199
schon vor der Böttcherwoche im Großhandel abgemacht werden. Ans die
Böttcherwoche folgt, durch Läuten der Ratsglocke angezeigt, die Meßwoche,
die, ans gleiche Weise geschlossen, der Zahlwoche weicht. In ihr beginnt
zu Ostern die Buchhändlermesse, und zwar, nachdem alle übrigen Geschäfte
ihr Ende erreicht haben. Leipzig hat allein über 250 Verlags-, Com-
missions- und Sortimentsbuchhandlungen, außerdem noch viele große Buch-
druckereien, große Buchbindereien und andere zur Herstellung und Ans-
schmückung der Bücher erforderliche Anstalten. — Oster- und Michaelismesse
sind Hauptmessen; unbedeutend dagegen ist die von Friedrich dem Sanft-
mütigen gestiftete Neujahrsmesse. Nach Thomas.
19. Das Erzgebirge.
Das Erzgebirge umfaßt den größten und volkreichsten Theil des
Königreichs Sachsens. Dort erheben sich die meisten und höchsten Berge
des Landes; dort sind die Quellen der größeren Flüsse, mit Ausnahme der
Elbe; dort ist das Vaterland des sächsischen Bergbaues, des Klöppelwesens,
zum Theil auch der Baum- und Schafwollenweberei und der Holzwaaren-
arbeiten. Während man oben klöppelt, spinnt, webt u. s. w., wird unter
der Erde geklettert, gehämmert, gekarrt u. s. w.
Vom Meißner und Leipziger Kreise steigt das Land allmählich an,
erhebt sich wellenförmig, in stetem Wechsel von Berg und Thal, bis zu
den höchsten Punkten an der böhmischen Grenze. Es ist reich an Natur-
schönheiten aller Art, aber auch an Gegenden, wo nur düstere Wälder und
kahle Bergrücken dem Auge sich darstellen, wo kein Singvogel nistet und
nur selten eine Biene summt, wo keine Rebe prangt, selten Korn gedeiht
und gewiß Unzählige sterben, die nie eine Pfirsiche oder Weintraube ge-
sehen, geschweige denn gekostet haben. Ausgedehnte Waldungen bedecken be-
sonders die höheren Gegenden und versorgen einen großen Theil des Nieder-
lande mit Holz. Auch an Torf und Steinkohlen ist kein Mangel. Die
wellenförmige Gestalt und die felsige Beschaffenheit des Bodens erschweren
Feld- und Gartenbau: das rauhe Klima vereitelt in den höchsten Gegenden
nicht selten die größten Anstrengungen des Landmannes. Der beste Segen
der Felder sind Hafer, Lein und Kartoffeln. Letztere vertreten meisteutheils
die Stelle des Brotes. Sie geben dem Armen, oft nur mit Salz, seltener
mit Butter oder Leinöl, sein Morgen-, Mittag- und Abendbrot. Gar oft
zählt man sie den Kindern wie Leckerbissen zu; und sich daran satt essen
zu können, ist mancher Familie eine wahre Erquickung. Ohne Getreide-
zufuhr aus den anstoßenden Landschaften würde der arme Erzgebirger oft
hungern müssen.
Der Erzgebirger ist zufrieden mit wenigem, dabei treuherzig im Um-
gänge. Ganz besonders eigen ist ihm der Fleiß und die Sorge für den
Erwerb, zu dem ihn die Natur zwingt; denn fast jede Gabe läßt sie nur
mit Mühe oder Gefahr sich abgewinnen. Halbe Stunden weit trägt der
Erzgebirger in Körben guten Boden auf nackte Felsen. Bergabhänge be-
pflügt er, die der Bewohner der Ebene kaum erklettern kann. Mühsamer
wird nirgends der Landbau betrieben, und frühzeitiger wohl nirgends die
Jugend zur Arbeit angehalten als im Erzgebirge. Mit dem sechsten Jahre
schon hilft das Kind verdienen, in der Klöppelstube, wie am Spinnrocken
und bei der Hüttenarbeit. — Eigen ist ferner dem Erzgebirger, gleich dem
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Thomas
184
die dem Harze treu bleibt. Wenig Obst gedeiht in diesem Klima, desto
mehr stehen Blumen, Wald und Wiesen in Flor. An Preißel- und Blau-
beeren ist Überfluß: sie werden gesammelt und verkauft. Die Baumarten
des Unterharzes sind Ahorn, Esche, Ulme, Birke, Rotbuche; an den mildesten
Punkten stehen Roßkastanien. Bei Wernigerode und Blankenburg findet
man aber auch die echte Kastanie. In den Oberharz folgt der Tanne nur
die Birke eine Strecke weit, und noch etwas weiter die „Quitsche," deren
rote Vogelbeeren dem Oberharzer zu seiner Lieblingsbeschäftigung, dem
Vogelfänge, gute Dienste leisten. In der Hohe von 900 Meter schwindet
am Brocken schon der Baumwuchs, nachdem er zuvor niedrig und krüppelig
geworden; nur das heilsame isländische Moos, die Berganemone und einige
Alpenkrüuter fühlen sich aus dem kahlen Scheitel des nebelumfluteten Vater
Brocken wohl.
