Ho
Das Zeitalter des Augustus wurde auch zum goldenen der römischen
Literatur und Bildung. Denn seitdem die Römer durch ihre Eroberungs-
kriege mit den Griechen in so nahe Berührung gekommen waren, gewann die
griechische Literatur auch einen wesentlichen Einfluß aus die Römer. Sie
bildeten sich an griechischen Mustern und fingen an dieselben zu übertragen
und nachzuahmen. Namentlich seitdem griechische Philosophen und Redner
als Gesandte Athens in Nom erschienen waren und durch ihre gewandten
Redekünste, nach welchen sie mit gleich siegreicher Zungenfertigkeit für oder
wider dieselbe Sache sprechen konnten, die jüngern römischen Staats-
männer zur Bewunderung hingerissen hatten, fanden trotz des Widerstandes
des altrömischgesinnten Cato d. Aelt. griechische Philosophie und Beredtsam-
keit immer mehr Eingang in Rom. So blüheten noch vor dem Ende der
Republik die großen Redner Cicero, Hortensius, der auch durch seine
Beredtsamkeit sowie als Geschichtschreiber seiner eigenen Kriege berühmte
I. Cäsar, und die Geschichtschreiber S a l l u st und Cornelius N e -
pos, während der Odendichter Horaz, der durch sein Heldengedicht „die
Aeneide" und ein Lehrgedicht über den Landbau berühmte Virgil, der
Dichter der „Verwandlungen" (Metamorphosen) Ovid und der Fabel-
dichter Phädrus — sämmtlich römische Klassiker — das Augusteische
Zeitalter schmückten.
Unter der Regierung des Augustus wurde zum Zeichen des allgemei-
nen Friedens der Janustempel mehr als einmal geschlossen. Allein es
lag in der Natur des unermeßlichen Reichs, daß es eigentlich nie Frieden
haben konnte. Unter den Kriegen, welche unter Augustus zur Befestigung
oder zur Erweiterung der römischen Weltherrschaft geführt worden sind,
verdienen die gegen die Deutschen am meisten der Erwähnung. Nachdem
nämlich die Römer die Alpenkette gewonnen, bis an die Donau und den
Rhein vorgedrungen waren, wollten sie auch zur Eroberung des übrigen
Deutschlands schreiten. Allein hier brach sich der Eroberungsstrom an
dem Heldensinn eines großen und herrlichen Mannes, des Cheruskersür-
sten Arminius (Armin, Hermann) und seiner freiheitsliebenden
Schaarcn.
Des Augustus Stiefsöhne, Drusus und Tiberius, waren von
12bv. Chr. bis 5 n. Chr. in mehreren Feldzügen siegreich bis zur Elbe
vorgedrungen, wo dem Drusus ein riesiges Weib erschienen sein und seinen
nahen Tod geweissagt haben soll, hatten an den Usern des Rheins mehr
als fünfzig Kastelle (darunter Mainz) angelegt und Tiberius hatte so-
gar den Plan gehabt, mit starker Heeresmacht über die Donau zu gehen
und sich in der Mitte des Landes mit dem Statthalter von Niederdeutsch-
land, Sentius Saturninus, zu vereinigen. Daran war er nur durch
einen Aufstand der Völker Dalmatiens und Pannoniens (des westlichen
Theils von Ungarn) sowie durch die drohende Stellung des Markoman-
nenfürsten Marbod verhindert worden. Des Saturninus Nachfolger war
Quin tili us Varus, der, früher Statthalter in Syrien, die deutschen
Völker am Niederrhein und an der Weser mit demselben Hochmuthe glaubte
behandeln zu können, wie die an sclavische Unterwürfigkeit gewöhnten Orien-
talen. Nun waren allerdings viele Deutsche in römischen Kriegsdiensten
gewesen, hatten römische Bildung und Kriegskunst kennen gelernt und wa-
ren mit Bürgerrecht und Ehrenzeichen belohnt an den heimischen Herd
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Extrahierte Personennamen: Augustus Cato Cäsar Cornelius_N Horaz Augustus Augustus Armin Hermann) Augustus Drusus Tiberius Tiberius Sentius_Saturninus Varus
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weißem Gewände vor dem Altare das Gelübde ab, stets die Wahrheit zu
reden, das Recht zu behaupten, die Religion und ihre Diener, Wittwen und
Waisen und die Unschuld zu beschirmen und die Ungläubigen zu bekämpfen.
Außerdem übernahm jeder Ritter die Pflicht, zu Ehren seiner Dame zu
streiten, er trug ihre Lieblingsfarbe und machte ihren Namen zu seinem
Feldgeschrei. Ritterliche Kampfspiele (Turniere) an den Höfen des
Kaisers und der Fürsten zogen Ritter von allen Enden herbei: ein Herold
oder Wappenkönig prüfte die Ritterbürtigkeit der zum Kampfe sich Melden-
den; die Kämpfer fochten, in Gegenwart der Fürsten, der Damen, welche
den Preis austheilten, und unzählbaren Volks, zu Fuß und zu Roß, mit
Schwert oder Lanze. Ganz in Eisen gekleidet, saßen sie auf eisenbedeckten
Rossen und rannten mit langen schweren Lanzen gegeneinander an. Wer
den Gegner aus dem Sattel hob und aus den Sand streckte, blieb Sieger.
