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1. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 434

1854 - Stuttgart : Hallberger
434 201. Herr Charles. Ein Kaufmann in Petersburg, von Geburt ein Franzose, wiegte eben sein wunderschönes Büblein auf dem Knie und machte ein Ge- sicht dazu, daß er ein wohlhabender und glücklicher Mann sei und sein Glück für einen Segen Gottes halte. Indem trat ein fremder Mann, ein Pole, mit vier kranken, halb erfrorenen Kindern in die Stube. „Da bring ich euch die Kinder." Der Kaufmann sah den Polen kurios an. „Was soll ich mit diesen Kindern thun? Wem gehören sie? Wer schickt euch zu mir?" — „Niemand gehören sie", sagte der Pole, „einer todten Frau im Schnee, siebzig Stunden her- wärts Wilna. Thun könnt ihr mit ihnen, was ihr wollt." Der Kaufmann sagte: „Ihr werdet nicht am rechten Orte sein", und der diese Geschichte erzählt, glaubts auch nicht. Allein der Pole er- wiederte, ohne sich irre machen zu lassen: „Wenn ihr der Herr Char- les seid", und der Erzähler glaubts auch; er war der Herr Charles. Nemlich es hatte eine Französin, eine Wittwe, schon lange im Wohl- stand ohne Tadel in Moskau gelebt. Als aber vor fünf Jahren die Franzosen in Moskau waren, benahm sie, sich landsmannschaftlicher gegen sie, als den Einwohnern wohlgefiel; denn das Blut ver- leugnet sich nicht; und nachdem sie in dem großen Brand ebenfalls ihren Wohlstand und ihr Häuslein verloren und nur ihre fünf Kin- der gerettet hatte, mußte sie, weil sie verdächtig sei, nicht nur ans der Stadt, sondern auch ans dem Land reisen. Sonst hätte sie sich nach Petersburg gewendet, wo sie einen reichen Vetter zu finden hoffte. Der geneigte Leser will bereits Etwas merken. Als sie aber in einer schrecklichen Kälte und Flucht mti> unter unsäglichen Leiden schon bis nach Wilna gekommen war, krank und aller Bedürfnisse und Bequemlichkeiten für eine so lange Reise entblößt, traf sie in Wilna einen edlen russischen Fürsten an iiub klagte ihm ihre Noth. Der edle Fürst schenkte ihr dreihundert Rubel, und als er erfuhr, daß sie in Petersburg einen Vetter habe, stellte er ihr frei, ob sie ihre Reise nach Frankreich fortsetzen, oder ob sie mit einem Paß nach Petersburg umkehren wolle. Da schaute sie zweifelhaft ihr ältestes Büblein an, weil es das verständigste und kränkste war. „Wo willst du hin, mein Sohn?" — „Wo du hingehst, Mutter", sagte der Knabe, und hatte Recht. Denn er ging noch vor der Abreise ins Grab. Also versah sie sich mit dem Nothwendigen -und akkordirte mit einem Polen, daß er sie für fünfhundert Rubel nach Petersburg brächte

2. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 195

1854 - Stuttgart : Hallberger
195 eine hohe Bildung des Geistes in diesem Volk durch Uebung und Anstrengung zu erzeugen, zu erhalten, zu fördern. Auch ist das Land nicht umsonst bestimmter Grenzen beraubt, gegen Morgen wie gegen Abend, und selbst gegen Mitternacht. Die Bewohner können sich gegen Neid, Uebermuth und Habsucht fremder Völker auf nichts verlassen, als auf Gottes Schutz durch Recht und ihren Arm. Es gibt für sie keine Sicherheit, als in ihrem festen Zu- sammenhalten, in ihrer Einigkeit, in ihrer sittlichen Macht. Endlich ist den Bewohnern dieses Landes durch große und schöne Ströme das Meer geöffnet und der Zugang zu der Welt. Aber das Meer drängt sich nicht so verführerisch an sie hinan oder zwischen sie hinein, daß sie verlockt und dem heimatlichen Boden so leicht ent- fremdet werden könnten; vielmehr bleibt in ihnen die Sehnsucht zu der Welt ihrer Geburt und die Liebe zu dem Boden ihres Vaterlandes. 94. Der Hausstand ist die Grundlage des Staats. Wo in den Häusern Gehorsam nicht gehalten wird, wird man es nimmermehr dahin bringen, dass eine ganze Stadt, Land, Fürstenthum oder Königreich wohl regiert werde; denn da ist das erste Regiment, deren Ursprung alle andere Regimenter und Herrschaften haben. Wo nun die Wurzel nicht gut ist, da kann weder Stamm, noch gute Frucht folgen. Denn ein Fürstentum ist ein Haufen Flecken, Städte und Länder, ein Königreich ein Haufen Fürstenthümer. Diese alle spinnen sich aus einzelnen Häusern. Wo nun Vater und Mutter übel regieren, da kann weder Stadt, Markt, Dorf, Land,'Fürstenthum, Königreich und Kaiserthum wohl und friedlich regiert werden. Denn aus dem Sohn wird ein Hausvater, ein Richter, Rürgermeister, Fürst, König, Kaiser, Prediger, Schulmeister u. s. w. Wo er nun übel erzogen ist, werden die Unterthanen wie der Herr, das Haupt wie die Gliedmassen. Darum hat Gott als am nöthigsten angefangen, dass man im Hause wohl regiere. Denn wo das Regiment im Hause wohl und rechtschaffen geht, ist den an- dern wohl gerathen. — Darum soll ein Vater sein Kind wie ein Richter strafen, lehren wie ein Doktor, ihm vorpredigen wie ein Pfarrherr oder Bischof. 13*

3. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 206

1854 - Stuttgart : Hallberger
206 Mitbürger nicht, waren ihnen in den Stunden der Gefahr mit Trost und Hülfe nahe und erwiesen stch als treue Diener Gottes. Außerordentlich war der Eindruck, den die Nachricht von der Zerstörung Lissabons in allen christlichen Ländern machte; überall sprach stch die herzlichste Theilnahme an dem Schick- sal seiner Bewohner aus, und Menschen aller Stände wetteiferten in der Unter- stützung ihrer hart bedrängten Mitchristen. Spanien sandte Geld; England Holz, Fleisch, Salz, Korn, Reiß, Mehl; Hamburg Hausrath, Bauholz, Bretter, Kleidungsstücke; auch andere Staaten blieben nicht zurück; überall legte man reichliche Gaben zusammen und sandte sie nach Portugal, und bald stand an der Stelle der verschütteten Stadt eine neue schönere. 102. Europa. Europa grenzt im Osten an Asien; die natürliche Grenze ist bezeichnet durch das Uralgebirge, den Uralfluß, das westliche Ufer des Kaspisees und den Kaukasus. Nach den übrigen Weltgegenden ist es von Wasser umgeben, von dem Mittelmeer gegen Afrika, dem at- lantischen Ocean gegen Amerika, von dem Eismeer gegen Norden. Als besondere Theile dieser Meere sind zu nennen 1) das weiße Meer. 2) Die Ostsee mit dem finnischen und bothnischen Meerbusen. 3) Die Nordsee mit dem tiefen Jahdebusen, dem Dollart und der Zuydersee. 4) Das Meer zwischen der Nordküste Frankreichs und der Südküste Englands — der Canal. 5) Das Meer zwischen der West- küste Frankreichs und der Nordküste Spaniens — der Golf von Biscava. 6) Das mittelländische Meer, welches man mit einem groß- ßen, in Hofräume, Gänge und Seitenflügel eingetheilten Bau ver- gleichen kann. 7) Das schwarze Meer. — B?n den 180000 sls Meilen, welche Europa mißt (auf eine Quadratmeile lallen fast 18000 würt- tembergische Morgen), kommen 10000 aus ie Inseln und 40000 auf die Halbinseln. Der Umfang des Land beträgt 5000 Meilen, wovon 4300 auf die Küstenlinie kommen. vm. Hauptströme Europas sind durch den ganzen Welttheil nach allen Achtungen hin vertheilt; die meisten haben weit verzweigte Wassern-- - die Räume zwischen ihren Mündungen sind durch zahlreiche Küllraflüsse ausgefüllt und viele sind durch Kanäle verbunden, selbst solche, welche nach entge- gengesetzten Meeren fließen. Die längsten sind: die Patschova, Dwina, Düna, der Niemen, die Weichsel, Oder-Warthe, Elbe-Moldau, Weser, Rhein-Maas-Schelde, die Seine, Loire, Garonne-Dordogne, der Drrero, Tajo, Guadiana, Guadalguivir, Ebro, die Rhone- Saone, der Po, Donau-Inn, der Dnjester, Dnjepr, Don, die Wolga. .

4. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 212

1854 - Stuttgart : Hallberger
212 \ als in Stuttgart der Frühling; längster Tag 143/* Stunden, kurze Dämmerung; gegen 200 t. E. Auf der pyrenaischen Halbinsel. Madrid, in der Mitte Spaniens, auf einer kahlen, von hohen Bergen über- ragten Hochfläche, 2000 Fuß über dem Meer, im Ouellgebiet des Tajo; Gemälde; über 200 t. E. Barcelona, an der Ostküste, erste Fabrik- und Handelsstadt Spa- niens; Banmwollfabrikation; über 100 t. E. Sevilla, in meist eintöniger Tiefebene, am Guadalquivir; Handel; Tabaksfabrik; Oelpflan'zung; 100 t. (£. Cadix, auf einer Landzunge westlich von der Straße von Gibraltar; Seehandel. Granada, noch höher gelegen, als Madrid, in einer fruchtbaren Landschaft am Nvrdfuß des süd- spanischen Schneegebirges; maurische Banart; maurischer Königspalast, eines der prächtigsten Gebäude Europas. Malaga, an der Südküste; Ausfuhr von Wein und Südfrüchten. Lissabon, oberhalb der Tajoinündnng, auf dem ansteigenden Gestade des seeartig erweiterten Tajo schön gelegen; Wasserleitung; über 200 t. E. In Skandinavien: Stockholm, in und an einer Meerenge zwischen einem inselreichen See und einer insclreichen Bucht; Gebäude, Felsklippen, waldige Inseln durch einander gemengt ans dem Meere hervortretend; Eisenmagazin; Standbild Gustav Adolphs; gegen 100 t. E. Kopenhagen, am Sund, in wohl angebauter Gegend; über 100 t. E. In Nußland: Moskau, in der Mitte Rußlands; ehemalige Hauptstadt; mehrere hundert Kir- chen; Kreml (Festung); unter den Vorstädten auch eine „deutsche"; zum Theil neu gebaut seit 1812; eine der umfangreichsten Städte; europäische und asiatische Ban- art, Paläste und ärmliche Hütten durch einander; über 300 t. E. St. Peters- ,b n r g, wohl die prächtigste Hauptstadt; in öder Landschaft um die Newamnndnngen; außerhalb des eigentlichen Rußlands; an der Ostsee; längster Tag 187a Stunde; lange Dämmerung; gegen 500 t. E. Odessa, am schwarzen Meer; Getreideausfuhr; Talg; gegen 100 t. E., darunter viele Deutsche; schwäbische, namentlich von aus- gewanderten Württembergern bewohnte Bauerndörfer im Umkreis; fünfzehn Meilen nördlich eines Namens Stuttgart. In Ungarn: Ofen-Pesth, am Westende der großen ungarischen Tiefebene; am hohen westlichen und tiefen östlichen Donauufer: Hauptort des ungarischen Handels, besonders Wein- handel; über 100 t. E., von etwa zwölferlei Sprachen. In der Türkei: Eon st an tinvpel, Stambnl der Türken, größerntheils über Hügel und Thäler einer Halbinsel malerisch, ausgebreitet; am Marmorameer; zugleich am Südende des Bosporus und daher Schlüssel zum schwarzen Meer; ein Stadttheil ans asiatstchem User: Moscheen-Kuppeln; Minarets (Thürme); Sophien-Moschee, Seehandcl; viel- leicht über 700 t. E. Adrianopel, an einem Hügel mitten in einer der schönsten Ebenen; über 100 t. E.

5. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 214

1854 - Stuttgart : Hallberger
r 214 Kälte des langen Winters. Hinwieder nimmt das Wunderland Indien durch die Pracht und Ueppigkeit seiner Natur die Sinne gefangen und versenkt den Geist in ein träumerisches Stillleben, während die reiche Inselwelt von Cey- lon, Java, Sumatra, Borneo und den Gewürzinseln unter der Glut der heißesten Sonne erseufzt und eine anhaltende Thätigkeit dem Menschen er- schwert. Die gemäßigteren Länder aber, wie die Türkei, Persien, das eigentliche China und Japan, erfreuen sich trotz des für menschliche Thätigkeit und Entwick- lung günstigeren Klimas keineswegs geistiger Entwickelung und bürgerlicher Freiheit: von Westen bis nach Osten derselbe Despotismus der Herrscher, der- selbe Sklavensinn der Beherrschten. Die Religion Muhammeds war ein lodern- des Feuer, das eine Zeitlang von Arabien aus die angrenzenden Völkerstämme mit neuer Thatkraft beseelte, aber es war nur vorübergehend, und konnte den Funken wahrer Geistesbildung nicht entzünden. So sehen wir denn setzt bei den gebildeteren asiatischen Völkern nur noch Ueppigkeit und Schlaffheit, das türkische Reich in Asien ist so morsch wie das in Europa; das alte Indien ist todt, die Religionen haben ihre Heiligkeit, die alten Schriftwerke ihr Ver- ständniß , die alten Sitten ihre Bedeutung verloren, obwohl der feingebildete Hindu noch lange den europäischen Eindringlingen seinen zähen Widerstand entgegensetzen wird. China, die „Blume der Mitte", wie die Chinesen ihr Land nennen, ist eine welkende Blume, ein mit Menschew überfülltes Haus, das den Einsturz droht. Kräftiger noch und bildsamer im Innern steht das Jnselreich Japan da, das klug genug ist, streng gegen fremde Völker sich abzu- schließen , um seine Unabhängigkeit zu bewahren. Der Charakter des geistigen Lebens im Morgenlande ist Einförmigkeit, doch um so mannigfaltiger erscheint das natürliche Leben des Menschen, um so verschiedener sind seine Sitten, seine Körperbildung, seine Sprache, Lebens- art und Betriebsamkeit — entsprechend dem asiatischen Kontinente selber, der in seinen natürlichen Verhältnissen von allen Erdtheilen die größte Mannigfal- tigkeit darbietet. In keinem Erdtheile sind die klimatischen Verhältnisse so verschie- denartig wie in Asien. Seine Ausdehnung umfaßt alle Zonen. Der im hohen Norden wohnende Polarmensch, der Samojede, Tschuktsche, Ostjäke, nicht viel über vier Fuß hoch, und wiederum der schwarze, wollhaarige Insulaner auf Borneo und Sumatra, dann die zum kaukasischen Stamm gehörenden Armenier, Afghanen, Perser mit regelmäßiger, schöner Gesichtsbildung, hoher Stirne, großem Auge, langer, etwas gebogener Nase, rothen Wangen und weichem ' braunem oder schwarzem Haar, — welch ein Unterschied von dem hellbraunen Hinterindier, der mit einem schwarzen lockigen Haar eine platt gedrückte Nase und einen großen hervorstehenden Mund vereinigt; — und wiederum von dem

6. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 262

1854 - Stuttgart : Hallberger
262 ihre Schultern und trugen ihn im Triumph unter den Zuschauern umher. Das Volk weinte vor Freuden, wünschte dem alten Vater Glück, bewarf ihn mit Blumen, und Etliche riefen ihm zu: „Stirb, Diagoras; denn nun hast du Nichts mehr zu wünschen übrig!" Wirklich konnte der Greis so viel Glück nicht ertragen; er sank entseelt hin vor den Augen der Versammlung, die in Rührung zerfloß und die Söhne segnete, die ihren Vater so glücklich gemacht hatten. „Jene" — so schreibt Paulus mit Beziehung auf diese Spiele (1 Kor. 9, 24— 27.) „jene also, daß sie eine vergängliche Krone empfangen, wir aber eine unvergängliche!" 122. Alerander der Große, der Stifter des griechischen Weltreichs. Alerander der Große war der Sohn des macedonischen Königs Phi- lippus, der unter andern die Stadt Philippi zu seines Namens Gedächtniß erbaut hat. (Apost. Gesch. 16, 12 ff.) Philippus hatte durch List und Ge- walt Griechenland sich unterworfen und bereits einen Kriegszug mit den Grie- chen nach Persien beschlossen, war aber kurz vor Ausführung dieses Vorhabens erstochen worden. Alerander trat an seine Stelle und bewies bald, obwohl kaum zwanzig Jahre alt, daß er ganz der Mann für die Aufgabe sei, welche seiner wartete. Er ist einer jener seltenen Männer, die Gott je und je zum Umsturz großer Staaten ausrüstet. Kühner Mllth, Stolz und Ruhmsucht zeig- ten sich schon in den: Knaben. „Ach", rief er, als er von einem Siege seines Vaters hörte, „mein Vater wird mir Nichts zu thun übrig lasten!" Von Narur mit großen Anlagen des Geistes und Herzens begabt, war er durch deit Unterricht des griechischen Weltweisen Aristoteles aufs sorgsamste unterwiesen und in die Bildung der Griechen eingefüdrt worden. Indem er diese in fer- nen Ländern verbreitete, trug er auch zugleich, ohne daß er es ahnen konnte, zti der erst einige Jahrhunderte nach ihm erfolgten Ausbreitung des Evan- geliums in diesen Ländern bei. Im Jahr 334 vor Christi trat er als Oberfeldherr der Griechen seinen Kriegszug nach Asien hinüber gegen die Perser an. Mit seinem verhältniß- mäßig kleinen, aber wohlgeübten Heere siegte er in allen Schlachten gegen den Perserköuig Darius Kodomannus, namentlich bei Jssus (333 vor Christo), nicht weit von der Stadt Tarsus oder Tarsen, wo der Apostel Paulus geboren ward. Das Land Kleinasien hatte er sich vor dieser Schlacht unterworfen; nach derselben fiel Syrien in seine Hände; dann Phönizien, der Hafen-und stäbtereiche Küstensaum am Fuß des Gebirges Libanon, berühmt durch Handel,

7. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 273

1854 - Stuttgart : Hallberger
273 127. Pie alten Deutschen. Die alten Deutschen waren um die Zeit der Geburt Christi, wie ' ihr Land, voll edler Kräfte, aber noch rauh und unverfeinert. Sie theilten sich in mehrere Stämme, von denen die vornehmsten waren x die Sweven (Schwaben), die Saren oder Sassen (Sachsen), die Boyern (Bayern) und die Franken, welche letztere ursprünglich mehr eine Kriegs- gesellschaft als einen eigentlichen Volksstamm bildeten. Sie alle zu- sammen nannten stch Di et oder Dio t, das ist das Volk, woraus das Wort deutsch (diotisk), d. h. zum Volke gehörig, entstanden, ist. Ihre Haare waren blond oder röthlichgelb, bei den Schwaben oder Sweven auf dem Wirbel in einen Knoten zusammengebunden, bei den andern Stämmen meist geschnitten. Die Kleidung war nicht künstlich noch köstlich; ein als Mantel übergeworfenes Stück wollenen Tuchs, oder das rauhe, ungegerbte Fell eines Bären oder eines Wolfs, sogar die Haut eines wilden Schweins deckte die Männer; ihr Helm war dann wohl eines solchen Thieres Kopf, ein Anblick, der den Römern Grauen erweckte. Die Weiber hatten ein langes, leinenes Gewand an , das Hals und Arme frei ließ. Die Augen der alten Deutschen waren blau und groß, von scharfem und durchdringendem Blick. Ihre Waffen waren un- gleich. Einige, besonders die Reiter, hatten eiserne Helme von wunder- barer Gestalt, dem Nachen wilder Thiere ähnlich, ferner auch Harnisch, Schild und Schwert; daneben zwei Wurfspeere, die ste geschickt zu schleu- dern wußten. Solche Bewaffnung war aber die seltenere. Die Meisten trugen nichts als einen hölzernen, oder auch aus Weidenruthen gefloch- tenen Schild an ihrem linken Arm, und einen Spieß, zum Wurf wie zum Stoß geschickt, in der rechten* Hand. Arme und Beine waren unbedeckt und zeigten die außerordentliche Kraft der Muskeln. Denn die Deutschen richteten von Jugend auf ihre Sorge auf Abhärtung des Kör- pers, auf Stärke und Schnelligkeit aller Gliedmaßen. Ohne Windeln und Wiege und Federbetten wuchsen die Kinder kräftig heran und üb- ten früh, fast gänzlich nackt, den Gebrauch ihrer Glieder. Durch die gesunde Kraft ihrer Nerven wurde ihnen die Kleidung ersetzt und wi- derstanden sie den Veränderungen der Luft, der Hitze und Kälte, dem Regen und dem Schnee. Eine Bären- oder Wolfshaut, auf die Erde gebreitet, war ihr Lager; dieselbe Haut, wenn der Knabe heranwuchs, sein Mantel, der kühle Bach seine Erfrischung, so gut im Winter als im Sommer; die einfachsten Speisen, Milch und Brod, und das Fleisch von Rindvieh, Wildpret, wohl auch von Pferden seine Nahrung. Bogen Lesebuch. lg

8. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 291

1854 - Stuttgart : Hallberger
29 L dern, welche vor ihr das Maß ihrer Sünden voll gemacht hatten. Das geschah im Jahr 476 vor Christi Geburt, und ist das Ende des abendländischen römischen Reiches. Indeß waren die deutschen Völker in immerwährender Bewegung gewesen. Die Franken hatten das nördliche Gallien eingenommen, und von ihnen he^ßt das Land Frankreich. Ums Jahr 500 setzten sie sich um den Main fest bis herein in den nordöstlichen Theil des jetzigen Württembergs. Die Burgunder hatten das Land um den Nhonefluß besetzt. Die Angeln waren vom Ufer der Nordsee nach Britannien ge- zogen, das von ihnen England (Angelnland) heißt. Die Longobar- den setzten sich endlich in Oberitalien fest (daher die Lombardei genannt). Die Hauptvölker in Deutschland waren nun: die Alemannen und Bayern in Oberdeutschland, und in Niederdeutschland die Thüringer, die Sachsen, ein Theil der Franken. Diejenigen Völker, welche in das ehemalige römische Gebiet gedrungen waren, nahmen sehr bald das Christenthum an, von dem sie freilich mehr nur die äußerlichen Gebräuche kannten; die Völker aber in Deutschland blieben noch eine Zeit lang Heiden. Mitten unter den Völkerzügen kamen die Hunnen noch einmal heran, und zwar bis über den Rhein und nach Italien. Sie hatten einen König über sich, der hieß Attila. Er nannte sich aber am liebsten Godegisil, das heißt Gottesgeißel. Denn wohin er kam, verwüstete er Alles, auch viele schöne Städte am Rhein, und züchtigte so, wie eine Geißel, den Nest der alten, lauen Christenheit. Sein Andenken lebt noch in alten deutschen Sagen fort. So groß aber auch die Trübsal war, welche über die Christen- heit im römischen Reich damals verheerend hereinbrach, so hatte sie doch auch ihren Segen. Rohe Völker, die in ihrem fernen Vaterlande noch viele Jahrhunderte in heidnischer Finsterniß geblieben wären, lernten auf ihren Kriegszügen durch ihren Verkehr mit den Römern das Evangelium kennen und nahmen es an. Es dauerte freilich noch lange, bis die sanfte Botschaft des Frie- dens die wilden Horden zähmte, aber sie waren doch der Blindheit des Heidenthums entrissen und hatten die ersten Strahlen des himm- lischen Lichtes gesehen, das ihnen allmählich aufging. Unter diesen wilden Völkern, die jetzt Christen wurden, waren, vor allen die Gothen merkwürdig. Sie waren schon, ehe sie in das römische Reich eindrangen, durch einige von ihnen gefangen wegge- führte Bischöfe zum Christenthum bekehrt worden. Um diese Zeit (359 nach Christo) hatten sie einen Bischof Ulphilas (Wölflein), der 19 *

9. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 7

1854 - Stuttgart : Hallberger
7 wieder durch eine neue Verarbeitung den größten Theil derjenigen Kohle, welche sich beim Ausschmelzen der Erze mit ihm verbunden hatte. Man bereitet aus dem Gußeisen das Stabeisen oder Schmiede- eisen. Dieses ist sehr schwer schmelzbar, aber es wird in der Hitze weicher und läßt sich mit dem Hammer bearbeiten. In den Schmiede- werkstätten wird es auf mannigfache Weise verarbeitet. Aber zu schneidenden Werkzeugen ist das Schmiedeeisen zu weich. Zu diesen verwendet man den Stahl. Er enthält weniger Kohle als das Guß- eisen, mehr als das Schmiedeeisen, darum ist er weniger spröd als das erste, aber härter als das zweite. So gibt der verschiedene Ge- halt an Kohle jeder Art von Eisen die Eigenschaften, welche für be- sondere Zwecke der menschlichen Thätigkeit nothwendig sind. Wenn man hienach sagen muß, daß kaum ein Gewerbe, kaum eine Arbeit des täglichen Lebens zu denken ist, welche nicht durch das Eisen auf eigenthümliche Weise unterstützt oder durch jenes Metall erst möglich gemacht würde, so kann auf der andern Seite kein Zweifel sein, daß der größere Theil aller derjenigen Körper, die wir an der Erdoberfläche unterscheiden, größere oder kleinere Mengen von Eisen in sich enthält. Die bräunliche oder röthliche Farbe, welche der Boden unserer Felder und Weinberge zeigt, rührt von dem Eisen her, das jener Boden in kleinen Mengen einschließt. Noch wichtiger erscheint dieses Metall, wenn wir in Anschlag bringen, daß es im Blute des Menschen immer in sehr kleiner Menge vorkommt, ja daß sein Vorhandensein zur richtigen Beschaffenheit des Blutes nothwendig ist. Unter allen Metallen ist sicher das Eisen zugleich das verbreitetste und das wichtigste. Zu diesen Eigenschaften des Eisens kommt noch eine weitere hinzu, welche uns als besonders räthselhaft mit Bewunderung erfüllen muß. Die Magnetnadel richtet ununterbrochen ihr eines Ende nach Norden, ihr anderes nach Süden, und doch ist sie nichts Anderes, als ein stählerner Stab, welcher an einem fertigen Magnet längere Zeit in bestimmter Richtung gerieben wurde. Die Magnetnadel zieht für sich das Eisen an, und auf gleiche Weise wird sie, so lange sie frei schwebt, von den beiden Polen der Erde angezogen. Diese geheimnißvolle magnetische Kraft kommt dem Eisen bei weitem mehr, als irgend einem andern Körper zu. Sie wirkt nicht bloß, wenn Körper einander berühren, sondern auf kleinere oder größere Entfernungen zieht der Magnet und wird er gezogen. Wir müssen zugestehen, daß ohne das Eisen die magnetische Kraft uns nie mit Sicherheit bekannt geworden wäre.

10. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 422

1854 - Stuttgart : Hallberger
422 meidlich worden war. Einige fast unbedeutende Ereignisse brachten endlich den lange vorausgesehenen Krieg zum Ausbruch. Napoleon zog mit 600,000 Mann hin gegen Rußlands Grenze. Ein schöneres, gebildeteres und besser ausgerüstetes Heer hat wohl die Welt nie gesehen, und für bloß menschliche Kraft schien es unbesiegbar. Deutsche aller Stämme, darunter auch 15,000 Württemberger, Franzosen, Polen, Italiener, selbst Spanier wälzten sich dem Norden zu und überschritten am 24. Juni 1812 den russischen Grenzfluß Niemen. Der russische Feldherr wußte wohl, daß die Beschaffenheit des Bodens und des Klimas Napoleons gefährlichster Feind sein werde; er zog sich daher immer weiter zurück. Doch nöthigte ihn der Grimm seiner Russen, dem Feind sich entgegenzustellen. Das erstemal geschah dies bei der Verthei- digung von Smolensk, einer unter den Russen für heilig gehaltenen Stadt; sie wurde halb in einen Aschenhaufen verwandelt; das zweitemal am Flüßchen Moskwa. Eine gräßlichere Schlacht ist seit der Erfindung des Schießpulvers nicht geliefert worden: 70,000 Todte und Verwundete be- deckten am Abend das Schlachtfeld. Doch schien Napoleon abermals Sieger, weil die Russen sich weiter zurückzogen. Jetzt stand den Franzosen der Weg nach Moskau, der zweiten Hauptstadt des Reichs, offen. Aber es war auch hohe Zeit. Lebensmittel mangelten, weil die Russen Alles vor sich her zer- störten. Die Jahreszeit wurde rauher, und man fürchtete die Schrecken des russischen Winters. In Moskau hatte Napoleon den Seinen nicht bloß ruhige Winterquartiere, sondern auch das Ende des ganzen Kampfes versprochen. So sicher war er in seinen Erwartungen. Als daher die Vordersten des fran- zösischen Heeres die letzte Anhöhe vor Moskau erstiegen hatten, und nun plötz- lich die ungeheure Czarenstadt vor sich liegen sahen, durchdrang der Freuden- rus: „Moskau! Moskau!" die Lüfte, und voll freudiger Begier stürmten die Hinteren nach, um des lang ersehnten Anblicks sich zu freuen. Und wohl war es ein Anblick zum Erstaunen! 400,000 Menschen wohnten in diesem wun- derlichen Gemisch von den ärmlichsten Hütten und den prächtigsten Marmor- palästen; die Reichthümer Asiens waren hier in den kostbaren Bazars (Waa- rengewölben) zur Schau ausgelegt, 1600 Kirchen und Kapellen ragten aus der unübersehbaren Häusermasse hervor; manche Kirche hatte fünf Thürme, deren Dächer mit Blech, Zinn oder Kupfer gedeckt, zum Theil herrlich bemalt, ja selbst vergoldet waren. Der großartigste Bestandtheil Moskaus aber war der Kreml, eine ungeheure, in Gestalt eines Dreiecks angelegte Festung, inmit- ten der Stadt, mit unzähligen Thürmen und prachtvollen Palästen, die alte Residenz (Wohnung) des russischen Kaisers. Dieser Stadt nahete sich das Heer. Aber wunderbar! Keine Behörde zog dem Kaiser entgegen, ihn um Schonung der Stadt anzuflehen; nichts Lebendiges wurde vor den Thoren er-
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