52
Zweiter Teil: Da^s Gesanitgebiet. 9. Die Verwaltung.
unmittelbar unterstellt; er läßt sie durch die Provinzialschulräte beauf-
sichtigen. Das Volksschulwesen untersteht dagegen der Königl. Regieruug.
Diese ist eiue mehrgliedrige Behörde. Sie besteht aus drei Abteilungen,
nämlich aus der Abteilung des Innern oder Präsidenten-Abteilung,
aus der Abteilung für Kirchen- und Schulwesen und aus der Abteilung für
die Verwaltung der direkten Steuern, der Domänen und Forsten.
Jeder Abteilung steht ein Oberregierungsrat vor. Der Regienmgspräsideut,
die Oberregiernngsrüte und die zahlreichen Regierungsräte bilden zusammen
das Regierungskollegium. Die Aufsicht über die Volksschulen führen
im Auftrage der Regieruug die Regieruugs- und Schulräte und in den ein-
zelnen Kreisen serner die Kreisschuliuspektoreu. Für die äußeren An-
gelegeuheiteu der Volksschulen sorgt der Landrat, iu deu größereu Städten
der Oberbürgermeister.
Rechtspflege. Für die Rechtspflege siud in der Rheinprovinz die beibcn
Oberlandesgerichte zu Cöln nnb Düsseldorf, mehrere Landgerichte
und zahlreiche Amtsgerichte eingerichtet.
Bildungsanstalten. Außer zahlreichen höheren Schulen imb Seminaren
bestehen in der Rheinprovinz folgende Hochschulen: die Universität zu
Bonn, die landwirtschaftliche Hochschule zu Bonn - Poppelsdorf, die
technische Hochschule zu Aacheu, die Handelshochschule zu Cölu und die
Kunst - Akademie zu Düsseldorf.
Kirchliche Verwaltung, ß der Bevölkeruug der Rheiuproviuz siud katho-
lisch, ^ ist evangelisch oder protestantisch. Gegendeu, iu deueu die Pro-
testauteu vorwiegen oder sehr stark hervortreten, fhtb das Ruhrgebiet, das Ber-
gische Land und das Wuppertal, das Nahegebiet, der südliche Huusrück und die
Gegend von Saarbrücken. Die Verwaltung der katholischen Kirche
leiten in der Rheinprovinz der Erzbischos vou Cölu und die Bischöfe vou
Trier und Müuster; das evangelische Kirchenwesen untersteht dem
General-Superintendenten in Koblenz.
Armeekorpsbezirke. In militärischer Hinsicht gehört die Rheiuproviuz
zum Bezirk des Viii. Armeekorps, mit dein nördlichsten Teile aber zum
Bezirk des Vii. Das Geueralkommaudo des Viii. Armeekorps besiudet
sich in Kobleuz, das des Vii. iu Münster (in der Proviuz Westfalen). Cöln
und Koblenz sind Festuugeu; namentlich Cöln ist durch Vorgeschobeue Werke
sehr stark befestigt.
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier]]
56
Dritter Teil: Aus der Heimatgeschichte des Rheinlands.
an, führten sie die Kultur der süßen Kirschen, der duftigen Pfirsiche und Apri-
kosen und besserer Apfel-, Viru- und Pflaumellsorten ein, und in den Gärten
zogen sie vielerlei fremde Gemüse, wie den zarten Spargel, beix gelben Salat usw.
So schmückte sich das bisherige Waldland immer mehr mit Äckern und Wiesen,
mit wohlgepflegten Wein- und schönen Obst- und Gemüsegärten. Manche
Gegenden, in denen sich viele Römer angesiedelt hatten, erschienen bald wie ein
Paradies, besonders die Gegenden mit mildem Klima, wie die Umgebung von
Wiesbaden, Boppard, Trier, 23onn und Cöln.
In den Gärten standen schöne Landhäuser, schmucke römische Villen.
Reiche Kaufleute, höhere Beamte und höhere Offiziere wohnten barin. Und
welche Pracht herrschte im Innern dieser Villen! Schöne Malereien schmückten
die Wände, in einem Lichthofe im Innern des Hauses plätscherte eiu Spring-
bnrnnen, standen Figuren aus weißem Marmor, und selbst beu Fußbodeu
zierten schöne Gemälde, die aus farbigen Steinchen zusammengesetzt waren.