Nicht selten war der Kampfplatz mit Todten und tödtlich Verwundeten bedeckt.
Wie schon die alten Deutschen ihre Wappenschilde, meist Thierbilder, hatten,
so trugen auch die Ritter auf ihren Schilden sehr mannichfaltige Figuren
und zwar in den Farben der vier deutschen Hauptstämme. So nahm die
deutsche Reichsfarbe von den sächsischen Kaisern Schwarz, von den frän-
kischen Roth und von den schwäbischen Gold an. Die Geschlechtsnamen
mit dem Vorsatze von gehörten ursprünglich keineswegs ausschließlich dem
Adel an, sondern Jedermann konnte sich von dem Orte seiner Geburt oder
Wohnung also nennen. Durch die häufigen Fahrten nach Italien, die
Bürgerkriege und die Kreuzzüge hatte die Kriegslust in Deutschland derge-
stalt zugenommen, daß viele Dfittcr auf ihren Burgen sich nur durch Raub
und Fehde (aus dem Stegreife) erhielten. Von hier aus überfielen sie
ihre Privatfeinde oder reiche Reisende, Kaufleute, hohe Geistliche, nahmen
sie gefangen (was man niederwerfen nannte) und gaben sie nur gegen
ein bedeutendes Lösegeld wieder los (Zeitalter des s. g. Faust rechts).
Uebrigens herrschte auf den Ritterburgen eine große Gastfreundschaft, und
daß dort viel geschmaust und gezecht wurde, sehen wir aus den großen
Humpen und Deckelgläsern, die jetzt noch auf manchen alten Schlössern und
in Kunstkammern aufbewahrt werden.
Iii. Die romantische Dichtkunst.
Das Leben der Ritter gewährte der Dichtkunst mannichsachen Stoff
und Reiz und erzeugte die romantische Dichtkunst: im südlichen Frank-
reich (Provence) die Lieder der Troubadours, in England die der
Minstrels, in Deutschland die schwäbische Ritterpoesie und den
Minnegesang. Fahrende Ritter zogen als Minnesänger von Burg zu
Burg, von Fürstenhof zu Fürstenhof und sangen zur Harfe im Kreise der
Ritter und Frauen von Karl dem Großen und seinen Helden (Rolandssage),
von dem britischen König Artus und den zwölf Rittern seiner Tafelrunde,
vom heiligen Gral (der nach Indien entrückten diamantenen Schaale,
deren sich der Heiland bei der Einsetzung des heiligen Abendmahls bedient),
von der Kreuzfahrer Heldenthaten und der Frauen Lob und Würde. Die
Hohenstaufen selbst waren Sänger, ihre Höfe waren Sammelplätze und
Schulen der ritterlichen Harfener. Auch geringere Fürsten erwarben sich
diesen Ruhm, wie Landgraf Hermann von Thüringen, welcher den
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Extrahierte Personennamen: Schwarz Roth Fürstenhof Karl_dem_Großen Karl König_Artus Hermann_von_Thüringen
Extrahierte Ortsnamen: Italien Deutschland Frank- England Deutschland Indien
356
feie er in seinem Decamerone, b. h. eine Sammlung von 100 zum Theil
unsittlichen Erzählungen, schon meisterlich handhabt.
Vi. Literatur und Kunst in Deutschland.
Nach dem Untergange der Hohenstaufen und mit dem Erlöschen des
Rittergeistes verklang auch der ritterliche Minnegesang in Deutschland. Die
Dichtkunst, von den höhern Ständen vernachlässigt und von den Fürsten-
höfen verstoßen, flüchtete sich in die Städte zu den Bürgern und Hand-
werkern und trat als handwerksmäßiger, bürgerlicher Meistergesang auf.
In den Reichsstädten Nürnberg, Augsburg, Straß bürg u. a. bil-
deten die Meistersänger, gleich den Zünften der Handwerker, besondere Ge-
nossenschaften, und jede Meistersängerschule hatte eigne Vorsteher (Mär-
ker), die nach gewissen Gesetzen und Regeln (Tabulaturen) die
Gesänge prüften, ihren Werth bestimmten und die Preise zuerkannten.