Im Thierreiche sind die Vogel am zahlreichsten vertreten, und der
Spottvogel, der Zaunkönig, der Bergfinke, das Goldhähnchen, die Meise,
der Zeisig, der Staar, das Rotkehlchen, der Falke und die Drossel, welche
Heinrich I. den Harz so lieb machten, sind noch jetzt sehr laut in diesen
Waldungen. Die Jagd liefert noch Eber, Hirsche, besonders viel Rehe;
auch wilde Katzen finden sich noch hin und wieder. Von Hausthieren sind
im Harz Ziegen und Schafe, mehr noch Schweine, besonders aber Rind-
vieh zu nennen.
Die größten Reichtümer des Harzes aber bestehen in Metallen,
welche durch den Bergbau zu Tage gefördert, in Schmelzhütten geschieden,
in Hammerwerken und Fabriken verarbeitet werden: Silber, Eisen, Kupfer,
Blei, Zink, Schwefel, Vitriol ist reichlich vorhanden. Silber gewinnt man
noch 46 000 Mark jährlich, Eisen 220 000 Zentner, Kupfer 17 000 Zentner.
Die bedeutendste Silbergrube ist bei Andreasb erg in der Berghauptmann-
schaft Clausthal. Trotzdem werden die Bergleute und das Volk des Ge-
birges nicht reich. Die Bergwerke gehören den Regierungen von Preußen,
Brannschweig und Anhalt oder reichen Privatleuten. Wer mit eigenen
Händen Erzadcrn sprengt, schmelzt, hämmert, der hat die Blühe und nicht
den Ertrag. Doch freut den Harzer die gute Ausbeute, als wäre sic sein;
denn er ist arm, aber zufrieden, und der Zufriedene ist am Ende doch der
Reichste.
Andere Beschäftigungen der Harzbewohner neben dem Bergbau sind
das Beerenlesen, das Holzhanen, die Kohlenbrennerei und die Vogelstellerei.
Die Beerenleser suchen sich die gelichteten Stellen des Waldes auf, wo sic
Erd- und Himbeeren in Menge finden, die sie dann zum Verkauf aus-
tragen. — Die Vogelsteller verfolgen die armen Vögel mit Leimruten,
Vogelherden und Schlingen. Der Vogelherd besteht aus Netzen, die man
in Rahmen spannt und so an einem offenen Kasten befestigt, daß sie von
zwei Seiten wie ein getheilter Deckel auf den an der Erde stehenden
Kasten fallen können. Eine Schnur zum Zuziehen der Netzdeckel geht nach
einem Häuschen, in welchem der Vogelsteller sitzt. Mit den gefangenen
Dompfaffen, Zeisigen und Hänflingen wird ein bedeutender Handel getrieben.
Kühner.
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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TM Hauptwörter (200): [T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere]]
201
samen Berghütten und der Dörfer am Fuße des Gebirges. Um Johannis
wird gewöhnlich das Vieh aus den Ställen zu Berge getrieben. Beim
Schalle langer hölzerner Schalmeien, bei fröhlichem Gesänge und dem Ge-
läute der Glocken, deren jedes Rind eine an einem verzierten Bügel am
Halse trägt, treibt man die blökenden Herden zwischen Fichten und Tannen
zu den Sommerbauden in das Hochgebirge, welches nun 14 bis 15 Wochen
lang von diesen fröhlichen Tönen wiederhallt. Da wird dann Butter und
Käse gemacht für den eigenen Bedarf und für auswärtigen Absatz.
Sämmtliche Abhänge des Gebirges sind dicht bewaldet; aber hoch
oben gedeihen nur noch Knieholz, das strauchartig breite Striche bedeckt,
zwergartige Fichten und Laubhölzer, eine Menge Gräser und Alpenkräuter,
Moose und Flechten; ja viele der höchsten Gipfel zeigen ans ihrem mit
Felsen und Steinblöcken überschütteten Scheitel kaum noch Spuren des
Pflanzenwuchses. Denn in dieser Höhe ist der Sommer nur etwa vier
Monate lang und die Wärme gering, daher auch in den der Sonne abge-
wendeten Schluchten der Schnee gar nicht wegschmilzt, und Schneegestöber
selbst inmitten der heißesten Jahreszeit nicht seltene Erscheinungen sind.
