38
V. Geschichte.
daß die Perioden ungefähr gleichlang waren'. — Die gar nicht seltenen Moor-
leichen waren entweder Verunglückte, oder aber zur Strafe Versenkte, und dies sind
offenbar die meisten gewesen (Tacitus, Germania 12). Kleidung und Haare, von
der Moorsäure fuchsrot gefärbt, sind gut erhalten, die Knochen völlig erweicht. Die
Funde beweisen, daß die Kultur in Gewandung, ihrem Muster und Schnitt, recht
hoch und dieselbe war, welche die Germanen auf verschiedenen römischen Siegesdenk-
mälern tragen.
Eine gewisse Gliederung in Kulturabschnitte läßt sich an Hand der Be-
stattungsarten, der Gräberfunde, aufstellen:
a) Steingräber der jüngeren Steinzeit mit einer großen, meist aus unbehauenen
Steinblöcken hergestellten Grabkammer. Unverbrannte Leichen. Dolmen — über-
irdische Grabkammern oder Ganggräber; Cromlechs — kreisrunde oder auch recht-
winklige Steinsetzungen2. Die „Sieben Steinhäuser"3 bei Fallingbostel, die Lübben-
steine* bei Helmstedt. Das größte Steingrab liegt bei Hekese, Kreis Bersenbrück,
86 m lang. Älteste Funde germanischer Töpferkunst mit mannigfaltigen, schönen Formen.
b) Grabhügel mit Steinaufbau und Hockergräber mit hockender Stellung der
Leiche. Zunehmen der Leichenverbrennung, Verfall der Töpferei.
c) Hügelgräber mit kleinen Steinkisten, welche die Asche des verbrannten
Leichnams enthalten.
d) Urnenfriedhöfe bis in den Beginn der christlichen Zeit, also bis ins
8. Iahrh. n. Chr. An Hand der Funde von Töpferwaren in England läßt sich sicher
die Verbreitung der „Angelsachsen" aus unserer Heimat nachweisen.
Die Wallburgen sind in unserem Gebiete zu mehreren Dutzenden vorhanden
und teilweise in ansehnlichen Überresten erhalten, so die Pippinsburg und das Bülzen-
bett bei Lehe, auf dem Deister die Heister-, die Wirkes- und die Vennigser Burg, auf
dem Elm die Reitlingsburgen. Sie entstammen sehr verschiedenen Zeitaltern, viele
werden als sächsisch, davon im Lüneburgischen eine große Zahl als Grenzplätze gegen
die Wenden, einige als fränkisch, kaum eine als römisch angesprochen. Römisch sind
wohl einige der Knüppeldämme — ponte8 longi —, die unsere Moore durchziehen,
aber sie kommen zahlreich auch in Gebieten vor, die nie ein römisches Heer betreten hat.
2. Zur Zeit des Kaisers Augustus war unser Land ganz von germanischen
Stämmen bewohnt. Die wichtigsten waren: die Cherusker, von der Weser bis
zum Harz und darüber hinaus; nördlich von ihnen die Angrivarier? die Lango-
barden im Lüneburgischen (Bardowiek?)! an der Nordseeküste die Chauken und
westlich von ihnen die Friesen, südlich von diesen die Ampsivarier im Emsgebiete.
Den Cheruskern und ihrem Fürsten Hermann war es beschieden, Deutschland
von den Römern zu befreien. — 9 n. Chr. Schlacht im Teutoburger Walde, 16 bei
Idistaviso und am „Grenzwalle der Angrivarier".
1 (Es ist klar, daß auf dem Forum Romanum nach der „Gründung der Stadt"
keine Gräber mehr angelegt werden konnten. Die Vergleichung der Gräberfunde
ergibt in der Tat, daß die letzten aus der ersten Hälfte des 8. Iahrh. stammen und
daß hier die vorgeschichtliche mit der geschichtlichen Zeitrechnung zusammentrifft. Das
ist die Probe auf das Exempel.
2 S. Bilderanhang S. 68.
» Der größte der noch vorhandenen fünf Dolmen wird bedeckt durch einen einzigen
Block von 4,82 X 4,38 m, 0,72 m dick, 1646 Zentner schwer.
4 Das größte der beiden Gräber ist 17,8 rn, die Grabkammer selbst 9,5 m, ein
Deckstein fast 3 m lang und wiegt fast 7669 kg. — Andree, Braunschweiger Volks-
kunde. Braunschweig 1961. S. 8 ff.