Allerdings artete diese Dichtkunst oft in steife, geistlose Reimerei aus; im-
merhin aber zeugte es von einem tüchtigen, auf das Höhere gerichteten
Streben, wenn Männer aus dem Gewerbestande nach des Tages Last und
Hitze in ihren Feierstunden zusammenkamen, um sich an den Freuden der
Dichtkunst und des Gesanges zu erquicken. Als die berühmtesten Meister-
sänger gelten Rosenblüt und der Schuhmacher Hans Sachs zu Nürn-
berg (gest. 1576). Neben dem regelrechten Meistergesänge quoll auch das
freiere Volkslied, der weltliche Vorgänger des nachmals so berühmt ge-
wordenen geistlichen Liedes, mit seinen melodischen Klängen aus dem Her-
zen des deutschen Volks hervor. In demselben gewannen seine Gefühle
bei allen Erlebnissen des Lebens als: Fischer-, Jäger-, Wander-, Kriegs-,
Liebes- und Abschiedslieder einen dichterischen Ausdruck. Die Sitten oder
vielmehr Unsitten der Zeit schilderte Sebastian Brandt aus Straßburg
(gest. 1521) in seinem satirischen Lehrgedicht: das Narrenschiff oder
Schiff aus Narragonien, das auf die Zeitgenossen einen mächtigen
Eindruck machte. Ein ganz eigenthümliches Erzeugniß deutschen Dichter-
geistes in den Niederlanden war das satirische Thiermärchen Reineke Vos
(Reinecke Fuchs) des Heinrich von Alkmar oder Nikolaus Bau-
mann, in welchein die Eigenschaften der gemeinen Menschennatur: Eigen-
nutz, ungebändigte Triebe und Leidenschaften versinnbildlicht dargestellt wer-
den an dem Treiben der Thiere, besonders des Fuchses (Neinecke), der
durch Schlauheit, Lügen und Frechheit über seine Feinde, den Wolf (Jse-
grimm) und den Bären (Braun), stets den Sieg davon trägt. Auch findet
man darin Anspielungen auf jene gewissenlose, keine Mittel zur Erreichung
ihres Zwecks scheuende Politik, welche damals von Italien aus durch den
berühmten florentinischen Geschichtschreiber Macchiavelli empfohlen wurde.
Als schwache Ausläufer des ritterlichen Heldengedichts erscheinen die alle-
gorischen, vom Kaiser Maximilian selbst entworfenen Ritterroinane Theuer-
dank und Weißkunig, von denen jener in Versen die Jugendschichale
des Kaisers, dieser in Prosa die spätern Regierungsthaten desselben
schildert.
Wegen der Vorherrschaft des Lateinischen als Lehr- und Schriftsprache
blieb die deutsche Prosa lange hinter der Poesie zurück, bis sie in den Ge-
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Extrahierte Personennamen: Meistersängerschule Hans_Sachs Sebastian_Brandt Reineke_Vos
(Reinecke_Fuchs Heinrich_von_Alkmar Heinrich Nikolaus Macchiavelli Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Reichsstädten_Nürnberg Augsburg Niederlanden Italien
357
setzsaminlungen (z. B. dem Sachsen- und Schwabenspiegel), in Chroniken,
Erbauungsschriften und Predigten, Uebersetzungen der Klassiker eine weitere
Ausbildung zu erhalten begann. Wegen ihrer großen Verdienste um die
deutsche Sprache verdienen auch in dieser Hinsicht genannt zu werden der
von inniger Gottesminne beseelte Dominikanerprediger Johannes Tau-
ler zu Straßburg (gest. 1361) und Johann Geiler von Kaisersberg
(gest. 1510), der berühmteste Prediger seiner Zeit, der im Münster zu
Straßburg über den Inhalt der einzelnen Kapitel aus Sebastian Brandt's
Narrenschiff 412 Predigten voll Geist, Kraft und Spott hielt.
Die deutsche oder gothische Baukunst fing mit dem Sinken der reli-
giösen Begeisterung in der letzten Periode des Mittelalters ebenfalls an
zurückzugehen. Während der gothische Baustyl auch in Frankreich und Eng-
land vorherrschend wurde, fand er nach Italien hin am Dome zu Mai-
land seine Grenze; denn die neue St. Peterskirche in Rom, die größte
aller Kirchen in der Welt, deren Grund Papst Julius Ii. 1506 legte, ist
nicht im gothischen, sondern im antik-romanischen Styl erbaut. Dagegen
wirkte das Aufblühen der Malerei und Bildnerei in Italien auch mächtig
auf die Hebung dieser Künste in Deutschland ein, besonders am Nieder-
rhein, in Franken und Schwaben. So erfand oder vervollkommnete Jo-
hann van Eyck aus Brügge (gest. 1445) die Oelmalerei und stiftete die
altflandrische Malerschule; Albrecht Dürer zu Nürnberg (gest. 1528),
der zugleich als Kupferstecher, Bildhauer und Formenschneider berühmt war,
wurde der Gründer der deutschen Malerschule. Peter Bischer, gleich-
falls zu Nürnberg (gest. 1529), war der beste Erzgießer und Bildhauer.
In dem kunstreichen Nürnberg, seiner Vaterstadt, stellte auch der große Rei-
sende und Geograph, Martin Behaim, noch in demselben Jahre, in
welchem Kolumbus eine neue Welt entdeckte, als ein werthvolles Denkmal
der geographischen Kenntnisse jener Zeit seine berühmte Erdkugel auf.
• *-§if£'Sg*s8 \
Berichtign» g.