Der Übergang ans dem kurzen Sommer in den Winter erfolgt oft unge-
wöhnlich schnell. Kaum sind im September einige Nebel als Vorboten
des nahen Winters eingetreten, als auch sofort Kälte und stürmisches
Wetter hereinbricht und ungeheure Schneemassen alle Höhen und Thäler
des Gebirges erfüllen. Die Wohnungen der Bergbewohner werden öfters
so hoch überschneit, daß man keine Spur von ihnen entdecken würde,
verriete nicht der aufsteigende Dampf der Rauchfänge die Stelle, wo sie
stehen. So sind die Bewohner bei einfallenden Schneestürmen und Wind-
wehen oft innerhalb weniger Stunden gänzlich eingeschneit. Die Bewohner
der höchsten Banden sind gewöhnlich Monate lang außer aller Verbindung
mit den Thalbewohnern. Wird eine Wanderung zu einer benachbarten
Baude notwendig, so müssen die Bewohner ihren Ansgang entweder durch
den Dachgiebel nehmen, oder sich nach Bergmannsart ihre Wege stollen-
artig durch den Schnee an den Tag arbeiten, und dann ihre beschwerliche
Reise mit Hilfe der Fußeisen fortsetzen. Des oft sehr hohen Schnees
wegen müssen die betretensten Gebirgssteige jeden Winter mit Stangen,
die gewöhnlich einige Meter lang sind, und an die man Strohbüschel be-
festigt, um sie kenntlich zu machen, ansgesteckt werden.
Die Regengüsse sind oft von der heftigsten Art, und die Gewitter
toben bisweilen unter Hagelwetter und Wolkenbrüchen ans; sie überschütten
allerdings mehr die Hänge und Thalebenen, treffen aber auch mit ihren
Blitzen selbst die höchsten Berggipfel. Diese oft unvorhergesehenen, häufig
schnell wechselnden Veränderungen des Wetters sind der Volkssage nach die
Launen des gewaltigen Berggeistes Rübezahl, welcher diese schauerlich groß-
artige Gebirgsgegend beherrschen soll. Nach Semmler.
21. Rübezahl.
Das Riesengebirge, welches Schlesien von Böhmen scheidet, war
ehemals der Aufenthalt eines mächtigen Berggeistes, Rübezahl ge-
nannt. Auf der Oberfläche des Gebirges hatte sein Gebiet nur wenige
Meilen im Umfange, aber im Innern erstreckte es sich unermesslich
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
196
Königsplatze steht das großartige Siegesdenkmal zur Erinnerung an
die ruhmreichen Feldzüge der Jahre 1864 (der dänische Krieg), 1866 (der
österreichische Krieg), 1870-71 (der französische Krieg). In der Nähe von
Berlin liegt der zoologische Garten, der sich durch eine große Anzahl
seltener Thiere auszeichnet.
Unter den vielen Wohlthätigkeitsanstalten Berlins verdienen
Erwähnung die Volksküchen, welche für Unbemittelte ein billiges,^ nahr-
haftes Mittagsessen liefern, und die Asyle für Obdachlose. Ärmere
Kranke finden Aufnahme in die Charite (Barmherzigkeit), die größte Heil-
anstalt Berlins, in welcher jährlich Tausende verpflegt werden.
Wegen des fast überall sandigen Bodens sind die nächsten Um-
gebungen von Berlin nicht besonders reizend; doch gibt es einige schöne
Stellen darin. Dies gilt namentlich von dem über 63 Meter hohen Kreuz-
berge vor dem Hallischen Thore, auf welchem der König Friedrich
Wilhelin Hi. zum Andenken an die siegreich beendeten Befreiungskriege
gegen den Kaiser Napoleon ein 19 Meter hohes, thurmartiges, kunstvolles
Denkmal aus Gußeisen hat errichten lassen.
Nach Kühner und Thomas.
17. Der Spreewald.
In der Mederlausitz, wo der Unterlauf der Spree beginnt, be-
findet sich eine der merkwürdigsten Gegenden der Mark, nämlich der
Spreewald, in dessen Mitte die Stadt Lübben liegt. Die Spree
kommt hier wegen mangelnden Gefälles gleichsam in Verlegenheit,
welchen Weg sie wählen soll, und theilt sich daher in eine unzählige
Menge von Armen, die eine weite Mederung durchfliessen und bei
hohem Wasserstande völlig überschwemmen. In älterer Zeit befand
sich hier ein undurchdringlicher Bruchwald, den die Wenden oder
Sorben zum Zufluchtsort erwählten, als sie vor den Deutschen nach
Osten hin zurückweichen mussten. Die Nachkommen derselben wohnen
noch heute im Spreewalde und haben die väterliche Sprache und
Sitte bewahrt. Ein Theil des Spreewaldes ist urbar gemacht und in
fruchtbares Wiesen- und Gartenland verwandelt worden; ein anderer
Theil besteht noch jetzt aus Wald.
