Vorwort.
Bodenständiger Unterricht muß in möglichst erschöpfender Weise
mit der Heimat bekannt machen.
Mit der üblichen Heimatkunde, die diese bedeutsame Aufgabe
kaum anrührt, aufzuräumen, das Wefen eines wirklich heimatkund-
lichen Unterrichts zu beleuchten und Wege zu ihm vorzuschlagen, ist
der Zweck dieser Schrift.
Sie ist als Ergebnis einer längeren Erfahrung entstanden aus
Beobachtungen und Versuchen, die ich im Unterricht, vor allem im
erdkundlichen, während einer mehr als zwanzigjährigen Tätigkeit
gemacht habe.
Die zahlreichen Beispiele sind nicht ausgedacht, sondern erprobt.
Sie sind der wirklichen Schularbeit entnommen, tragen daher
ein örtliches Gepräge, das durch die Eigenart der Verhältnisse in und
bei Herfo^d^ bedingt ist, zeigen aber, wie überall verfahren werden
muß oder kann, falls unser Unterricht bodenständig werden soll.
Wenn die Ansichten, die hier vorgetragen werden, auch nur in
der Hauptsache richtig sind und Zustimmung finden, und wenn, was
das Wichtigste ist, die Anregungen und Forderungen so oder anders
befolgt werden, so wird sich daraus eine nicht geringe Umwälzung
auf dem Schulgebiete ergeben.
Bücher, die sich Heimatkunde nennen, obgleich sie große Gebiete,
z. B. einen ganzen Kreis, wohl auch einen Regierungsbezirk oder
sogar eine Provinz behandeln, können dann nicht mehr erscheinen.
Man muß vielmehr für jeden einzelnen Ort — so außer für
Bielefeld, Minden usw. auch schon für jede Stadt und Ortschaft im
Landkreise Hersord: Bünde, Vlotho, Enger, Löhne, Spenge, Hidden-
hausen, Rödinghausen,Exter, Quernheim, Valdorf,Mennighüffen usw.—
durch gründliche Erforschung der nächsten Umgebung alle bodenständig-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Extrahierte Ortsnamen: Bielefeld Minden Hersord Vlotho Rödinghausen Quernheim
— Iv —
eigenartigen Bildungsstoffe zusammenbringen, aus den Ergebnissen
für jede Schule einen sehr großen Teil ihres gesamten Unterrichts-
stoffes auswählen und danach alle Lehrpläne und Lehrbücher örtlich-
eigenartig gestalten.
Auch die Art des Unterrichts ist von Grund auf zu ändern,
und zwar im Sinne der bestmöglichen Veranschaulichung und des
Arbeitsunterrichts.
Ich habe in deutscher Sprache geschrieben. Fremdwörter sind
nur bei wörtlichen Anführungen und in den Fällen stehen geblieben,
in denen sich ein kurzer, völlig ausreichender deutscher Ausdruck nicht
finden ließ. So zum Beispiel war es nicht gut möglich, das Wort
Industrie immer zu umgehen. Delta, Photographie u. a. ließen sich
nicht ganz vermeiden. Im übrigen aber sind Fremdwörter, selbst
Fachausdrücke wie Interesse, Methode, Geologie usw. und davon
abgeleitete Bezeichnungen wie interessant, methodisch u. a. möglichst
ausgemerzt, weil das deutsche Wort dem fremden vorzuziehen ist.
Auch wäre es ein Widerspruch, wenn eine Schrift, die die Forderung
der weitestgehenden Bodenständigkeit alles Unterrichts erhebt, die
Muttersprache zurücksetzte.
Den Amtsgenossen, die mir die Freundlichkeit erwiesen haben,
den Entwurf dieser Arbeit durchzusehen und mich auf Verbesserungen
aufmerksam zu machen, sage ich dafür auch an dieser Stelle Dank.
Möge die Schrift dazu beitragen, unsere Schularbeit erfolg-
reicher zu machen!
Herford, den 1. April 1913.
Gustav Wotte.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Der Lehrer der Heimat-
künde muß der beste Kenner
der Heimat sein.