Seite 164 Zeile 2 von unten ließ Name statt Stern.
Saatfeld. — Wiedemann sche Hofbuchdruckcrei.
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Extrahierte Personennamen: Johannes_Tau- Johann_Geiler_von_Kaisersberg Johann Sebastian_Brandt's Julius_Ii Albrecht_Dürer Albrecht Peter_Bischer Martin_Behaim Kolumbus
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Italien Rom Italien Deutschland Schwaben Nürnberg Nürnberg Nürnberg
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haften und Abentheuerlichen auszeichnen, entstanden sind, das; sie aber uralt
sein müssen, geht daraus hervor, daß manche Darstellungen an den Wänden
auch in einer der härtesten Steinarten, dem Thonporphyr, schon so verwittert
sind, das; man sie kaum noch erkennen kann.
So viel von den Zuständen der alten Inder. Eine eigentliche Ge-
schichte derselben giebt es nicht; denn was wir in dem ältesten und bewan-
dertsten indischen Heldengedicht, dem Ramas ana, lesen von den Schick-
salen des die Welt von einem bösen Riesenkönig erlösenden Rama, der
die siebente Verkörperung des Wischnu gewesen sein soll, erkennen wir leicht
als ein Erzeugniß der dichtenden Einbildungskraft; nicht minder was in dem
Mahabharata, einem Lehrgedicht, von dem Vernichtungskampfe zweier
alten Königsgeschlechter, der „Kinder der Sonne" am obern Ganges und
„der Kinder des Mondes" am niedern Ganges erzählt wird, in welchem
zuletzt „die Kinder des Mondes" Sieger blieben. Uebrigens bemerken wir
nur noch, daß die alten Inder nicht nur religiöse Heldengedichte, sondern
auch Erzeugnisse weltlicher (profaner) Dichtkunst hinterlassen haben, von
welchen die S atóntala, ein Schicksalsdrama des Dichters Kalid as ans
dem ersten Jahrhundert v. Chr., das berühmteste ist.
§ 6. Babylonier und Assyrer.
In dem Lande zwischen dem Euphrat und Tigris, in Mesopotamien,
entstanden auch schon in frühester Zeit mächtige Reiche. An Fruchtbarkeit
gab dieses Land dem Nilthal wohl wenig nach; denn auch der Euphrat und
Tigris überschwemmten die ausgedehnten Ebenen und wo die Flüsse nicht
hindrängen, bewässerten Kanäle das Land. Fast fabelhaft klingt, was man
von dem Glanze und der Pracht Babylon's erzählt. Diese Stadt hatte
nach der Erzählung eines alten griechischen Geschichtschreibers, des Herodot,
zur Zeit ihrer höchsten Blüthe zwei Millionen Einwohner und bildete ein re-
gelmäßiges Viereck, davon jede Seite drei Meilen lang war. Mitten durch
sie hindurch floß der Euphrat, über welchen eine Prachtbrücke führte. Die
mit einem Wassergraben umgebene 200 Ellen hohe und 50 Ellen breite
Stadtmauer, auf welcher sechs Wagen neben einander fahren konnten, war
mit 250 Thürmen versehen und hatte 100 eherne Thore. An jeden; Ufer
des Flusses befand sich ein königlicher Palast, und bei einem derselben die
sogenannten hängenden Gärten der S emir amis. Als ein zweites
Wunderwerk galt der Götzentempel des Bel oder Baal d. i. Herr, unter
welchem Namen man den Planeten Jupiter als Glücksgott, nach Andern
die Sonne verehrte, jener berühmte babylonische Thurm, welcher aus acht
nach obenhin sich verjüngenden würfelförmigen Stockwerken bestand und an
jeder Seite der Grundfläche 600 Fuß und eben so viel in der Höhe ge-
messen haben soll. Von diesem Thurm sind noch jetzt mächtige Ruinen übrig,
welche den Namen Birs-Nimrud d. i. Nimrodsburg führen. We-
nigstens eben so groß soll die assyrische Hauptstadt Ninive am Tigris ge-
wesen sein, welche einen Umfang von 24 Stunden, 100 Fuß hohe und
20 — 24 Fuß breite Mauern mit 1500 je 200 Fuß hohen Thürmen und
zur Zeit ihrer Blüthe zwei Millionen Einwohner gehabt haben soll. Da aber
jene Städte nur von Backsteinen erbaut waren, zu deren Verbindung Schilf
und Erdpech (Asphalt) gebraucht wurde, so erklärt es sich leicht, daß man
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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der Volksversammlung zuwandte, welche er durch seine außerordentliche Be-
redsamkeit, die man mit dem Donner und Blitz des Jupiter verglich, mit
Leichtigkeit beherrschte. Ja, um die ärmeren Bürger zu einer regen Theil-
nahme am Staatsleben zu bewegen, bezahlte man die in der Volksversamm-
lung Erscheinenden mit einem täglichen Solde von drei Obolen (drei Ngr.).