Die herrschende Holzart ist die gemeine Erle; doch findet man
auch Eschen, Buchen, Eichen, Weiden und Kiefern. Da nun die
ganze Gegend von zahllosen Flussarmen durchzogen ist, so müssen
die Bewohner des Spreewaldes alle Ausflüge und Besuche in Kähnen
abmachen, die sie mit grosser Geschicklichkeit pfeilschnell durch das
Wasser treiben. In festlichem Schmucke fährt man Sonntags in
Kähnen zur Kirche. In ernstem, feierlichem Schweigen folgen auf
Kähnen die Leidtragenden der Leiche eines Verstorbenen, welche zu
Wasser nach dem Gottesacker gebracht wird. Zu Kahne besucht der
Förster sein Revier, in Kähnen werden die Ernten heimgeholt. Der
Fremde, welcher zur Sommerzeit in diese Gegend kommt, hat einen
reichen Genuss. Die hohen, uralten Eichen und Erlen, welche die
User besäumen, bieten in der Sommerschwüle erquickenden Schatten
und spiegeln ihr dunkles Laub lieblich in dem klaren Wasser. Unter
einem Laubdache gleitet das Fahrzeug sanft dahin. Und wenn nun
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich
Wilhelin Friedrich Napoleon Thomas
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Berlins Berlins Berlin Mederlausitz
263
Pünktchen erscheinen auf der dunkeln Oberfläche und drängen sich da, wo das
Wasser in heftigere Bewegung gerät, zu leuchtenden Massen zusammen.
Die Kämme überstürzender Wellen sind in feurige Streifen verwandelt.
In ein flammendes Kleid gehüllt und durch lange Lichtspuren ihren Weg
bezeichnend, durchschießen Delphin und Fische blitzähnlich die Tiefe: jeder
Ruderschlag erregt tausend glitzernder Funken, die sallenden^Tropfen eines
Regenschauers erzeugen eine leuchtende Flüche, die ihren Schimmer nach
oben zurückwirft, so daß die Wolke als eine matt glänzende Wand am
schwarzen Himmelsgewölbe steht. Am prachtvollsten zeigt sich das Schauspiel
da, wo der Kiel des eilenden Schiffes die See in mächtigen Wogen aus-
einander wirft. Die schäumende und wirbelnde Wassermasse vor dem Buge
ist in zwei flammende Lichtberge verwandelt; von tausend Funken erfüllt,
treibt sie rauschend an den Seiten des Schiffes vorbei und vereinigt^ sich
im Kielwasser zu einem langen, hell leuchtenden Streifen, der die Spur
des einsamen Seglers auf der weiten Wasserwüste bezeichnet. Die Ursache
dieser Erscheinungen sind Millionen und aber Millionen unendlich kleiner
Thiere von gallertartiger Masse, welche die oberen Meeresschichten be-
wohnen und bei jeder Beunruhigung einen Schein von sich geben ähnlich
dem unserer Johanniswürmchen.
Merkwürdig ist das regelmäßige Steigen und Fallen des Meerwafsers,
die Flut und die Ebbe. Das Steigen dauert etwa 6 Stunden, nach
einem Stillstände von einigen Minuten tritt die Ebbe ein, die ebenfalls
etwas über 6 Stunden dauert. An jedem Tage tritt die Flut so ziemlich
eine Stunde später ein. Gerade so verhält es sich mit dem Aufgange des
Mondes. Auch hat man bemerkt, daß die Flut ihren höchsten Stand er-
reicht, kurz nachdem der Mond durch den höchsten Punkt seiner Bahn am
Himmel hindurchgegangen ist, und daß die Ebbe eintritt, wenn er am
Himmel sich wieder herabsenkt. Und so ist es denn ohne allen Zweifel
die Anziehungskraft des Mondes, welche diese Erscheinung hervorruft. Daß
die Sonne an dieser Bewegung des Meeres auch mit Ursache ist, sieht
man daraus, daß die Flut immer dann am höchsten steigt, wenn Sonne
und Mond genau nach derselben Richtung stehen, von der Erde aus ge-
sehen, oder nach gerade entgegengesetzter Richtung, als zur Zeit des Neu-
und Vollmonds. Dann entstehen die gefährlichen Springfluten, die
mitunter große Strecken Küstenland wegschwemmen, wie denn zum Beispiel
der Dollart dadurch entstanden ist, daß die Springfluten der Nordsee in
einer furchtbar stürmischen Nacht des Jahres 1277 die Küsteugegend in
einem Umfange von 6 Q.-Meilen bedeckten und eine Stadt nebst 50 Dör-
fern in der Tiefe begruben. Nach Romberg u. a.
71. Die Meerestiefe.
^ Das Meer hat gleich der Erdoberfläche nicht nur seine Berge und
Thäler, seine Hoch- und Tiefebenen, seine Moorlager und Sandwüsten,
seine Quellen und Ströme, sondern auch seine Urwälder mit ihren Schling-
pflanzen, ihrer Farbenpracht und Thierwelt, mit Blumengärten und unge-
heuren Wiesenflächen, auf denen die Herden der Pflanzenfresser des Meeres
weiden, es hat seine Landschaften, welche prachtvoller und wunderbarer sind
als irgend etwas auf Erden. Zwar gedeiht auf dem Meeresboden nur
die Pflanzenart der Tange und Seegräser; aber diesa sinn so mannigfach
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
223
lands Schrecken steigen, tausendfältig vermehrt, über ein Paradies ans,
wo tausend herrliche Blumen duften. Zimmermann.
41. Italien.
Übersteigt man von Deutschland ans die Alpen, so kommt man nach
Italien und zwar zunächst in das lombardische Tiefland, welches
vom Po und einer großen Anzahl kleiner Flüsse, die meist von den Alpen
kommen, bewässert wird. Durch eine Menge von Kanälen wird das Wasser
der Flüsse nach allen Richtungen hin geleitet. Dadurch wird das Land
sehr fruchtbar, so daß man die Wiesen sechsmal des Jahres mähen kann.