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Extrahierte Personennamen: Kreis_Bersenbrück Iahrh Augustus Hermann Idistaviso Iahrh Andree
Extrahierte Ortsnamen: Fallingbostel Helmstedt England Heister- Deutschland
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Braunschweig
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
- 45 -
den sieben Türmen" in Konstantinopel gesangen gewesen war und
dann befreit wurde. Der Altstadtmarktbrunnen ist von einem
durchbrochenen Türmchen mit Wetterfahne gekrönt- unter dem türm-
artigen Baldachin sitzt Maria mit dem Iesuskindlein als Sinnbild
der ewig reinen jungfräulichen Quelle. Dieser schöne Brunnen erstrahlt
bei Feiern ebenso wie das Rathaus in festlichem Lichte (Illumination).
Die Martinikirche liegt inmitten schöner Gebäude. Westlich ist
die Herzogliche Kammer, Sitz der Direktion der Domänen,
Forsten und Bergwerke, südlich das Landschaftliche Haus*) für
die Sitzungen des Landtages (Ministertisch, Präsident, Landsyndikus,
46 Abgeordnete) und der Landessynode, südöstlich bis zur Poststraße
das Gewandhaus. Dieses war einst ein Kaufhaus für die Laken-
maker (Tuchmacher) und die Gewandschneider (Tuchhändler). Bon
wunderbarer Schönheit ist die Ostseite, deren Unterbau genau ein
Quadrat bildet, wie der Oberbau genau ein gleichseitiges Dreieck,
beides in gleicher Höhe. Die alte braunschweigische Normalelle
(= 0,57 m) sehen wir in Mannshöhe am zweiten Pfeiler des Alt-
stadtrathauses. Das Ganze überragt die Göttin der Gerechtigkeit mit
dem Schwert in der rechten und der Wage in der linken Hand. —
An. der Südseite des Gewandhauses erhebt sich der Neubau des
Handelskammergebäudes mit der vielbenutzten Öffentlichen Lesehalle.
Südlich vom Bankplatze finden wir zwei Gotteshäuser: die im
orientalischen Stil erbaute Synagoge und die dem Erzengel Michael
geweihte Michaeliskirche (der Giebel zeigt das Bild des Drachen-
Msiegers), die zweite Pfarrkirche der Altstadt.
Nach Norden führen eine Anzahl Straßen: Echtem-, d. h. Ach-
ternstraße, nämlich im äußersten Westen, Güldenstraße, Scharrnstraße
(benannt nach dem Fleischscharrn), Breitestraße, Gördelinger- und
Schützenstraße. Die erstgenannten führen zu drei Klinten (Klint heißt
Hügel, Uferhöhe): Süd-, Bäcker- und Radeklint (hier wohnten Stell-
macher). Auf dem Bäckerklint sitzt auf dem Eulenspiegelbrunnen,
umgeben von Eulen und Meerkatzen, der Schalk aus Kneitlingen,
der in dem gegenüberliegenden Eulenspiegelhause statt des Weißbrotes
Eulen und Affen gebacken haben soll. Die benachbarte Petri-
Kirche war die dritte Kirche der Altstadt. Heinrich der Löwe hatte
sie zu Ehren der Apostel Peter und Paul erbaut: an der südlichen
Eingangstür steht die Bildsäule des heiligen Petrus.
In einem Eckhause des alten Petritores erfand Mumme das
nach ihm benannte Bier, das durch das Mummelied verherrlicht
wurde:
Vrunservyck, du leiwe Stadt
Vor veel dusend Städten,
Dei sau schöne Mumme hat,
Dar ick Wost kann äten!
) Auf der breiten Freitreppe erheben sich vier jonische Säulen, die .eiften
Balken tragen; den hohen Sitzungssaal schmücken korinthische Säulen. (Der
Portikus im Bürgerpark hat dorische Säulen.)
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Inhalt: Zeit: Geographie
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Mumme smeckt noch mal sau fin
As Tokay un Mos'lerrvyn,
Slackwost füllt den Magen . . .
Hinric mag dei Vöggel fangen,
Drosseln, Artschen, Finken,
Lopen mit der Limen-Stangen, —
Ick will Mumme drinken! . . .