Durch solche Einrichtungen verlor die Democratie im Staate alles aristo-
kratische Gegengewicht und artete später, als der edle und uneigennützige
Pericles nicht mehr das Staatsruder führte, in eine heillose Pöbelherrschaft
aus. Denn der Zweck des Pericles war stets nur die Wohlfahrt, der
Ruhm und die Größe Athens. Das eroberte Land vertheilte er unter die
Bürger, gründete neue Kolonien und unternahm zur Wiederunterwerfung
abgefallener Bundesgenossen siegreiche Züge nach Euböa und Samos. Mit
den reichen Schätzen, welche durch die Beiträge der Bundesgenossen und
durch den Handel in Athen zusammenflössen, führte er große öffentliche Bau-
ten auf und schmückte die Stadt mit ausgesuchten Kunstwerken. Zunächst
wurde die Burg Athens (Akropolis) gänzlich umgeschaffen. Schon die
Straße und die Stufen, welche zu dem Prachtthore derselben führten, erreg-
ten das Staunen und die Bewunderung der Fremden. Das Thor selbst
war aus hohen Säulen gebaut, ganz von Marmor, mit fünf hohen Durch-
gängen und zu beiden Seiten mit großen Flügelgebäuden versehen. Ober-
halb dieser berühmten Propyläen*) oder Vorhallen stand ein Viergespann
mit der Siegesgöttin. Im Innern der Burg war das berühmte Par-
thenon (Minervatempel), ein Meisterstück der alten Baukunst. Um alle
vier Seiten dieses Tempels lies eine Halle, die auf schönen Marmorsäulen
ruhte. Die darin aufgestellte Bildsäule der Minerva (Athene), der Schutz-
göttin der Stadt, 36 Fuß hoch, war aus Elfenbein und Gold gearbeitet,
ein hochberühmtes Werk des Phidias. Eine andere riesenhafte Bildsäule
derselben Göttin von demselben Meister stand auf der höchsten Spitze der
Burg und Helmbusch und Lanze derselben leuchteten dem Schiffer in einer
Entfernung von fünf Meilen entgegen. Andere berühmte Gebäude waren
das Odeon, ein zu Musikfestcn eingerichteter Rundbau, und eine Gemälde-
halle (Stoa Poikile) mit Bildern von Polygnotus u. A. In die-
ser schönsten Zeit Athens begannen sich alle Blüthen des griechischen Geistes
zu entfalten, so daß im Ablaufe weniger Jahrzehnte in allen Arten der
Kunst, in der Malerei wie in der Bildnerei und in der Bankunst, in der
Dichtkunst wie in der Geschichtschreibung Meisterwerke hervorgebracht wur-
den. In dieser Zeit blühten die drei größten dramatischen Dichter der Grie-
chen: Aeschylus, Sophocles und Euripides, welche das ernste
Drama (Tragödie, Trauerspiel) zur Vollendung brachten. Athen wurde
unter Pericles' Leitung ein Hauptsitz des griechischen Handels, Gewerbflei-
ßes, der Bildung und dadurch des Wohlstandes. Von allen Seiten ström-
ten Fremde herbei, um die Merkwürdigkeiten dieser großen Stadt, ihre
Staatsmänner, Feldherrn, Künstler und Weltweisen kennen zu lernen. Des
Pericles gastfreies Haus, wo die feingebildete Milesierin Aspasia mit
Anmuth waltete, war der Sammelplatz aller geistreichen und bedeutenden
Männer. Er verschaffte Jedem Mittel und Gelegenheit sich zu bilden und
auszuzeichnen, und bewirkte dadurch, daß geistige Bildung auch in die unter-
*) Nachgebildet bei dem Brandenburger Thor zu Berlin.
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Extrahierte Personennamen: Polygnotus
Extrahierte Ortsnamen: Athens Euböa Samos Athen Burg_Athens Burg Athens Berlin
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das Wettrennen folgten das Ringen, der Faustkampf und das Werfen mit
einer metallenen Scheibe (Diskus). Uebrigens benutzten auch Griechen-
lands geistreiche Männer die Gelegenheit der Festversammlungen zu Wett-
kämpfen des Geistes: Dichter, Redner und Geschichtschreiber trugen ihre
Werke vor, Maler stellten ihre Bilder aus — das kürzeste Mittel, dem
ganzen Griechenland bekannt zu werden. So las Herodot, der Vater
der griechischen Geschichtschreibung, das erste Buch seines Werks daselbst
vor und feuerte den größten aller griechischen Geschichtschreiber, Thucvdi-
des, zur Nacheiferung an. Am letzten der fünf Festtage zogen die Sieger
in feierlichem Zuge nach einem heiligen Haine und empfingen aus den
Händen der Kampfrichter den Siegespreis, einen Kranz von Oelzweigen —
der höchste Ruhm, welchen ein Grieche begehrte. Der größte lyrische Dich-
ter, Pindar aus Theben ((500 ü. Gfn\), dichtete seine unsterblichen Oden
zu Ehren der Sieger in den Festspielen. Diese Spiele fanden aller vier
Jahre einmal statt. Davon hieß ein Zeitraum von vier Jahren eine Olvm-
piade, und rechneten späterhin die Griechen nach Olympiaden. Das erste
Jahr der ersten Olympiade ist das Jabr 770 v. Chr.
