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Regionen (OPAC): Lüneburg
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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an die Wurzel gelegt und eine neue Saat auf Hoffnung aus-
gestreut.
Nicht so schnell wurden die Wenden der Kultur und
dem Christentume gewonnen. Sie waren ein slavischer Volks-
stamm, der zur Zeit Karls des Großen fein Gebiet bis an
die Ilmenau ausdehnte. Noch heute erinnern im Lüneburgschen
zahlreiche Orlsnamen an die Wenden: Wentorf, Wendewisch,
Wendischthun, Wendisch-Bleckede, Wendisch-Evern u. s. w.;
die Ortsnamen mit den Endungen ow, in, itz. etz, und eitz
sind wendischen Ursprungs. Viele wendische Dörfer haben
bis in die Gegenwart den Charakter der Vorzeit bewahrt;
sie sind in der Form eines Hufeisens gebaut und haben nur
einen Haupteingang, der früher durch einen Schlagbaum ab-
gesperrt ward. Wie ein grüner Kranz schlingen sich um das
Dorf die Kanzleien, das sind Gärten, und um diese zieht sich
das Prising d. i. die Dorfsfeldmark. Als später das Christen-
tum zu den Wenden kam, fand man für die Kirche oft nur
außerhalb des Dorfes einen Platz. Von der wendischen
Sprache haben sich geringe Überreste erhalten; gesprochen
wird sie im Lüneburgschen nirgends mehr. An ihre Stelle
ist das Plattdeutsch getreten.
Die Wenden hatten zwei Hauptgötter: Belbog, den
guten, und Zernebog, den bösen Gott. Im Lüneburg-
schen scheint jedoch der Gott R a d e g a st die höchste Ver-
ehrung genossen zu haben. Der Name bedeutet einen Geist,
bei dem man sich Rat holen kann. Dargestellt ward der
Götze als nackter Jüngling, mit einer Hellebarde in der linken
und einem Schild in der rechten Hand; den Kopf schmückte
ein Vogel. Sein Bild stand in einem Tempel des nach ihm
benannten Dorfes Radegast bei Bleckede; der Tempel war
stark befestigt. Nach gewonnenen Schlachten wurden ihm hier
blutige Opfer, selbst Menschenopfer gebracht. Nach der wen-
dischen Religion hatten nur diejenigen ein glückliches Leben
im Jenseits zu erwarten, die im Kriege oder sonst eines ge-
waktsamen Todes starben. Wenn daher die Eltern schwach
und gebrechlich wurden, stürzten ihre Kinder sie von einem
Felsen oder begruben sie lebendig; die Mutigen aber töteten
sich selbst. Solche Greuelthaten sollen in dem Gehölz bei
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ausgefordert, und die Bardowiker sollten chn fühlen. Mit
Heeresmacht zog er vor die widerspenstige Stadt. Aber diese
war mit reichen Vorräten versehen und mit starken Mauern
umgeben. Das Glück war dem Herzog günstig. Der Zufall
fügte es, daß ein Bulle über die Jlmenauwiesen lief. Von
den Soldaten verfolgt, sprang das geängstigte Tier in den
Fluß und gelangte watend unversehrt in die Stadt. Noch
heute heißt diese Stelle die „falsche Furt". Die Krieger
folgten der Fährte durch das seichte Wasser und drangen in
das ungenügend verteidigte Südthor. Bald durchtobten das
Siegsgeschrei der mordenden und plündernden Soldaten und
die Jammerrufe der angsterfüllten Bardowiker die Straßen.
Blutigrot loderten die Flammen aus den brennenden Häusern
zum Himmel empor So sank das stolze Bardowik in Asche.
Nur der Dom blieb stehen; aber er war so beschädigt, daß
er bald umgebaut werden mußte. Zum Hohn und zur War-
nung ließ Heinrich den vorerwähnten Löwen schnitzen.
Heinrich der Löwe blieb im Bentz seiner Erblande
Braunschweig-Lüneburg. Mit den Hohenstaufen ausgesöhnt,
starb er 1195 zu Braunschweig.