Obwohl die Sonnenglut nicht so stark ist als in Süditalien, so ist sie doch
weit stärker und anhaltender als in Deutschland; doch bläst oft kühlender
Wind von den Alpen „her. Pomeranzen- und Citronenhaine gibt's hier
noch nicht, doch schöne Ölbäume, und besonders gedeiht der Maulbeerbaum,
weshalb die Seidenzncht von vielen Einwohnern als Erwerbszweig getrieben
wird. Edle Kastanien, Feigen, Mandeln und Melonen sind im Überfluß
vorhanden. In den frnchtheißen, ungesunden Sumpfgegenden wird viel
Reis gebaut, außerdem Weizen und Mais. Der Mais keimt, wächst
und reift in 50 Tagen und wird gewöhnlich erst hinter dem Winterweizen
her gcsäet, so daß man zweimal erntet. Der Landmann ist meist Pächter-
oder nur Arbeiter; das Land gehört reichen Gutsherren. Wiesen und
Felder sind durch Ulmen und Maulbeerbäume umsäumt, an welchen Wein-
reben emporranken. Die sonst einförmige Ebene sicht, von einem Thurme
aus betrachtet, wie ein lichter Wald ans. — Seit den Zeiten Karls des
Großen haben deutsche Kaiser oft die Alpen überschritten, da die Lombardei
unter ihrem Scepter stand. Unter den Städten zeichnen sich Mailand
und Venedig aus. Jene hat einen schönen, aus weißem Marmor ge-
bauten Dom, an welchem Jahrhunderte lang gebaut ist. Diese ist aus
lauter Jnselchen am adriatischen Meere erbaut; 450 Brücken und Stege
verbinden die einzelnen Stadtthcile mit einander. Wagengerassel hört man
nicht, denn der Straßen sind nur wenige; dagegen sind die Wasser (Lagunen)
mit Gondeln bedeckt. Dem Reisenden, der sich dieser wundersamen Stadt
nähert, kommt es vor, als steige sie mit ihren Thürmen und Marmor-
palästen unmittelbar aus den Wogen des Meeres empor. Einst war sie
die Beherrscherin des Meeres und hat manchen harten Kampf mit den
Tiirken auszufechten gehabt; in den Palästen häuften sich damals uner-
meßliche Reichtümer.
Vom lombardischen^Tieflands an ziehen sich die Apenninen die ganze
Halbinsel entlang gen Süden und tauchen in der Insel Sicilien Wieder-
aus. Der nördliche Theil dieses Gebirges schließt sich an die Alpen und
umgibt mit seinen nackten Bergen den Busen von Genna. Der schmale
Küsteusaum, an welchem die Stadt liegt, ist vor Nordwinden geschützt und
den anprallenden Sonnenstrahlen ausgesetzt; daher ist er so warm, daß
Lorbeerbäume, Aprikosen und Orangen gedeihen. Südöstlich von Genua
liegt in schöner Umgebung Florenz. — Der höchste Zug der Apenninen
ist wild, schroff, kalt und nackt, fast ohne allen Wald, nur mit Kräutern
bedeckt und daher nur von Hirten besucht, die in der Zeit des schwülen
Sommers auf den kühlen Bergslächen ihre Herden weiden. Die niederen
Bcrgzüge aber haben schöne Wälder von Eichen, Buchen und Ulmen, und
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
TM Hauptwörter (100): [T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt]]
Extrahierte Personennamen: Karls Genna
Extrahierte Ortsnamen: Italien Deutschland Italien Deutschland Mailand Sicilien Genua Florenz
229
und an ihren Mündungen breit, und die Meeresflut dringt weit in sie
hinein, was auch zur Förderung der Schiffahrt gereicht. ....................
Die Ebenen, Thäler und niederen Hügel in England sind sorgfältig
angebaut, und aus den fetten Wiesengründen grasen Herden von Pferden
und Rindern, auf den Hügeln Schafe und Ziegen. Große Städte, zahl-
reiche Dörfer und einzeln liegende Schlösser und Meierhöfe sind durchhin-
gestreut. Die großen Waldungen sind durch den Ackerbau verdrängt; doch
findet man nirgend ganz baumlose Gegenden. Wo nur der Schatten er-
wünscht sein kann, hat der Engländer Bäume stehen lassen, so daß^ das
Land einern gelichteten Haine gleicht. Überall in Park und Wiesen zerstreut
mischen sich Hirsche, Rehe und Kaninchen zutraulich unter das Getümmel
der Rinder und Schafe. Alle Flüsse, Bäche und Meeresnfer sind mit
Gärten, Parks und Schlössern umsäumt, und Landsitz reiht sich an Land-
sitz. An Holz ist sehr fühlbarer Mangel; doch helfen als Brennmaterial
die Steinkohlenschätze reichlich ans. Das gute Stammholz gebraucht man
zum Schiffsbau. — In Irland ist der Boden nicht so reich angebaut als
in England; an manchen Stellen hindern weite Moräste daran. Schott-
land hat noch spärlicheren Anbau. Selbst die Gebirge, ehemals dicht be-
waldet, stehen in Schottland meist kahl, nur mit Gestrüpp und Heide be-
deckt; um die malerischen Bergseen erheben sich noch schöne Hochwaldungen.
