toseu der überschäumenden Trau-sen. Eine Weile gibt er sich der schönen Täuschung hin, dann zieht er die Zeltbahn wieder zurück, indes der Gefreite Bergmvser ein Kerzen-stümplein anzündet. Der Lehrer-Unteroffizier holt eine Feldpostkarte hervor und sagt: „Jetzt will ich meinen Kindern daheim eine Karte schreiben. Hundert sind's! Hundert blonde, pausbäckige Schulkinder. Und ihr müßt auch alle unterschreiben, damit —" Er spricht den Satz nicht aus. Er wollte sagen: „Damit sie ein Andenken haben, wenn sie mich nicht mehr sehen sollten." Es war ihm wieder einmal so seltsam unerklärlich zumut; wie atemlose Beklemmung liegt's auf ihm und drückt ihn. Dann schüttelt es ihn. Es sind die Nerven," denkt er. „Das kommt vorn ewigen Grauatseuer, vom ewigen Liegen und Lauern in den Schützengräben, vorn langen, leisen, unheimlichen Warten aus —" Er deukt den Satz nicht zu Ende, sondern schreibt die Karte: „Liebe Kinder! Euer Lehrer schickt Euch aus dem Schützengraben die herzlichsten Grüße. Seid brav und fleißig, damit Ihr mir und Euren Eltern Freude macht. Aufs Wiedersehen freut sich Euer wohlmeinender Lehrer Georg Priller." M. Krtegsbuch Vii. 1915116. 9. Der Gefreite Bergmoser nimmt die Karte und setzt seinen Namen darunter. „Schreiben kann ich nicht schön," sagt er wie entschuldigend. In diesem Augenblick stößt der Nachtwind au die Zeltbahn und bläht sie auf. Fröstelnd fährt der Gefreite auf und hält die Hand über das karge Kerzenlicht, damit es der Wind nicht ausbläst, denn Zündhölzer hat er nicht mehr. Wie sollen sie dann Sicht machen? — „Seht, Kameraden," sagt er dann, „hier ist alles so feindlich. Sogar der Wind hält zu den Franzosen! Jetzt will er uns die Kerze ausblasen, damit wir die Karte au die Kinder nicht fertig schreiben können. Gar keine Freude will uns dieses verfluchte welsche Land mehr lassen." Das handgeschützte Licht flackert lange unruhig hin und her, bis der Wehrmann Wild-sener die Zeltbahn zwischen Erdschollen festspannt. Stumm ist's eine Weile im Unterstand! Was ist das für ein seltsam spannender Abend heute! Fünf Feldgraue in lehmgelben Mänteln lehnen an den Wänden des Unterstandes und alle starren unverwandt auf das hilflos flackernde Licht und alle denken denselben Gedanken: Wie schimmert das Blut so lichtrot durch die Finger des Gefreiten, der den armen Schein behütet. Wann wird das Licht verlöschen? „Ich habe fünf Kinder daheim und eine kranke Freut", sagt der Wehrmann Wildfeuer, der daheim nur ein schwer arbeitender Holzhauer ist. „An das muß ich immer denken: wovon werden sie leben, wenn ich nicht mehr bin?" „Ach, wer wird denn immer gleich das Schlimmste denken," tröstet der Lehrer. Mehr kann er nicht sagen. Was ist das heute nur? Draußen plätschert der Regen so geisterleis, die granatzerrissenen Bäume seufzen und schauern. Zuweilen fährt ein Jnfantetiegesthoß klatschend über die Unterstände hin. „Weib und Kinder hab' ich nicht," sagt der Gefreite Bergmoser. „Ich hab' nur zwei Hunde, die nicht wissen, wo ich bin und warum das Öerrle so lang’ ausbleibt. Glaubt mir's, das ist 10

9. Kriegsbuch für die Jugend und das Volk - S. 140

1916 - Stuttgart : Franckh