3. Der Sack ist das jüngste, von Kaiser Otto Iv. gegründete
Weichbild, im Westen und Norden der Burg, eingeschlossen von der
Burg, Alt- und Neustadt, ohne Tore. Sein Rathaus stand früher
an der Ecke zum Sack und Vor der Burg. Er war Zuerst mit in
die Ulrichskirche auf dem Kohlmarkt eingepfarrt, erhielt aber, als
die Ulrichskirche baufällig geworden war, die auf der Grenze von
Altstadt, Neustadt und Sack gelegene St. Ulrici- oder Brüdernkirche
als Pfarrkirche. Dieser Hallenbau war von Otto Iv. erbaut worden
und den Franziskanern überlassen, die dann weichen mußten, als die
Reformation hier ihren Einzug hielt. Am Himmelfahrtsfeste 1528
hielt hier Luthers Mitarbeiter Johann Bugenhagen seine erste
Predigt. Er verfaßte eine braunschweigische Kirchen- und Schulord-
nung. An sein Verdienst erinnert das Bugenhagen-Denkmal. Be-
sonders schön ist der efeuumsponnene Kreuzgang der Kirche mit dem
Oberstock aus Fachwerk, sowie das Portal.
4. Die Neustadt ist gleichfalls eine Schöpfung Heinrichs des
Löwen, der seine Fürsorge auch auf das Gewerbe, die Tuchweberei,
die Leineweberei und das „Beckenwerk" ausdehnte. (In der Becken-
werkerstraße wohnten Kupferschmiede, die kupferne Becken, Schüsseln
und Kessel anfertigten.) Stark durch Umbauten ist das am Südende
der Reichsstraße gelegene Neustadt-Rathaus (jetzt Schulmuseum) ver-
ändert worden. Die Reichs- wie die Kaiserstraße standen damals
unter des Kaisers und des Reiches Schutz, sie bildeten eine Fort-
setzung der beiden westlich von Hildesheim und nördlich von Celle
kommenden, beim Weißen Rosse sich vereinigenden wichtigen Heer-
straßen. An dem Wollmarkte errichtete man zu Luthers Lebzeiten
die Alte Wage, einen Fachwerkbau mit schön geschnitzten Friesen.
Daneben steht die Andreaskirche, deren 92v? m hoher süd-
Itcher Turm als höchster Punkt das Wahrzeichen Braunschweigs bildet,
früher aber gar 121 m hoch gewesen sein soll. Besonders schön ist
das Glockenhaus in gotischem Stil und die Rose. Am südlichen
Schiffe sind vier verkrüppelte Leute zu den Füßen Jesu dargestellt,
— angeblich die Erbauer der Kirche, reiche, verkrüppelte Kaufleute,
nach denen die Kröppelstraße benannt sein soll. An dieser Straße
steht neben dem Pfarrhause der älteste und einzige mittelalterliche
Backsteinbau der Stadt, der das Archiv der Kirchengemeinde enthält.
5. Der Burgplatz. Ein Stück anheimelnder mittelalterlicher
Poesie bildet der mäßig große, etwa in der Mitte der Stadt gelegene
Burgplatz. Betreten wir ihn von W., so erblicken wir geradeaus die
Burg Dankwarderode, davor den ehernen Löwen, der nach Osten
sieht, wo die damaligen Hauptfeinde, die Wenden, wohnten, - ein
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Inhalt: Zeit: Geographie
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Sinnbild der Macht Heinrichs des Löwen, zugleich eins der be-
deutendsten Werke mittelalterlicher Gießkunst; rechts den herrlichen Dom;
links das Gildehaus, ein Juwel der Baukunst, ein Prachtstück von
Dekoration.
Die ehemalige Burg, die älteste Niederlassung der Stadt, soll
von Dankward (vielleicht um 861 ?) errichtet sein. Ein Graben schützte
dieses zunächst strohbedeckte Herrenhaus, das durch drei Tore mit
Burg Dankroarderode in Braunschweig.
der Stadt verbunden war. Heinrich der Löwe führte einen dem
Kaiserhause in Goslar ähnlichen Neubau auf, der unten Zimmer für
die Dienerschaft hatte, oben aber einen großen Festsaal mit Wohn-
und Schlafzimmern - Kemenaten genannt, weil sie durch Kamine ge-
heizt wurden. Heinrich der Löwe starb hier 1195. Mehrmals wurde
die Burg ein Naub der Flammen. Später diente sie der Schulbuch-
Handlung Campes als Geschäftshaus' bald daraus wurde sie Kaserne.