Bei der großen Einwohnerzahl von 33 Millionen reicht das Getreide
nicht aus, das im Lande selber gebaut wird. Aber der Boden Englands
birgt in seinem Innern unermeßliche Mineralschätze: 12/i3 alles Zinnes,
die Hälfte alles Kupfers und ein Drittel alles Eisens, das überhaupt in
Europa gewonnen wird, wird aus den englischen Bergwerken gewonnen,
und aus seinen gewaltigen Steinkohlenlagern versorgt es zum Theil
noch andere Länder. Wo die Fundorte der Kohlen und Erze sind, wimmelt
es von Hütten- und Hammerwerken, von Dainpfmaschincn und Fabriken,
und von Städten, die aus kleinem Anfange zu großer Bevölkerung und
großem Reichtum gekommen sind. Die hier verfertigten Metall-, Baum-
wollen-, Leder- und Seidcnwaaren werden aus den Eisenbahnen, Kanälen
und Flüssen durch das ganze Land befördert, in den Küstenstädten ans
Seeschiffe geladen und nach allen Erdtheilen ausgeführt, wogegen deren
Erzeugnisse zurückgebracht werden. So sind viele Einwohner dieser Länder
durch Gewerbfleiß und Handel überaus reich geworden; aber daneben
gibffs auch eine bittere Armut, namentlich in den großen Städten. Am
meisten ist dies der Fall in der gewaltigen 4 Millionen Menschen bergen-
den Hauptstadt London.
Durch seine Lage ist Großbritannien auf die Schiffahrt angewiesen;
sie steht von hier aus nach allen Ländern der Erde hin offen. Das
haben^ die Engländer zu benutzen verstanden. Sie haben die stärkste Kriegs-
und Handelsflotte, und ihre Niederlassungen erstrecken sich über die ganze
Erde. Aber ihr Verkehr ist auch der Verbreitung des Evangeliums viel-
fach zu gute gekommen. Wie schon in alten Zeiten Missionare von diesen
Ländern ausgingen und auch unsern Vätern das Evangelium predigten, so
sind auch bis auf den heutigen Tag viele Missionare von dort ans zu den
Heiden in allen fremden Erdtheilen gegangen, und durch die große englische
Bibelgesellschaft ist die heilige Schrift in unzählige Familien gekommen,
d:e sonst ihrer wohl entbehrt hätten. Flügge.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus]]
Extrahierte Personennamen: Dainpfmaschincn
Extrahierte Ortsnamen: England Irland England Schottland Englands Europa London
240
Bürger Jerusalems unter Trommelschall ihre Kindlein in den glühenden Armen
der Molochsbilder geopfert. Zu Christi Zeiten wurde dieses Thal für unrein
gehalten; die Leichname von gefallenen Thieren und von Verbrechern
wurden hier verbrannt, und dazu ward ein fortwährendes Feuer unter-
halten. Die Höhen, welche dieses Thal begleiten, nennt man den Berg
des bösen Rates und zeigt daselbst ein Landhaus des Caiphas, wo sie
„Rat hielten, wie sie Jesum mit List griffen und tödteten." Hier liegt
auch der Hakeldama, der Blutacker, erkauft von dem Verrütersolde des
Judas. Daselbst begräbt man noch heutiges Tages die Pilger.
Reizlos ist die Umgegend von Jerusalem. Ein trauriges Grau ist
die Farbe der Landschaft. Buschwerk fehlt fast ganz; von den Frucht-
bäumen gedeihet nur die Olive in Überfluß. — Die Gegend ist wie er-
storben. — Selbst Vögel und Schmetterlinge halten sich hier nicht auf, da
sie keine Nahrung finden. Nur den Sperling trifft man an.
Bäßler u. a.
52. Der Sinai.
In seltsamen Umrissen, düster und drohend steigen die Vorge-
birge des Sinai in die Höhe, steil und wild durcheinander geworfen,
als wollten sie jeden Zutritt zu dem innern Heiligtum verwehren.