4. Ernst der Bekenner.
Leopold von Ranke sagt in seiner Geschichte der Hohen-
stausen: „Was wäre wohl aus dem Mittelalter geworden,
wenn die beiden Dinge gefehlt hätten, die Voltaire bespöttelt
— das Ritterwesen und die Religion?" — Das Ritterwesen
gab jener Zeit die hehre Romantik, die uns noch heute be-
zaubert. Aber leider verloren die Beschützer des Rechts, die
Vorkämpfer der Mission und Bahnbrecher der Kultur den
hohen Sinn. Aus den Rittern wurden Raubritter, die
Rauben und Morden für keine Schande erachteten. Gefürchtete
Raubburgen waren Dannenberg, Hudemühlen, Ahlden und
Gifhorn. Zahlreiche Sagen von untergegangenen Raub-
fchlöffern und bestraften Rittern beweisen, wie lebendig sich
das Andenken an die Zeit des Faustrechts im Volksbewußt-
sein erhalten hat. — Und die Religion? Sie entartete wie
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Ernst Leopold_von_Ranke Leopold
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Ii.
Geographie
des Regierungsbezirks Kiineburg.
Wo ich auch immer war, stets hat mich die
Sehnsucht nach der stillen feierlichen Einsamkeit
der Heide hingezogen. Wie das Meer, so hat auch
die Heide ihren magischen Zauber.
Ernst Ziel.
A. Allgemeine Geographie.
1. Größe des Landes und seine Bewohner.
Der Regierungsbezirk Lüneburg ist 11500 qkm groß
und zählt 400000 Einwohner. Es kommen demnach auf
1 qkm nur 35 Menschen. (In den stark bevölkerten Rhein-
gegenden wohnen über 100 Menschen auf 1 qkm.) Der
Konfession nach sind sie meistens lutherisch, nur 4300 sind
Katholiken und 1100 Juden. Die Pferdeköpfe am Giebel
der alten Bauernhäuser lassen die Bewohner als Sachsen
erkennen. Die Sprache ist der sächsische oder plattdeutsche
Dialekt. Um Dannenberg und Lüchow, im sog. Wendlande,
wohnen Nachkommen der Wenden, deren Nationaleigentüm-
lichkeiten aber fast ganz geschwunden sind.
2. Grenzen.
Die nördliche Grenze bildet gegen Hamburg, Lauenbnrg,
Mecklenburg und Brandenburg die Elbe, im Osten wird der
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— 25 —
nähme der Flußniederungen ist der Boden meist sandig. Im
Osten sind die 9200 ha großen Höhenwaldungen, die dem
Grafen von Bernstorff zu Gartow gehören. Der Kreis um-
saßt einen großen Teil des Wendlandes, das in Bauart der
Dörfer, in Sitte und einzelnen Wörtern der Bewohner an
die alten Wenden erinnert. (Vgl. S. 4.) Drawän (sog. von
den Drewjanern, einem Zweige der Wenden, Drawän = Wald-
land), westlich von der Jeezel, Lemgow, östlich von der Jeezel,
haben sich als alte Gaunamen bis heute erhalten. Die
Eisenbahn Stendal-Ülzen berührt den südwestlichen Teil des
Kreises. Eine Zweigbahn verbindet Lüchow mit Salzwedel.
Die Kreisstadt Lüchow liegt 16 km südlich von
Dannenberg an der Jeezel und hat 2700 Einwohner. Sie
treibt Bierbrauerei und Branntweinbrennerei und hat eine
Leinenweberei, eine Stärke- und Kunstdüngerfabrik. In der
Umgegend wird besonders Hopfen- und Flachsbau betrieben.
Der wendische Name bedeutet einen Strich Landes, das an
einem vom Fluß gebildeten See liegt (Lub = See, Go = Gau).
Da die Jeezel sich in viele Arme teilt, so befand sich hier
srüher eine sumpfige Niederung, so daß man, um festen
Untergrund zu erlangen, bei Erbauung der Häuser 2—3 m
tief eichene Bohlen in die Erde rammen mußte. Deshalb
stößt man beim Graben von Brunnen noch oft auf solche
Bohlwerke. Wiederholt sah man sich auch genötigt, das stetig
sinkende Steinpflaster zu erhöhen. So fand man im 17.
Jahrhundert drei Steindämme übereinander liegend. Da
die Wenden sich nach ihrer Gewohnheit in der Runde an-
bauten, so erhielt der Ort die jetzige Kreisform. In der
Mitte der Stadt ist das Rathaus gelegen. Die Straßen
der alten Stadtteile sind sehr eng. Das im 16. Jahrhundert
erbaute Schloß wird jetzt als Amtshaus benutzt.