Der Regent Albrecht ließ sie wieder schön erstehen.
Erinnert das Denkmal des Löwen auf der Westseite der Burg
an den bedeutendsten Welfenherzog, so führt uns das Neiterdenkmal
auf der Ostseite den letzten Fürsten aus der älteren Welfenlinie vor,
Herzog Wilhelm. (Wo sind die Neiterdenkmäler seines Vaters und
Großvaters?) Auf hohem Sockel von rötlichem polierten Granit er-
hebt sich ein leicht schreitendes Pferd, welches der Herzog in Uniform
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1867 die Herzogliche Münzean ihr liegen das Polizeigebäude und
der Iustizpalast.
Nördlich von der Burg Dankwarderode liegt der Ruhfäutchen-
platz, benannt nach den früher hier wohnenden Hofdienern, die über
ihre weißen Strümpfe Gamaschen trugen und den Spitznamen Rauh-
füßchen (Ruhfäutchen) bekamen. Dem Dom gegenüber erhebt sich bis
61 m das im frühgotischen Stil aus Hilssandstein erbaute neue Rat-
haus. Nördlich davon steht das Finanzgebäude, gleichfalls in
frühgotischem Stil, und das Behörden haus (Ministerium, Herzog-
liche Kammer usw.), beide aus Elmkalkstein erbaut.
6. Der Hagen. Während am Westufer der früher mitten durch
die Stadt von Süden nach Norden fließenden Oker die Weichbilder
Altstadt, Sack und Neustadt lagen, breiteten sich am rechten Ufer die
Altewiek und der Hagen aus. •'
Der Hagen, nördlich der Burg, wurde von Heinrich dem Löwen f Cf. J/2?'
gegründet, dem eine dankbare Nachwelt mitten auf dem Hagenmarkt
ein Denkmal, den Heinrichsbrunnen, errichtet hat. Auf drei
miteinander verbundenen, mit Löwen geschmückten Becken steht der
Fürst im Herrschermantel, im rechten Arm das Schwert haltend, im
linken aber das Modell der von ihm gegründeten Katharinenkirche.
An den Posamenten der sechs Säulen stehen die Wappen der fünf
Weichbilder und eine Inschrift. Nördlich von der Kirche spendet ein
ruhender Löwe Wasser. Die schöne Katharinenkirche wurde im
romanischen Stil angelegt, dann aber im gotischen ausgebaut. Bon
besonders schöner Wirkung ist das Rundbogenportal, darüber die
Fensterrose und das gotische Glockenhaus. Der südliche, 77 m hohe
Turm ist mehrmals durch Feuer zerstört worden. Aus dem Hagen-
markt wurden im 14. Jahrhundert Tile von dem Damme und im
17. Jahrhundert Hennig von Brabant unschuldig hingerichtet. Nach
letzterem wurde die Brabantstraße benannt. An der Südseite des
Platzes stand einst das Rathaus des Hagens und später das Opern-
haus. Nordwestlich führt ein Eingang zu der Städtischen
Markthalle. Nördlich führt die Wendenstraße nach dem Wenden-
tor, östlich die Fallersleberstraße nach dem Fallerslebertor (Richtung
nach Fallersleben!), östlich vom Bohlweg der Steinweg nach dem
Steintor. Zwei Straßenzüge führen vom Hagenmarkte südlich nach
dem Herzoglichen Schlosse: der Bohlweg, der seinen Namen von den
Bohlen hat, die der sumpfigen Beschaffenheit wegen in alter Zeit
gelegt waren,' sodann die Wilhelmstraße (an der das Geburtshaus
des großen Rechenmeisters und Astronomen Karl Friedrich Gauß
steht) und der Ritterbrunnen, benannt nach den Tempelrittern, die in
dieser Gegend wohnten.
Das Herzogliche Schloß am Bohlweg, einer der schönsten
Fürstensitze, wurde zu Beginn der Regierungszeit des Herzogs Wil-
Helm aus Sandsteinguadern gebaut an der Stelle, wo früher der
„Graue Hof" des Jisterzienserklosters Riddagshausen stand. Es
ist 114 m lang und 23 m hoch und wird gekrönt von der 10 m
Oppermann, Landeskunde. 4
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Ulrich, der katholisch geworden war, gegründet. Über der Tür sehen
wir das Bild des heiligen Nikolaus, dem sie geweiht ist.