Amtliche Bestimmungen über Heimatkunde
Die jetzt gültigen „Lehrpläne und Lehraufgaben für die höheren
Schulen in Preußen" stammen aus dem Jahre 1901. Preußen""
Sie bestimmen als Lehraufgabe für die 6. Klaffe u. a.: „Grund-
begriffe der allgemeinen Erdkunde in Anlehnung an die nächste Um-
gebung und erste Anleitung zum Verständnis des Globus und der
Karten." Aus den „Methodischen Bemerkungen für die Erdkunde"
sind hier noch folgende Sätze von Bedeutung: „Behufs Gewinnung
der ersten Vorstellungen aus dem Gebiete der physischen und mathema-
tischen Erdkunde ist an die nächste örtliche Umgebung anzuknüpfen;
daran sind die allgemeinen Begriffe möglichst verständlich zu machen.
Hierbei ist aber jede Künstelei zu vermeiden. . . . Sind so die ersten
Grundbegriffe zum Verständnis gebracht, so sind sie an dem Relief
und dem Globus zu veranschaulichen; dann aber ist der Schüler
zur Benutzung der Karte anzuleiten, welche er allmählich lesen
lernen muß... . Sehr wichtig für diesen Unterricht ist das Zeichnen
als ein Hilfsmittel zur Förderung klarer Anschauungen und zur
Einprägung festen erdkundlichen Wissens. . . . Ausgeschlossen ist das
bloße Nachzeichnen von Vorlagen. .. . Wünschenswert ist, daß auf
allen Schulen der Unterricht in der Erdkunde in die Hand von Leh-
rern gelegt werde, die für ihn durch eingehende Studien besonders
befähigt sind."
Aus den „Allgemeinen Bestimmungen" vom 15. Oktober 1872,
die für die Volksschulen noch gelten, führe ich hier folgende Sätze an:
„Der geographische Unterricht beginnt mit der Heimatkunde". . . .
„Das Maß des darzubietenden Stoffes wird durch die Art der Schule
bedingt; es ist indes bei Aufstellung des Lehrplans vorzuziehen,
nötigenfalls den Umfang des Lehrstoffes zu beschränken, statt auf
dessen Veranschaulichung zu verzichten und den Unterricht in Mit-
teilung bloßer Nomenklatur ausarten zu lassen."
Der Ministerialerlaß vom 31. Januar 1908, der mit großem
Nachdruck eine gründliche Durcharbeitung des Unterrichtsstoffes fordert,
bestimmt u. a.:
Nolte, Bodenständiger Unterricht.
1
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TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
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„Die Heimatkunde ist überall sorgfältig zu pflegen. Dies gilt
nicht nur vom erdkundlichen Unterrichte; auch die heimatlichen Ge-
schichten, heimatlichen Sagen, Denkmäler, Bauten u. a. sind zu be-
rücksichtigen; die Kinder müssen ferner die in ihrer Heimat Haupt-
sächlich vorkommenden Pflanzen, Tiere, Gesteine kennen lernen und
zu dieser Kenntnis nach Möglichkeit auch im Freien auf Spazier-
gängen u. dgl. geführt werden."
^Mittel-^ Bestimmungen für die Mittelschulen vom 3. Februar 1910
schulen, enthalten u. a. folgende Vorschriften:
„Ziel ist das Heimischwerden des Kindes in dem Heimatsort
und in der umgebenden, die Eigenschaft des Ortes bedingenden Land-
schaft, sowie die Liebe zur Heimat. Der Unterricht in der Heimatkunde
bildet gleichzeitig die Vorbereitung für den Unterricht in Erdkunde,
Naturkunde und Geschichte.
Kl. Vii. Der Heimatsort, nähere Umgebung der Heimat. Her-
vorragende Bauten, Kirchen, Schlösser. Dabei Himmelsgegenden. Die
scheinbare Sonnenbahn, Tages- und Jahreszeiten, Zeitangabe durch
die Uhr. Zeichnungen des Lehrers führen zum Verständnis der Karte. —
Tiere, Pflanzen (Bäume, Anlagen) und Steine des Heimatsortes.
Kl. Vi. Das Weichbild des Heimatsortes, dabei Gewinnung
geographischer Grundbegriffe (Höhen und Tiefen, Berg und Tal, Land
und Wasser), das nächste Dorf (bzw. die nächste Stadt) und Um-
gebung, heimatliche Landschaft, die scheinbare Bahn des Mondes und
seine Gestalten, Monate, Wochen. Richtige Auffassung kartographischer
Anschauungsmittel: Plan, Relief, Profile, Karten . .. ."