In jedem größeren Hause befand sich eine Badeeinrichtung, und in den Städten
waren großartige Badehäuser erbaut, deren Anlage wir heute mit Staunen
betrachten. Die Baderäume konnten vom Boden her erhitzt werden. Auch
großartige Wasserleitungen hatten die Römer angelegt, um die Kastelle
ulld Städte mit gutem Trinkwasser zu versorgeu. Von fern aus den Gebirgen
wurde das vorzüglichste Wasser herbeigeleitet, über Berg und Tal, über Ab-
hänge Ulld tiefe Schluchten. Die Wasserleitung, die den wichtigen Waffenplatz
Cöln aus der Eifel mit Wasser versorgte, ist streckenweise noch heute erhalten.
Großartig waren ferner in römischer Zeit die öffentlichen Bauten. In
Trier, wo eine Zeitlang ein römischer Kaiser residierte, bewundern wir
den mächtigen Bau der Porta Nigra (= schwarzes Tor), die Reste des Kaiser-
Palastes, des Amphitheaters und die ausgedehnten Grnudmaueru der ehemaligen
römischen Bäder. Diese Bauten waren teils in behauenen Natursteinen, teils
in Ziegelsteinen aufgeführt. Die zu den Festungsbauten erforderlichen Ziegel-
steine wurden meist voll den römischen Soldaten selbst hergestellt und sind daher
mit den Legionszeichen versehen. Wie die Römer inl Festuugsbau, Straßen-
bau und in der Baukunst erfahren waren, so waren sie es auch in allen Zweigeil
des Handwerks. An zahlreichen Funden ist zu erkennen, daß namentlich die
römischen Schlosser, Töpfer, Schuhmacher nnb Sattler von den heutigen Hand-
werkern nichts mehr hätten lernen können.
Die römische Herrschaft über das Rheinland dauerte mehrere Jahr-
hunderte. Dann vermochten die Römer dem Andränge der Germanen nicht
mehr zu widerstehen. Die Germanen erstürmten die Kastelle nnb legten sie
nebst den prächtigen Villen in Schutt und Asche. Mit den römischen Soldaten
verließ auch ein großer Teil der römischen Bevölkerung das Laud. So ver-
schwaud die glanzvolle Kultur der Römerzeit. Nur uoch wüste
Trümmer und seltsame Funde sprechen von ihr. Aber die Weinrebe nnb die
feinen Obst- und Gemüsearten, die die Röiner in das Land brachten, werden
noch heute gezogeu und finb zum dauernden Segen für das rheinische Land
geworden.
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken]]
TM Hauptwörter (200): [T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs]]
2
Erster Teil: Landschaftsbilder.
war auch die Schiffahrt durch Felsen, die im Wasfer lauerten, gefährdet. Die
preußische Regierung ließ sie wegsprengen. So ward eine sichere Fahrstraße
gewonnen.
Wie herrlich ist die Fahrt auf dem stolzen, schönen Rheindampfer! Der Sonne
Heller Schein liegt auf der breiten Wasserfläche des Stromes, auf deu Bergwänden rankt die
Rebe, die den duftenden Wein liefert, freundliche Ortschaften und altertümliche Städtchen
säumen die Ufer des Stromes, und auf deu Bergeshöhen stehen alte Burgen. Und Städtchen
und Burgen wissen uns gar viel zu erzählen. Die Städtchen stammen noch aus der Römerzcit,
da man am Rhein zuerst die Reben pflanzte, und in den Burgen wohnten später die kühnen
Ritter des Mittelalters. Die meisten der Burgen sind jetzt zerfallen; aber herrlich schmücken
ihre Ruinen das Land. In den Dörfern und Städtchen wohnen frohe Menschen; überall aus
den Fenstern winken sie mit den Taschentüchern uus zu. Feierlich klingen die Morgenglocken
durch das Tal, und schmucke Kirchlein grüßen zu uns herüber. In den Weinbergen hoch oben
schaffen fleißige Winzer. Plötzlich ertönt laut der Pfiff der Lokomotive eines Eisenbahnzuges,
und drüben auf der Landstraße saust, in eine Staubwolke gehüllt, ein Automobil vorbei.
Überall herrscht reges Leben! Auch der Strom ist belebt von zahlreichen Schiffen. Mächtige
Dampfer ziehen eine Reihe schwerbeladener Kähne, die tief ins Wasser getaucht sind, von
stolzen Personendampfern grüßt mit flatternden Tafchentüchern eine frohe Menge, und Gesang
und Musik klingen über das Wasser. Auch wo der Dampfer am Ufer, an Städtchen mit
schmucken Häusern und Gärten anlegt, harrt eine froh bewegte Menge.