140 deren Seite selbst rauf, packte den Kameraden unter den Armen und setzte ihn dicht unter das abfallende Dach. „Aufpassen, nicht rühren." An dem Hohlweg standen die zwei Deutschen, vor ihnen die Engländer mit vorgehaltenem Gewehr. Ich mußte den anderen Kameraden holen und brachte beit Armen mit seinem vollständig zerschossenen Bein auch glücklich auf den Boden. „Wo sind die Deutschen?" fragte ich den zuerst auf den Boden gebrachten Jäger. „Totgeschossen! Da liegen sie ja!" Ich hatte wohl schießen hören, glaubte doch aber nicht, daß man die Deutschen erschießen würde. „Ruhig sein und aufpassen!" schärfte ich den beiden Kameraden nochmals ein. Dann turnte ich wieder herunter, riß Waschtrog und Holzhackeblock fort, rie-gelte die Tür auf und brachte Gewehr, Koppelzeug, Helm und Tornister noch mit herauf; dann zog ich die Leiter nach und bedeckte die Öffnung mit einem gutsitzenden Deckel. „Pst, sie kommen!" Richtig, da wird die Türe aufgestoßen, vier Köpfe sehen in die fast dunkle Kammer, sie ziehen sich aber sofort wieder zurück, dann machen die Engländer die erste Tür links aus. Wie sie auch hier nichts finden, verlassen sie das Haus wieder. Ich schleppte nun die zwei Verwundeten unter Tabakstauden, die auf dem Boden standen, legte sie so, daß sie Luft bekamen, machte mir dann selbst ein Versteck, so daß ich die große Stube gut übersehen konnte, gleichzeitig aber auch den Hohlweg. Es war still geworden, ab und zu fiel ein Schuß, bis am Spätnachmittag die Artillerie wieder den Hohlweg unter Feuer nahm. Das Stöhnen der armen Verwundeten wurde immer schrecklicher, alles Trösten war umsonst, und so beschloß ich, in der Nacht den Versuch zu machen, durch die englische Linie hindurchzukommen, um Nahrung für die zwei Verwundeten und mich zu holen. Es wurde Abend, und wieder kamen die Engländer in die große Stube, sahen auch nochmals in den anderen drei Räumen nach. Ich befestigte das Seil an einem Balken und wollte dieses gerade zum Bodenfenster herunterlassen, als die Engländer die große Stube verließen. Das war um 11 Uhr. Ich wartete noch über eine Stunde, dann kroch ich zum Bodenfenster und lauschte hinaus: es war still geworden. So ließ ich ganz leise das Seil hinunter, kroch durch das Fenster und glitt vorsichtig hinab. Nur meine Pistole und meinen Dolch hatte ich zu mir gesteckt, die Feldmütze aufgesetzt. Unten angekommen, warf ich mich sofort auf die Erde und kroch, mich zollweise vorschiebend, bis an den Hohlweg. Dann ging es vorwärts, öfters über die Leichen der Kameraden hinweg, ungefähr 30 Meter in den Wald hinein, immer am Hohlweg entlang. Immer näher kam ich an den Waldrand heran, bis ich ungefähr drei bis vier Meter von dem englischen Graben entfernt war. Im Wetterkriechen beobachtete ich angestrengt den Graben; zu sehen war aber nichts, ich mußte näher heran. Mit den Händen vorher tastend, schob ich mich ganz nahe heran. Der Graben war stark besetzt, vor dem Graben wurde gearbeitet; ich kroch bis auf vier Meter zurück, dann schlich ich weiter, den Dolch in der rechten Hand, ganz leise, ganz vorsichtig, ungefähr 80 bis 100 Meter, zwischendurch immer wieder versuchend, eine offene Stelle im Graben zu finden; aber immer war meine Mühe vergebens. Ich wollte nun versuchen, in der Höhe des Hauses am Hohlweg entlang zu kriechen, vielleicht hatte ich da eher Erfolg. Ich machte kehrt, kroch noch 15—20 Meter vom Schützengraben fort und schlich dann weiter dem Hohlweg zu. Auf einmal faßt eine Faust mich in die linke Hüfte, — kein Wort, kein Laut, — hält fest. Ich bin verloren! Blitzschnell kommt mir die Erkenntnis, ich schnelle mich herum und bekomme einen Menschen an der Brust zu fassen: ein Stich in den Hals, ein Durchreißen nach rechts, warmes Blut läuft über meine Hand, ein Umfichfchtagen eines Körpers, ein schwaches