Zu den religiösen Anstalten der Griechen gehörten ferner die Orakel
und Orakelstätten. Es ist nämlich den Menschen die Sehnsucht na-
türlich, den Schleier der Zukunft zu lichten und bei dem Mangel eigener
Urtheilskraft sich fremden Rathes zu bedienen. Man war daher geneigt
zu glaubeu, daß sich die Götter den Menschen unmittelbar offenbarten, und
fühlte sich besonders in dunklen Hainen, an sprudelnden Quellen und rau-
chenden Schluchten der Gottheit näher. Die Priester theilten ursprünglich
diesen Glaubeu und waren darauf bedacht, die in der Nähe solcher heiligen
Orte durch Träume oder heftige Nervenaufregungen vermeintlich empfange-
nen göttlichen Offenbarungen oder Göttersprüche (Orakel) dem Volke
mitzutheilen oder zu deuten. Das älteste Orakel war zu Dodona in Epi-
rus, wo Zeus in dem Stamme einer heiligen nährenden Eiche wohnen und
durch das Rauschen, sowie durch das Sprudeln einer Quelle sich offen-
baren sollte. Das gefeierteste aber war das des Apollo zu Delphi, wel-
cher als Gott der dichterischen Begeisterung und des Saitenspiels verehrt
wurde. Hier am Abhange des Berges Parnassus im nördlichen Griechen-
land, im Allerheiligsten des Apollotempels öffnete sich ein Erdschlund, wel-
chem die begeisternden Dämpfe entstiegen und über welchem ein gewaltiger
Dreifuß stand. Auf ihn setzte sich die weissagende Priesterin Pythia und
ertheilte, wenn sie von den Dämpfen durchdrungen war, unter gräßlichen
Zuckungen, mit sich sträubendem Haar, verdrehten Augen und schäumendem
Munde in abgebrochenen Lauten den Spruch des Gottes. Dieser wurde
von den Priestern in Verse gebracht und den Fragenden verkündet. Nicht
blos aus Griechenland, sondern auch aus dem fernen Auslande kamen viele
Menschen herbei, um den Rath und den Spruch des pythischen Apollo zu
vernehmen. Der ganze Bezirk um den Apollotempel war mit überreichen
Weihgeschenken angefüllt, trefflichen Kunstwerken aller Art, welche die Be-
sucher dem Gotte verehrt hatten. In vielfachen feierlichen Aufzügen einer
Menge von Opferpriestern, Wahrsagern und Zeichendeutern entfaltete sich
die ganze Pracht des heidnischen sinneberauschenden Götzendienstes. In den
älteren Zeiten unternahm man nicht leicht Etwas von Wichtigkeit in Grie-
chenland, ohne die Meinung des delphischen Gottes einzuholen, und die
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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Das Zeitalter von August bis zu den Antoninen, in welchem die alle
Freiheit unterdrückende Despotie und der Verfall der altrömischen Sitten
auch auf die Sprache und den Geschmack den verderblichsten Einfluß aus-
übten, nennt man das silberne Zeitalter der Literatur. Währeiid
die Dichtkunst im Allgemeinen in schwülstige Versmacherei ohne ein höhe-
res, ideales Streben ausartete, verdienen doch die Dichter Persius (gest.
62), Juvenalis (gest. 119) und Martialis mit Auszeichnung genannt
zu werden, welche in einem Anfluge altrömischen Zornes die Laster und Thor-
heiten ihrer Zeit mit der Geißel der Satire züchtigten. Da in den groß-
ßen, öffentlichen Angelegenheiten des Staats die freie Rede keinen Raum
mehr fand, so artete die Beredtsamkeit in bloßes Redenhalten zur Uebung
oder Unterhaltung, in Deklamation aus, worin Quintilian und
Plinius der Jüngere unter den Römern, Dio Chrysostomus und
der Spötter Lu ei an unter den Griechen sich einen Namen machten. Un-
ter den römischen Geschichtschreibern sind besonders Suetonius und der
durch hohen Römersinn ausgezeichnete Tacitus (gest. gegen 136) zu mer-
ken, sowie von den Griechen Plutarch, Arrian und der griechisch ge-
bildete Jude Josephus.