Zahlreiche Burgen huschten an uns vorüber. Am schönsten von allen lag, auf einem vor-
springenden Felsgrat, die Burg Rheinfels; sie gehört jetzt dem Prinzen Heinrich, dem
Bruder des Kaisers. Wir sahen die Burg Sooueck oberhalb Bacharach, die Schönburg bei
Oberwesel, die ausgedehnten Trümmer der Burg und Festung Rheinstein bei St. Goar,
die Katze und die Maus bei St. Goarshausen, die beiden Burgen Liebenstein und Sterren-
berg, auch die feindlichen Brüder genannt, die stolze Marksburg bei Braubach, die völlig
wiederhergestellt ist in altem Glänze, das schöne Schloß Stolzenfels und die Burg Lahneck.
Und viele andere Schönheiten und Merkwürdigkeiten sah unser Auge. Bei Caub grüßte uns
im Strome die schöne, zierliche Pfalzburg und am Cauber Ufer das Standbild Blüchers,
der in der Neujahrsnacht 1813/14 hier den Rhein überschritt, zum Zuge nach Frankreich hinein.
Vor St. Goar fuhren wir an dem Lorelei-Felsen vorbei, und wir sangen das Lied von der
Lorelei. Bei Rhens zeigte man uns den König stuhl, auf dem sich in alter Zeit die vier Knr-
sürsten von Cöln, Rheinpfalz, Mainz und Trier, deren Land hier zusammenstieß, versammelten,
um die Kaiserwahl zu besprechen. So reihte sich ein schönes Bild an das andere, bis uns hoch-
gespannte Rheinbrücken anzeigten, daß wir uns der Stadt Koblenz näherten.
Fast auf der ganzen Strecke von Bingen bis Koblenz ist der Rhein eng
von hohen Bergen umschlossen. Am engsten ist das Tal an der Lorelei.
Während der Rhein bei Bingen und Rüdesheim eine Breite von über 800 m
hat, verschmälert er sich hier bis auf 165 in. Um so tiefer ist aber dort sein Bett,
und in dem tiefen, kühlen Wasser hält sich der Salm mit Vorliebe auf. Auf
der unteren Strecke, von Boppard ab, ist das Rheintal etwas weiter, und
hier und da, abwechselnd bald links, bald rechts, säumen kleine Ebenen den
Strom. Während auf der oberen Talstrecke fast nur Weinbau auf den hohen
Bergwänden betrieben wird, ist in der Gegend von Boppard auch für den Obst-
bau Rann:. Besonders Kirschen, Pfirsiche und Aprikosen entfalten im Frühjahr
eine herrliche Blütenpracht. Berühmt durch seinen Kirschenbau ist der Ort
Salzig bei Boppard. Dort reifen die Kirschen viel früher als in andern Gegen-
den Rheinlands. Die besten Weine wachsen bei Rüdesheim, Bingen, Vacha-
räch, Oberwesel und Boppard.
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
60
Dritter Teil: Aus der Heimatgeschichte des Rheinlands.
in der Ebene der Erst und des Niederrheins, fast in allen Gegeudeu des Rhein-
lands gibt es zahlreiche alte Burgen. Sie stehen da so stolz und so kühn. Zwar
die meiste:: sind zerfallen, und durch ihre Hallen pfeift der Wind. Doch ihr
altes, efeuumranktes Gemäuer erzählt eine lange Geschichte. Auf den Burgen
saßen angesehene Adelsgeschlechter, stolze Ritter, die dem deutschen Kaiser
oder deutschen Fürsten treue Dienste geleistet hattet: und zur Belohnung
hierfür in den Adelstand erhöbet: mordm waren. Sie waren gewöhnlich auch
Herren des Landes ringsumher, das sie als Lehen erhalten hatten, und sührteu
mit den Nachbarn häufig Krieg. Für den Krieg, für die Verteidigung waren
auch die stolzen Burgen fest und stark gebaut. Die Ritter fühlten sich in
ihnen sicher vor jedem Angriffe, und hieraus erklärt sich ihr kühner Geist.
Im Gebirge wurden die Burgen auf Berghöhen atigelegt, in der Ebene aber
mit Wassergräben umgeben. So unterschied man Bergburgen und Wasser-
bürgen.
Zum Eingang eitler jeden Burg führte über eitlen tiefen Abgrund oder
Graben eine Brücke, deren letzter Teil eine Zugbrücke bildete. Der Sicherheit
halber war sie stets aufgezogen. Auf dem höchsten Turme der Burg, auf dem
Burgfried, abersaß der Wächter, der Ausschau hielt, weit ins Land. Nahte
der Feind, der Fehde angesagt hatte, so blies der Wächter in das Horn. Dann
eilten alle zu beu Waffen, die Ritter, die Knappen und die Waffenknechte.