Am Ägidienmarkt erhebt sich die gewaltige Ägidienhalle, die
einst als Kirche von Gertrud, der Schwiegermutter des Kaisers Lothar
gegründet und dem heiligen Ägidius, einem Abt in Frankreich, ge-
weiht war. In der westfälischen Zeit wurde die Kirche als Stroh-
magazin benutzt. Jetzt sind die Kreuzgänge des früheren Ägidien-
Klosters und der hier aufgebaute hohe Chor der einstigen Pauliner-
Kirche (am Bohlweg) zum Vaterländischen Museum ausgebaut.
Ein Eckhaus am Ägidienmarkt enthält das Sterbezimmer G. E. Les-
sings, der von Wolfenbüttel hierher zum Besuch gekommen war und
hier am 15. Febr. 1781 gestorben ist und auf dem Magnikirchhofe
die letzte Ruhestätte gefunden hat. Auf dem Lessingsplatze erhebt
sich auf einem Postament von Harzburger Granit sein Standbild mit
Inschrift: „Dem großen Denker und Dichter das deutsche Vater-
land". An den Herzog Leopold, der 1785 in den Fluten der Oder
ertrank, als er Menschen retten wollte, erinnert die Leopoldstraße
und das Denkmal in der Freimaurerloge „Zur gekrönten Säule/<
8. Braunschweigs einstige Festungswerke. Heinrich
der Löwe ließ um die Stadt zum Schutze gegen die Feinde eine etwa
5 m hohe und 1 m dicke Mauer und an ihrer Außenseite einen Graben
ziehen, den Stadtgraben, der mit Wasser gefüllt wurde- der westliche
Teil, am Gieseler, hinter der Echternstraße und dem Südklint, am
Neuen Wege und am Nickelnkulk, ist noch zu sehen, aber der östliche
Teil (zwischen Schloß und Friesenstraße usw.) ist zugeworfen. Die
ausgegrabene Erde warf man auf die innere Seite der Stadtmauer:
Wall. In der Mauer befanden sich damals zehn Tore. Nach
300 Iahren, nach Erfindung des Schießpulvers, genügten diese Festungs-
werke aber nicht mehr. Man ließ noch einen zweiten Graben außer-
halb des Stadtgrabens, mit diesem gleichlaufend, auswerfen, den
jetzigen Umflutgraben. Die ausgeworfene Erde wurde auf den heu-
tigen Wall gebracht. Eine dritte Verteidigungslinie bildeten die
Landwehren, die aus parallel nebeneinander herziehenden Gräben
bestanden, innerhalb deren die sogen. Pfahldörfer, d. h. eingepfählte
Dörfer, Olper, Lehndorf, Melverode, Rüningen und Rühme, lagen.
Wo die Heerstraßen diese Gräben kreuzten, errichtete man Türme
oder Bergfriede: Wenden-, Gliesmaroder-, Schöppenstedter-, Rüninger-
türm, Rotenburg, Raffturm und Ölperturm. Herzog Karl Wilhelm
Ferdinand ließ um 1800 die Mauern niederreißen und die Wälle
in herrliche Parks und Spaziergänge verwandeln. Braunschweig
wurde wieder eine offene Stadt.
9. Der Wall, die Außen st adt und die Umgebung.
Auch im Gebiet der Stadt Braunschweig behält die Oker ihre Rich-
tung von Norden nach Süden bei. Sie fließt durch den dem Herzog
von Cumberland gehörenden Park von Alt- und Neu-Richmond und
teilt sich im Bürgerpark bei dem Portikus in zwei Arme: der west-
liche Umflutgraben wendet sich beim Bahnhof scharf westlich und jen-
4*
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Ferdinand Karl Wilhelm Ferdinand
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von der Altenau durchflossenen Mulde zwischen Elm und Asse gelegen.
Daß wir uns hier in fruchtbarer Gegend befinden, deuten schon die
beiden großen Zuckerfabriken an. Es sind hier durchweg Kreide-
bildungen, die an vielen Stellen mit Sand und Lehm bedeckt sind.
Mit Schöppenstedt ist schon verwachsen das Dorf Küblingen, wo
ein angeblich wundertätiges Steinbild der Jungfrau Maria im Mittel-
alter von Leidenden und Hilfesuchenden verehrt wurde.