Obgleich der Kaiser Mark Aurel das Urbild eines Weisen auf dem
Throne zu verwirklichen strebte und in seinen Selbstbctrachtungen die stol-
zen Grundsätze der stoischen Weisheit aussprach, so theilte er doch die Feind-
seligkeit und die Verblendung der römischen Staatsmänner in Hinsicht auf
das Christenthum, dessen Anhänger unter dem Unglück der Zeiten sich be-
deutend vermehrten. Von der Meinung ausgehend, daß Dasein, Glück
und Ruhm des alten Reichs mit der Herrschaft der alten Götter noth-
wendig zusammenhingen und daß das Aufkommen einer neuen Religion nur
der Anfang des Verfalls und der Auflösung wäre, fühlte er sich als Kai-
serhaus politischem und religiösem Interesse, zum Wiederhersteller des alten
Götterdienstes berufen. Daher begnügte man sich jetzt nicht mehr, wie es
nach Trajan's Edict geschehen war, die förmlich angeklagten und überführten
Christen mit dem Tode zu bestrafen, sondern nach Mark Aurel's neuen
Edicten wurden sie nun von der Polizei aufgespürt, wenn sie bekannten,
durch die Folter zum Widerruf zu zwingen versucht, und wenn sie dennoch
dem Bekenntnisse treu blieben, zum Tode geführt. Unter den Christenver-
folgungen der damaligen Zeit sind besonders zwei zu erwähnen, die zu
Vienna in Gallien und die zu Smyrna in Kleinasien, bei welcher letzteren
auch der ehrwürdige Bischof Polycarpus ein Opfer seiner Glaubens-
treue wurde. Gegen sechzig Jahre war Polycarp Vorsteher der Gemeinde
zu Smyrna gewesen und sollte nun, der der Vater der Christen, der Lehrer
Asiens, der gründlichste Gegner des heidnischen Aberglaubens genannt
wurde, sein glorreiches Leben mit der Krone des Märtyrerthums schmücken.
Zur Zeit der Festspiele gab der Proconsul (Statthalter) Kleinasiens der
Wuth des Volks und den Forderungen der Gesetze nach und ließ die Chri-
sten zuerst durch Martern schrecken und, wenn sie standhaft blieben, den
wilden Thieren vorwerfen oder den Scheiterhaufen besteigen. Schon waren
viele Opfer der Volswuth gefallen, als das durch die Straßen von Smyrna
tobende Volk noch lauter schrie: „Nieder mit den Gottesleugnern, man hole
den Polycarp!" Ruhig vernahm Polycarp, was ihm drohte, und wollte
in der Stadt bleiben, den Ausgang dem Herrn anheimgebend. Endlich
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Extrahierte Personennamen: August Persius Chrysostomus Griechen_Plutarch Arrian Josephus
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durch viele Sagen ausgeschmückten Sängerkrieg ans der Wartburg
(1207) veranstaltete/ zu welchem die edelsten Sänger Deutschlands,
ein Heinrich von Veldeck, Walther von der Vogelweide,
Wolfram von Eschenbach, Heinrich von Oft er din gen und
Kliugsohr von Ungarland sich versammelten. Größere Heldengedichte
ans dem 13. Jahrhundert, in welchen uns die ältesten deutschen Sagen
aufbewahrt sind, sind das Nibelungenlied und das deutsche Helden-
buch. Nach dem Untergang der Hohenstaufen verstummte auch nach und
nach der ritterliche Minnegesang, und die Dichtkunst flüchtete sich in die
Mauern der emporstrebenden Städte, wo sie von den Zünften der bürger-
lichen Meistersänger gepflegt wurde.
Iv. Die Gottesurkheile (Ordalien).
Bei dem Gerichtswesen des Mittelalters spielten auch die Ordalien
oder Gottes urtheile eine große Rolle, indem man von dem Glauben
ausging, daß in zweifelhaften Fällen die Gottheit selbst unmittelbar sich
ausspräche. Nachdem die Kirche gegen dieselben, als eine Versuchung Got-
tes, lange vergebens gekämpft hatte, nahm sie sie endlich in ihre, doch immer
noch beschränkende, Pflege und Aufsicht. Die gewöhnlichsten Ordalien
waren: die Feuerprobe, wo der Angeklagte vier und einen halben Schritt
mit einem glühenden Eisen auf der flachen Hand laufen mußte und, wenn
sich nach drei Tagen keine Brandwunde zeigte, als unschuldig losgesprochen
wurde; der Kesselsang, wo der Angeschuldigte, wenn er freigesprochen
werden sollte, unversehrt mit entblößtem Arme aus einem Kessel voll kochen-
den Wassers einen Ring herausholen mußte; die Wasserprobe, wo man
den Verklagten an Händen und Füßen band, ins Wasser warf und für
unschuldig erklärte, wenn er untersank, aber als schuldig bestrafte, wenn er
obenauf schwamm; die Kreuzprobe, wo Kläger und Verklagter mit aus-
gebreiteten Armen jeder an ein Kreuz gestellt wurde. Wer zuerst die Arme
sinken ließ, hatte den Proceß verloren. Dazu kam oft noch der gerichtliche
Zweikampf (das Duell).