Ein jeder wußte, wo er feinen Platz hatte. Die Verteidiger staltden auf der
Brüftuug der zinnengekrönten Mauer, die riugs um die Burg lief, und
auf den Türmen, die sich auf der Mauer und über den Eingängen erhoben.
Sie schleuderten Steine, schössen Pfeile und warfen Speere auf die oordringenden
Angreifer, und in späterer Zeit, als das Pulver erfunden war, luden sie die
schweren Wallbüchsen und empfingen den Feind mit Bleigeschossen. Auch
Wurfmaschinen, die schwere Steinkugeln schleuderten, wurden beim Angriff
auf die Burg und bei ihrer Verteidigung benutzt. An ihre Stelle traten später
die Kanonen. Versuchten die Feinde, die Mauer zu ersteigen oder Bresche in
sie zu legen, so warfen die Verteidiger schwere Steine oder gössen heißes Wasser,
fiedeudes Pech und Ol hmab. Über den Eingängen zur Burg und über andern
wichtigen, gefährdeten Stellet: waren zu diesem Zwecke kleine Vorsprünge,
sog. Pechnasen, angebracht. Schließlich ginget: die Feinde zum Hauptau-
griff über. Sie fülltet: den Graben aus und rückten gewaltige Böcke an die
Mauer heran, um mit Hilfe riesiger Balken, die vorn mit Eiset: beschlaget: waren,
die Mauer einzurennen. Mißlang auch dies, so suchten sie die Burg aus-
zuhungern. Monatelaug dauerte oft eine solche Belagerung, bis die Bela-
gerten sich ergaben oder der Feiud abzog.
In Friedenszeiten vertrieben sich die Ritter die Zeit mit Massen-
spielen und mit der Jagd. Die Söhne der Ritter, die Knappen, wurdet:
frühzeitig in der Führung der Wasseu unterwiesen, und mit achtzehn Jähret:
erhielten sie den Ritterschlag. Nuu dursten sie auch in prächtiger Mstimg
an den Waffenspielen, den Turnieren, die auf dem größere:: äußeren Burg-
Hof abgehaltet: wurdett^teijtiehmeit^J^i schönes Bild bot sich auch dem Auge
Klf tnternattonato
Schul buc htor schun#
afbunscnwetc
actujlbuchdit>l»ot/>e*
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Ortsnamen: Rheinlands Niederrheins Rhein- Burg Friedenszeiten Burg-
Hof
62
Dritter Teil: Aus der Heimatgeschichte des Rheinlands,
heiten sich oft All schlimmen S euch eil entwickelten, daß das Volk an Spuk,
Geister und Hexen glaubte, und daß man Unschuldige marterte und
Hexen verbrannte.
Auch in späterer Zeit, als diese schrecklichen Zeiten überwunden waren,
als Ordnung und Sicherheit zugenommen hatten und die Bildung des Volkes
größer geworden war, wurde das wirtschaftliche Leben durch die Klein-
staaterei sehr gehemmt. Überall waren Zollschranken aufgerichtet,
jeder kleine Fürst verlangte eitle Abgabe für die Durchfuhr der Waren. Jnl
Rhein waren Ketten gespannt, die den Schiffen den Weg sperrten und erst
nach Entrichtung des Zolles gesenkt wurden. Durch diese vielen Zollabgaben
wurden die Waren sehr verteuert, so daß manche überhaupt nicht mehr in beu
Handel gebracht werden konnten.
8. Rheinland unter französischer Herrschaft.
Gegen,Ende des 18. Jahrhunderts, nach Ausbruch der Französischen
Revolution, fiel die linke Rheinseite der jetzigen Rheinprovinz an Frank-
reich, etwas später auch die rechte Rheinseite uebft den Gebieteil Westfalens.
Damit hörte die deutsche Kleinstaaterei im Rheinlande auf. Eine einheitliche
Verwaltung wurde eingeführt, die Rheinzölle wurden aufgehoben. Auch
sonst hat die kurze Zeit der französischen Herrschaft manches Gute geschaffen.
Ein besseres Gesetz wurde eingeführt (Code Napoleon), das bis zum Jahre
1900 im linksrheinischen Teile der Rheinprovinz Geltung behalten hat, und
gute Landstraßen wurden gebaut. Andrerseits hat das Rheinland in dieser
Zeit schwer leiden müssen unter deu fortwährenden Kriegen, Aushebun-
gen von Soldaten, Kriegslasten und unter beu hänfigen Durchzügen
der Heere. Als der gewaltige französische Kaiser und Feldherr Napoleou I.
von den Heeren Preußens und anderer Staaten Europas niedergerungen war,
da sollte auch für das rheinische Land eine Zeit des Friedens und eine Zeit
neuen Blühens beginnen.