Methodische Bemerkungen: Der Unterricht in der Heimatkunde
ist für die erdkundlichen und naturkundlichen Stoffe möglichst an die
zu behandelnden Gegenstände in der Natur selbst anzulehnen. Er
berücksichtigt die vorhandenen Naturdenkmäler. Die grundlegenden
Vorstellungen aus der Erdkunde und der Naturkunde werden auf
gemeinsamen Spaziergängen gewonnen. Diese sind eingehend vor-
zubereiten, gründlich zu verarbeiten und fleißig auszunutzen. Im
weiteren Verlaufe ist das Kind zu eigenen Beobachtungen anzuhalten,
alle Vorstellungen werden möglichst durch sie gewonnen ... ."
4'bbhrtne Aus den „Ausführungsbestimmungen zu dem Erlasse vom
Mädchen. 18. August 1908 über die Neuordnung des höheren Mädchenschul-
schulen. mögen hier folgende Vorschriften Platz finden: „Erdkunde.
Allgemeines Lehrziel: Verständnisvolles Anschauen der umgebenden
Natur und des Kartenbildes.... Methodische Bemerkungen: Von
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TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
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Möglichkeit in kurzen ausgewählten Aufsätzen oder Abschnitten größerer
Werke heranzuziehen....
Lehraufgaben. Höhere Mädchenschule. Unterstufe: „. . . . Der
Sachunterricht als Anschauungsunterricht soll bei den Kindern die
Fähigkeit ausbilden, Gegenstände und Vorgänge zu beobachten und
wesentliche Merkmale zu erkennen; er soll bereits vorhandene Vor-
stellungen klären und nötigenfalls berichtigen, das Wissen der Kinder
erweitern, ihren Wortschatz bereichern und ihre Sprachfertigkeit fördern.
Nur da, wo die zu besprechenden Gegenstände nicht in der Wirklichkeit
betrachtet werden können,treten gute Nachbildungen an diestelle____Der
heimatkundliche Unterricht in Kl. Viii führt von Schulstube, Schulhaus,
Heimatort und feiner Umgebung aus zu den notwendigen geographischen
Grundbegriffen und zu den Anfängen des Kartenverständnisses. Gemein-
same Ausgänge unter Leitung derlehrenden zur Beobachtung besonders
wichtiger Erscheinungen werden sich als nützlich erweisen....
Kl. Vii. 2 Std. wöchentlich. Erweiterung der Heimatkunde von
der heimatlichen Landschaft bis zum heimatlichen Erdteil. Dabei Ge-
winnung sicherer geographischer Grundanschauungen und erstes Ver-
ständnis für ihre Darstellung auf Karte und Globus. Übersicht über
die fünf Erdteile nach ihrer Lage zueinander und auf der Erdkugel
und nach ihren wichtigsten Oberflächenverhältnissen. Übersicht über
die Weltmeere. Einfache Skizzen an der Wandtafel."
Äbliche Art der Heimatkunde.
Wie pflegt nun der heimatkundliche Unterricht zu verlaufen?
i. Stoffe. Zunächst bespricht man das Schulzimmer nach Größe und Lage.
Wo die Sonne auf- und untergeht, um Mittag und Mitternacht
steht, wo Osten und Westen, Süden und Norden ist, wird wiederholt
gezeigt, einzeln und klassenweise, und gemerkt.
An Teilen des Zimmers: Fenster, Tür, Pult, Heizung. Tafel usw.
übt man das Zurechtfinden weiter, ebenso durch Bestimmung der Lage
der benachbarten Gebäude, Straßen, Plätze, der Post, des Gerichts,
des Bahnhofs, des Elternhauses usw.
Haupt- und Nebenhimmelsrichtungen, Windrichtungen und Wind-
rose werden behandelt.
Wir merken uns in Herford ferner die Kirchen und Schulen
nach Namen, Lage, Zweck und Zahl;
ferner die wichtigsten Straßen und wohin sie führen: Richtung,
Name des nächsten Ortes;
die Denkmäler in Herford und ihre Bedeutung;
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
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TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
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Durch das Aufzählen der Erscheinungen der Heimat, auch wenn
es noch so sicher und fehlerlos geht, darf man sich eben nicht täuschen
lassen.
Wer genau zusieht und hinter dem Schein das Wesen sucht,
wird sich von der Inhaltslosigkeit der eingeprägten und glatt aufge-
sagten Namen und Wörter überzeugen können.
Man untersuche z. B. nur einmal, was sich die Schüler unter
Ober-, Mittel- und Unterlauf eines Flusses denken, und man wird
die ganze Leere dieser Wörter entdecken, die doch ständig im Ge-
brauch sind.