Von der Glut der Sonne geschwärzt, von dem Anprall der Gewitter-
stürme zerrissen, bald überhängend, bald senkrecht aufgerichtet,
nehmen die Felsen immer wundersamere Formen an. Über die rot-
braunen Flächen der Granitwände sieht man hier und dort wilde
Streifen von dunkelblauer Stahlfarbe gezogen, gleich als hätte der
Blitz darin seine Feuerhahn durchlaufen, als hätte der Finger Gottes
auf diese Felsen seinen Namen geschrieben. Die Thäler des Sinai
sind zum Theil wüst und öde, mit ungeheuren Steinblöcken und
Felsengeröll überlagert oder mit Triebsand bedeckt; andere dagegen
sind fruchtbar und wohlhewässert. In den Betten der Winterströme
wächst Gebüsch und Weide genug für die Herden eines wandernden
Hirtenvolkes. — Ein Thal besonders, welches sich durch die Berg-
strecken windet, ist lieblich. Dort blüht die vaterländische Königs-
kerze auf sonnigen Hügeln. Hochstämmige Dattelpalmen treten am
Quell gesellig zusammen. Prachtvolle Schmetterlinge gaukeln durch
die Luft, und während das freigelassene Kameel des Pilgers am
Ginster rupft, lockt ihn selber ein Honiggeruch in das baumhohe
Tamariskengebüsch, an dessen Zweigen das Manna Arie geronnene
Thautropfen, Arie weissglänzende Perlen hängt. — Von hier aus tritt
man in das Scheikthal, welches in weiten Bogen die Nordseite des
innern Gebirges umkreist und ernst und grossartig bis an den Fuss
des höchsten Gipfels emporführt. Eine breite, schöne Ebene bildet
den Vorplatz des heiligen Berges. Sie ist mit Gesträuch und Kräuter-
büschen bekleidet; aber nackt, mit zersplitterten Spitzen umschliesst
das Granitgebirge diesen Kaum, und in feierlicher Erhabenheit ragt
die dunkle Vorderwand des Horeb empor. Seitwärts führt eine enge
Felsspalte bis zum Kücken des Berges hinauf in ein tiefes, von Ge-
büsch begrüntes Becken, um welches zwölf Bergspitzen wie ernste
Wächter der Allerheiligsten her stehen. Dies ist die Stätte der
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Jahreszeit sumpfig wird. In diesem Hausen zahlreiche Herden von Elephanten
und Nashörnern, welche oft in die benachbarten Reisfelder einbrechen und
sie verheeren. Auch Füchse, Eber, Bären und anderes Wild lebt hier in
Menge. Der Abhang des Gebirges hat ebenfalls dichte Waldungen von
Kastanien, Walnußbäumen, Lorbeeren, Birken und Nadelhölzern nebst
vielen einheimischen Bäumen mit köstlich duftenden Rinden, Ölen und den
schönsten Holzarten. Die Thäler sind schön und fruchtbar, stark bevölkert
und gut bebaut, meist mit Reis und Baumwolle, aber auch mit Korn,
Mais, Zuckerrohr und Reben. Aus den höchsten grünen Halden finden
sich der Wachholderstrauch, die indische Birke, Alpenrosen und viele Berg-
kräuter. Hier leben das Moschusthier und das wilde Schaf, und Reb-
hühner und Fasanen brüten bis nahe unter die Schneegrenze. Viel höher
noch, als das Pflanzenleben geht, thürmen sich die majestätischen silber-
reinen Schneegipfel empor, und zwischen ihnen liegen die ungeheuren
Gletscher und Schneefelder, aus denen die indischen Flüsse kommen. Der
Himmel ist hier meist rein, tief schwarzblau, und die Sterne leuchten nachts
im hellsten Glanze.
Indien ist ein wunderreiches Land! Wo die Luft feucht genug ist,
wie z. B. auf Malabar, winken dem Wanderer aus der Ferne stundenlange,
dunkle Wälder von Kokospalmen, deren schlanker Stamm an 26 Meter
hoch wird. In den trockenen Gegenden wächst die aus Arabien eingeführte
Dattelpalme. Die Sagopalme und der Brotbaum gewähren reichliche
'Nahrungsmittel. Muskatnüsse, Zimmt, Gewürznelken, Ingwer und Pfeffer
kommen aus Indien. In den Schlammniederungen gewährt der Reis
jährlich eine zwei- bis viermalige Ernte. Man findet Gräser, deren Halme
an 15 Meter hoch werden (Bambus). Das Ebenholz Indiens war schon
bei den Alten berühmt. — Reich ist auch die Thierwelt. In den Flüssen
lauern Krokodile; in den Büschen schleichen giftige Schlangen; in den
Wäldern hausen Löwen, Tiger, Panther, Elephanten, Nashörner und eine
Menge prachtvoll gefärbter Vögel. — Die Erde bringt Gold, Diamanten
und andere Edelsteine, und bei Ceylon werden Perlen gefunden.
Die eingebornen Einwohner dieses schönen Landes, Hindus genannt,
sind Heiden und suchen ihre Hilfe bei den stummen Götzen. Nun mühen
sie sich mit allerlei selbsterfundenem Götzendienst und mit Quälereien ihrer
Leiber ab, um Ruhe für ihre Seele zu finden, und alles ist doch umsonst.