9. Rheinland unter preußischer Herrschaft.
Im Jahre 1815 waren die Gebiete der jetzigen Rheinprovinz an das
Königreich Preußen gefallen. Die neue Provinz des Preußischen Staates
wurde hauptsächlich aus folgenden Gebieten gebildet: aus dem früheren
Kurfürstentum und Erzbistnm Eöln, aus dem Kurfürstentum und
Bistum Trier, aus den Herzogtümern Jülich, Kleve und Berg, aus
den Herrschaften Mörs und Pfalz - Zweibrücken und aus den Abteien
Essen und Werden. Einige von diesen Gebieten waren schon früher im
Besitze Preußens gewesen. Zuerst, und zwar schon im Jahre 1614, war das
Herzogtum Kleve preußisch geworden. Dieses Land gehörte zu dem Erb-
allteil des Kurfürstentums Braudeilburg an den jülich-klevischen Ländern. Im
Jahre 1702 war Preußen dann auch in den Besitz der Grafschaft Mörs nebst
Crefeld und 1713 in den Besitz eines Teiles von Geldern gekommen. Alle
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende]]
4. Das Rheintal von Koblenz bis Bonn.
7
in einer großen Schleife umflossen wird. Steht man auf diesem Bergrücken, so sieht man
die Mosel"auf beiden Seiten tief zu den Füßen vorüberziehen. Bekannte Burgruinen an
der Mosel sind außer der Marienburg und der Kochemer Burg die Burgen Bilstein und
Thurandot. Auch in den Seitentälern der Mosel liegen versteckt schöne Burgen, so im Ehren-
bachtale die großartige Ehrenburg und im Eltztale die berühmte Burg Eltz, die in früherer
Zeit nicht zerstört wurde und wohl erhalten ist.
Fast auf der ganzen Moseltalstrecke von Trier bis Koblenz wird der Wein-
bau stark betrieben, am stärksten auf dem mittleren Drittel. An einigen
Orten, wo das Moseltal breiter ist, blühte auch der Obstbau auf.
Meist ist jedoch nur eine Seite des Moseltales mit Reben bepflanzt, und diese Seite
wechselt mit den steten Biegungen des Stromes fortwährend. Bald liegen die Weinberge
links, in Heller Sonnenglut, und die gegenüberliegende, schattendunkle Wand ist mit Wald
bewachsen, bald ist es umgekehrt. Berühmte Weinorte sind Piesport, Erden, Lieser,
Bernkastel, Graach, Zeltingen, Traben-Trarbach und an der unteren Mosel noch
Winningen.
4. Das Rheintal von Koblenz bis Bonn.
Bei Koblenz treten die Berge vom Rheinstrom zurück, zuerst links, dann
auch rechts. Dieser durchfließt um: eiue schöne Ebene, die beckensörmig in das
Gebirgsland eingesenkt ist und uach der Stadt Neuwied das Neuwieder Becken
genannt wird. Neuwied liegt am rechten Ufer des Rheins. Es ist eine neuere
Stadt. Das Neuwieder Becken ist ein fruchtbares Land mit blühendem
Ackerbau, stellenweise auch bedeutendem Obstbau. Seine obersten Boden--
schichten bestehen hier aus einer eigentümlich weißgrauen Erdart, dem Bims-
sand. Dieser ist eine vulkanische Asche, die aus den früheren Vulkanen der
Eifel herstammt. Er ist sehr porös, d. h. von Löchern durchsetzt und daher leicht.
Deshalb wird er zur Herstellung von leichten Ziegeln benutzt. Mau vermischt
den Bimssand mit Kalkmilch, formt die Ziegel und trocknet sie. Diese Bims-
sandziegel werden besonders zum Ausmauern der Innenwände der Häuser
benutzt.
Etwas unterhalb Neuwied liegt auf der linken Seite des Rheines Ander-
nach. Es ist ebenfalls eiue alte Römerstadt mit altertümlichen Bauten. Auf
einer iu der Nähe von Andernach gelegenen Rheininsel wurde vor einigen
Jahren eine geiserartige Mineralquelle erbohrt, die regelmäßig alle vier
Stunden sprudelt und eine hohe Wassersäule emporschleudert. Dieser Namedy-
Sprudel (Abb. 3) ist als eine seltene Naturerscheinung jetzt eine der größten
Sehenswürdigkeiten des Rheinlands.