Röcheln. Dann war es still. Ein Mensch lag leblos vor mir. Ich schlich weiter, nicht mehr so vorsichtig wie bisher, aber doch leise, und kam in die Nähe des Hohlweges; dann hielt ich mich rechts, dem Hanse zu; zwei Mann liefen vor mir über den Weg, stolperten über die Leichen und verschwanden im Wald. Ganz leise erhob ich mich und verließ den Wald, kam bis an das Seil, zog mich ebenso leise hinauf, horchte nach unten, es war still; dann zog ich das Seil herauf. Ich kroch zu den Bayern, der eine lag wie tot da, der andere wimmerte leise. Nochmal versuchte ich sie zu trösten. Dann suchte ich meinen Schlupfwinkel auf. Die nächste Nacht wollte ich nochmals versuchen, die deutsche Linie zu erreichen. Ich horchte angespannt. Der Morgen kam, und die deutsche Artillerie Begann ihr Konzert; zwei Stunden lang währte es, und dann — plötzliches Stillschweigen und als Antwort darauf das Arbeiten der englischen Maschinengewehre. Ich kroch aus meinem Schlupfwinkel heraus, um das Gefecht zu verfolgen. Richtig, wieder gingen die Engländer einzeln zurück, dann kamen die Deutschen angeschwärmt über das Feld, immer wieder neue Kameraden schwärmten ein. Plötzlich: tak— tat—tak—tak, ganz dicht; richtig, am Haus hatten die Engländer zwei Maschinengewehre aufgestellt, und man merkte ihre Wirkung in den deiitschenlinien. „Herrgott, hilf mir! Jetzt ist es egal!" Ich kroch zu meinem Gewehr und dann schoß ich die Bedienungsmannschaften der Maschinengewehre ab, erst die Leute, die die Gewehre bedienten, und dann die anderen. Ich war so weit zurückgegangen, daß man mich nicht sehen konnte. Und in dem Höllenlärm gingen ja auch meine Schüsse unter. Auf einmal kamen die englischen Reserven an, über den Hohlweg, wieder in geschlossenen Abteilungen und mit aufgepflanztem Seitengewehr; da schoß ich denn in die Kolonnen hinein, die man von den deutschen Linien aus nicht sehen und auch nicht beschießen konnte. Patronen hatte ich genügend bei mir, und so schoß ich, was aus dem Gewehr herausging. Die Reserven stutzten erst, als immer gleich mehrere Mann zugleich fielen; der Führer zeigte nach halbrechts, dann schwärmten die Kolonnen aus und liefen in die vorderen Stellungen. Den Führer hatte ich selbstverständlich abgeschossen. Die nächsten anrückenden Kolonnen beschoß ich gleichfalls. Dann kroch ich wieder an die Seite, von der man das Feld übersehen konnte; richtig, die Deutschen waren fast am Waldrand ! Ich kroch wieder zurück und befeuerte die in voller Flucht abziehenden Engländer. Dann ging ich wieder an die andere Seite des Daches, und

10. Kriegsbuch für die Jugend und das Volk - S. 141

1916 - Stuttgart : Franckh
141 La waren die Deutschen schon am Waldrand, wurden aber immer noch von der Flanke beschossen. „Herrgott, hab' Dank!" Ich schrie nun vom Boden herunter: „Herr Hauptmann, kommen Sie hierher, die Maschinengewehre sind schon abgeschossen!" Der Offizier stutzte. „Was ist das für ein Kerl?" „Ein Deutscher, der seit dem 31. hier sitzt." „Wir kommen!" Ich machte dem Offizier, der mit acht Mann gekommen war, Meldung; dann holten wir die zwei Kameraden herunter. Wir bekamen zu essen und zu trinken, ich mußte erzählen; inzwischen kamen noch mehr Kameraden in das Haus, und da trug man auch schon die ersten Schwerverletzten von dem heutigen Gefecht herein. Rings um das Haus war Kampfeslärm, die Engländer beschossen die Deutschen unausgesetzt von der Flanke. Das Gefecht war zum Stehen gekommen. Dann kam der Oberst, Telephon