V. Die kirchliche Baukunst.
Als eine der schönsten Blüthen der christlichen Begeisterung im Mittel-
alter erscheint die gothische (deutsche) Baukunst und der gothische
Baustyl. Anfangs wurden die Kirchen in Deutschland im römischen,
späterhin nach Verbindung der Ottonen mit Griechenland im byzantini-
schen Styl mit Rundbogen und Kuppeln erbaut, wie die alten Dome
zu Speier, Mainz und Worms. Seit den Kreuzzügen jedoch und unter
den Hohenstaufen stng man an im gothischen (deutschen) Style zu bauen,
der von den christlichen Spaniern (Gothen) ausging, welche durch den An-
blick der wunderbaren arabischen Bauwerke zur Nachbildung und Erfindung
gereizt wurden. Man wollte das Erhabene, wovon die Seelen erfüllt waren,
auch für das Auge darstellen, die rohe Masse des Gesteins sollte den leben-
digen Geist aufnehmen und das künstliche Schnitzwerk, die reichen Verzie-
rungen, Bildsäulen, Gemälde die christlichen Gefühle und Vorstellungen sinn-
bildlich darstellen. Der Grundriß der gothischen Kirchen ist die Figur
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Veldeck Heinrich Walther Wolfram_von_Eschenbach Heinrich_von Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Wartburg Deutschlands Deutschland Griechenland Mainz Worms
Iv. Stiftung neuer Universitäten.
Den allgemeinen Drang nach höherer Geistesbildung bezeichnet auch
die Gründung neuer Hochschulen in Deutschland, nachdem Kaiser Karl Iv.
mit der Stiftung der Universität Prag (1348) vorangegangen war. Sein
Vorgang fand zuerst Nachahmung bei den Habsburger», welche zu Wien
1365 die älteste eigentlich deutsche Universität gründeten, bei dem Pfalz-
grafen (Heidelberg 1386) und bei den geistlichen Kurfürsten (Köln
1388, Erfurt 1392/Würzburg 1403); dann im fünfzehnten Jahrhundert
Leipzig, Rostock, Greifsw alde, Fre16 ur g , Trier , Ingol-
stadt, Tübingen, Mainz, Basel, und zuletzt vor der Reformation
die durch den Kurfürsten Friedrich den Weisen von Sachsen 1502
gegründete, zu so hohen Dingen berufene Universität Wittenberg.
V. Volksthümliche Literatur in Italien.
Durch die Kreuzzüge war zuerst ein großartiger Völkerverkehr herbei-
geführt worden. Da nun die lateinische Sprache im ganzen Mittelalter
zu wissenschaftlichen Zwecken im allgemeinen Gebrauche war, so war auch
die Schulbildung in allen Ländern des europäischen Abendlandes Gemein-
gut aller Gebildeten und somit die Cultur allenthalben eine gleichartige.
Was ein Roger Bacon in England, ein Albertus Magnus in Deutschland
zu Tage förderte, wurde bei allen Völkern bekannt. Dagegen regte sich
mit dem ausblühenden Bürgerthum in den Städten auch das Bedürfniß
einer größern und vielseitigern Ausbildung der Volkssprachen. Zunächst
in Italien waren der Florentiner Dante Allighieri (gest. 1321),
Franz Petrarca aus Arezzo (gest. 1374) und Boeeaeeio (gest. 1375)
Begründer einer nationalen Literatur. In seinem großen, aus drei Thei-
len: Hölle, Fegefeuer und Paradies bestehenden Gedichte, die göttliche
Komödie genannt, hat Dante die ganze Weisheit des Mittelalters, den
ganzen Schatz damals gewonnener Erkenntnisse in Gottes-, Welt- und
Staatskunde niedergelegt. Auf seinem Gange durch die Hölle zeigt er uns
in ergreifender Weise die Qualen der Verdammten, welche durch ihre Sün-
den: Empörung, Tyrannei, Raubsucht die friedliche Entwicklung des Men-
schengeschlechts zu seinem Ziele gestört haben. Wie freimüthig der große
Dichter dabei in seinen Urtheilen war, sehen wir daraus, daß er auch
Päpste in die Hölle versetzte. In dem Fegefeuer schildert er die Angst
Derer, welche durch ihre Leidenschaften nur zeitweise bethört waren und
durch die Büßungs- und Gnadenmittel der Kirche noch eine Rückkehr auf
die Bahn des rechten Lebens zu erwarten haben. Endlich im Paradiese
sieht er die Verherrlichung aller der Seelen, welche in ihrem irdischen Le-
den an dem großen Erziehungswerke der Menschheit mitgewirkt haben: die
weisen Gesetzgeber und großen Kaiser, wie die heiligen Kirchenväter und
Theologen, die Märtyrer und Kämpfer für den Glauben, wie die großen
Männer im Staatsleben. Des als Gelehrter, Staatsmann und Mensch
hochgefeierten Petrarca Sonette an Laura werden noch jetzt von den
Jtaliänern als unerreichbare Muster einer melodischen Dichtersprache be-
wundert. Boeeaeeio gilt als Schöpfer der neuern italiänischen Prosa,
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Extrahierte Personennamen: Karl_Iv Karl Greifsw Friedrich Friedrich Bacon Albertus_Magnus Magnus Franz_Petrarca Franz Petrarca Laura Boeeaeeio
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Heidelberg Erfurt Leipzig Rostock Trier Mainz Basel Sachsen Wittenberg Italien England Deutschland Italien Arezzo