Wustrow an der Jeezel, Bergen an der Dumme,
Klenze, Gartow an der Garte und Schnaken bürg
an der Elbe sind Flecken.
2. Der Kreis Dannenberg.
Der Kreis liegt zu beiden Seiten der Jeezel und an
der Elbe. Der Boden an diesen Flüssen ist Marschland.
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— 34 —
Versorgungsanstalt für unverheiratete Töchter des Adels und
hoher Beamten.
Dem Laufe der Ilmenau folgend, kommen wir nach
Bardowik. Das fast 2000 Einwohner zählende freundliche
Dorf ist weithin durch die „Bardowiker" bekannt, die im
Winter mit der Kiepe auf dem Rücken von Dorf zu Dorf
ziehen und ihre Sämereien verkaufen, Überall, ob in Stade,
Hannover, Hildesheim, Lauenburg, Holstein oder Mecklenburg,
finden sie die beste Aufnahme. Jede Familie hat ihren be-
sonderen Bezirk, den sie gleich ihren Vorfahren bereist. Wie
bedeutend der Bau von Gartenfrüchten ist, beweist der Um-
stand, daß a/4 ha (1 Morgen) Gartenland jährlich bis
180 Mk. Pacht aufbringt und, wie vorgekommen, mit
8400 Mk. gekauft wird. Wegen der vielen Gärten ist der
Ort sehr weitläufig gebaut. Der sehenswerte zweitürmige
Dom und die vier noch vorhandenen Kirchhöfe weisen auf
eine große Vergangenheit Bardowiks hin. Schon zu den
Zeiten Karls des Großen war Bardowik ein bedeutender
Handelsort und besaß ein eigenes Bistum. (Vgl. S. 3.)
Heinrich der Löwe erkor es zu seiner Hauptstadt. Als er
aber nach Unterwerfung der Ostseeländer Lübeck besondere
Vorrechte gewährte, grollten ihm die neidischen Bardowiker
und schlössen, als er aus England zurückkehrte, vor ihm die
Thore. Der grimmige Löwe zerstörte darauf die Stadt
(Siehe S. 9.) Obwohl Bardowik wieder aufgebaut ward, hat
es sich doch nicht vor dem ausstrebenden Lüneburg behaupten
können und ist ein Dorf geblieben.
Die Marschniederung an der Neeze und Elbe gehörte
bis 1815 zum Herzogtum Lauenburg, das von 1702—1815
mit Lüneburg vereinigt war. Bei der Abtretung Lauen-
burgs an Preußen blieben oas rechtselbische Amt Neuhaus
und der Neezedistrikt bei Lüneburg. Der größte Ort ist
hier der an der Elbe gelegene Flecken Artlenburg.
Im südlichen Teile des Kreises ist Amelinghausen
der bedeutendste Ort. Das Dorf hat seinen Namen von
Amelung, dem Bruder Hermann Billings, der hier begütert
war.
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Extrahierte Personennamen: Karls Heinrich_der_Löwe Heinrich Neuhaus Hermann_Billings
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Haus ist 1786 neu gebaut. — Harburg hieß früher Horeburg,
was eine Burg in sumpfiger Gegend bedeutet. Der Volks-
mund erklärt den Namen als „Harrenburg," weil hier Reisende
auf das sie übersetzende Schiff harren mußten. Über die erste
Anlage der Stadt fehlen die Nachrichten; schon 1297 erhielt
Harburg Stadtrechte. Die Stadt war befestigt; doch wurden
die Festungswerke vor hundert Jahren abgebrochen. Furcht-
bar litt die Stadt unter der Franzosenwirtschaft 1813. Ein
Teil des Schlosses ging in Flainmen auf, und sieben Dörfer
der Umgegend wurden durch die Horden des Generals Da-
voust eingeäschert. Damals ließ Napoleon die Chaussee von
Hamburg über Harburg nach Bremen bauen. Sie ist ein
Segen für den Kreis; aber die Enkel ahnen kaum, wie viel
Seufzer der Bau den Großvätern ausgepreßt hat. Thäler
mußten ausgefüllt, Hügel abgetragen. Brücken gebaut und
Steine herbeigeschafft werden. Die Leute wurden mit ihren
Gespannen gewaltsam zu Arbeit getrieben. Lohn ward wenig
oder gar nicht bezahlt; ja mancher Bauer, mancher Bürger
fühlte die Degenklinge der übermütigen Franzosen ans seinem
Rücken. Napoleon hatte einfach dem General Davoust (Prinz
Eckmühl) befohlen, binnen 24 Stunden 10 000 Arbeiter zu
stellen! Bei einem solchen Befehl wurden die härtesten Maß-
regeln gegen die bedauernswerten Bewohner ergriffen. Sie
mußten die tiefen „Bracks" (Kolke, durch Deichbrüche ent-
standene Löcher) mit Bäumen, Erde und Steinen ausfüllen,
Holz und Pflastersteine liefern und dabei die Hohnreden ihrer
Treiber über sich ergehen lassen. Die Chaussee über das
sumpfige Wilhelmsburg war 3000 m lang und 12 m breit.