wurde bis in die große Stube gelegt, und nun von hier aus durch ihu das weitere Gefecht geleitet, das stellenweise wieder aufgeflammt war. Ordonnanzoffiziere kamen und gingen; ich mußte dem Kommandeur erzählen, wir bekamen von diesem und den anderen Offizieren Wein und Schokolade. Den einen Kameraden hatte man zur Verbandstelle, die weiter zurücklag, getragen. Erst als man den zweiten Kameraden holte, fiel mir ein, daß ich die Kameraden, mit denen ich so fürchterliche Stunden verlebt hatte, gar nicht nach ihrem Namen gefragt hatte. Und so schrieb ich mir dann wenigstens den Namen des einen Kameraden auf. Noch einen letzten Händedruck, von beiden Seiten aufrichtige herzliche Wünsche, dann trug man den Kameraden auf einer Tragbahre fort zur Verbandstelle. Ich blieb zurück und mußte dem Herrn Oberst die Stellung der Engländer erklären. Ob die Engländer gemerkt hatten, daß man vorher von dem Boden des Hauses auf sie geschossen hatte, oder ob sie jetzt den Oberst, der hinaufgeklettert war, sahen — genug, sie eröffneten ein wahnsinniges Feuer ans das Dach, fo daß der Oberst schleunigst herunterspringen mußte. Daun kamen und gingen wieder Ordonnanzoffiziere und der Oberst telephonierte, studierte die Karten, gab Befehle. Ich erholte mich recht rasch und ging dann zu den Kameraden, die im Hohlweg lagen. In dem Gestrüpp rechter Hand Tagen die Engländer und schossen ununterbrochen. Am Nachmittag stürmten wir, und es gab wieder blutige, erbitterte Nahkämpfe. Am Abend ging ich zu meinem Truppenteil zurück, mußte mich aber durchfragen, da ich keine Ahnung hatte, wo mein Reginient lag. Um 1 Uhr nachts kam ich dann todmüde bei meiner Kompagnie an, die in Ruhe lag. Am anderen Morgen kamen wir wieder in den Schützengraben. □ □ Ariegr-Lhronik. Dezember. 16. Englische Überfallsversuche bei Armeutieres mißglücken. — Ebenso ein russischer Angriffsversuch zwischen Narosz- und Miadziolfee. — Die Österreich-Ungarn vertreiben die Montenegriner endgültig vom bosnischen Boden und eroberu Bielopolje. — Die vierte Jsonzo-schlacht kann als beendigt angesehen werden. 17. Französischer Fliegerangriff auf Metz. — Weitere Fortschritte in Montenegro. — Der kleine deutsche Kreuzer „Bremen" und eines der ihn begleitenden Torpedoboote wurdeu in der östlichen Nordsee durch ein Unterseeboot zum Sinken gebracht. — Gefechte zwischen Engländern und Arabern an der Westgrenze Ägyptens. 18. Andauernde Kämpfe in Montenegro. — Ein italienischer Vorstoß auf den Monte San Michele wird abgeschlagen. — Die Türken durchbrechen die englischen Stellungen bei Kut el Airtara. 19. An der Westfront lebhafte Artillerie-, Minen-und Fliegertätigkeit. Deutscher Fliegerangriff auf Poperinghe. — Türkische Offensive auf Gallipoli, die zur Wiedereinschiffung der Feinde in der Sulva-Bai und bei Ari Burnu führt. Ein französisch-englischer Angriff bei Seddul-Bahr scheitert. — Türkisch-arabischer Vormarsch gegen Aden. 20. An der Westfront glückliches Gefecht bei Hul-luch. — An der Ostfront wird südöstlich Wid-sy, am Wygonowskojesee, nordwestlich Ezar- torysk und bei Rafalovka gekämpft. — Weitere Fortschritte der Österreich-Ungarn bei Be-rarte. — Große Beute der Türken auf Gallipoli. 21. Deu Franzosen glückt die Wegnahme des Hartmannsweilerkopfes. — An der italienischen Front hauptsächlich Artillerietätigkeit. — Die türkische Artillerie bringt bei Kut el Amara zwei englische Monitore zum Sinken. — In Persien macht sich eine starke Bewegung gegen die Russen geltend. — Russisch-bulgarisches Seescharmützel vor Warna. 