Dazu kommt allerlei Plage und Not von außen. Ihr Land ist in den
Händen der Engländer, welche von dem Gute und der sauern Arbeit der
Inder reich werden wollen. So sind sie durch eigene und fremde Schuld
geistlich und leiblich verkommen, dennoch aber immer noch ein Volk mit
reichen Anlagen. — Im Jahre 1705 wurden von Dänemark aus zwei
Missionare, welche im Waisenhause zu Halle durch August Hermann Francke
gebildet waren, nach Ostindien geschickt. Es waren Bartholomäus
Ziegen balg und Plütschau; später folgte ihnen der treue Schwarz
und mehrere andere. Aus den fünf ersten Hindus, welche 1707 in der
Kirche zu Tranquebar auf der Küste Koromandel getauft wurden, sind jetzt
viele Tausende geworden, welche aus der Finsternis zum Licht hindurch-
gedrungen sind. Missionsgesellschaften in England, Schottland und Deutsch-
land schicken fort und fort neue Sendboten nach Indien. Auf 200 Stationen
wird gepredigt, und weit und breit durchreisen die Missionare das Land.
Wie gering auch die Zahl der Bekehrten ist, wenn man sie mit den vielen
16*
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Extrahierte Personennamen: Dänemark August Hermann_Francke Schwarz
Extrahierte Ortsnamen: Indien Indien Indiens Ceylon Ostindien England Schottland Indien
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Lange war China für die Europäer verschlossen; jeder neuen Sitte
oder Kunst und Wissenschaft war der Eingang streng gewehrt, und auf
der Auuahme des Christentums stand Todesstrafe. Seit 1831 versuchte
es Gützlass, ein Missionar ans Pommern, in das Innere des chinesischen
Reiches einzudringen. In hohem Grade der chinesischen Sprache mächtig,
in Sitten und Gebräuchen ganz ein Chinese geworden, mit der Liebe
Christi im Herzen, bereiste er mehrere Jahre lang die Küstenländer sowie
das Innere Chinas. Er verkehrte mit kleinen und großen, ward geachtet,
gefürchtet, aber auch geliebt. Für viele war es ein Freudenfest, wenn er
ankam. Der Umstand, daß er Arzt war, verschaffte ihm oft Eingang, wo
er ihn sonst nicht gefunden hätte. Die Nachricht von seinen gesegneten
Erfolgen drang nach Europa, und neue Sendboten folgten ihm und setzten
das Werk nach seinem Tode fort. China verspricht ein ergiebiges Missions-
feld zu werden, da die Bekehrten den Drang haben, ihren Landsleuten das
Evangelium zu verkündigen. Hierzu kommt noch, daß der Kaiser seit 1860
erlaubt hat, daß jeder Chinese ungestraft Christ werden könne.
Eines der merkwürdigsten Bauwerke der alten Welt ist die chinesische
Mauer, welche sich an der nördlichen Grenze Chinas hinzieht und 300
Meilen lang ist. Sie soll 200 Jahre vor Christi Geburt gebaut sein.
Bald steigt sie tiefe Thäler hinab, bald erklettert sie hohe Gipfel. Ehedem
war sic dazu bestimmt, feindlichen Völkerschaften den Einfall in China zu
wehren. Nach Bock u. a.
56. Sibirien.
Sibirien, der nördliche Theil von Asien, gehört Russland. Es
umfasst ein Drittel von Asien und ist grösser als Europa. Dennoch
hat es nur drei Millionen Bewohner, denn es ist grössten theils ein
kaltes, unwirtbares Land. Der Südwesten ist noch am fruchtbarsten.
In seinen Elussthälern wird viel Korn gebaut, und auf den Höhen
gibt es Wälder von Tannen, sibirischen Cedern und Ulmen; der
übrige Theil desselben ist aber nur im Frühjahr eine gras- und
kräuterreiche Steppe. Weiter gen Osten hegen die weiten Ver-
zweigungen des Altai mit ihren grossen Nadel- und Birkenwäldern,
die aber nach Norden zu nach und nach verkrüppeln. Jenseit des
60. Grades nördlicher Breite ist gar kein Anbau mehr möglich, und
innerhalb des Polarkreises breiten sich grosse, mit Moos bedeckte
Sümpfe aus, welche nur im Winter gangbar sind. Den rauhen Nord-
winden steht das Land offen, aber den erwärmenden Südwinden ist
es durch die hohen Schneegebirge Asiens verschlossen. Der Sommer
ist freilich heiss und bringt Pflanzen und Thiere in Bewegung; aber
er ist kurz, und der lange Winter mit seinen entsetzlichen Schnee-
stürmen führt rasch alles Leben in Nacht und Erstarrung zurück.
In solch einem Lande können auch die vielen und grossen Flüsse
wenig zur Befruchtung nützen. Ihr Unterlauf ist ein halbes Jahr
lang zugefroren; dann staut sich das Wasser im Oberlaufe, tritt aus
und bildet eine Menge natürlicher Kanäle von Fluss zu Fluss. An
den Ufern der Flüsse sind in der Erde grosse Lager von Thieren,
die vor der Sintflut hier gelebt haben, und daneben grosse Lager von
Wäldern solcher Bäume, welche jetzt nur in den heissen Ländern
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Extrahierte Personennamen: Christi
Extrahierte Ortsnamen: China Pommern Chinas Europa China Christi China Sibirien Sibirien Asien Russland Asien Europa Asiens