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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 32

1912 - Straßburg : Bull
32 ist die Rindviehhaltung geringer als im Elsaß. Hier muß sehr oft des schweren Bodens wegen das Pferd als Zugtier benutzt werden, weshalb weit über die Hälfte aller Pferde in Elsaß-Lothringen auch auf Lothringen kommen. Für eine bedeutende Schafhaltung ist bei uns niemals viel Raum gewesen. Das ist ein Lob für unsern Boden. Schafe zieht man jetzt in Europa nur noch auf jenen wertlosen Strichen, die nichts anderes als Weide aufzubringen vermögen. An solchen Gegenden haben wir zum Glück sehr starken Mangel. Wenn früher viel mehr Schafe gezählt wurden als heute, so ist das hauptsächlich der Anwesenheit fremder Schafherden in unserm Lande zuzuschreiben. Alljährlich wanderten große Herden aus der Schweiz oder aus Württemberg durch elsässisches Gebiet nach Frankreich, ernährten sich auf Kosten unseres Landes, bis sie fett nach Frankreich kamen, um dort ge- schlachtet zu werden. Seitdem die Franzosen einen hohen Eingangszoll auf Schafe gesetzt haben, seitdem in Württemberg die Schafzucht bedeutend Zurück- gegangen ist, ist diese Wanderung nicht mehr so stark. Daher erklärt es sich wenigstens zum Teil, daß neuerdings weniger Schafe gezählt werden. Eine besondere Beachtung verlangt dann noch unsere Geflügelzucht. Sie ist fo gut ausgebildet, daß wir in der Hühnerzucht an erster, in der Entenzucht an zweiter Stelle stehen unter den deutschen Staaten. Das ist diesmal das Verdienst der zahlreichen kleinen Bauern. Sie müssen aus der Aufzucht von Geflügel, aus dem Verkauf von Federvieh und Eiern einen Gewinn zu ziehen suchen, um die Einnahmen zu mehren, da ja der Acker wenig Waren zum Verkauf liefert. Die Aufzucht von Geflügel erfordert ferner viel Zeit und Sorgfalt. Deshalb widmen sich ihr gerade die kleinen Bauerngüter mit Vorteil. Die Feldarbeit beschäftigt dort nicht alle Familien- glieder, und es ist namentlich der Hausfrau vorbehalten, auf dem Gebiete der Geflügelzucht die Einnahmen des Haushaltes zu vergrößern. Einen be- sonders guten Namen verleiht dann unserer Geflügelzucht noch die Herstellung der weltberühmten Gänseleberpasteten. Auf elsässischem Boden ist dieses feine und teure, nur dem Geld- beutel der Vornehmen zugängliche Gericht erfunden worden, vom Küchenmeister des Marschalls Contades. Jener Küchenmeister hat eine große Schar von ähnlichen Kochkünstlern als Nachfolger gehabt, die selbständige große Herren wurden und sind, und die ihr Geheimnis, die Bearbeitung der Gänseleber, sorgfältig wahren. Darum steht die Fabrikation der Straßburger Gänseleber- pasteten unerreicht da in der Welt. Welchen Umfang sie einnimmt, können nur ein paar Zahlen deutlich machen: 500—1200 Pfund Gänseleber ver- arbeitet eine einzige Fabrik täglich in der Leberzeit. (Winter bis Frühjahr.) Nach Millionen berechnet sich natürlich der Wert der fertigen Ware einer

2. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 34

1912 - Straßburg : Bull
34 weiß ja nie, ob die Grenze auch frei ist, und welche Grenze. Ein Volk, das man aushungern kann, muß die Waffen strecken, auch wenn es nicht besiegt ist. Darum muß vorgesorgt werden, damit die Viehzucht den Bedarf aller Reichsbürger schon im Frieden zu decken vermag. Und des- wegen darf sie sich des Schutzes und der Förderung durch das Reich erfreuen. Ein Reichsgesetz schreibt vor, was bei ausbrechenden Viehseuchen zu geschehen hat. Unserer elsaß-lothringischen Landesregierung aber bleibt es vorbehalten, den Viehstand unseres Landes zu überwachen, zu sorgen, daß sich die Seuchen nicht weiter verbreiten. Darum sind an vielen Orten des Landes Tierärzte angestellt. Besonders scharf aber überwacht die Reichsregierung die Reichsgrenzen, damit nicht Seuchen aus fremden Ländern eingeschleppt werden. Sie kann sogar die Einfuhr fremden Viehes ganz verbieten. Das ist notwendig und nützlich. Nach Milliarden wird der Wert des deutschen Viehstandes berechnet. Eine einzige Seuche könnte in kurzer Zeit Hunderte von Millionen an Viehwerten vernichten. Allerdings kann das Viehseuchengesetz auch eine Wirkung hervorrufen, die das Gesetz nicht will. Wenn wegen Seuchen in den Nachbarländern die Grenzen gesperrt werden müssen und zugleich das Vieh im eigenen Lande knapp ist, dann gehen die Viehpreise in die Höhe, das Fleisch wird teuer. Das ist ein Übelstand. Aber er muß getragen werden. Oder soll wegen vorübergehend höheren Fleischpreisen der ganze deutsche Viehstand in Gefahr gebracht werden? Eine ähnliche Wirkung haben ja auch die Viehzölle. Damit der Viehzüchter angeeifert werde, möglichst viel Vieh zu ziehen, verteuert das Reich das fremde Vieh, das der Überstuß des Auslandes uns sendet, durch den Zoll. Gewiß wäre es besser, wenn diese Verteuerung gespart werden könnte. Das Reich muß aber nicht nur den Augenblick, es muß die Zu- kunft bedenken. Es bewahrt uns dadurch vor großer Not in jenem seltenen Fall, im Kriege. Und wenn dieser Fall nie eintritt? Nun dann hat die Sorge der Reichsregierung in anderer Weise Früchte gebracht. Indem sich der Vieh- stand mehrt, vergrößert sich das Volksvermögen. Wohlhabende Bauern werden keine darbenden Arbeiter, Handwerker, Kaufleute neben sich sehen. Wenn es einem großen Berufszweige eines Volkes gut geht, hat auch der andere zu tun. Darum mag der elsaß-lothringische Viehzüchter unter dem Schutze des Reiches getrost seinen Viehstand pflegen. Er fördert damit nicht nur

3. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 81

1912 - Straßburg : Bull
81 gingen allein rund 5 Millionen nach Altdeutschland. Nun wiegt Eisenerz allerdings schwer und ist doch nicht entsprechend wertvoll, besonders nicht unsere lothringische Minette. Wir dürfen uns darum nicht wundern, wenn der zweite große Posten unserer Ausfuhr auf die Eisenindustrie entfällt. An Roheisen, Eisen- und Stahlwaren aller Art versandte 1909 unsere Heimat nach auswärts 2,2 Millionen Tonnen, von denen 1,5 Millionen auf Altdeutschland kamen. Den folgenden gewichtigen Posten unserer Ausfuhr machen die Kohlen mit 1,3 Millionen Tonnen aus. Das ist nicht eben viel, wenn wir sehen, daß uns andere Länder über 4 Millionen Tonnen schicken mußten. Unsere Kohlenausfuhr verteilt sich beinahe zu gleichen Hälften auf Frankreich und Altdeutschland. Hierfür also ist die alte Handelsverbindung noch nicht zer- schnitten, hauptsächlich wohl deshalb, weil das kohlenarme Frankreich die Zufuhr aus fremden Ländern nicht entbehren kann. Unsere Gebirge liefern an Steinen und Kalk 156 000 t ans Ausland (davon 89 000 t nach Altdeutschland), unsere Wälder Holz im Gewichte von rund 140 000 t (davon über 100 000 t nach Altdeutschland). Der Löwenanteil unserer Einfuhr entfällt naturgemäß auf Steinkohlen, da wir nur nach Gewichten rechnen. Von den 6,7 Millionen Tonnen unserer Einfuhr waren 4 Millionen Tonnen Kohlen; über 3,6 Millionen Tonnen davon stammten aus Altdeutschland. Aus unserm sonstigen Warenverkehr wollen wir nur noch einige knappe Ausschnitte machen. Von unserer Getreideerzeugung kann uns die Eisen- bahnstatistik nicht alles erzählen. Sie gibt nur an, daß rund 80 000 t an Getreide eingeführt und ungefähr ebensoviel ausgeführt werden. Wir müssen da schon bei der Rheinhafenverwaltung in Straßburg anfragen. Sie ver- zeichnete 1909 rund 242 000 t, 1910 gar 331000 t vom Niederrhein her eingeführtes Getreide. Wie wenig noch unsere Viehzucht dem Bedarfe genügt, zeigt die Tat- sache, daß 1909 rund 91000 lebende Tiere (hauptsächlich Schweine) aus- geführt, aber 280 000 Stück eingeführt werden mußten. (86 000 Schweine, 43 000 Stück Rindvieh, 132 000 Stück Geflügel.) In steigendem Maße beziehen wir Obst, Gemüse und Trauben aus dem Auslande. Die Einfuhr an diesen Waren stieg von 23 000 t im Jahre 1884 auf 46 700 t im Jahre 1909. Die starke Geflügeleinfuhr und unser wachsender Bedarf an Obst dürften unsern Landwirten ein Fingerzeig sein, welche Zweige ihrer Wirtschaft sie noch mit Nutzen ausdehnen können. Von unserer Weinausfuhr haben wir schon an andrer Stelle ge- sprochen. Auch unsere Einfuhr schwankt je nach dem Ausfall der Weinernte. 6

4. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 144

1912 - Straßburg : Bull
144 ober rund vier Fünftel derselben. Sie zahlen jedoch zusammen nur 45,51 °/o der Steuersumme. Zu Gruppe 2 (700—1000 Mk.) gehören 36,42 o/0 der Steuerzahler; ihre Steuerleistung beträgt 12,37 °/o der gesamten Steuer; Gruppe 3 (1000—2000 Mk.) 42,71 °/o der Steuerzahler, Leistung 33,14 °/o der Steuer; Gruppe 4 (2000—5000) 11,33 °/o der Steuerzahler, Leistung 30,12 "/o der Steuer. Ähnlich sind die Lasten bei anderen direkten Steuern verteilt. Von allen zur Kapitalsteuer Veranlagten zahlen 12,79 °/o (Zinsertrag 2000 bis über 100000 Mk.) 81,6 °/o der gesamten Kapitalsteuer. Von der gesamten Gewerbesteuer zahlt ein Drittel aller Steuerpflichtigen (33,65 %, die etwa 2000 Mk. und mehr Ertrag haben) 93,36 °/o. So finden wir's also auch hier bestätigt: der Staat ist als eine große Familie anzusehen. Die Vermögenden und Leistungsfähigen tragen, obwohl sie die Minderheit aller Staatsbürger ausmachen, bei weitem den größten Teil aller Steuerlasten. Trotzdem genießen alle dieselben Rechte. Einer für alle und alle für einen. Ganz besonders verdienen die Leistungen der Gemeinden gewürdigt zu werden. Im Jahre 1911 betrugen die Ausgaben aller elsaß-lothringischen Gemeinden (ordentliche und außerordentliche Ausgaben zusammengerechnet) über 94 Millionen Mk. Der Staat Elsaß-Lothringen gab im gleichen Jahre nur 72 Millionen Mk. aus. Einen ganz bedeutenden Teil jener Summe verwenden die Gemeinden für die Schulen. Im folgenden sind die Ausgaben (für Unterrichtswesen) der vier großen elsaß-lothringischen Städte aufgeführt (1910): Straßburg 2 518 831 Mk. Mülhausen 2 210 241 Mk. Colmar 1151691 „ Metz 825109 „ Dabei sind aber die Unterhaltungskosten der Gemeindegebäude, also auch der Schulgebäude, nicht mitgerechnet. Dementsprechend müssen natürlich auch die Gemeinde-Einnahmen groß sein. Sie betrugen 1911 (ordentliche und außerordentliche) über 93 Millionen Mk. Die Zuschläge zu den direkten Steuern und auch die Erträgnisse der Gemeindewälder und des sonstigen Gemeindevermögens würden zur Deckung dieser Summe noch nicht ausreichen. Den Gemeinden ist darum eine besondere Form von Verkehrssteuern belassen, das Oktroi. Es wird erhoben von Getränken, Wein, Bier, Branntwein, von Bau- materialien, Geflügel, Viehfutter und einigen andern Waren. Die Ein- führung kann der Gemeinderat jeder Gemeinde beschließen. Zur Giltigkeit des Beschlusses ist aber die Genehmigung des Landesherrn erforderlich. Seit dem 1. April 1910 darf von Getreide, Hülsenfiüchten, Mehl, Back-

5. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 37

1912 - Straßburg : Bull
37 Wege, wenn er nach Altdeutschland verkaufen wollte: Er verfügte über nicht viel Edelwein, und oft reichte auch seine Ernte in geringen Weinen nicht einmal für den eigenen Bedarf. Und doch trugen sich unsere Winzer nach 1870 mit großen Hoffnungen. In der Tat! Ein großes Feld tat sich vor ihnen auf. Nur einzelne kleinere Gaue in deutschen Landen erzeugen Wein; den meisten ist der Weinbau ganz fremd. Sollten nicht auch die geringen Sorten in diesen weiten Gebieten reichen Absatz finden? Man brauchte ja nur noch mehr Reben anzulegen — und tat es auch recht eifrig. Auch kleinere Besitzer kauften neue Rebglände dazu oder pflanzten neue Stöcke so weit am Berge hinauf, als es nur irgend ging. Selbst ehemaliges Acker- und Wiesenland wurde in Rebgelände umgewandelt. Zu gleicher Zeit gingen die Preise für Rebland sowie auch die Weinpreise in die Höhe. Die Enttäuschung aber ließ nicht lange auf sich warten. Mißmut kehrte sehr bald in die Herzen ein, die eben noch voll froher Hoffnung ge- schlagen hatten. Die wenigsten Fremden ahnten etwas davon. Staunenden Auges schritt der Wanderer durch unsere Weingaue. Die weiten Rebgelände dehnten sich vor ihm aus, und im Geiste sah er Ströme des goldenen und roten Edelsaftes in die Keller ihrer Besitzer fließen. Er ahnte nicht, wie leer es da unten in den weitbauchigen Fässern oft war. Er verstand nicht in den Gesichtern der Winzer zu lesen. Von den Ursachen solcher Enttäuschung wollen wir wenigstens einige zu verstehen suchen. Zunächst begann mit 1879 und 1880 eine lange Reihe schlechter Weinjahre, unter denen das Jahr 1910 wohl eines der schlech- testen war. Da gab es oft nicht viel zu verkaufen. Wie das Gespenst der Pest, so flogen Rebkrankheiten aller Art über unser Land hin. Am schlimmsten wütete die Reblaus. Manches schöne Rebstück mußte schon ihretwegen ausgehauen werden. In den übrigen Stücken wiederum haben andere Schädlinge und Rebkrankheiten den Ertrag nicht so groß werden lassen, als er hätte sein können. Kundige Winzer und Winzerfreunde haben zudem noch einen weiteren, vielleicht ebenso schwerwiegenden Grund entdeckt, warum der Ertrag nicht so zu steigern war, daß Elsässer Wein in Massen hätte nach Altdeutschland gehen können. In unseren Rebbergen finden sich immer noch viele zu alte Stöcke. Sie tragen infolgedessen nicht so reich wie junge, die Trauben werden nicht mehr so gut, die Stöcke find auch viel empfänglicher für Krank- heiten. Wenn neue Stöcke gezogen wurden, nahm man Ableger von den alten und gewann darum nicht viel dabei. Meist wird dies bis zum heutigen Tage so gehandhabt.

6. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 39

1912 - Straßburg : Bull
39 deutschen Landen, hauptsächlich am Rhein und an der Mosel, erzeugt aber Weine mit ausgesprochenem Charakter. So fehlten der Mehrzahl unserer Weine jene Eigenschaften, die ihnen Namen und gutzahlende Käufer ver- schaffen könnten. (Doch auch dieser Mangel schwindet mehr und mehr. Das Sortengemenge verschwindet. Reine Sorten werden gezogen.) Man ist nach 1870 beim Weinverkauf nach Altdeutschland auch nicht ganz geschickt vorgegangen. Auch minderwertige Ware setzte man ab, anstatt zuerst sorg- fältig nur beste Ware auszuwählen und mit ihrer Hilfe dem elsässischen Gewächs einen guten Namen zu schaffen. Als dann der Ruf der Elsässer Weine verloren war, mußten unsere Winzer zusehen, wie ihre Weine nach der Pfalz, nach der Rheinprovinz und nach Württemberg wanderten, dort mit anderen Weinen vermischt wurden und als Pfälzer- oder Rheinweine oder unter einem anderen Namen wieder auf der Bildfläche erschienen. Der andere, der größere Teil der Schuld aber ist den Verhältnissen im Reiche zuzuschreiben. Nicht daß man über dem Rheine eine vorgefaßte Abneigung gegen unsere Weine gehabt hätte, im Gegenteil. Aber die Wirt- schaftsverhältnisse eines Landes sind in der Regel stärker als aller guter Wille. Das müssen wir uns etwas deutlich machen. Zunächst herrschten in den anderen deutschen Ländern ganz andere Gewohnheiten wie bei uns. Weil in Altdeutschland bei weitem nicht soviel Wein wächst, als seine Bewohner verbrauchen, mußte von jeher viel Wein ein- geführt werden. (Durchschnittlich für 24 Millionen Mark im Jahre.) Die billigen spanischen, portugiesischen und italienischen Weine kamen und kommen in großen Mengen ins Land. Sie sind immer süß. Bei ihnen hat sich der Verbraucher nie über zu großen Gehalt an Säure zu beklagen. Ja, man kann diese Weine „strecken", und sie schmecken immer noch ganz gut. So gewöhnte man sich langsam an den verwässerten oder gar verfälschten Wein, so verlor man den Geschmack für reinen Naturwein. „Weinfabriken" halfen mit, den Geschmack zu verderben. Die chemische Wissenschaft hatte inzwischen gewaltige Fortschritte gemacht. Sie zeigte, daß man den Wein- stock gar nicht so nötig brauchte, um Wein zu bekommen. Billige Rosinen ließ man aus den Mittelmeerländern kommen, Zucker gab es im Lande selber genug, und um das nötige „Buckett", das dem Weine einen besonderen Geschmack, seinen Charakter gibt, war man auch nicht verlegen. Der „Wein" war fertig und kam noch lange nicht so teuer wie der, den der Winzer im Schweiße seines Angesichtes pflanzte und doch nicht besser machen konnte, als ihn Gottes Sonne hatte werden lassen. Wohl verlangten unsere Winzer, daß man entweder die Kunstwein- herstellung ganz verbot oder doch den Kunstwein so hoch besteuerte, daß er

7. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 27

1912 - Straßburg : Bull
27 möglicherweise um unsere Viehzucht noch schlechter bestellt sein als um unsern Getreidebau. Wieder müssen wir, um recht klar zu sehen, vergleichen, diesmal unsern Bestand an Schlachttieren mit dem der andern deutschen Staaten und auch mit dem französischen. Das letzte ist ans einem ganz besonderen Grunde nötig. Jedesmal, wenn bei uns das Fleisch wieder einmal aufschlägt, wird die „Öffnung der Grenzen", d. h. die Aufhebung der Zölle verlangt, die für fremdes Vieh beim Übergang über unsere Grenzen zu zahlen sind. Man denkt dabei besonders an die Öffnung der französischen Grenze. Wenn der Überfluß an Vieh ans Frankreich zollfrei herüberkommen könnte, müßten bei uns die Fleischpreise herabgehen, so meint man. Was lehrt nun der Vergleich? Wenn man für beide Länder den Bestand in den einzelnen Tiergattungen einfach nebeneinanderstellt, so ergibt sich natürlich eine erdrückende Überlegenheit Frankreichs. Es wurden gezählt: Pferde Rinder Schweine Schafe Ziegen in Frankreich (Millionen Stück) 3,2 14,3 7,2 17,5 1,4 „ Elsaß-Lothringen . . . (Stück) 138077 544664 502443 67 980 63 670 Das sind zuviel verschiedene Zahlen; sie erschweren eine klare Über- sicht. Rechnet man aber aus, wieviel auf 100 Einwohner kommen, so sieht man schon deutlicher. Es kamen 1907 auf 100 Einwohner (in Stück): Pferde Rinder Schweine Schafe Ziegen in Frankreich 8,2 36,3 18,9 45,0 3,8 „ Elsaß-Lothringen . . . 7,6 30,2 27,9 3,7 3,5 Noch leichter wird der Vergleich, wenn man die verschiedenen Tier- gattungen in eine einzige umrechnet. Ein Rind hat in der Regel den Wert von 10 Schafen, oder von 4 Schweinen, oder von 12 Ziegen. Danach kann man also den Wert des Viehstandes so umrechnen, als züchtete man hüben

8. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 28

1912 - Straßburg : Bull
28 wie drüben nur Rinder. Es kämen also in Frankreich auf 100 Einwohner 45,83 Stück Rindvieh, in Elsaß-Lothringen 37,84. Wir stehen demnach tatsächlich im Viehreichtum Frankreich bedeutend nach. Doch die Sache will noch von einer andern Seite betrachtet sein. Wir haben ja bisher die Größe beider Länder noch nicht berücksichtigt. Nun wohnen in Frankreich auf 1 qkm ungefähr 73 Menschen, in Elsaß-Loth- ringen aber etwa 125. 100 Menschen verteilen sich also in Frankreich auf etwas mehr als 11/3 qkm, während bei uns die Bewohner viel mehr zu- sammengedrängt find. Mithin muß der Viehstand in Elsaß-Lothringen auf 1 qkm reicher sein als in Frankreich. Rechnet man wieder Schweine, Schafe und Ziegen in Rinder um, so zählt Frankreich auf 536464 qkm rund 18 Millionen Rinder, Elsaß-Lothringen auf 14517 qkm aber 682 379. Auf 1 qkm kommen demnach in Frankreich 33,55, in Elsaß-Lothringen aber 47 Stück. Vergleichen wir also Bodenfläche und Viehbestand in beiden Ländern, so ist Elsaß-Lothringen als bedeutend viehreicher zu bezeichnen. Ist das nun immer so gewesen? Die Viehzucht hat unsern Landwirten geholfen, die große Gefahr, die ihr in den 7oer Jahren erstand, zu überstehen und gesund zu bleiben. (Vergl. S. 25.) Dankt sie das sich selber, oder haben auch hier die Ver- hältnisse im ganzen Reiche mitgewirkt und mitgeholfen? Zunächst wollen die besonderen Verhältnisse bei der Vieheinfuhr beachtet sein. Die Viehzucht konnte nur deswegen die Rettung unsrer Landwirte werden, weil sie die fremde Einfuhr nicht in so starkem Maße zu fürchten hat wie der Getreidebau. Lebendes Vieh läßt sich aus überseeischen Ländern schwer zu uns bringen. Die Kosten der Beförderung sind sehr hoch. Während der langen Fahrt gehen die Tiere auch sehr leicht ein oder werden doch krank. Während Getreide aus den fernsten Ländern zu uns kommen kann und auch wirklich kommt, kann Vieh nur aus den Nachbarländern eingeführt werden, Frankreich, Holland, Belgien, Dänemark, Rußland, Österreich-Ungarn. Doch wird auch die Einfuhr aus diesen Ländern erschwert durch die Viehzölle. So können also unsere Viehzüchter ihr Vieh in Ruhe verkaufen und können Preise erlangen, die die Viehzucht recht lohnend machen. Doch es kommt noch ein wichtiger Umstand hinzu. Je mehr Leute im Lande wohnen, vor allem je mehr Nichtlandwirte, Arbeiter, Kaufleute usw. ein Land zählt, desto besser sind die Aussichten eines Viehzüchters. Alle diese Leute wollen ja Fleisch essen. Je mehr also die Industrie des Landes wächst und blüht, desto besseren Absatz findet der Landwirt für sein Vieh. Wo läßt sich aber eine so rasch wachsende Industrie, eine so schnell sich mehrende Bevölkerung finden, als im Deutschen Reiche? Jedenfalls kann

9. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 31

1912 - Straßburg : Bull
31 Doch bevor wir uns vergegenwärtigen, was auf diesen Gebieten schon geschehen ist, müssen wir die einzelnen Zweige unserer Viehzucht noch etwas genauer betrachten. Die Pferdehaltung scheint seit 1882 wenig Fortschritte zu machen. Sie entwickelt sich jedenfalls viel langsamer als die französische und die deutsche. (Die französische seit 1866 um 14°/o, die deutsche seit 1860 um 36 °/0 vermehrt.) Auch hierbei spielt die Verteilung des Grundbesitzes eine Rolle. Die zahlreichen Kleinbauern des Reichslandes kommen meist ohne Pferde aus. Die Aufzucht von Rindern ist lohnender. Auch als Zugtier genügt das Rind. Zum Antrieb landwirtschaftlicher Maschinen gebraucht man immer mehr die Motorkraft. Kraftwagen treten immer häufiger an Stelle der von Pferden gezogenen Personen- und Lastfuhrwerke. Für das Heer endlich eignen sich die schweren, ausdauernden, aber etwas plumpen Pferde unseres Landes nicht. Die feiner gebauten Reitpferde werden am besten auf den großen Gütern Norddeutschlauds gezogen, wo ausgedehnte Weideflächen den Tieren mehr Bewegung gestatten. Die ganz kleinen Bauerngüter ziehen keine Pferde groß; sie haben auch wenig Anteil an der Rindviehzucht. Es muß schon ein ziemlich großes Stück Land vorhanden sein, wenn es für Großvieh Futter liefern soll. 152 000 Bauern mit weniger als 2 ha Land besitzen nur etwa 14°/o von der Gesamtzahl aller 1907 gezählten Rinder, während auf die 54 000 mit 2—5 ha rund 33 °/o und auf die 34 000 mit 5—20 ha gar 40 °/o kommen. Die Mittelbauern halten also am meisten Vieh bei uns. Nun kommt noch hinzu, daß viele von jenen 152 000 „Kleinbauern" Rebbesitzer sind, die ihre Einnahmen aus dem Weinbau ziehen und daher weniger Wert auf Rindviehzucht legen. So dürfte es sich erklären, wenn unser Viehstand geringer scheint als der der gleichgroßen deutschen Staaten, bei denen ja der Weinbau nicht die Rolle spielt wie bei uns. Und noch eine zweite Eigentümlichkeit ist zu bemerken. Der elsaß- lothringische Viehzüchter will vor allem Milch gewinnen; er verlegt sich viel weniger auf die Aufzucht von Mastvieh. In der Mastviehhaltung steht darum Elsaß-Lothringen unter allen größeren deutschen Staaten an letzter Stelle. Im Unterelsaß findet der Bauer guten Absatz für seine Milch vor allem in Straßburg, daun auch in den zahlreichen kleineren Städtchen des Bezirks. Im Oberelsaß versorgt der Kreis Altkirch namentlich die Fabrik- stadt Mülhausen. (Altkirch besitzt einen der größten Viehmärkte in ganz Süddeutschland.) Die zahlreichen Fabrikorte am Fuße oder in den Tälern des Gebirges bilden gute Abnehmer für das Vieh, das hauptsächlich auf den Hängen unserer Berge reichlich gezogen wird. In Lothringen dagegen

10. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 33

1912 - Straßburg : Bull
33 solchen Fabrik, und ihre Dosen und Terrinnen sind sowohl in Sydney, wie in New-Iork, wie in Kapstadt bekannt. Den Feinschmeckern der ganzen Welt tragen sie den Namen unseres Landes und seiner Hauptstadt zu. Die flüchtige Übersicht über den Stand der Viehzucht hat gezeigt, daß unser Land auch auf diesem Gebiete vorwärts schreitet. Noch sieht es zwar andere deutsche Länder sich voraus. Man darf aber erwarten, daß der Vorsprung eingeholt wird. Unsere Klein- und Mittelbauern haben er- kannt, daß ihnen die Aufzucht von Vieh am meisten Nutzen bringt. Sie werden sich immer mehr vom Getreidebau ab und der Gewinnung von Futterpflanzen zuwenden. Sie werden nach immer besseren Kenntnissen in der Viehzucht streben müssen. Auch der arme Mann wird sich darum be- kümmern, welche Rasse ihm am meisten Gewinn abwirft, wie er eine Ver- besserung seiner Viehrasse herbeiführen kann. Bis jetzt haben ihm die Ge- lehrten und die sachverständigen Freunde der Landwirtschaft schon allerlei darüber zu erzählen gesucht; er schlug die Ratschläge aber oft in den Wind. Wie soll er allein sich auch bessere Rassen verschaffen? Er weiß nicht, wo sie zu bekommen sind, und er allein ist auch vor dem Betrogenwerden nicht sicher. Auch ihm kann also nur die Vereinigung mit andern Viehzüchtern helfen. Was einer nicht vermag, kann der Verein, „die Genossen- schaft". Sie wird ihm auch helfen, damit er Milch, Butter, Eier und endlich das schlachtreife Vieh selber besser als bisher verkaufen kann. Futter- mittel aller Art erhält er durch sie viel billiger. Die elsaß-lothringische Landesregierung greift solchen Genossenschaften überall unter die Arme. Sie leiht ihren Rat, unterstützt mit Geld, wo es nötig ist. Die Hauptsorge jedes einzelnen wird aber die Gesunderhaltung seines Viehes sein. Gar viele Krankheiten bedrohen dieses kostbare lebendige Kapital. Wenn er sich zur Abwehr nicht stark genug fühlt, muß ein Stärkerer helfen. Diesen Stärkeren findet er auf seinem Wege, einen, dem das Gedeihen der Viehzucht so sehr am Herzen liegt wie ihm selber. Das ist das Reich und seine Regierung. Warum das Reich? Es gleicht dem Manne, der lange, lange Jahre hindurch spart für den Fall der Not. Vielleicht tritt dieser Fall nie ein; um so besser. Das Reich sorgt für den Notfall des Krieges. Im Frieden mag es nicht gerade schlimm erscheinen, wenn ein großer Teil des nötigen Fleisches von ffemden Ländern bezogen werden muß. Immerhin bedeutet es auch dann einen Verlust an Volksvermögen. Was das deutsche Land für fremdes Vieh ans Ausland zahlt, geht dem deutschen Volksvermögen verloren. Im Kriege aber kommt alles darauf an, daß an Nahrungs- mitteln soviel als möglich im Lande selber beschafft werden kann. Man 3
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