22. Rückeroberung des Hartmannsweilerkopfes durch die Deutschen. — Fortgesetzte Kämpfe gegen die Montenegriner an der Tara. — Lebhafte Gefechtstätigkeit an der Kaukasus-front. —• Artilleriekämpfe bei Seddul-Bahr. 23. Ausgestaltung des deutschen Erfolges am Hartmannsweilerkopf. — Russische Angriffe in Beßarabien werden abgeschlagen. 24. Erfolgreiche deutsche Minensprengungen bei La Bassee. 25. Au der Westfront leichtere Kämpfe bei Albert, in der Champagne und nördlich Sennheim. 26. Minenkämpfe bei Neuville und Eombres. — Für die Italiener verlustreiches Gefecht bei Rovereto. — Die Senuffeu zwingen die Engländer zur Räumung von Sollnm und Siva und bringen ihnen bei Matruh eine empfindliche Schlappe bei. 27. Am Hirzstein behalten die Deutschen die Oberhand. — Starke russische Massenangriffe an
   bis 10 von 1334 weiter»  »»
1334 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1334 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 76
1 18
2 7
3 9
4 53
5 274
6 17
7 231
8 22
9 6
10 234
11 64
12 72
13 1
14 9
15 3
16 63
17 2
18 17
19 20
20 8
21 15
22 4
23 13
24 11
25 43
26 33
27 36
28 45
29 6
30 57
31 422
32 7
33 86
34 87
35 23
36 42
37 665
38 43
39 34
40 4
41 10
42 149
43 54
44 5
45 88
46 97
47 7
48 12
49 9

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 4
1 136
2 8
3 15
4 18
5 13
6 13
7 43
8 105
9 76
10 0
11 8
12 24
13 12
14 11
15 39
16 124
17 599
18 1
19 63
20 376
21 125
22 18
23 80
24 55
25 22
26 23
27 3
28 33
29 27
30 7
31 2
32 12
33 25
34 14
35 35
36 42
37 27
38 10
39 164
40 8
41 45
42 72
43 33
44 5
45 71
46 9
47 4
48 8
49 13
50 11
51 8
52 41
53 5
54 38
55 16
56 151
57 3
58 16
59 15
60 9
61 6
62 19
63 8
64 15
65 11
66 14
67 166
68 73
69 26
70 23
71 36
72 22
73 69
74 74
75 41
76 30
77 625
78 6
79 6
80 10
81 26
82 117
83 48
84 56
85 11
86 65
87 73
88 20
89 42
90 21
91 49
92 290
93 7
94 311
95 16
96 126
97 8
98 225
99 28

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 392
1 223
2 336
3 295
4 226
5 583
6 791
7 581
8 109
9 649
10 328
11 156
12 558
13 340
14 197
15 235
16 601
17 184
18 176
19 380
20 111
21 272
22 231
23 59
24 777
25 346
26 619
27 355
28 553
29 157
30 349
31 227
32 310
33 2153
34 506
35 201
36 129
37 201
38 80
39 977
40 588
41 43
42 480
43 566
44 198
45 208
46 386
47 300
48 401
49 787
50 633
51 742
52 581
53 205
54 745
55 493
56 125
57 107
58 592
59 2449
60 161
61 263
62 765
63 189
64 435
65 570
66 59
67 396
68 225
69 8
70 872
71 286
72 205
73 849
74 360
75 612
76 203
77 645
78 405
79 269
80 647
81 3027
82 220
83 297
84 482
85 349
86 192
87 251
88 469
89 444
90 266
91 361
92 56
93 266
94 190
95 528
96 197
97 553
98 518
99 281
100 1879
101 179
102 690
103 580
104 172
105 112
106 274
107 369
108 159
109 319
110 417
111 317
112 303
113 242
114 379
115 184
116 463
117 79
118 257
119 454
120 217
121 675
122 188
123 314
124 755
125 380
126 157
127 559
128 306
129 416
130 114
131 1267
132 336
133 504
134 260
135 80
136 1602
137 282
138 142
139 422
140 531
141 150
142 476
143 815
144 180
145 565
146 332
147 131
148 421
149 75
150 312
151 264
152 924
153 205
154 258
155 485
156 596
157 218
158 389
159 279
160 189
161 214
162 395
163 280
164 237
165 333
166 685
167 206
168 205
169 264
170 119
171 532
172 341
173 978
174 162
175 2598
176 478
177 1956
178 132
179 892
180 206
181 285
182 1077
183 1674
184 311
185 122
186 236
187 325
188 411
189 270
190 86
191 423
192 346
193 393
194 373
195 376
196 876
197 411
198 264
199 295