3. Am Südostabhang des Elms ist ein größerer Ort, die platt-
deutsch „Scheinig" genannte Stadt Schöningen mit fast 10000 Ein-
wohnern (120 m hoch). Sie verdankt ihre Entstehung den am Elm
entspringenden Salzquellen, deren Salzgehalt in zwei Salinen gewon-
nen wird, sowie dem alten, oberhalb der Stadt, dem Elm zu gelegenen
Lorenzkloster, das heute eine Domäne ist. (Merkwürdigerweise stehen
die beiden Türme der Lorenzkirche an der Ostseite.) Unter den
braunschweigischen Städten wird Schöningen zuerst erwähnt. Das
ehemals fürstliche Schloß war Witwensitz mehrerer Herzoginnen. Im
Stadtpark ist ein Kurhaus mit Solquelle. Ihren Erwerb finden die
Bewohner meist in den Salinen, auf den beiden Domänen, in der
chemischen Fabrik, in Maschinen- und Farbenfabriken, in Steinbrüchen
und Braunkohlenbergwerken. Beliebte Ausflugspunkte sind das Elm-
haus am Waldrande und tief im Elm die Elmsburg mit umfang-
reichem Ringwall. Östlich von Schöningen, bei Offleben, beginnt die
nordwärts sich erstreckende Helmstedter Braunkohlenmulde.
4. Königslutter. Königslutter ist auf Tuffsteinablagerungen
erbaut, die aus dem kalkhaltigen Wasser der Lutter abgesetzt sind,
und liegt an der Eisenbahn Braunschweig —Helmstedt-Magdeburg, an
einer Anhöhe (120 bis 160 m hoch). Seinen Namen Königslutter hat
es von dem Bache Lutter, dem reinen, lauteren, und nach dem hier
im Dom ruhenden Kaiser Lothar von Süpplingenburg (1125 — 37);
1252 hieß die Stadt Konnigesluttere. Mit den Dörfern Oberlutter
und Stift Lutter bildet es einen Ort, der 6500 Einwohner zählt.
Das 16. und 17. Jahrhundert brachte der Stadt viel Unglück durch
Kriegsunruhen und Feuersbrünste. Im 18. Jahrhundert braute man
hier vorzügliches Ducksteinbier, das auch Friedrich Wilhelm I. in seinem
Tabakkollegium trank. In Stiftslutter erbaute Lothar sich die stolze
Stiftskirche, eins der größten und schönsten Werke romanischer Bau-
Kunst in Niedersachsen, mit berühmtem Kreuzgang. Hier wurde er
Silvester 1137 bestattet. Neben ihm ruhen seine Gemahlin Richenza
und sein Schwiegersohn Heinrich der Stolze, der Vater Heinrichs des
Löwen. Diese Gräber deckt ein prachtvolles Marmordenkmal. Neben
der Kirche befindet sich an der Stelle des alten Benediktinerklosters
die Landes-Irrenanstalt.
Lothars Stammsitz war das (südlich von dem 191 m hohen
Dorm) an der Schunter zwischen Königslutter und Helmstedt gelegene
Dorf Süpplingenburg mit herrlicher Ordenskirche (Johanniter-
Komturei).
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Extrahierte Personennamen: Maria Maria Lothar_von_Süpplingenburg Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Lothar Richenza Heinrich_der_Stolze Heinrich Heinrichs Lothars_Stammsitz
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- 3 -
steins und Mecklenburgs und erweiterte sein Reich bis Hinterpommern, — „der
ungekrönte König des Nordens". Durch Gründung von Kirchen, Bistümern und
Städten sorgte er erfolgreich für die Ausbreitung des Christentums und damit
des Deutschtums. Hohe Ehren wurden ihm auf seiner sagenumwobenen Pilgerfahrt
nach dem Heiligen Lande zuteil. (Der treue Löwe.)
Die Stadt Braunschweig hat ihm viel zu verdanken. Neben den bestehenden
Weichbildern Altewiek, Altstadt und Neustadt und neben der Burg mit dem Blasienstifte
gründete er den Hagen. Später kam noch der Sack hinzu. Er umgab die Stadt (mit
Ausnahme der Altenwiek) mit Mauern und verlieh oder bestätigte den Gemeinden
Stadt- und Marktrechte. Nun siedelten sich viele Handwerker an, und zwar meist in
bestimmten Straßen der Neustadt, z. 23. Kannengießer-, Beckenwerker-, Weber-
straße. Auf dem Hofe seiner Burg errichtete der Herzog den ehernen Löwen als
Sinnbild seiner Kraft und zum Schreckbild für die Feinde.