Gewaltige Brücken mußten erbaut werden, die zusammen eine
Länge von 4100 m hatten. Die Brücke lag 2—3 m über
dem Boden. Sie ruhte auf 855 Jochen; jedes bestand aus
5 Pfählen, und diese waren wieder miteinander verbunden.
Quer über den Jochen befanden sich dicke Eichenbohlen und
Bretter. Auf der Brücke waren Verschanzungen, zur Zeit
der Belagerung Hamburgs sogar Kanonen. Dieses Riesen-
bauwerk zerfiel in vier Abteilungen. Die erste Brücke reichte
vom Brookthor in Hamburg bis zum rechten Ufer der Norder-
Elbe. Über die Norder-Elbe führte keine Brücke; dafür waren
dort zwei Fähren, groß genug, um 100 Pferde und 500
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Davoust
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— 42 —
gewesen, um die durch Zuzug der Einwohner benachbarter
Dörfer der Ort Burgdorf erwuchs. Das wiederholt zerstörte
und aufgebaute Schloß (siehe S. 11.) ist das gegenwärtige
Amtshaus.
Eine Eigentümlichkeit weist das Dorf Hänigsen,
7 km nordöstlich von Burgdorf, auf: Die Bewohner tragen
eine altmodische malerische Tracht, in der man sie häufig
auf dem Burgdorfer Markt sehen kann. Zu erwähnen ist
ferner das große Dorf Ütze an der Fufe. Ein in der Ge-
schichte bekannter Ort ist das 11 Km südöstl. von Burgdorf
gelegene Dorf Sievershausen (= Siegfriedshausen). Hier
nämlich fand ain 9. Juli 1553 die blutige Schlacht zwischen
Markgraf Albrecht von Brandenburg - Kulmbach und Herzog
Heinrich dem Jüngeren von Braunschweig statt. Der erstere
ward besiegt, 4000 Fnßsoldaten und 53 Fahnen der Lands-
knechte gerieten in die Hände der Sieger. Aber der Sieg
war teuer erkauft. 4000 Tote bedeckten das Schlachtfeld,
darunter 3 Prinzen, 9 Grafen und 300 edle Ritter. Der
Kurfürst Moritz von Sachsen ward verwundet und starb
nach zwei Tagen, erst 32 Jahre alt. Seine Eingeweide
sind unter dem Taufstein der Kirche zu Sievershausen bei-
gesetzt, während sein einbalsamierter Leichnam nach dem
Freiberger Dom übergeführt ward. Zum ewigen Andenken
an diesen Sieg hat der damalige Prediger zu Sievershausen
ein Gemälde für die Kirche anfertigen lassen, das die Fürsten
und die Schlacht darstellt. Dreihundert Jahre später ist
auf der Kampfstelle ein Denkmal errichtet worden.