Der Namedy - Sprudel wurde im Jahre 1909 in einer Tiefe von 343 in erbohrt. Er
ist eine Kohleusänrequelle. In der Tiefe, wo sich sein Wasser sammelt, befinden sich Hohl-
räume, Klüfte und Spalten. Diese füllen sich allmählich mit Wasser. Die Kohlensäure, die
in deni Wasser enthalten ist, steigt hierbei nach oben. Da sich immer mehr Wasser ansammelt,
wird die Kohlensäure auch immer mehr zusammengepreßt. Schließlich wird der Druck der
zusammengepreßten Kohlensäure so groß, daß durch ihn das Wasser unter starkem Getöse in
einer hohen Wassersäule emporgeschleudert wird. Dauuistdas prächtige Schauspieldes Spring-
sprudels da. Dieses wiederholt sich alle vier Stunden, und jeder Ausbruch dauert vier bis
fünf Minuten. Es ist ein prächtiges Schauspiel, das viele Besucher anlockt. Ehe die Wasser-
säule emporschießt, hört und sieht man in der Tiefe der Quelle ein eigentümliches Gurgeln,
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
48
Zweiter Teil: Das Gesamtgebiet,
Post, Telegraph und Telephon. Die Post diente in früherer Zeit, als
es noch keine Eisenbahnen gab, in erster Linie dem Personenverkehr. Heute, wo
ihr diese Aufgabe die Eisenbahn fast gauz abgenommen hat, dient sie Haupt-
sächlich dem Brief- und Drucksachenversand, also dem Nachrichtenver-
kehr. Sie vermittelt serner den Geldverkehr und den Warenverkehr
im kleinen, nämlich durch die Paketbeförderung. Neben dem Post-
dienste haben sich noch der Telegramm-(Fernschrift-) und der Telephon-
(Fernsprech-)Verkehr entwickelt. Im Dienste der Industrie und des Handels
sind sie unentbehrliche Einrichtungen geworden, die daher in der Rheinprovinz
eine große Bedeutung haben.
8. Besiedelung und Bevölkerung.
Im Gebiete der Rheinprovinz wohnten oder herrschten nacheinander die
Kelten, die Germanen, die Römer und wieder Germanen. Alle diese
Völker habeu eiue andere Siedelnngsweise in das Land gebracht, und wie
in alter Zeit, so hat sich auch später und ebenso noch in jüngster Zeit das Siede-
lnngsbild des Landes sehr geändert.
Besiedelung in ältester Zeit. Die Kelten wohnten meist einzeln. Ihre
Siedelnngsweise der Einzelhöfe hat sich noch int Bergischen Lande,
wo sie zur Landesnatur durchaus paßt, erhalten. Die Germanen liebten das
Zusammenwohnen in Dörfern, deren Wohnhütten allerdings anfangs
locker, in Abständen, und zwar in Waldlichtungen, augelegt waren. Später,
als die Germanen zmn Ackerbau übergegangen waren, wurden die Dörfer als
sog. Gewanndörfer, unter bestimmter Verteilung der Feldflur, augelegt.
Diese Siedelungsweise ist iu der Rheinprovinz die herrschende geworden.
Die Römer durchzogen das Rheinland mit Militärstraßen und legten an
denselben Standlager an. Die befestigten Lager hießen Kastelle. Sie lagen
namentlich längs des Niederrheines auf desseu liuker Seite und weiter ober-
halb längs des Grenzwalles, der dort auf der rechten Rheinseite über das
Gebirge lief. Aus deu römischen Kastellen, vor deren Toren sich auch stets Händ-
ler, Handwerker usw. niederließen, sind viele rheinische Städte und Orte
entstanden, in der Rheinprovinz z. B. Boppard, Koblenz, Andernach, Re-
magen, Bonn, Cöln, Neuß, Tanten, Trier und viele andere Moselorte.
Besiedelung in fränkischer Zeit. Großen Fortschritt machte die Besiede-
lnng Rheinlands in fränkischer Zeit. Die fränkischen Herrscher verteilten
große Ländereien unter die freien Franken. Zunächst wurden die Stellen
neu besiedelt, wo römische Landhäuser und Villen gestanden hatten. Der neue
Besitzer nannte deshalb seinen Gutshof sein Villare, woraus die in rheinischen
Ortsnamen sehr häufig vorkommende Endung „Weiler" entstanden ist. Völlig
neu angelegte Höfe und Orte erhielten dagegen meist die Endung „heim"
oder auch die Endungen „fteden" oder „stätten" und „Hoven". Auch diese
Ortsnamen, besonders die, welche auf „heim" endeu, siud im Rheinlande sehr
häufig. Sie stammen ebenfalls sämtlich aus fränkischer Zeit.
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
Dritter Teil.
Aus der Heimatgeschichte des Rheinlands.
Für die Mittel- und Oberstufe.
Inhaltsübersicht.