Seine Herrschaft hatte ihm aber die Feindschaft der sächsischen Großen
zugezogen, die ihn beim Kaiser verklagten, dem er die erbetene Hilfe gegen die
Lombarden versagt hatte. Stolz und starrsinnig verachtete er die Vorladungen
des Kaisers und wurde deshalb seiner Lehen und Herzogtümer verlustig erklärt.
Erst spät unterwarf er sich, nachdem er tapfer gekämpft hatte. Heinrich mußte für
mehrere Jahre Deutschland verlassen; er ging nach England an den Königshof
des Vaters seiner Gemahlin Mathilde. Er erhielt nur seine Stammlande Braun-
schweig und Lüneburg zurück und beschäftigte sich zuletzt mit Werken des Friedens
in dem von ihm erbauten Palast Dankwarderode, wo er 1195 starb, „ein Fürst,
der, reichbegabt, wenn auch nicht ohne Schwächen, großen Zielen zustrebte, aber
durch eigene Schuld von der glänzenden Höhe stürzte, als das strahlendste Gestirn
des Welsenhauses im Mittelalter". Das schöne Grabmal Heinrichs und Mathildes
in dem von ihm erbauten Dom zeigt auf zwei Steinen die 2 Meter großen Bild-
gestalten beider.
7. Heinrichs Sohn Otto war 20 Jahre lang Deutscher Kaiser (Otto Iv.),
erlangte aber kein Ansehen. Kinderlos starb er auf der Harzburg. Dessen Neffe
Otto das Kind versöhnte sich mit dem Hohenstaufen-Kaiser und erhielt auf dem
Reichstag in Mainz 1235 das Herzogtum Vraunschweig-Lüneburg.
8. Klöster. Von den Zisterziensern wurden das Kloster Walkenried am
Südharz und Amelunzborn bei Stadtoldendorf gegründet und von diesem letzteren
wieder Riddagshausen. In Braunschweig baute man die Klosterkirchen Ägidien
und Brüdern und bei Braunschweig das Frauenkloster Zum heiligen Kreuz
(Kreuzkloster). Kurz vorher entstanden die Zisterzienserklöster Marienthal bei
Helmstedt und Michaelstein bei Blankenburg. Von den Augustinern wurden das
St. Lorenzkloster in Schöningen und das Frauenkloster Marienberg bei Helm-
stedt gegründet.
9. Herrliche Bauwerke im romanischen Baustil stammen aus dieser Zeit:
die Pfeilerbasilika in Königslutter, die Gründung und Grabkirche Kaiser Lo-
thars, die Burg Dankwarderode und der Dom in Braunschweig, Kirchen in
Marienthal, Marienberg, Ameluniborn und die Stiftskirche in Gandersheim. Die
Klosterkirche in Riddagshausen gehört dem Übergangsstil an. Den dann zur
Herrschaft gelangten gotischen Baustil zeigen das Altstadt-Rathaus, die Brüdern-
und Ägidienkirche in Braunschweig.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Braunschweig
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Braunschweig
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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Kellerräumen hielt man früher das peinliche Gericht ab. Diesem
herrlichen Rathause standen einst ebenbürtig gleich das jetzt völlig
umgebaute Neustadtrathaus (Schulmuseum) und das völlig beseitigte
des Hagens.
Die schöne Martinikirche (romanische Pfeilerbasilika mit goti-
schen Seitenschiffen) war einst die Hauptkirche der Stadt und dem
heiligen Bischof Martin geweiht, dessen Bildsäule unter der Kanzel
Altstadtmarkt in Braunschroeig.
steht. Martin von Tours bewohnte auch als Bischof die Zelle, in
der er als Einsiedler gelebt hatte, und war der erste Heilige, dem
in der römischen Kirche eine öffentliche Verehrung zuteil wurde. Sein
Geburtstag, 11. November, ist das Martinsfest (Wartini).