Der südliche Teil des Kreises hat quten Kleiboden. In
alten Urkunden heißen die Bewohner „Die Freien vor dem
Walde". Noch heute wird das Amt Ilten „Das große Freie"
genannt. Von jeher hatten sich die Eingesessenen mit Aus-
schluß der Brinksitzer und Anbauer großer Freiheiten zu er-
freuen. Sie waren frei vom Zoll und der alten landschaft-
lichen Aeeife und hatten unbeschränktes Jagdrecht. Bis in
die jüngste Zeit hatten sie ihr eigenes Gericht. Sie durften
ihre Höfe teilen und frei veräußern, während im übrigen
Lüneburgschen nach alten Gesetzen 95 °/0 der Höse unteilbar
sind. Sie waren frei vom Militär, mußten aber dafür
Celle besetzen. Bei festlichen Gelegenheiten erschienen die
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_von_Brandenburg Albrecht Heinrich Heinrich Moritz_von_Sachsen
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— 11 —
länger weigern würden, in die Kirche zu gehen, weil dort
lutherisch gepredigt würde, so sollten sie an einen Ort gebracht
werden, wo weder Sonne noch Mond scheine. Herzog Ernst
hatte die Freude zu sehen, wie fast alle seine Unterthanen sich
der evangelischen Lehre zuwandten. Er starb in demselben
Jahre, in dem sein treuer Ratgeber Luther verschied (1546).
5. Der dreißigjährige Krieg im Lüneburgschen.
Obwohl unsere Heimat im dreißigjährigen Kriege
(1618—48) nicht der Schauplatz großer Kämpfe war, so hat
sie doch von durchziehenden Heeren viel leiden müssen. Der
Kaiser wollte die protestantischen Bewohner Niedersachsens
mit Gewalt zur katholischen Kirche zurückführen. Unauf-
haltsam drang der kaiserliche Feldherr Tillp nach Norden
vor. Die Einwohner von Fallersleben und Gifhorn flohen
bei seinem Anzüge in den Barnbruch und den Drömling.
In Burgdorf wollte man vorher ein Getöse in der Luft ge-
hört haben, als ob unzählige Trommeln gerührt würden;
einige Tage später nahmen die Kaiserlichen den Ort ein und
zerstörten das vor sieben Jahren erbaute Schloß. Wer von
den Bewohnern sich auf den Straßen sehen ließ, ward er-
barmungslos niedergeschossen. Die halb verhungerten oder
an der Pest erkrankten Leute kauerten in den Kellern. Unter
solchen Drangsalen hat das kleine Burgdorf allein 500 Ein-
wohner verloren. Um den Schaden zu ermessen, sei an-
geführt, daß in dem ersten Halbjahr 1627 von der Stadt
Burgdorf 100 000 Thaler erpreßt wurden. Die zur Ver-
zweiflung getriebenen Bauern der Umgegend rotteten sich zur
Abwehr zusammen. Ihrer 200 hielten Wache bei der.feste
Dachtmissen; aber sie wurden sämtlich niedergehauen. In
Hermannsbnrg plünderten die Kaiserlichen Kirche und Wohn-
Häuser aus, zerschlugen die Glocken und führten fünf große
Frachtwagen voll Erz fort, um daraus Kanonen zu gießen.
Nur zehn Familien mit sechs Kühen sollen nach Abzug der
Räuber ins Dorf zurückgekehrt sein. Endlich wandte sich
Tilly über Ülzen nach Magdeburg. Mit Freuden begrüßte
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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— 13 —
Endlich kam 1648 der Friede zustande. Aber Seuchen
hatten die Hälfte der Bewohner fortgerafft, die Dörfer waren
verödet, die Höfe verwüstet, die Felder lagen unbebaut, und
die Sitten waren verwildert.
6. Die Franzosen im Lande.
Georg Il, der König von England und Kurfürst von
Hannover war, hielt im siebenjährigen Kriege (1756—63)
treu zu feinem Schwestersohn, dem preußischen König Friedrich
dem Großen; aber infolge der schimpflichen Konvention zu
Kloster Zeven (Regbz. Stade) mußte der unfähige Herzog
von Cumberland (Sohn Georgs Ii.) den größten Teil feiner
Truppen entlassen und Hannover den Franzosen preisgeben.
Jetzt brach sür das südliche Lüneburgsche eine trübe Zeit an.
Die nach Sachsen durchziehenden Franzosen erlangten unter
Androhung furchtbarer Rache (Aufhängen der Widerspenstigen,
Anzünden der Häuser) Heu, Stroh, Getreide und Gespann.
Während der kurzen Zeit ihrer Einquartierung in Gifhorn
verursachten sie der Stadt einen Schaden von 12 471 Thalern,
in den umliegenden Dörfern gar von 120140 Thalern.