So kann man nur zu oft feststellen, wie glatt und sicher die
Schüler über Dinge sprechen und vortragen können, bei denen sie
sich nichts oder fast nichts Rechtes zu denken vermögen.
Ein Rektor, mit dem ich über diese alltägliche Erscheinung im
Schulleben sprach, erzählte mir eine Geschichte, die ich, wenn sie auch
schon eine Reihe von Jahren zurückliegt, hier wiedergebe, weil sie
die Sache scharf beleuchtet.
Bei einer Prüfung führte ein Lehrer vor, was er von der Bach-
stelze durchgenommen hatte. Alles ging gut, und der Schulrat hörte
geduldig zu. Da fragte er ein Kind, das fehr schön vorgetragen hatte:
„Sag mal, wie nennt denn ihr zu Hause, vielleicht plattdeutsch, den
Vogel?" Plötzlich stockt der Redeschwall, und die Antwort bleibt aus.
Die spätere Frage an den Lehrer: „Glauben Sie, daß die
Schüler wirklich den Vogel kennen?" belehrte den gewissenhaften Mann,
wie wenig er mit feiner fleißigen Arbeit erreicht hatte.
Wenn er sich alles gespart hätte, was er sorgfältig durchgenommen
und dem Gedächtnis feiner Schüler sicher eingeprägt hatte, statt dessen
aber mit allen Schülern draußen gewesen wäre, um den Vogel
in der Natur beobachten zu lassen, so hätte der Junge sich keinen
Augenblick auf „Wipp-" oder „Quickstert" und „Pflugtreiber" zu be-
sinnen brauchen, es hätte ihm Spaß gemacht, die Namen zu erklären.
Schon allein dadurch, daß die Beobachtung in der Natur eine
richtige und klare Vorstellung von dem Vogel vermittelt hätte, wäre
ein größerer Gewinn erzielt worden als durch die fleißige, aber
lebensfremde Arbeit in der Klasse.
Man glaube ja nicht, daß das Anschauungsbild die Schüler
stets befähige, sich richtige Vorstellungen zu machen.
Das wird in vielen Fällen vielleicht möglich sein.
Aber das Beobachten in Natur und Leben ist zuverlässiger
und deshalb stets das Beste.
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der Schiffahrt, Gewinnung fruchtbaren Kulturlandes, Schaffung ge-
sunder Wohnstätten, Bau und Befestigung von Straßen, Förderung
von Handel und Verkehr und ähnliche Kulturzwecke nicht weggeworfenes
Geld sind, sondern sich reichlich bezahlt machen und daher mit zu den
notwendigsten und wichtigsten Ausgaben eines Landes gehören, dann
lernen die Schüler doch auch zugleich an einem Beispiel, das ihnen
ganz bestimmte bedeutungsvolle Aufgaben und Pflichten eines Kultur-
staates zeigt, ein gut Stück Bürger- und Staatskunde.
Sie haben dann doch mehr, als wenn man nur auf Karte und
Atlas Namen, Lauf, Richtung der Flüsse mit den daranliegenden
Orten aufsuchen und einprägen läßt und dann noch das, was nach
dem Lehrbuche ungefähr durchgenommen werden soll, mitteilt, erklärt
und zum Lernen aufgibt.
Wenn dann später einmal, etwa bei der Besprechung des Volks-
lebens in Spanien, im Anschluß an das Anschauungsbild „Stier-
gefecht" darauf hingewiesen wird,*) daß an jedem Sonn- und Fest-
tage etwa von Ostern bis in den Spätherbst hinein —■ wegen der
dort herrschenden katholischen Religion sind diese Tage zahlreich —
über 2000000 Spanier aller Stände, vom Könige und Minister bis
zum Arbeiter und zur Zigarettenmacherin, im Stierzirkus sitzen, wo die
Eintrittspreise wegen der teuren Stiere und sonstigen großen Kosten
sehr hoch sind, nur um sich an den blutigen Stierkämpfen zu weiden,
daß Spanien so in jedem Jahre ganz ungeheure Summen,
ungezählte Millionen für bloße Schaustücke, die noch dazu
das menschliche Gefühl abstumpfen und verrohen müssen, ver-
geudet, also für das Volksvermögen verliert und für das all-
gemeine Wohl nicht aufwenden kann,
daß es für den Bau von Straßen, Post- und Eisenbahn-
Verbindungen, Schulen und andere Kulturaufgaben aber nicht
die allernötigsten Mittel aufbringen kann,**)
dann hat die Besprechung der Stiergefechte doch eine ganz andere
Unterlage und infolgedessen doch auch für die Schüler einen
viel tieferen Sinn als nur den, daß sie wissen, daß in Spanien
Stierkämpfe stattfinden,
*) Vgl. die Erläuterung zu dem Anfchauungsbild von Wünsche, Land
und Leute, Verlag von Leutert und Schneidewind, Dresden.