Die sogenannte Vrauttür im Norden enthält die Gestalt des
Heilands mit den fünf klugen und fünf törichten Jungfrauen. Die
Außenseite, namentlich nach Norden, ist durch kunstvolle alte Grab-
platten geziert, z. V. an der Nordseite der Grabstein des Fähnrichs
von Rauchhaupt, der 1615 beim Ausfall gegen Herzog Friedrich
Ulrich gefallen war. Dem Rathause gegenüber steht das Huthaus des
Freiherrn von Stechinelli, der einst in Venedig als Bettelknabe den
Herzog Georg Wilhelm von Celle vor einer Verschwörung auf sein
Leben gewarnt und dadurch gerettet hatte. Aus Dankbarkeit wurde er
mit nach Deutschland genommen und brachte es bis zum Generalpost-
me'ster. An der Ecke sieht man die Gestalt eines Vettelknaben, den
Hut in der Hand. „Die sieben Türme" sollen nach der Sage
von einem Bürger erbaut sein, der lange in dem Gefängnisse „Iu
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Braunschweig
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Braunschweig
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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des Husaren-Regiments reitet. Als Sinnbild der Landwirtschaft er-
scheint rechts eine weibliche Figur mit Sichel und als Sinnbild des Ge-
werbefleißes ein Mann mit Kette und Schmiedehammer. Links wird
die Weisheit durch eine Figur mit einem Buche, die Gerechtigkeit
durch eine ähnliche mit dem Schwerte dargestellt- beide Denkmäler
nebst dem Vurggraben bilden mit der Burg ein einheitliches Ganzes,
das durch einen Gang mit dem Dom verbunden ist.
„Im Dom zu Vraunschweig ruhet der alte Welfe aus,
Heinrich der Löwe ruhet nach manchem harten Strauß."
Dieses herrliche Gotteshaus hat Heinrich der Löwe erbaut,
nachdem er von seiner Wallfahrt nach Palästina zurückgekehrt war.
Er widmete es Johannes dem Täufer und dem h. Blasius, jenem
Bischof in Kleinasien, der den Märtyrertod erleiden mußte und früher
von Leuten angerufen wurde, die Hals- oder Zahnschmerzen hatten.
Ursprünglich hatte es die Gestalt eines lateinischen Kreuzes und war
im Rundbogenstil erbaut. Später wurde dem südlichen Seitenschiff
ein gotisches hinzugefügt, und das nördliche wurde durch zwei gotische
ersetzt. Heinrich der Löwe hatte den Dom als Grabstätte für
sich und sein Geschlecht bestimmt. Im Mittelschiff vor dem hohen
Chor erblicken wir sein Grabdenkmal und das seiner zweiten Ge-
mahlin Mathilde. In seiner rechten Hand hält er das Modell des
Domes, in der Linken ein Schwert. Neben ihnen ruhen Kaiser
Otto Iv. (f 1218), seine Gemahlin Beatrix und elf braunschweigische
Fürsten und Fürstinnen. Eine Treppe führt hinunter zu der
Krypta (Gruft) unter dem Chor. Hier befinden sich 49 Särge von
Fürsten und Angehörigen der Bevemschen Linie des Welfenhauses,
von dem Stammvater dieser Linie, Herzog Ferdinand Albrecht
1689) an bis zu Herzog Wilhelm 1884). Auf dem
hohen Chor sieht man den 5 m hohen bronzenen siebenarmigen
Leuchter, ein Geschenk Heinrichs des Löwen. Als Seltenheiten zeigt
man noch eine 3v2 m hohe Passionssäule, das Horn und die Schalmei
des h. Blasius, ein früher für eine Greifenklaue gehaltenes Antilopen-
Horn, einen Mammutsknochen, den man früher für eine Rippe des
Riesen Goliath hielt, usw. Herrlich ist das Geläut des Domes,
namentlich wenn die größte, fast 100 Zentner schwere Glocke, der
„Große Blasius", mit einstimmt.
Der Zage nach hatte Heinrich der Löwe einen Löwen von einer
mächtigen Schlange befreit. Fortan bekundete dieser treueste Anhäng-
lichkeit. Als sein Herr im Dome beigesetzt war, legte das Tier sich
vor die Tür des Gotteshauses nieder und verschmähte Speise und
Trank. Noch heute zeigt man an der Tür die tiefen Furchen, die der
Löwe in seinem Schmerze mit seinen Krallen in den harten Stein ge-
kratzt haben soll.
Am Äußern der Chornische ist eine Mauerverletzung zu sehen,
die von einer während der Belagerung 1615 hier eingeschlagenen
Kugel herrührt. Südlich zieht die Münzstraße — hier stand bis
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