In Celle schlug der Herzog von Richelieu sein Quartier auf
und legte einen Teil der Stadt, darunter eine Kirche, das
Armenhaus und das Waisenhaus, in Asche. Jubel erfüllte
auch unser Land, als die Franzosen nach der Schlacht bei
Roßbach (1757) flüchtend über den Rhein eilten.
Kaum fünfzig Jahre fpäter, zur Zeit der Regierung
Georgs Iii., hatten wir die Franzosen abermals im Land.
Ohne vorausgegangene Kriegserklärung drang im Sommer
1803 ein französisches Heer von 12000 Mann in das
Kurfürstentum ein, dem man ein nur dürftig ausgerüstetes
Heer von 9000 Mann entgegenstellen konnte. Der Feld-
Marschall von Wallmoden wurde durch die übergroße Vorsicht
und Bedachtsamkeit der Regierung so eingeengt, daß er sich
zu der schmachvollen Konvention von Artlenburg genötigt
sah. Das hannoversche Heer ward aufgelöst und in die
Heimat entlassen. Jetzt fingen die übermütigen Franzosen
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Extrahierte Personennamen: Georg_Il Friedrich Friedrich Richelieu
Extrahierte Ortsnamen: England Hannover Zeven Georgs Hannover Sachsen Gifhorn Celle Roßbach Rhein Georgs Kurfürstentum Artlenburg
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— 26 —
Von Hitzacker bis Neu-Darchau ziehen sich die Elbberge, die
überraschende Aussichten ans die gegenüberliegenden rechts-
elbischen Marschen bieten. Die Eisenbahn Wittenberge-Lüne-
bürg durchzieht den Kreis von Osten nach Westen und be-
rührt Dannenberg und Hitzacker.
Dannenberg, die Kreisstadt, zählt 2000 Einwohner,
die besonders Bierbrauerei, Möbel- und Messerfabrikation,
Schiffahrt und Getreidehandel treiben. Der von der Jeezel
in mehreren Armen durchflössen Ort ist in die Länge ge-
baut und liegt zum Teil auf einer Anhöhe. Er soll seinen
Namen von den drei Tannenbäumen sühren, die einst auf
dem Marktplatz standen. Noch heute führt die Stadt in
ihrem Wappen einen von zwei Löwen gehaltenen Tannen-
bäum. Auf dem Platze, wo jetzt das Amtshaus steht, stand
ehemals das Schloß, in dem die Herzoge von Braunschweig-
Lüneburg aus der Dannenberger Linie (von Ernst des Be-
kenners Sohn Heinrich begründet) bis 1671 wohnten.
Unsere besondere Aufmerksamkeit erregt der runde Turm; er
ist bekannt durch die Gefangenschaft Waldemars Ii. von
Dänemark. Der letztere war im 13. Jahrhundert Be-
herrscher von Norwegen, Dänemark, den Küstenländern der
Ostsee, Hamburg und Lübeck. Da er aber den Grafen von
Schwerin schmählich beleidigte, so schwur ihm dieser Rache.
Heimlich überfiel er Waldemar auf einer Ostseeinsel und
ließ ihn durch eine Reiterschar nach dem Schlosse Dannenberg
bringen. Schrecklich war das Schicksal des Gefangenen. Er
ward in dem „Waldemarsturm" an eine starke Kette ge-
schmiedet und konnte hier einige Jahre über den Unbestand
menschlicher Größe nachdenken. Noch jetzt zeigt man das
2 02 tiefe „Königsloch" im Turme und verwitterte Buchstaben,
die er vor Langeweile mit den Nägeln in die Wand geritzt
haben soll. Gegen ein Lösegeld erhielt er endlich seine Freiheit
zurück. Lenken wir nuu unsere Schritte nach dem St. Annen-
kirchhos! Es ist geweihter Boden, den wir betreten. Auf
dem „Körnerstein" lesen wir folgende Inschrift: „Auf diesem
Stein sitzend dichtete Th. Körner am 12. Mai 1813 sein
Bundeslied vor der Schlacht." (Ahnungsgrauend, todesmutig
bricht der große Morgen an.) Sodann fällt uns das 1864
errichtete Denkmal der hier begrabenen Freiheitsheldin Eleo-
L
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Extrahierte Personennamen: Ernst Heinrich Heinrich