**) Für die Schiffbarmachung des Ebros, d. h. des Flusses, der für eine
bedeutende Schiffahrt hauptsächlich in Betracht kommt, da die meisten übrigen
Flüsse ein zu niedriges Wasser, zu tief eingeschnittene Flußbetten, für die An-
läge von Häfen zu hohe Ufer und an den Mündungen Wasserfälle und Strom-
schnellen aufweisen, hat es allerdings viel getan und Mustergültiges geschaffen.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T45: [Spanien Stadt Portugal Granada Madrid Valencia Königreich Ebro Provinz Hauptstadt]]
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dann sind ihnen außer den erdkundlichen doch auch Volkswirt-
schaftliche, kulturelle und ähnliche wichtige Dinge zum Ver-
ständnis gebracht, und zwar um so besser, als vorher durch
die Gewinnung heimatlicher Anschauungen und durch ihre Aus-
Nutzung im weiteren Unterricht für eine gute Aufnahme- und
Verknüpfungsmöglichkeit der neuen Stoffe gesorgt worden war.
Ein solcher Unterricht hat doch wohl den verhältnismäßig größten
Bildungswert.
Das Wissen der Schüler ergibt sich dann nicht so sehr aus Stoffen,
die ihnen als Wissenschaft vorgetragen, klar gemacht und eingeprägt
wurden, fondern da ist vergleichsweise lebendigstes Erfassen und
bestes Verständnis.
Außerdem aber gewährt das doch auch die beste Vor- und Aus-
bildung der Schüler für das Leben.
Nur aus dem Leben selbst lernen wir am gründlichsten
und besten für das Leben!
Das ist eine Wahrheit, der zwar nie widersprochen, in unsern
Schulen aber auch nicht ausreichend entsprochen und gefolgt wird.
Erfahrungen im Anterricht und bei heimatkundlichen
Spaziergängen.
Unterricht Es ist ein bedeutsamer Unterschied zwischen einem Unterricht,
ohne lebens- . ^ ^ , „ . . .
volle An- der das frische, gegenwartige Leben draußen und die eigene
schauungen, sgeßftßchtung des Schülers in Natur und Leben, diese
tragfähigsten Grundlagen und ergiebigsten Quellen alles
Unterrichts, grundsätzlich und planmäßig zum Ausgangs-
punkt nimmt und verwertet, und einem solchen, der, auf dieses
Mittel verzichtend, sich mit Fleiß und Gewissenhaftigkeit abmüht, die
Schüler unter höchster Anspannung der Vorstellungskraft und des
Denkens zu bilden.
Wie mühsam und unfruchtbar ein solcher Unterricht ohne die Unter-
lagen wirklicher Anschauungen ist, weiß jeder aus eigener Erfahrung.
In vielen Unterrichtsfächern sind Stoffe, für die uns die Heimat
Anknüpfungspunkte nicht bietet, in ziemlich bedeutendem Umfange zu
verarbeiten.
Um nur ein besonders auffälliges Beispiel anzuführen, sei an
die griechische und römische Geschichte erinnert, wo mit Kindern und
unreifen Knaben und Jünglingen Stoffe und Begriffe wie Colons
und Lykurgs Verfassung, Aristokratie, Demokratie, Volksrechte, Ge-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
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Heimatliche Anschauungen als Grundlagen des
weiteren erdkundlichen Unterrichts.
rattserunb Ober-, Mittel- und Unterlauf eines Flusses werden wohl durch-
Unterlauf, weg aus der Karte und dem Atlas gezeigt und besprochen.
Man betrachtet etwa den Rhein oder einen andern sich gut
dazu eignenden Fluß und läßt ablesen, daß am Oberlauf Gebirge
sind, die im Mittellaus meist weiter zurückgehen und im Unterlauf
ganz aufhören, wo sich an ihrer Stelle flache Gegenden ausbreiten.
Diese auf klare Erkenntnis abzielende unterrichtliche Behandlung
eines Flußlaufes gilt als gut und ist immerhin etwas, was einen
begabten, mit Einbildungskraft ausgestatteten Schüler zu einigem
Nachdenken anregen kann.