Seite
Seite
Germanen..........
2. Die Römer am Rhein......
3. Die Einführung des Christentums
1. Das Rheinland zur Zeit der alten
53
54
6. Aus der Zeit der Ritter .... 59
7. Die Zeit der Kleinstaaterei im Rhein-
land
. 61
im Rheinland........
4. Karl der Große........
5. Die neue Besiedelung des Rhein-
57
58
8. Rheinland unter französischer Herr-
schaft............
9. Rheinland unter preußischer Herr-
schaft............
62
62
lands in fränkischer und späterer
Zeit
58
1. Das Rheinland zur Zeit der alten Germanen.
Vor mehr als zweitausend Jahren, also noch vor Christi Geburt, sah es
in nnserm schönet: rheinischen Lande ganz anders aus als heute. Wo jetzt
fruchtbare Äcker und blühende Gärten sich ausdehnen, stand damals dichter
Urwald, und wo jetzt lachende, blumige Wiesen das Auge erfreuen, war viel-
fach eine Sumpfwildnis. Durch den Urwald führten keine Straßen wie heute
durch deu Wald, sondern nur Pfade und schmale, ungepflegte Wege, mit> über
den Sümpfen schwebten abends die Irrlichter. In den Wäldern und Sümpfen
lebten viele wilde Tiere, die heute ganz oder fast ganz verschwunden sind:
Bären und Auerochsen, Wölfe und Luchse, Wildschweine und Hirsche. Die
Bäche, Flüsse und Ströme hatten kein geregeltes Bett wie heute. Bei
Hochwasser fluteten sie wild dahin, überschwemmten das Land und rissen Erde
und Gestein, Bäume und Sträucher mit sich fort. Große Städte, schmucke
Flecken und freundliche Dörfer gab es nicht, und der Wanderer fand nicht Weg
und Steg, Straßeu und Brücken für sich bereitet. Also ein wildes Land ivar
damals unser Rheinland. Und doch wohnte in ihm ein Volk?
Hier und da waren Lichtuugeu in dem Urwalde. Diese Lichtungen
zeigten ein ganz anderes Bild des Landes. Knorrige Eichen standen da,
wohl tausendjährige, und unter den weitgestreckten Ästen sah man Wohn-
Hütten vou Menschen. Die Wohnhütten lagen zerstreut, jede sür sich, aber
doch bildeten sie zusammen eine Dorfgemeinde. Mauersteine oder Ziegel
waren bei ihrem Bai: nicht verwendet, sondern sie waren aus roheu, mibe-
hauenen Eichenstämmen gezimmert. Um ihr düsteres Aussehen etwas zu ver-
schönern, waren einzelne Teile der Hütten sorgfältig mit bunten Erdfarben
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Christi
2, Die Römer am Rhein.
55
Herr Varus stürzte sich aus Verzweiflung über die Niederlage in sein Schwert.
So wurde Hermann der Befreier Deutschlands. Auf einer Bergkuppe des
Teutoburger Waldes, auf der Groteuburg bei Detmold, wurde ihm ein groß-
artiges Denkmal gesetzt.
Die Römer zogen sich auf die liukerheinfeite zurück. Die großen, starken
Männer der Germanen waren ihnen zu tapfer, und ihr Land war ihnen zu
unwegsam. Nur gegenüber der Rheinstrecke von Mainz bis Koblenz hielten
die Römer auch einen Teil des rechtsrheinischen Landes besetzt. Da aber die
Germanen fortwährend Überfälle machten und sich auch durch den breiten
Rheinstrom nicht abhalten ließen, mußten die Römer die Grenzen zu sichern
suchen. Sie erbauten zahlreiche befestigte Lager, Kastelle genannt, und in
Cöln, Mainz und dem jetzigen Xanten am Niederrhein errichteten sie große
Heerlager. Wo aber nicht der Rheinstrom die Grenze bildete, hatten die
Römer einen Pfahlgraben angelegt. Dieser begann schon an der Donau,
zog sich bis zum Maiu und von dort über den Taunus hin und erreichte bei
Rheinbrohl unterhalb Neuwied den Rhein. Er bestand aus einem Graben und
aus einem Walle, auf deu starke Pfähle gesetzt waren. Damit die Annäherung
der Germanen rechtzeitig bemerkt werden konnte, standen in einer Entfernung
von je 1000 Schritt Wachtürme. Diese waren zwei Stockwerke hoch. Im
oberen Stockwerk befand sich der Wachposten, der weit in das Land schauen
konnte und scharf achtgeben mußte.