Aber was bedeuten dem Durchschnittsschüler die Zeichen auf
der Karte, wenn er nie draußen in der Wirklichkeit mit Bewußtsein,
d. h. unter sachkundiger Anleitung die Dinge gesehen hat, die ihm
die Zeichen ins Gedächtnis rufen und veranschaulichen sollen?
Lebensvoller und erfolgreicher ist es doch jedenfalls, wenn man
den Lauf eines heimatlichen Baches von der Quelle bis zur Mündung
nach und nach abschreitet.
Bei den dabei stattfindenden Belehrungen über die Bedeutung
der Flußläuse im großen kommt man zwar auch nicht ohne Jnanspruch-
nähme der Einbildungskraft aus. Aber ihre Tätigkeit hat dabei eine
Unterlage. Sie gründet sich auf Dinge, die die Schüler vor sich
haben und genauer betrachten können, und ist deshalb richtiger und
ergebnisreicher.
Wenn die Schüler im Oberlauf eines Baches die engen, steilen,
bewaldeten Ufer, das von Steinen und Erdrutschen vielfach abge-
sperrte, von zahlreichen kleinen Wasserfällen durchsetzte, seichte Wasser
sehen, das sich seinen Weg zwischen dem Geröll hin und her sucht,
wenn sie das starke Gefälle, die Stoßkraft des Wassers und die Be-
sörderung des Gerölls nach unten selbst beobachten, dann verstehen
alle, auch die schwächeren, daß und warum man dort keine Schiffahrt
treiben oder Häfen anlegen kann, weshalb man da keine Dörfer oder
Städte findet.
Und wenn dann weiter die Schüler selbst das Wasser aufstauen
und so kleine Talsperren bilden müssen, so ist allen der Begriff
„Talsperre" leicht klar gemacht.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe]]
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gang oder Ausflug macht, um ihnen ein geschichtliches, kunstgeschicht-
liches Gebäude, Denkmal usw. zu zeigen, ist doch nicht ausreichend,
wenngleich es der Ansang des rechten Weges ist.
Nein, immer und in allen Fächern soll und muß man
das, was man nirgends so gut verstehen und lernen kann
als draußen in der Wirklichkeit, auch nicht allein in der
Schule unterrichtlich behandeln, sondern in erster Linie aus
dem ergiebigsten Quell, der Wirklichkeit selbst, schöpfen!
Wirklichkeits-, Freilicht- oder Freiluftunterricht muß
planmäßig und in ausreichendem Umfange überall ein-
geführt werden!
In manchen Fächern, z. B. in der Naturkunde, oder in Teilen
von Fächern, z. B. in der Wetterkunde, gönnt man ihm wohl hin
und wieder schon ein bescheidenes Plätzchen.
Uns kommt es hier darauf an, daß auch die gesamte Heimat-
künde, soweit man sie am erfolgreichsten in der Umgebung des
Schulortes behandeln kann, tatsächlich draußen an Ort und
Stelle erarbeitet werde.
"rotfi^n5 Der Unterschied zwischen einem solchen Anschauungsunterricht
Mrttichkeits-im eigentlichsten Sinne und der bisher wohl allgemein üblichen
Unterricht. Unterrichtsart ist ganz wesentlich.
Was bisher nur hier und da gelegentlich und nebenher geschah,
muß überall zur Hauptsache gemacht, die eigene, vom Lehrer
planmäßig geleitete Beobachtung des Schülers muß zur
Hauptgrundlage des Unterrichts werden!
Dieser Unterschied ist etwa der, als wenn im Schulzimmer ent-
weder ein gutes Anschauungsbild von der Frucht der Kokosnuß vor
die Schüler hingehängt und auf das beste erklärt, oder eine
wirkliche Nuß mitgebracht, von den Schülern in die Hand ge-
nommen, vor ihren Augen in Teile zerlegt und genau betrachtet
und besprochen wird, wobei sich die Schüler auch zugleich von der
Härte der Schale, der Art der Faser und dem Geschmack der Milch
und des Fruchtfleisches überzeugen können.
In welchem Falle die Schüler die richtigsten und klarsten Vor-
stellungen, das beste Wissen und Verstehen erlangen, ist außer Zweifel.
Auch das lebendigste, anschaulichste Wort kann die Wirk-
lichkeit, die tatsächliche Anschauung niemals voll ersetzen!
Es ist und bleibt denn doch ein nicht geringer Unterschied, ob
jemandem ein Festsaal mit der üppigsten Tafel und den verlockendsten
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]