Aber die Römer brachten dem rheinischen Lande nicht nur Kriege und
Lasten, sondern auch Reichtum und Glanz. Sie verstanden vorzüglich, ein
Land zu bebauen und zu verwalten. Um ihre Herrschaft zu sichern, legten sie
zwischen den Kastellen auch vorzügliche Straßen an, auf deren festen Dämmen
die Soldaten marschierten. Manche dieser Römerstraßen sind noch heute
erhalten, wie die Straße, die sich längs des linken Rheinufers hinzieht, wie die
von Trier uach Koblenz und von Trier nach Cöln. In der Ebene liefen sie schnür-
gerade, wie die Strecke vou Liblar an der Erst nach Zülpich, die noch heute die
Römerstraße genannt wird. In Abstünden von etwa je vier Wegstunden,
eines Tagemarsches, waren Standlager hergerichtet, wo die Soldaten über-
nachten oder doch in sicherer Hut ihr Lager aufschlagen konnten.
Mit deu Soldaten war auch viel anderes römisches Volk in das Land ge-
kommen, wie Marketender, Händler, Handwerker und Beamte. Sie
wohnten außerhalb der Kastelle und der Standlager. Auch die alten Soldaten
blieben, wenn sie ausgedient hatten, meist im Lande. Alle diese Menschen hatten
vielerlei Bedürfnisse an Nahrung, Kleidung, Wohnung sowie an Waffen,
Werkzeug und Geräten. Aus dem fernen Italien konnte das, was täglich nötig
war, uicht herbeigeschafft werden. Es mußte möglichst in der Nähe, im Rhein-
land selbst, gewonnen oder hergestellt werden. Aber nicht nur Brot und Fleisch
wollten die Römer zun: Lebensunterhalt haben. Auch uach feinen Gemüsen
und edlem Obst, nach Geflügel und schmackhaften Fischen und andern Lecker-
bissen, die sie von ihrer südlichen Heimat her kannten und schätzten, hatten sie
Verlangeu. Darum pflanzten sie am Rhein und an der Mosel die Weinrebe
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Heimatkunde der Rheinprovinz
herausgegeben von Heinrich Kerp, Kreisschulinspektor.
Eine Ergänzung für die Mittel- und Oberstufe
von Ferdinand Hirts Neuem Realienbuch.
Erster Teil.
Landschaftsbilder.
Für die Mittelstufe.
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Inhaltsübersicht.
1. Das Rheintal von Bingen bis
Koblenz..........
2. Das Nahetal und der Hunsrück .
3. Das Saar- und Moseltal....
4. Das Rheintal von Koblenz bis
Bonn...........
5. Die Eifel und das Ahrtal . . .
Seite
1
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5
7
10
6. Der Westerwald nebst dem Sieben-
gebirge und das Siegtal . . .
7. Das Bergische Land und das Ruhr-
gebiet...........
8. Die Cölner Bucht und das Vor-
gebirge der Eifel oder die Ville
9. Die Niederrheinische Tiefebene . .
Seite
13
16
19
23
Unsere Provinz führt ihren Namen nach dem Rhein. Dieser durch-
strömt sie von 8 nach N, genauer von Sso nach Nnw. Da, wo von links die
Nahe in ihn mündet, zwischen Bingen und Bingerbrück, tritt er in die Rhein-
Provinz ein; erst bei Emmerich, an der holländischen Grenze, verläßt er sie
wieder.
Der Größe nach ist die Rheinprovinz zwar eine der kleineren Provinzen
des Preußischen Staates: sie ist aber die reichste und bevölkertste von allen.
In vielen Gegenden ist sie auch durch große landschaftliche Schönheit
ausgezeichnet. Darum siud wir Rheinländer stolz auf unser Land, auf seinen
herrlichen Strom, auf seine Berge und Täler, auf seine Kirchen, Burgen und
Schlösser, auf seine prächtigen Städte und freundlichen Dörfer.
1. Das Rheintal von Bingen bis Koblenz.
Der Stadt Bingen gegenüber steht bei Rüdesheim das Germania- oder
Niederwald-Denkmal. Bon hoher Bergwand begrüßt es jeden, der von S
her die Rheinprovinz betritt. Der Rheinstrom hat dort, am Binger Loch,
dem Verkehr eine Straße geöffnet. An dem hohen Mäuseturm, der einst zum
Ausschauen errichtet war, fließt er in starker Strömung vorbei und verschwindet
dann im Binger Loch. Hohe Bergwände fassen ihn jetzt eng ein. Für die
Landstraße und Eisenbahnlinie zu beiden Seiten blieb nur wenig Raum. Giltst
Kerp, Heimatkunde der Rheinprovinz. 1
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Kerp Heinrich Ferdinand_Hirts Ferdinand